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Genie und ein bisschen Popstar: Astrophysiker Stephen Hawking ist tot

Der britische Physiker Stephen Hawking hält eine Rede, nachdem er für seine Verdienste um die theoretische Physik und die Astrophysik mit der Auszeichnung "Honorary Freedom of the City of London" bedacht wurde. Foto: Matt Dunham/AP/dpa

Der britische Astrophysiker Stephen Hawking ist tot. Der 76-Jährige starb am frühen Mittwochmorgen friedlich in seinem Haus in Cambridge, wie seine PR-Agentur Pagefield unter Berufung auf seine Familie mitteilte. Seine Kinder Lucy, Robert und Tim teilten mit, sie seien zutiefst traurig. „Wir werden ihn für immer vermissen.“

Hawking litt an der unheilbaren Muskel- und Nervenkrankheit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose). Bereits seit Jahrzehnten war er fast völlig bewegungsunfähig, er saß im Rollstuhl. Schon seit langem konnte er sich nur noch mühsam mit Hilfe eines Computers verständigen. Zuletzt nahmen seine Kräfte immer mehr ab.

Er gehört zu den größten Wissenschaftlern aller Zeiten. Die Fachwelt schätzte Hawking wegen seiner Theorien zum Ursprung des Kosmos und zu Schwarzen Löchern.

28.11.2016, Vatikan: Papst Franziskus begrüßt den britischen Physiker Stephen Hawking (r) bei einer Audienz im Vatikan. Foto: Osservatore Romano Press Office/L’Osservatore Romano/dpa

“Ich möchte das Universum ganz und gar verstehen“, sagte er einmal. „Ich möchte wissen, warum es so ist, wie es ist, und warum es überhaupt existiert.“ Sein 1988 erschienenes Buch „Eine kurze Geschichte der Zeit“ machte ihn auch bei Laien populär.

Hawking, der am 8. Januar 1942 in Oxford geboren wurde, erkrankte bereits als Physikstudent an ALS – Ärzte sagten ihm nur noch wenige Jahre voraus. Seit 1968 war Hawking auf den Rollstuhl angewiesen.

Doch die Krankheit schritt bei ihm sehr langsam voran und konnte seinen Aufstieg in der Wissenschaft nicht aufhalten: 1979 wurde er Professor für Mathematik in Cambridge, über 30 Jahre lang hatte er dort den renommierten Lucasischen Lehrstuhl für Mathematik inne – und stand damit in der Nachfolge von Isaac Newton.

Das Privatleben kam trotz seiner Karriere nicht zu kurz. Hawking war zweimal verheiratet und hatte drei Kinder. 30 Jahre lang war er mit seiner Jugendliebe verheiratet, doch die Ehe scheiterte – später bezeichnete sie ihn als einen „Haustyrannen“. 1995 heiratete Hawking seine Pflegerin, die Verbindung dauerte elf Jahre.

Gehirn stets auf Hochtouren

Trotz Gesundheitsproblemen lief das Gehirn des Genies stets auf Hochtouren. Neue Theorien entwickelte Hawking zu Schwarzen Löchern und dem Urknall: Die monströsen Schwarzen Löcher im All sind demnach keine Endstationen. Zwar saugen sie durch ihre enorme Schwerkraft alles ein, was ihnen zu nahe kommt, und lassen nicht einmal das Licht entkommen.

Hawking konnte aber in der Theorie zeigen, dass Schwarze Löcher langsam verdampfen – eine Folge der Quantenphysik. Das Verdampfen dauert extrem lange. Die dabei entstehende Hawking-Strahlung ließ sich daher bisher nirgends nachweisen.

03.03.1989, Paris: Der britische Physiker Stephen Hawking beantwortet mit Hilfe eines Computers und seiner damaligen Frau Jane Fragen von Journalisten. Stephen Hawking ist tot. Foto: Lionel Cironneau/AP/dpa

Bereits als Doktorand hatte Hawking 1965 zusammen mit dem Briten Roger Penrose zudem einen wichtigen mathematischen Beleg für die Urknalltheorie geliefert. Die Idee vom Urknall war damals noch umstritten, unter anderem weil in dieser mathematischen „Singularität“ die Naturgesetze nicht mehr gelten und so eine Art Schöpfungsakt notwendig zu werden schien.

Er beschäftigte sich mit Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie und konnte zeigen, dass sie einen Anfang des Universums voraussagte – „ein Ergebnis, das die Kirche interessiert zur Kenntnis nahm“, wie Hawking in seiner Autobiografie „Meine kurze Geschichte“ (Rowohlt, 2013) schrieb. Später zeigte er jedoch, dass der Anfang des Universums nicht zwangsläufig in einer Singularität gelegen haben muss.

Außerdem versuchte Hawking über Jahrzehnte, die Relativitätstheorie mit der Quantenphysik zu vereinen und auf diese Weise eine Art „Weltformel“ zu finden – in der Sprache der Physiker eine „Große Vereinheitlichte Theorie“, die alle Bereiche des Universums beschreiben kann, vom Mikro- bis zum Makrokosmos. Er war eine Art Popstar der Wissenschaft und schreckte nicht davor zurück, zu populären Ideen wie Zeitreisen und Außerirdischen Stellung zu nehmen.

In seinen letzten Jahren trat Hawking immer wieder als Mahner auf. Intelligente Roboter, Klimaerwärmung, Atomkrieg und durch Gentechnik hergestellte Viren könnten die Erde gefährden, warnte er.

Seine Botschaft: Die Menschheit müsse sich Ausweichmöglichkeiten im All schaffen, falls es zu einer hausgemachten Katastrophe kommen sollte. Gemeinsam mit dem russischen Milliardär Jurij Milner plante er, eine Armee nur etwa briefmarkengroßer Raumschiffe auf eine 20-jährige Reise zum Sternsystem Alpha Centauri zu schicken. Hawking war überzeugt: „Früher oder später müssen wir zu den Sternen schauen.“ (dpa)

11 Antworten auf “Genie und ein bisschen Popstar: Astrophysiker Stephen Hawking ist tot”

  1. Mischutka

    Ein Super-Genie. Ich habe niemals eine Sendung mit ihm auf „Sport 1“ (wöchentlich) verpasst. Oft wurde diese sehr interessante „halbe Stunde“ sehr spät am Abend gesendet. Musste ich sehen – sogar die Wiederholung am darauf folgenden Tag. (Für Interessenten : der Titel der Sendung = NORMAL). RIP.

  2. Alfons Van Compernolle

    Diese geistigen Faehigkeiten dieses Menschen, haette ich als Physiker & Machinenbauer auch sehr gerne besessen. Meine Bewunderung hat er immer besessen. Mein Beileid und Mitgefuehl fuer seine Familie!

  3. Merowinger

    Ein Mensch der durch seine schreckliche Krankheit im eigenen Körper gefangen war und sich seinem Schicksal kraftvoll entgegenstemmte. Ein Mensch dem letztendlich nur sein brillanter Geist blieb und zu einem der bedeutendsten theoretischen Physiker unserer Zeit wurde.
    RIP

  4. nachgefragt

    man sollte hawking nicht ueberbewerten. seit den 1980er jahren hat er nur noch philosophische aeusserungen von sich gegeben. als ich vor einigen jahren eine seiner vielgeruehmten publizitaeten las („das universum in der nussschale“), also das war doch mehr als nur enttaeuschend. nur philosophischer kram, nix wirklich wissenschaftliches, da alles nur hypothesen und keinerlei beweisfuehrung bzw. verweis auf laufende forschungen. einfach nur gaga – der kram verkaufte sich gut, weil eben der name HAWKING drauf stand, das ist alles.
    einen wissenschaftlichen disput mit leonard susskind, wo es um die informationserhalt beim eintritt von materie in ein scharzes loch ging, musste hawking klein beigeben, und susskind recht geben. in den angelsaechsichen wissenssendungen wurde dies breit diskutiert, in den deutschen medien habe ich nie etwas wichtiges darueber wahrnehmen koennen, dass hawking auch einstecken musste. oft malen die medien ein bild der wissenschaft, was der genaueren betrachtung nicht standhaelt.

    trotz-alle-dem: RIP hawking. ein revolutionaer wie einstein war’s du nicht unbedingt wie oft behauptet, aber ein wuerdiger nachfolger von newton in oxford.

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