Gesellschaft

Arbeiten wir uns kaputt? Zahl der Langzeiterkrankten in Belgien auf Rekordniveau

Eine erschöpfte Frau an ihrem PC: Der Stress am Arbeitsplatz hat deutlich zugenommen. Foto: dpa

Die Zahl der Belgier, die wegen Krankheit über einen längeren Zeitraum am Arbeitsplatz fehlen, ist auf ein neues Rekordniveau gestiegen. Betroffen sind vor allem Frauen und Männer über 50. Dies geht aus aktuellen Statistiken des Sozialversicherungsbüros Securex hervor.

Im ersten Halbjahr 2013 blieben 2,25% der Beschäftigten über einen längeren Zeitraum wegen Krankheit dem Arbeitsplatz fern. Das waren 14% mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres und 60% mehr als vor 10 Jahren.

Ältere Menschen länger in Beschäftigung

Wie die Tageszeitungen Le Soir, De Standaard und Het Nieuwsblad berichten, fürchtet Securex, dass in der Arbeitswelt in Belgien in den nächsten Jahren die Zahl der Langzeiterkrankten weiter steigen wird. Immer mehr ältere Menschen müssen länger in Beschäftigung bleiben, als dies früher der Fall war.

Dieses Foto ist wahrscheinlich gestellt: Es soll ausdrücken, dass es nicht nur immer mehr Langzeiterkrankte gibt, sondern sich viele Arbeitnehmer aus Angst um den Job nicht mehr so schnell krank schreiben lassen, wie dies vielleicht in der Vergangenheit der Fall war. Foto: Shutterstock

Dieses Foto ist wahrscheinlich gestellt: Es soll ausdrücken, dass es nicht nur immer mehr Langzeiterkrankte gibt, sondern sich viele Arbeitnehmer aus Angst um den Job nicht mehr so schnell krank schreiben lassen, wie dies vielleicht in der Vergangenheit der Fall war. Foto: Shutterstock

Zudem spielt der größere Stress am Arbeitsplatz, dem viele nicht mehr standhalten (u.a. Burn-out), eine immer wichtigere Rolle. Nicht von ungefähr ist das Phänomen der Langzeiterkrankung vor allem in größeren Industriebetrieben festzustellen, wo es mehr Akkordarbeit gibt und weniger auf die persönlichen Bedürfnisse des Einzelnen Rücksicht genommen wird.

Securex fordert deshalb auch, dass das Arbeitspensum mehr auf die Möglichkeiten und Bedürfnisse des Beschäftigten zugeschnitten werde, was nicht nur der persönlichen Entfaltung des Arbeitnehmers, sondern auch der Produktivität zugute käme.

Drastische Veränderungen in der Arbeitswelt

In der Arbeitswelt der Menschen hat es drastische Veränderungen gegeben. Früher war es üblich, von der Ausbildung bis zum Ruhestand beim selben Arbeitgeber sein Auskommen zu verdienen. Außerdem ist die Arbeitsmenge kontinuierlich angewachsen, denn die Aufgaben, die der Einzelne zu bewältigen hat, werden mehr, während sich der dafür zur Verfügung stehende Zeitraum verkürzt.

Für ein hohes Maß an permanenter Anspannung sorgt heute bei vielen allein schon die Angst um den Job. Ein Großteil aller Krankmeldungen hat mittlerweile Depressionen zur Ursache, darüber sind sich die meisten Experten einig. (belga/cre)

7 Antworten auf “Arbeiten wir uns kaputt? Zahl der Langzeiterkrankten in Belgien auf Rekordniveau”

  1. Eupenmobil

    Der Stress am Arbeitsplatz hat eindeutig zugenommen und immer mehr Beschäftigte werden krank, weil sie sich nur noch gehetzt fühlen. Das sollte denjenigen zu denken geben, die die Rente mit 67 und morgen vielleicht die Rente mit 70 fordern.

  2. Eastwind

    Ich glaube, dass es in der Arbeitswelt große Unterschiede und große Ungerechtigkeiten gibt. Nicht alle haben Stress. Immer mehr ja, aber längst nicht alle. Glauben Sie mir, es gibt nicht wenige, die bis zur Pensionierung eine ruhige Kugel schieben. Aber es wird für sie schwieriger. Vielen bereitet Arbeiten heutzutage keine Freude mehr. Das macht sie dann auch krank. Und es findet sich immer ein Arzt, der einen krank schreibt, für lange Zeit krank schreibt.

  3. Schuften-bis-der-Arzt-kommt

    In der Uni bekommen die Studenten eingebläut, wie Gewinnmaximierung funktioniert. Dass dies nur zu erreichen ist durch Ausbeutung und Hetzerei der Arbeiter, bekommen sie nicht gesagt. Ich bedaure die Kinder und Jugendlichen, die Opfer dieses Systems sind oder werden.

  4. Manche Arbeitsplätze mögen tatsächlich permanent stressig sein, ich kenn aber auch die andere Seite. Trotz ziemlich legerer Arbeitslast, sind manche Elemente andauernd „krank“, wohl dank lascher Disziplin seitens der Geschäftsführung. Das man hier das System ausnutzt, wird dann offensichtlich, wenn man bemerkt das ein grosser Teil der Abwesenden selbst auf langer Zeit nur die Symptome „bekämpft“ statt der Ursache auf den Grund zu gehen.

  5. Ich gehöre selbst zu besagter Altergruppe, und man merkt schon, dass Belastungen nicht mehr so leicht weg gesteckt werden wie vor 20 Jahren. Was aber zu beanstanden ist, wir leben in einer Freizeitgesellschaft, in der der Freizeitstress das Problem ist! Freitags wird das Wochenende geplant, volles Programm natürlich, da soll keine Langeweile aufkommen, man lebt ja für’s Wochenende. Montags sitzen denn die Leute kaputt vor Computer und Werkbank…
    Den Ratschlag, das Wochenende als Ruhezeit für die Arbeitswoche zu benutzen, wird mit Unverständnis quittiert; „ich lebe doch nicht für die Arbeit…“. Nein, aber mit der Einstellung geht man daran kaputt, und die Gesellschaft ist Schuld….

    • Bei Ihrem Post, Dax fällt mir unwillkürlich folgendes Zitat eines Freundes ein :

      Früher musste man sich physisch anstrengen, um Geld zu verdienen.(In der Tat war „früher“ noch oftmals körperliche Anstrengung in so manchem Beruf erforderlich).
      Heutzutage hingegen strengt man sich physisch an, um Geld auszugeben.
      (Beispielsweise im Fitness-Center oder ähnlichen Einrichtungen)

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern