Henry Kissingers Leben ist gespickt mit außenpolitischen Erfolgen. Der einstige US-Minister galt als eine Art Jahrhundertgestalt. Er war vielleicht der berühmteste Diplomat in der Geschichte der USA. Auf der internationalen Bühne fühlte er sich wohl – mischte sich bis ins hohe Alter ein. Am Mittwoch ist Kissinger gestorben. Im Mai hatte er seinen 100. Geburtstag gefeiert.
Es war irgendwann Mitte der 1970er Jahre bei einem Diskussionsabend in Eupen, an dem auch der spätere Eupener Bürgermeister Fred Evers teilnahm. Evers war bei den Parlamentswahlen im Jahr 1974 mehr oder weniger per Zufall Kammerabgeordneter geworden und wurde dadurch quasi über Nacht zum Shootingstar der Eupener und ostbelgischen Politik.
Am Ende der Diskussion breitete der schon damals von seiner Statur her imponierende Fred Evers seine beiden Arme aus und rief in den Saal: „Dieses Problem könnte nicht einmal Henry Kissinger lösen!“.
Am Mittwoch ist Kissinger gestorben. Er war in seinen letzten Lebensjahren schwerhörig und auf einem Auge blind. Er musste sich mehreren Herzoperationen unterziehen. Doch geistig war er bis zum Schluss topfit – auch wenn er seine Gedanken langsam und manchmal schwer verständlich formulierte.
Kissinger war der Sohn eines deutsch-jüdischen Ehepaares. 1938 floh die Familie vor den Nazis in die USA. Kissinger wuchs dann in New York auf – konnte zunächst kein Englisch. Es heißt, als Jugendlicher sei er so schüchtern gewesen, dass er kaum sprach. Das könnte erklären, warum Kissinger sein ganzes Leben lang einen starken deutschen Akzent hatte. Anders als in Deutschland habe er sich in den USA aber als Jude nicht diskriminiert gefühlt, sagte er einst. Kissinger wurde nach der US-Einbürgerung 1943 zum Militärdienst eingezogen, kämpfte in den Ardennen und arbeitete dann in Deutschland für die US-Spionageabwehr.
Nach der Rückkehr studierte er mit Hilfe von Stipendien an der Elite-Universität Harvard Politikwissenschaften und promovierte 1954. In den Folgejahren lehrte er an der Uni und machte sich als Spezialist für internationale Politik einen Namen.
1969 holte ihn der republikanische Präsident Richard Nixon als Sicherheitsberater ins Weiße Haus. Später wurde er auch Außenminister – und blieb zumindest Letzteres unter Nixons Nachfolger Gerald Ford. Kissinger prägte die sogenannte Pendeldiplomatie – reiste zwischen Hauptstädten hin und her und verhandelte zwischen Konfliktparteien. Als Außenminister war er eine Art Berühmtheit, bekannt für sein Machtbewusstsein und seine Frauengeschichten.
Kissinger hat viele Erfolge vorzuweisen. Er suchte Entspannung mit dem isolierten China und der Sowjetunion, stiftete Frieden in Nahost, bemühte sich um Abrüstung. So fädelte er in Geheimgesprächen in der damaligen UdSSR das erste Abkommen zur strategischen Rüstungsbegrenzung (SALT I) ein.
Bei einem Geheimtrip nach Peking organisierte er den ersten Besuch eines amtierenden US-Präsidenten in der Volksrepublik. Nixon reiste 1972 nach China und traf dort Parteiführer Mao Zedong. Außerdem handelte Kissinger 1973/74 das Ende des Jom-Kippur-Krieges arabischer Staaten gegen Israel aus. Es sind beeindruckende Errungenschaften. Für viele gilt Kissinger bis heute als außenpolitisches Genie – als Jahrhundertgestalt.
Das ist aber nur die eine Seite der Geschichte. Kritiker sehen in ihm einen Machtpolitiker ohne Moral, der auch Diktaturen unterstützte – solange es nur seinen Interessen nützte. Dabei, so der Vorwurf, habe der Zweck die Mittel geheiligt. Er galt damals als zunehmend selbstherrlich und verschlossen. In einem Interview aus dem Jahr 1972 verglich er sich mit einem Cowboy, der allein voran reite und die Kolonne anführe.
Neben den außenpolitischen Erfolgen gibt es eine ganze Liste an Kriegen und Krisen, in denen Kissinger eine mindestens zweifelhafte Rolle spielte. Da ist zum einen der Vietnamkrieg: Kissinger soll 1968 einen nahen Friedensschluss verhindert haben, um Nixon zum Wahlsieg zu verhelfen. 1973 mündeten seine jahrelangen Geheimverhandlungen mit dem nordvietnamesischen Unterhändler Le Duc Tho schließlich in einen Friedensvertrag. Beiden wurde der Friedensnobelpreis zugesprochen – obwohl der Krieg noch bis 1975 weiterging. Kissinger nahm den Preis an, Le Duc Tho nicht.
Heftig kritisiert wurde Kissinger für seine Rolle bei der geheimen Bombardierung Kambodschas während des Vietnamkriegs. Er soll die Bombardierungen genehmigt und vor der Öffentlichkeit geheim gehalten haben. Die Angriffe haben Schätzungen zufolge mindestens 150 000 Menschen das Leben gekostet. Gegner werfen ihm auch vor, dass die Folgen seines Vorgehens das Land destabilisiert haben und den Roten Khmer in dem Land in Südostasien zur Macht verholfen haben.
Auch die Unterstützung der Invasion Indonesiens in Osttimor 1975 ist ein dunkler Fleck in Kissingers außenpolitischer Karriere. Zusammen mit dem US-Geheimdienst CIA soll Kissinger 1973 außerdem in den blutigen Putsch von General Augusto Pinochet gegen Chiles gewählten sozialistischen Präsidenten Salvador Allende verstrickt gewesen sein.
Kissinger erhielt Vorladungen von Gerichten in verschiedenen Ländern, erschien aber nie. Die Vorwürfe gegen ihn hat er stets zurückgewiesen – zumindest öffentlich war er sich keiner Schuld bewusst. Die jüngere Generation, die ihn verurteile, stellte er in einem TV-Interview zu seinem 100. Geburtstag als ignorant dar.
Nach Nixons Rücktritt blieb Kissinger Außenminister – die politische Bühne verließ er dann nach dem Amtsantritt des demokratischen Präsidenten Jimmy Carter 1977. Doch der Rückzug aus der aktiven Politik bedeutete für Kissinger nicht, sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Er gründete eine Beraterfirma, schrieb mehrere Bücher und war trotz seines hohen Alters bis zu seinem Tod ein gefragter Redner, wenn es um außenpolitische Einschätzungen ging. (dpa/cre)
Nicht nur Fred Evers hat einen Bezug zu Henry Kissinger geschaffen. Es gibt eine andere, gewiss auch spannendere Geschichte. Während der Ardennenschlacht klopften eines Abends zwei schwer bewaffnete
amerikanische Soldaten an der Türe eines Bauernhauses in der ostbelgischen Eifel. Sie liessen sich ein Essen servieren und kontrollierten nicht das Kellerversteck, wo sich die Kinder verbargen. Mit einem „God bless you“ verschwanden sie in die Winternacht. Einer der beiden war Henry Kissinger.
Danke für die Anekdote, Herr Derwahl
Etwas netter als bei Hemingway unten an der Our…
Was hätten die beiden denn mit den Kindern gemacht, wenn sie sie gefunden hätten?
Für mich ist Kissinger ein Kriegsverbrecher wegen des Vietnamkrieges.
Marcel Scholzen Eimerscheid, wie im Artikel steht, hat Kissinger unter republikanischen Präsidenten gedient. Der Vietnamkrieg, das war vor allem Sache Johnsons, einem Demokraten. Dieser Krieg war sicher schon unter Kennedy ausgebrochen.
Er hat einen Angriffskrieg mitunterstützt. Deswegen ist er für mich ein Kriegsverbrecher. Genau wie Putin heutzutage.
Marcel Scholzen Eimerscheid, also Ihnen zufolge hat Kissinger unter demokratischen Präsidenten einen Angriffskrieg unterstützt, den der unter einem republikanischen Präsidenten geschlichtet hat.
Herr Keutgen.
Bei den Verhandlungen mit Nordvietnam ging nur darum, daß die USA nicht das Gesicht verlieren wollten. Die Niederlage sollte nicht zu offensichtlich sein.
Nordvietnam hat Südvietnam angegriffen.
Kennen Sie einen Metzger der noch nie Blut an seinen Händen hatte? Wer Staaten führt, besonders die grossen, muss wissen dass er Menschen in den Tod schickt. Wer das nicht möchte sollte einen anderen Beruf wählen. Friedensnobelpreise sollte man aber grundsätzlich nicht an Politiker vergeben, an keinen, das ist so wie der Veganerorden für den Metzger, um beim Beispiel vom Anfang zu bleiben…..
Einer der schlimmsten Verbrecher des 20. Jahrhunderts. Im Namen der Millionen von Toten in Chile, Vietnam, Kambodscha, etc. – möge er in aller Ewigkeit in der Hölle schmoren.
Aus den beiden Kommentaren „Eimerscheid“ und „Kriegsverbrecher“ trieft schlechtinformierter Hass. Hier melden sich geschichtslose Besserwisser. Unfähig zu differenzieren, seriös zu überprüfen und tolerant zu urteilen.
In milder Replik darf man es auch schlicht Dummheit nennen.
Ich sehe hier keine Gegenargumente. Sollen sein Karlspreis (und sein Friedensnobelpreis) etwa die nicht-authorisierte Bombardierung von Zivilisten in Vietnam und Kambodscha, seine Unterstützung von Putschregimen, dem Sturz der demokratischen Regierung in Chile legitimisieren?
Er hat Chile vor dem Kommunismus gerettet, dafür muss man ihm dankbar sein.
Wenn Sie Mut haben, was aber nicht der Fall ist, fliegen Sie nach Chile und teilen Ihre Erkenntnis mit den Opfen des Pinochet-Regimes.
Immer diese Pöbeleien und Unterstellungen. Von „Atheist“ kennt man es nicht anders.
Was für Unterstellungen? Welche Pöbeleien? Sie haben ein verzerrtes Bild der Realität und sollten sich behandeln lassen.
Das, was Sie für die Realität halten, muss nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben.
Echt jetzt?
Kissinger war eine zwielichte Person von leider hoher Intelligenz. Er war zwar Jude, fühlte sich aber eher Amerikaner deutscher Herkunft. Ein Zitat“ wenn ein Volk seit über 2000 Jahre verfolgt wird, kann es nicht alles richtig gemacht haben“. Das war auch damals gewagt…
HENRY KISSINGER’S VERBRECHEN
1. Bombenanschlag auf Kambodscha: 500.000 Tote.
2. Unterstützung der Invasion in Osttimor: 200.000 Tote.
3. Sturz der chilenischen Regierung: Wir unterstützten Pinochets Diktatur.
4. Tötungen in Bangladesch: 3 Millionen Tote.
5. Argentiniens „Schmutziger Krieg“: 30.000 Tote und 30.000 Verschwundene.
6. Bombenanschlag auf Laos: 200.000 Tote.
7. Opfer des Vietnamkriegs: 2,5–3 Millionen Tote.
Quelle Unbekannt und muss nicht der Wahrheit entsprechen. Ausserdem wird Kissinger nachgesagt, er sei der eigentliche Gründer des WEF in Davos.
Er konnte als nationaler Sicherheitsberater und auch als Außenminister Vorschläge machen, die Entscheidungsgewalt, ja oder nein lag aber ausschließlich beim Präsidenten. Unbestreitbar war sein Vorschlag an seinem Chef Richard Nixon, den Kampf mit aller Härte auch wieder mal völkerrechtswidrig gegen Kambodscha auszuweiten. Henry das machen wir. so Nixon nach ihrem Gespräch zur Lage in Vietnam, Er sorgte für viele gute Entwicklungen in der Welt aber ebenso ist er verantwortlich für viele brutale Kriegsschauplätze, die in die Geschichtsbücher eingegangen sind.
Henry Kissinger war einfach ein Kind seiner Zeit. Für den Westen und seine Supermacht, die USA, war oft alles besser als ein weiteres kommunistisches Regime auf dem Planeten. Im Nachhinein betrachtet ist das oft über das Ziel hinausgeschossen, oft wurde in Panik der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben und es wurden Kaskadeneffekte ausgelöst, die sich im Laufe der Geschichte noch verstärkt haben, wobei jede Reaktion das Potential hat, immer wieder Folgereaktionen auszulösen, bis in die Gegenwart hinein.
Ihn einfach als Kriegsverbrecher zu bezeichnen, greift zu kurz; alles hängt mit allem zusammen. So war es früher und so ist es heute.