Gesellschaft

„Zum ersten Mal höre ich Positives über Homosexualität in der DG“

Serge Schoonbroodt: "Ich bin schwul, und was nun?"

Der Eupener Organist Serge Schoonbroodt bekennt sich in einem Offenen Brief an führende Persönlichkeiten und Medien in der DG zu seiner Homosexualität. Sein Schreiben ist auch ein Appell an alle Schwulen in der DG, sich zu ihrem „Anderssein“ offen zu bekennen.

Anlass ist die Ausstellung „Keep calm, it’s just me“ von Uwe Koeberich in Eupen, Gospert 42, die noch bis Sonntag dauert.

Mit dem ausdrücklichen Einverständnis des 44-jährigen Eupeners, der zusammen mit seinem Partner in Lüttich wohnt, veröffentlicht „Ostbelgien Direkt“ den Offenen Brief.

Serge Schoonbroodt ist Kurator der Orgel im Kloster Heidberg. Der älteste Sohn des Organisten Hubert Schoonbroodt (1941-1992) ist auch Inhaber eines Gästehauses in Lüttich.

In dem Offenen Brief, den wir am Ende dieses Artikels integral veröffentlichen, beschreibt Schoonbroodt seinen steinigen Weg als Homosexueller.  In Namur, wo er Kirchenmusikdirektor der Kathedrale war, wurde er vom Bischof André-Joseph Léonard, dem heutigen Primas der katholischen Kirche in Belgien, gefeuert. „Da ich schwul bin und mein ‚Lebensstil mit dem Inhalt der Evangelien inkompatibel ist“, konnte ich in dieser Position nicht bleiben.“

Homophobie alltäglich

Das von ihm ins Leben gerufene Festival in Arequipa in Peru wurde annulliert, weil jemand ihn anonym wegen seiner Homosexualität angezeigt hatte. „Obwohl ich Ehrenbürger der Stadt Arequipa war, kam ich – allein und traurig – nach Belgien heim. Damals trat die belgische Botschaft in Peru für mich nicht ein.“

Serge Schoonbroodt

Serge Schoonbroodt: „Seit 10 Jahren führen Guido und ich eine sehr glückliche Ehe.“

Homophobie sei für ihn alltäglich, schreibt der Organist: „Eines Tages nannte mich ein Araber ‚dreckige Schwuchtel‘. Danach schlug ich eine Tür seines Autos mit Fußtritten. Nie sage ich ‚dreckiger Araber‘. Einmal sagte ein Bekannter zu mir: Weißt du, Serge, du bist noch in der Pubertät. Wenn es dir besser gehen wird, wirst du genau wie wir sein!“

Die Religionen sind laut Serge Schoonbroodt homophob: „Wenn ein Priester behauptet, dass Homosexualität abnormal ist, schädigt er diejenigen, die einen schweren Umgang mit ihrer eigenen Homosexualität haben.“

Als er von der Ausstellung von Uwe Koeberich im Haus Gospert 42 erfuhr, habe er gedacht: „Super! Zum ersten Mal höre ich etwas Positives über Homosexualität in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens.“

Die Foto-Ausstellung „Keep calm, it’s just me“ war am 11. Oktober, dem internationalen Tag des Outings, eröffnet worden. Gezeigt werden Porträts von Menschen aus der DG, die zu ihrem „Anderssein“ stehen.

Nachfolgend der Offene Brief von Serge Schoonbroodt im vollen Wortlaut als PDF:

Offener Brief an die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens, anlässlich der Ausstellung „Keep calm, it’s just a kiss“

20 Antworten auf “„Zum ersten Mal höre ich Positives über Homosexualität in der DG“”

  1. Schön das es dich gibt! So wie du bist,wer du bist!
    Allein das zählt! Leider müssen wir das noch lernen!
    Zur Kirchengemeinde nur soviel; „entferne nicht den Strohhalm bei deinem Nächsten wenn du selber einen Balken im Auge hast“

  2. R.A. Punzel

    „… wurde er vom Bischof André-Joseph Léonard, dem heutigen Primas der katholischen Kirche in Belgien, gefeuert…“.

    Tja, diese kath. Horde ist nicht in der Lage, sich von den Schwarzen Schafen in den eigenen Reihen zu trennen und hält sich immer noch für den dogmatischen Mittelpunkt aller Sekten. Hoffentlich räumt der „Francesco“ bei den z. Zt. in Rom weilenden Kirchenfürsten mal gründlich auf.

  3. Gemein(d)e

    Ich finde es gut wenn Menschen sich outen, denn dadurch fällt es den Leuten die es noch nicht schaffen, einfacher damit umzugehen und nicht Betroffene lernen, dass es etwas Alltägliches ist und keine Krankheit.

  4. Lieber Serge, das, was dir widerfahren ist, ist unglaublich!! Ich finde es toll, dass du dies in deinem Brief so offen beschreibst, denn die Öffentlichkeit bekommt von diesem unglaublichen Verhalten unserer Gesellschaft, vor allem der Kirche, kaum etwas mit. Wir wünschen dir auf deinem weiteren Weg alles Gute! Deine Cousine Corinne (und Familie)

  5. Eupenmobil

    In Sachen Homosexualität bleibt noch viel zu tun. Wenn sich Männer wie Herr Schoonbroodt öffentlich outen, dann kann das der Sache nur dienlich sein. Er hilft damit vor allem denjenigen, die selbst nicht den Mut haben, sich zu outen. Da war doch auch vor einiger Zeit ein aus Eupen stammender Radioreporter in Bayern, der sich live am Mikrofon outete. Dazu gehört Mut.

  6. Homophobie wird auch in der DG groß geschrieben.
    Ob als Redewendung „das ist so schwul“ um aus zu drücken „das ist nicht cool“. Das hört man sehr oft und es kam mal öfters dann zu Situationen, in der Homosexuelle bei solchen Sprüchen ebenfalls anwesend waren. Sich entschuldigen wollte sich auch niemand, weil die meisten es selbst nicht mehr merken.
    Es ist krass, was in Peru geschehen ist, aber umso trauriger finde ich, was bei uns abgeht.

  7. Wenn Homosexualitaet als normal angesehen werden soll was ok ist, dann sollen Schwule nicht jedesmal damit hausieren gehen.
    Sexualitaet gleich welcher Art ist eine intime Angegenheit und sollte als solche behandelt werden.
    Mich intéresser es nicht mit wehm Herr Schoonbrodt ils Bett geht solange es einverstaendlich gespielt.

      • Böse Zunge

        Solange die Gesellschaft „Toleranz“ aufbringen muß, kann man nicht erwarten, dass Homosexualität als naturgegebene Variante verstanden wird.
        Toleranz braucht es lediglich für Dinge, für die man sonst um Verzeihung bitten müßte.

        Was wird Herr Schoobroodt meiner Meinung erreichen ?
        Was er in Zukunft in seinem Leben auch an gigantischem leistet und erreicht. Das Erste was man von ihm sagen wird ist :“ Ach, der Schwuli “ . So ticken wir leider.
        Denkt man nur an : Freddy Mercury, Elton John,Georges Michael, Wowereit, Kerkeling, Bio,….

        Vielleicht sollten wir um Verzeihung und Toleranz bitten, dass wir immer noch nicht fähig sind, Homosexualität als genauso normal anzusehen wie braune, blonde oder rote Haare.

        • So lange wir „leider so ticken“, wird es immer noch nötig sein solche persönlichen Erfahrungen zu teilen. Dafür: Hut ab, Herr Schoonbroodt!
          Und nein, Ich denke bei den genannten Persönlichkeiten nicht zuerst an ihre Sexualität, sondern an die großartigen Leistungen, die sie vollbracht haben…

    • Damit Homosexualität „als normal angesehen“ wird, müssen eben solche Leute wie Herr Schoonbrodt da sein, um Vorurteile aus dem Weg zu räumen.
      Damit darf man auch gerne an die Öffentlichkeit. Wer dagegen etwas hat, ist die Diskriminierung geschlechtlich anders orientierter Bürger ziemlich egal.
      Es wird niemand gezwungen, das hier zu lesen, insofern verstehe ich den Kommentar nun wirklich nicht. Aber die ewige Motzerei schlägt um sich herum wieder (einmal).

  8. Ernst Müller

    Ich habe überhaupt nichts gegen Schwule, aber Herr Serge Schoonbroodt wirft Sand in das Getriebe aller führenden Persönlichkeiten der DG. Er verherrlicht seine Homosexualität als ob er ein Mensch der zweiten Klasse wäre. Er will sich auf dieser Weise heimlich aber ganz bewusst zum DG-Helden stilisieren. Und das ist unseren Politikern gegenüber nicht fair, denn in unserem Land werden die Homosexuelle werden unterdrückt noch bestraft.

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