Politik

Kremlgegner Nawalny in Straflager im russischen Norden aufgetaucht – „Bedingungen dort sind brutal“

28.12.2021, Russland, Petushki: Alexej Nawalny, Oppositionspolitiker aus Russland, ist während einer Gerichtsverhandlung per Video aus einem Gefängnis zugeschaltet. Foto: Evgeny Feldman/Meduza/AP/dpa

AKTUALISIERT – 20 Tage war der inhaftierte Kremlgegner Nawalny verschwunden. Nun meldet sein Team, er sei gefunden worden. Die Bedingungen im neuen Straflager sollen brutal sein.

Der seit mehr als zwei Wochen gesuchte Kremlgegner Alexej Nawalny ist wieder aufgetaucht. Er sei in das Straflager IK-3 in Charp in der Polarregion im Norden Russlands im Automonen Kreis der Jamal-Nenzen verlegt worden, teilte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch am Montag im Nachrichtendienst X (vormals Twitter) mit. „Er ist in Ordnung“, sagte Jarmysch.

16.12.2023, Berlin: Demonstranten fordern im Rahmen einer Aktion vor dem Haus des russischen Botschafters in Berlin Freiheit für alle politischen Gefangenen in Russland, darunter auch für den Kremlkritiker Nawalny. Foto: Paul Zinken/dpa

Von Nawalny hatte seit 20 Tagen jede Spur gefehlt. Sein Team und die Anwälte hatten eine Suchaktion gestartet. Das neue Straflager liegt mehr als 2.000 Kilometer von Moskau entfernt.

„Wir haben Alexej gefunden!“, teilte sein Mitarbeiter Iwan Schdanow mit. Er sei im Straflager „Polarwolf“, in einer der nördlichsten und am entlegensten Kolonien überhaupt. „Die Bedingungen dort sind brutal“, sagte Schdanow. Dort herrsche auch Dauerfrost. Es sei sehr schwer, dorthin zu gelangen; es würden keine Briefe in das Lager zugestellt. Es sei von Anfang an klar gewesen, dass Moskaus Machtapparat den Gegner von Kremlchef Wladimir Putin vor der Präsidentenwahl am 17. März isolieren wolle. „Sein Aufenthaltsort wurde geheim gehalten“, kritisierte Schdanow.

22.06.2023, Russland, Moskau: Dieses Foto einer Live-Übertragung zeigt Alexej Nawalny, Oppositionspolitiker aus Russland, während einer Anhörung vor dem Obersten Gerichtshof in Russland. Foto: Alexander Zemlianichenko/AP/dpa

Der unter anderem wegen angeblichen Extremismus zu 19 Jahren Haft verurteilte Nawalny führt immer wieder Klagen gegen den Strafvollzug wegen Verletzung seiner Rechte. Er nutzt die Gerichtsauftritte zur Kritik an Putins autoritärem System. Zuletzt war er zu den Verhandlungen nicht mehr zugeschaltet worden.

Seit Anfang Dezember war der Aufenthalt des schärfsten Gegners des russischen Präsidenten unbekannt gewesen. Die Sorge um den 47-Jährigen war auch deshalb groß, weil er gesundheitlich angeschlagen ist. Mitarbeiter des Strafvollzugs hatten bei Gerichtsprozessen nur mitgeteilt, dass Nawalny nicht mehr im Straflager IK-6 rund 260 Kilometer östlich von Moskau im Gebiet Wladimir sei.

Die Kremlgegner um Nawalny hatten Anfang Dezember auch die Kampagne „Russland ohne Putin“ begonnen, mit der sie Wähler vor der Präsidentenwahl dazu aufrufen, durch die Stimmabgabe für andere Kandidaten ihren Protest zu äußern. Putin tritt zum fünften Mal bei der Abstimmung an, mögliche Mitbewerber gelten als chancenlos.

Nawalny, der 2020 auch einen Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok überlebt hatte, ist seit fast drei Jahren in Haft. Er wurde international als politischer Gefangener anerkannt. (dpa)

8 Antworten auf “Kremlgegner Nawalny in Straflager im russischen Norden aufgetaucht – „Bedingungen dort sind brutal“”

  1. Robin Wood

    Nach der Behandlung in Deutschland hat Deutschland Nawalny Asyl angeboten, aber er flog zurück, obschon im Putin angedroht hat, ihn am Flughafen zu verhaften.
    Aus D hätte Nawalny auch Opposition gegen Putin machen können. War er einfach dumm oder wollte er den Märtyrer spielen?
    Solche Artikel vermisse ich über Assange, der ohne Gerichtsurteil in verschärfter Einzelhaft in England sitzt, weil er Kriegsverbrechen der USA veröffentlicht hat.

    • Goodbye Belgien

      @Robin Wood
      Sowas kann man nur als Dummheit bezeichnen.
      Bin selbst in vielen Ländern unterwegs, würde aber niemals in ein Land zurückkehren, welches mir ganz klar das Leben nehmen will. Es gibt (noch immer) genug schöne Orte auf diesem Planeten, wo man gut und angenehm leben kann. Russland gehört definitiv nicht dazu.
      Schade für Nawalny. Er hätte als freier Mann mehr erreichen können.

  2. 9102Anoroc

    War ja eigentlich zu befürchten .
    Wenn Putin ein Flugzeug abstürzen lässt , mit Insassen, die alles getan haben , um Putin selbst zu verteidigen und die angeblichen Unfall Opfer zuvor , durch einen Streit aneinander geraten sind ;
    was macht Putin dann wohl mit Leuten, die sich in seinem Land wagen , als Oppositioneller in Erscheinung zu treten?
    Wenn man von Nawalny nichts mehr hört , ist die Rechtfertigung Putin nach Den Haag zu liefern , umso größer.
    Der Mann gehört den Rest des Lebens hinter Gitter .
    Nur scheint man nicht daran interessiert zu sein , Putin überhaupt zu schnappen.
    So gesehen, trägt er ja auch die Schuld nicht allein .
    Ein Kriegsende scheint ja weder seinerseits, noch seitens der Ukraine interessant zu sein.

    Ganz zu schweigen von den Interessen unseren Pfadfindern in Brüssel , zum beenden dieses Krieges.
    Über die Toten oder vertrieben macht sich dort keiner Gedanken .
    Man Giert nur nach Geld zum angeblichen militärischen Einsatz der Verteidigung und hofft bei Beendigung dieses Krieges auf weitere Billiglöhner .
    Außerdem hat man sich in Brüssel überhaupt nicht für Nawalny interessiert und wenn doch , hat man es jedenfalls nicht öffentlich gemacht.
    Gut , der Fehler Nawalnys selbst war effektiv , die Rückreise von Deutschland nach Russland.
    Wahrscheinlich hatte er die Skrupellosigkeit Putins völlig unterschätzt.

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