Notizen

Macron oder Le Pen: Frankreich steht bei der heutigen Präsidentschaftswahl vor einer Richtungsentscheidung

24.04.2022, Frankreich, Paris: Ein Mann steht vor den Wahlzetteln der beiden Kandidaten Macron und Le Pen für die zweite Runde der französischen Präsidentschaftswahlen in einem Wahllokal. Foto: Thomas Coex/AFP/dpa

AKTUALISIERT – Bleibt Emmanuel Macron fünf weitere Jahre Präsident von Frankreich oder gelingt der Nationalistin Marine Le Pen der Wahlsieg ums höchste Staatsamt? Trotz eines Vorsprungs für den Amtsinhaber ist ein Rechtsruck in Paris nicht ausgeschlossen.

Nach einem vom Ukraine-Krieg überschatteten Wahlkampf stimmt Frankreich an diesem Sonntag über sein künftiges Staatsoberhaupt und die grundlegende Ausrichtung der Politik der kommenden Jahre ab.

Dem liberalen Präsidenten Emmanuel Macron, der sich um eine zweite Amtszeit bewirbt, steht als Herausforderin die Rechtsnationalistin Marine Le Pen in der Stichwahl gegenüber. Am Morgen um 8.00 Uhr öffneten die Wahllokale im Land, nachdem in einigen Überseegebieten wegen der Zeitverschiebung bereits am Samstag gewählt worden war.

20.04.2022, Frankreich, Saint-Denis: Die Aufnahme zeigt Fernsehbildschirme mit der Live-Übertragung einer TV-Debatte zwischen Emmanuel Macron (l), Präsident von Frankreich und Spitzenkandidat der Partei „La République en Marche (LREM)“, und Marine Le Pen, Präsidentschaftskandidatin der rechtsextremen Partei Rassemblement National (RN). Foto: Ludovic Marin/AFP/dpa

Zwar sagten Umfragen zuletzt einen wachsenden Vorsprung für den Mitte-Politiker Macron voraus – dennoch wird ein Sieg der auch mit extrem rechten Forderungen antretenden Le Pen nicht gänzlich ausgeschlossen. Frankreich trifft damit eine Richtungswahl, die auch für Europa von übergeordneter Bedeutung ist.

Seit sich Macron und seine Kontrahentin vom Rassemblement National vor zwei Wochen in der ersten Runde für die Stichwahl qualifiziert und ihre zehn Mitbewerber hinter sich gelassen haben, wurde in Frankreich politisch wie gesellschaftlich ordentlich Stimmung gemacht.

Parteien, Vereine, Sportler und Kulturschaffende riefen dazu auf, einen Schutzwall gegen Rechts zu bilden. An einer solchen Mauer waren Le Pen und zuvor ihr Vater Jean-Marie bereits 2017 und 2002 in der Endrunde der Wahl gescheitert.

Doch die Bereitschaft, aus Prinzip gegen Le Pen zu stimmen, schrumpft. In der Wählerschaft herrscht nach einer turbulenten und krisengeprägten Amtszeit Macrons Unzufriedenheit. Gerade Linke fühlen sich durch Macrons zunehmenden Rechtskurs vor den Kopf gestoßen und sind genervt, dass eine Wahlalternative zu seiner wirtschaftsliberalen Politik fehlt.

16.04.2022, Frankreich, Anglet: Eine Frau geht im Südwesten Frankreichs an Wahlkampfplakaten der französischen Präsidentschaftskandidaten Macron und Le Pen vorbei. Foto: Bob Edme/AP/dpa

Anhänger des linken Kandidaten Jean-Luc Mélenchon, der in der ersten Wahlrunde als Drittplatzierter ausschied, hadern deshalb zwischen der Wahl Macrons, einer Enthaltung – oder gar keiner Stimmabgabe. Die klassischen Volksparteien, die Sozialisten und Republikaner, waren mit ihren Kandidatinnen krachend gescheitert und können Macron nur begrenzt zum Wahlsieg verhelfen.

Der Staatschef sah diese verzwickte Situation wohl nicht kommen. Siegessicher stieg Macron erst spät in den Wahlkampf ein. Gehetzt zwischen internationalen Gipfeln, bekamen die Franzosen ihren Präsidenten zumeist nur im Fernsehen zu Gesicht.

Le Pen hatte da bereits seit Monaten Wahlkampf an der Basis gemacht und war durch die Provinz gereist. Während Macron noch auf der Weltbühne versuchte, den Ukraine-Krieg zu verhindern, hörte Le Pen auf Marktplätzen den Landsleute mit ihren wachsenden Sorgen zu. Dabei präsentierte sie plakative Lösungen für die Kaufkraftprobleme – das Hauptthema des Wahlkampfs.

Den Kuschelkurs mit der Bevölkerung verwebte die Tochter des rechtsextremen Parteigründers Jean-Marie mit ihrem strategischen Bemühen um Verharmlosung. Freundlich lächelnd verzichtete die 53-Jährige auf allzu radikale Thesen, versuchte sich und die Partei zu „entteufeln“ und wählbar zu machen auch fernab des rechten Randes. Bewusst inszenierte sie sich dabei auch als Gegenbild eines Präsidenten, der Menschen abseits des Bildungsbürgertums scheinbar missachtet.

10.04.2022, Frankreich, Paris: Ein Bildschirm zeigt den französischen Präsidenten Macron und die rechtsextreme Kandidatin Le Pen am Wahltag. Foto: Francois Mori/AP/dpa

Nach der ersten Wahlrunde aber riss Macron das Ruder herum, stürzte sich in den Straßenwahlkampf, und versuchte, den versäumten direkten Kontakt nachzuholen.

Sollte der 44-jährige Macron weitere fünf Jahre Präsident im Élyséepalast bleiben, können Deutschland und Europa weiter auf einen verlässlichen Partner bauen. Gerade angesichts des Ukraine-Kriegs und der geschlossenen westlichen Front gegen Russland ist dies von entscheidender Bedeutung.

Bei einer Wahl Le Pens stünde der EU wohl ein Erdbeben von der Dimension des Brexits oder der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten bevor. Le Pen erklärte bereits, dass sie zu Deutschland auf Distanz gehen und die EU grundlegend umgestalten wolle. Russland machte sie Avancen für die Zeit nach dem Krieg.

In Frankreich selbst warten auf den Gewinner oder die Gewinnerin zahlreiche Baustellen. Macron will eine ganze Reihe von Projekten und aufgeschobenen Reformen abarbeiten: Rente, Gesundheitswesen, Schule, Klimakrise, Kaufkraft und die Überwindung der gesellschaftlichen Spaltung.

Mit Le Pen gäbe es hingegen eine Bevorzugung von Franzosen vor Ausländern in der Wohnpolitik und auf dem Arbeitsmarkt. Ein Sturm der Entrüstung und massiver Widerstand wären programmiert – aber auch Macron dürften bei einem Sieg angesichts der aufgestauten Frustration harte Jahre ins Haus stehen. (dpa)

77 Antworten auf “Macron oder Le Pen: Frankreich steht bei der heutigen Präsidentschaftswahl vor einer Richtungsentscheidung”

  1. Krisenmanagement

    Die DPA Berichte hinken gewaltig und wollen Wahlen manipulieren. Dieser Schuss könnte nach hinten los gehen. Ich hoffe die Französische Bevölkerung nimmt ihre Rechte in Anspruch, wählt wie es ihr gefällt.

  2. Macron hat noch lange nicht gewonnen.
    Er hat das ewige Spiel zwischen links und rechts gesprengt.
    Die 5. Republik ermöglicht aber keine Koalition, es kann nur einer „gewinnen“.
    Der Wähler weiss nicht mehr wohin, da für die moderaten Parteien völlig unglaubwürdige Kandidatinnen antreten.
    Da inzwischen Marine Lepen gesellschaftsfähig wurde, ist alles offen.

  3. Weitsicht

    Unter Le Pen sagt Frankreich auf Dauer Tschüss. EU

    Ihr Ziel bleibt die Zerstörung der EU.

    Jedes Land solle nur noch bei gemeinsamen Projekten mitmachen, wenn es ihm passt.

    Das würde das Ende der europäischen Solidarität bedeuten. Putin würde es freuen.

  4. Marcel Scholzen eimerscheid

    Diese Wahl sollte man nicht unterschätzen.

    LePen hatte einen russischen Kredit bekommen, um den Wahlkampf 2017 zu finanzieren. Ist deswegen etwas prorussisch eingestellt.
    Sollte sie gewinnen, könnte das ein Erdbeben in Europa auslösen.

    Das linke Spektrum spielt keine Rolle mehr. Selbst schuld. Haben die selben Fehler gemacht wie andere in Europa.

  5. Hoffentlich können wir ihr Kinderlein kommet macron schnellst möglich verabschieden.
    Marine als Präsidentin könnte den Eu Filz ordentlich aufwirbeln.
    Also auf ihr Franzosen in den Departments wo macron noch vorne liegt, weg mit ihm

    • In der EU gibt’s nichts aufzuwirbeln. Mit Le Pen käme eine unerfahrene „Orbanin“ an die „Macht“ und diese Macht ist in Frankreich reell. Die nichterwünschten Migranten ziehen in’s nächste französisch sprechende Land – Belgien.
      Europa geht den Bach ‚runter und auf dem Arbeitsmarkt gibt’s einen riesen Aufschwung: Zollämter, Wechselstuben, geschlossene Grenzen und MwSt. je nach Land und Laune.

      • Stimmt wohl, in der EU läuft alles bestens, alle kommen dann nach Belgien und EU weit gibt es aktuell identische MwSt Sätze.
        Glauben sie den Blödsinn oder schreiben sie dies nur weil ihr Lohn daran hängt

        • Ich bewundere immer den Leichtsinn der Knallköppe die meinen, mit Wirbeln wäre es getan.
          Marine Le Pen und ihre Partei gehört zu denen, die an Europa Millionen verdient haben, ohne etwas dafür zu tun.
          Das Statut des Europaabgeordneten ist für solche Politiker lediglich eine dicke Einkommensquelle, mit der sie ihre Brüllerei im eigenen Land finanzieren.
          Lokal kann man mit Hassreden zwar Stimmen fangen, aber keine Demokratie leiten.

          • Ich bemittleide eher die „Dumpfbacken“ (um mich ihrem Niveau zu nähern) die glauben bei anderen Politikern sei das anders. Und,wie zu erwarten, einfach was schwafeln und ab bzw. ausweichen.
            Vergessen sie es einfach U freuen sich das macron aktuell vorne liegt

            • deuxtrois

              „Ich bemittleide eher die „Dumpfbacken“ (um mich ihrem Niveau zu nähern) die glauben bei anderen Politikern sei das anders.“

              Andere Politiker wollen aber eben nicht die Hand beißen, die sie füttert. Das machen nur oft gerne die Rechten „Dumpfbacken“, genauso wie z.B. Vivant, die poltern auch nur gegen viel Geld, das Politiker bekommen (wozu sie selbst auch gehören und versuchen, ihre „Schäfchen“ ins Trockene zu bringen ohne Gegenleistung).

                    • Andererseits legt ja „das System“ fest, wie der Ausführende an seine Entscheidungsgewalt kommt. Das belgische „System“ scheint mir durchaus demokratisch aufgebaut, zumindest gegenüber dem französischem, welches einen „Monarchen“ ernennt. Der Präsident ist durch seine eigens für dieses Amt durchgeführte Wahl legitimiert und braucht keine Rechenschaft abzulegen.

      • Legendar

        Machen sie sich mal schlau was ein Populist bzw. Populismus ist. Vielleicht verwenden sie das Wort dann an passender Stelle und erwecken nicht mehr nur den Anschein ungebildet zu sein und mit „Fremdwörtern“ um sich zu werfen.

  6. Friedrich Meier

    Ich erkenne, zumindest äußerlich eine gewisse Ähnlichkeit von Marine Le Pen mit Delphine Boël.
    Aber die musste sich ja nicht bewerben, sondern konnte sich in die Königsfamilie reinklagen.

  7. Waldschrad

    Ein Mann fragt einen Journalisten, der die Politiker schon seit drei Jahrzehnten kennt, ob er erkennen könne, wann die Politiker lügen und wann sie die Wahrheit sagen.
    Darauf der Journalist:
    „Wenn sie sich über dem rechten Auge kratzen, sagen sie die Wahrheit.
    Und, wenn sie sich an der linken Seite der Nase kratzen,
    sagen sie ebenfalls die Wahrheit. –
    Und wann lügen sie? –
    Immer, wenn sie sprechen!
    > Irronie aus ❗ <

  8. Hallo ihr Lieben . Nun macht euch doch keine Sorgen .
    Putin wird das alles regeln. Lebt lieber jeden Tag den ihr noch leben könnt . Wenn die Welt gerettet werden kann ,dann nur durch Widerspenstige .

  9. Weitsicht

    Beobachter gehen davon aus, dass ein Sieg von Marine Le Pen zuerst einmal Paris in einen politischen Lähmungszustand versetzen würde. Sie wäre zwar die mächtigste Politikerin im Land, aber auch ihr würde es nicht gelingen, gegen den Senat und die Nationalversammlung zu regieren. Dort verfügt Marine Le Pen über keinerlei Rückhalt und die Mehrheit der bürgerlichen Parteien würde sich geschlossen gegen sie positionieren. Es käme zu einer noch nie dagewesenen Machtprobe – mit ungewissem Ausgang

    Also nicht die Zeit für solche Experimente auch wenn der „“ Adelige „“ auch nicht der ideale Kandidat ist.

    • Taratata

      Genauso sieht es aus. Marine LePen kann die Wahl ruhig gewinnen und Macron ablösen. Und dann? Dann gibt es Neuwahlen. Und dann? Muss Frau LePen in eine Minderheitsregierung. Und dann? Wird es in la grande nation richtig lustig. Ich freu mich schon das Spektakel mitzuerleben.

  10. Ein klares Zeichen dafür,dass das Volk das“Politische Etablishement“ mehr und mehr ablehnt.Und wenn die „EU Kloake in Brüssel“ mal zurechtgestuzt würde,wäre das Leben für viele einfacher.Es ist ja nicht nur in Frankreich so.Eine AFD in Deutschland auf „Kuschelkurs“ dürfte auch eine immer ernster zu nehmende Partei werden (wären nicht einige extreme Quertreiber dabei).Die Reden im Bundestag im Bezug auf Ukrainekrieg,Verteuerung von Energie und Lebensmitteln,…von Frau Weidel sind absolut Spitze und entlarven die Inkompetenz der Rot-Grünen Energierevolutionäre.

    • Ob „das Volk“ das so sieht wie Sie, ist wohl sehr fraglich. Wie viele Menschen aus dem Volk damit konform gehen, sehen Sie anhand der bei Wahlen errungenen Prozentzahl. Mehr ist das nicht.

    • Ach Boku

      Ob die AFD das besser machen kann, was sie kritisiert, ist eine offene Frage. Wer sagt Ihnen aber ob das was sie nicht kritisiert nacher nicht schlechter wird? Eine Grüne Politikerin dankt ab, weil Sie 3Kinder hat, einen pflegebedürftigen Man und Urlaub brauchte. Bei der AFD ist es kein Problem Russlandtreu zu sein, bei der CDU ist es kein Problem sich an der Coronapandemie zu bereichern, bei der SPD ist es gedultet Unwahrheiten über Nordstream 2 zu verbreiten und bei der FDP ist der Cum-Ex-Skandal ein Kavaliersdelikt.

    • deuxtrois

      „Ein klares Zeichen dafür,dass das Volk das“Politische Etablishement“ mehr und mehr ablehnt.“

      Dumm nur, dass dieses „Politische Etablishement“ gar nicht existiert und wenn, alle Rechtsextreme leider genauso dazu gehören, sobald sie den Vorwand nutzen um sich „gut bürgerliche Partei“ zu bezeichnen.

  11. Karli Dall

    TV-Duell:
    „Macron machte die Wahl auch zu einer Abstimmung über Europa, Klima, den Laizismus – „also ein Referendum für oder gegen das, was wir grundsätzlich sind“.

    „Le Pen hingegen versprach eine „Rückkehr des gesunden Menschenverstands“, sollte sie gewinnen.“

    Wenn Le Pen nicht gewinnt, wäre Frankreich weiterhin für Dummheiten offen…….

    • Unter „gesundem Menschenverstand“ versteht Marine Le Pen hauptsächlich den Trieb zur Selbsterhaltung Frankreichs.
      Solange Eric Zemmour sein Gift versprühte, konnte sie sich als „moderat“ verkaufen. Das klappt nicht mehr!

  12. DR ALBERN

    @ Franzose, die Gesellschaft ist so gespalten wie nie zuvor! Egal wer gewinnt! Sozialer Unfriede wird zunehmen! Mit Macron werden wir weiterhin eingleisig fahren, denn er ist lediglich ein Freund der Milliardäre!

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