Sport

5. Mai 1968: Vor genau 50 Jahren das längste und dramatischste Spiel der Vereinsgeschichte der AS Eupen

Die AS Eupen am 5. Mai 1968 vor dem Anpfiff des Entscheidungsspiels gegen Witgoor Dessel in Waremme, das Eupen Sekunden vor dem Abpfiff der zweiten (!) Verlängerung verlor. (v.l.n.r.): AS-Fan „Scheng“ Scholl, Werner Pirard, Karl Franssen, Günter Brüll, Delio Bianchi, Bertrand Boden, José Grégoire, Gerd Meessen, Harald Toussaint, Mario Pezzetti, Elmar Keutgen und Hubert Vandormael. Foto: Jubiläumsbuch „60 Jahre AS Eupen“

An diesem Samstag vor genau 50 Jahren, am 5. Mai 1968, bestritt die AS Eupen in der Promotion D bei einem Testmatch in Waremme vor 7.000 (!) Zuschauern gegen Witgoor Dessel das längste und wohl auch dramatischste Spiel ihrer Vereinsgeschichte.

Gleich zwei Verlängerungen von je 2 mal 15 sowie 2 mal 7,5 Minuten – also insgesamt 135 Minuten – waren nötig, um den Aufsteiger in die 3. Division zu ermitteln.

Unter den 7.000 Zuschauern in Waremme waren mindestens 3.000 Eupener. Foto: Jubiläumsbuch „60 Jahre AS Eupen“

Tragisch für die Fans der AS war vor allem, dass Witgoor Dessel der 2:1-Siegtreffer in der 135. Minute (!) gelang, also in der letzten Minute der zweiten Verlängerung, obendrein nach einem kapitalen Fehler eines Eupener Abwehrspielers. Sonst hätte es ein zweites Testmatch geben müssen.

Die ganze Saison über hatten sich die AS Eupen und Witgoor Dessel in der Promotion D ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Meistertitel geliefert. Auch in den beiden direkten Duellen in Dessel und Eupen hatte es keinen Sieger gegeben: Beide Spiele endeten 1:1.

Nach 30 Spielen hatten beide Teams 42 Punkte (damals gab es pro Sieg nur 2 Punkte) und 18 Siege auf ihrem Konto. Das Torverhältnis zählte damals nicht, folglich musste ein Testspiel auf neutralem Platz die Entscheidung bringen.

Über 3.000 Eupener Fans in Waremme

Fast wäre es zu dem Entscheidungsspiel gar nicht gekommen, denn im letzten Spiel der regulären Meisterschaft eine Woche zuvor vor rund 4.000 Zuschauern in Herve hatte es bis kurz vor Schluss nur 1:1 gestanden. Eupen musste aber unbedingt gewinnen.

Elmar Keutgen als Torhüter der AS Eupen im Jahre 1968. Foto: Jubiläumsbuch „60 Jahre AS Eupen“

Als die Eupener Anhänger fast schon nicht mehr an einen Sieg glaubten, nutzte in der 87. Minute Mittelstürmer Mario Pezzetti einen dicken Fehler des Torwarts von Herve, um doch noch den Siegtreffer zum 2:1 für die AS zu erzielen.

Beim Schlusspfiff stürmten hunderte Eupener Fans den Platz von Herve, als wäre ihrer Mannschaft schon der Aufstieg gelungen.

Das Testmatch in Waremme fand vor einer Rekordkulisse statt. Rund 7.000 Zuschauer werden es wohl gewesen sein. Mindestens 3.000 davon waren Eupener.

Die Startelf der AS sah wie folgt aus: Keutgen – Bianchi, Pirard, Franssen, Grégoire – Brüll, Toussaint, Boden, Vandormael – M. Pezzetti, Meessen.

Eupen hatte zunächst Pech, als Verteidiger Werner Pirard schon nach etwa einer Viertelstunde verletzt ausfiel und durch Helmut Brossel ersetzt werden musste.

Nach fast einer halben Stunde ging die AS durch Bertrand Boden mit 1:0 in Führung. 1:0 war auch der Pausenstand.

Trotz Niederlage Empfang im Rathaus

Nur drei Minuten nach Beginn der zweiten Halbzeit gelang Dessel der 1:1-Ausgleich durch Mermans. Dabei blieb es bis zum Schluss. Auch die erste Verlängerung von 2 mal 15 Minuten brachte keine Entscheidung.

Empfang im Eupener Rathaus nach der bitteren Niederlage der AS gegen Witgoor Dessel. Foto: Jubiläumsbuch „60 Jahre AS Eupen“

Also wurde noch eine zweite Verlängerung von 2 mal 7,5 Minuten hinzugefügt. Und in der 135. Minute unterlief AS-Abwehrspieler Karl Franssen ein kapitaler Fehler, den Wellens zum 2:1-Siegtreffer für Witgoor nutzte.

Während sich nach dem Schlusspfiff die Spieler und Anhänger von Witgoor in den Armen lagen, gingen die Spieler der AS mit hängenden Köpfen in die Kabinen. Keiner von ihnen konnte fassen, was geschehen war.

Es flossen Tränen, und so mancher Spieler oder Fan hat an diesem Tag nicht mehr aufgehört zu weinen. Trotz der Niederlage wurde die Eupener Mannschaft am Abend nach ihrer Rückkehr aus Waremme von mehreren tausend Menschen bejubelt und im Rathaus in Abwesenheit von Bürgermeister Reiner Pankert von Schöffe Hubert Mießen empfangen.

Aufgeschoben ist zum Glück nicht aufgehoben: Im darauf folgenden Jahr gelang der AS Eupen doch der Aufstieg in die 3. Division, in der sie nur ein Jahr blieb, denn am Ende der Saison 1969-1970 schafften die Schwarz-Weißen sogar den Durchmarsch in die 2. Division. In Eupen herrschte in jener Zeit eine Fußballeuphorie, wie es sie später nie mehr gegeben hat. (cre)

Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf „Ostbelgien Direkt“:

12 Antworten auf “5. Mai 1968: Vor genau 50 Jahren das längste und dramatischste Spiel der Vereinsgeschichte der AS Eupen”

  1. Mischutka

    Toll – und in „Echtzeit“ geschrieben. Ich war natürlich damals überall dabei. Und wenn ich nun den ganzen Artikel mit allen Details lese, habe ich echt das Gefühl, alles sei vor ein paar Wochen passiert. Ja auf der Hinfahrt nach Waremme sah man unterwegs nur Autos mit Fahnen und allerhand „Zeug“ in den AS-Farben und im Stadion war der Lärm kaum auszuhalten. Ich selbst hatte mir sogar eine echte (!) Trompete damals geliehen obschon ich gar nicht darauf spielen konnte, zum Radau machen war es allerdings das perfekte Utensil ….. Und nach dem Spiel wäre ein „Satz“ wohl fast in Buch der Rekorde aufgenommen worden : „Leck mich doch am…..“, nee wat e Pech, wie konnte das nur passieren“ .
    Und als die AS dann aufgestiegen ist haben wir bis zum nächsten Morgen ohne Unterbrechung gefeiert….. um nachher 2 Tage krank zu sein. Da war uns dann Waremme so was von egal …..
    Und noch etwas was damals anders war : man kannte natürlich alle Spieler, teils persönlich (und privat) da „wir“ ja alle ungefähr im gleichen Alter waren. Leider kommen wohl diese herrlichen Jahre wohl niemals mehr zurück. Leider.

    • Mischutka

      @ Pensionierter Bauer :
      Joh, leeve Buhr, dat haste 100 % joht jeschreeve. Än di „rechtege Öopener Jonge“ hant damohls met ohs gesohpe, gesonge, än dr Aap gedreeve, bes dat de Sonn wehr opgäng……..

      • Pensionierter Bauer

        Joh leeve Mitschutka, eh sohe wored. En med en deel van die Jonge kalle ver hü och noch op de Stroos i öope. Ech dängk, dat sal eh ver met die Jonge van hü al in tieh joohre ned mieh due könne.

        • Mischutka

          @ Pensionierter Bauer :
          Da haste och weer rechtech geschreeve Kamerod ! Vröger ben ich noch met e paar ander Jonge ägene Sohmer bee dr Buhr gegange än hant met döm et Höh gestapelt. Et ovends krächt veer dann vresche Melek än wenn de Tied van et Höh verbee wor, spälde veer dann Fussballe op de Wehe…. met wette Hömme än schwarte Botze aan. Di Jonge van dä leeve Buhr wohre fruhe, dat veer dr Pap vöhl Wärek abgenohme hant….
          AN ALLE DIE „UNS“ NICHT VERSTEHEN : Wir pflegen nur „unser“ Heimat-Platt….. Können die Jugendlichen heute leider nicht mehr. Bei aller Hochachtung vor allen Jugendlichen : wir verstehen die „Jugendsprache“ entweder garnicht oder nur sehr wenig…. Andere Zeiten, andere Sitten eben. Und genau DAS sieht man am Fußball, genau wie im Artikel (oben) geschrieben. Ich bin froh, dieses „alte“ Fußballbuch noch im Regal stehen zu haben. Wenn ich (öfters) darin lese, kommt immer ein seltsames Gefühl auf. Nur SO merkt man, wie schnell die Jahre vergehen…….

  2. Ich kann mich auch noch als damals 11jähriger dran erinnern. Man muss sagen, damals gab es für die Jugendlichen sonntags nur sehr beschränkte Freizeitangebote: Fussball auf der AS oder/und Pfadfinder-Patro.

  3. RaymondW

    Ja, an dieses Spiel kann ich mich noch gut erinnern! Es war von den AS-Fans gut organisiert. Es wurden Zettel verteilt. Darauf stand u.a. : Wenn der Schiedsrichter „Mist“ baut, dann rufen wir „Maubühl – Maubühl“!! Die Stimmung war hervorragend! Aber es hatte alles nichts genutzt. Wir fuhren enttäuscht nach Hause. Ich selbst spielte zu der Zeit bei den AS Jugendlichen.

  4. Ekel Alfred

    @ Mischutka, zuerst waren wir aber von 14 bis 14.30 Uhr in der CHRISTENLEHRE….und wenn der Messerich dann wieder polterte, wir sollen doch vorne an die Kommunionbank kommen, war das Gedränge natürlich gross….nach dem endgültigen Amen ging es dann so schnell wie möglich Moses Gässchen rauf zur AS Eupen….während der Pause dann ein leckeres Kakäuchen im Penalty bei Frau und Herrn Warimont….und dann zur zweiten Halbzeit weiterhin die Alliance hochgejubelt….nach dem Spiel hatte man manchmal das Glück mit den Eupener Spielern über das WENN und ABER zu diskutieren….leider alles vorbei….

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern