Gesellschaft

Auch Vandenbroucke befürwortet die Abschaffung der Attestpflicht für weniger als vier Tage Abwesenheit

Illustration: Shutterstock/OD

Nach den Grünen plädiert jetzt auch Frank Vandenbroucke (Vooruit) dafür, dass in Belgien die Attestpflicht bei einer Abwesenheit am Arbeitsplatz von weniger als vier Tagen abgeschafft wird.

Nach Ansicht des föderalen Gesundheitsministers, der sich diesbezüglich gegenüber der Tageszeitung „La Libre“ äußerte, würde dies den Allgemeinmedizinern mehr Zeit für Patienten mit schwereren Erkrankungen geben.

Bereits im April hatten die grünen Abgeordneten Cécile Cornet (Ecolo) und Kristof Calvo (Groen) in der Kammer einen Vorschlag für die Erweiterung des Rechts auf Abwesenheit am Arbeitsplatz ohne ärztliches Attest auf drei Tage hinterlegt.

Seit eineinhalb Jahren müssen Arbeitnehmer, die einen Tag lang krankheitsbedingt fehlen, ihrem Arbeitgeber kein ärztliches Attest mehr vorlegen. Die Regelung gilt für Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten, und jeder Arbeitnehmer kann maximal dreimal im Jahr von dieser Regelung profitieren.

Frank Vandenbroucke, föderaler Gesundheitsminister. Foto: Pool Yves Herman/BELGA/dpa

Eine Studie des Unternehmens Acerta ergab im Mai, dass die kurzfristigen Krankmeldungen in belgischen Unternehmen im ersten Quartal 2023 um 5 Prozent zurückgegangen sind. Die Abschaffung der eintägigen Krankschreibung führt also nicht zu einem Anstieg des Krankenstandes.

Vandenbroucke erinnert daran, dass dies auch die Position der Allgemeinmediziner sei: „Sie weisen darauf hin, dass die meisten Menschen sich nicht innerhalb eines Tages von einem Virus erholen und daher zu ihrem Hausarzt gehen müssen, um ein ärztliches Attest zu erhalten. Die Zeit, die der Arzt für diese Aufgabe aufwendet, könnte sinnvoller genutzt werden, z. B. für Menschen mit schweren gesundheitlichen Problemen, die bereits am ersten Tag einen ärztlichen Rat benötigen.“

Auf Radio 1 fügte Vandenbroucke hinzu, dass diese Bescheinigungen „eine administrative Belastung“ für die Allgemeinmediziner darstellen. „Es bewirkt oft das Gegenteil, weil der Arzt in der Regel anfängt, vorsichtshalber zu viele Tage zu verschreiben, während der Arbeitnehmer mit einem einzigen Fehltag zufrieden ist“, so der föderale Gesundheitsminister.

Der PFF-Vorsitzende Gregor Freches (l) und die liberale Regionalabgeordnete Christine Mauel (r). Fotos: OD

Die frankophonen Liberalen (MR) sind gegen den Vorschlag der Grünen und des Gesundheitsministers. „Wenn Sie drei Tage lang nicht arbeiten können, sind Sie krank“, antwortet die MR-Abgeordnete Caroline Taquin. „Es ist falsch zu glauben, dass man in diesem Fall nicht zum Arzt gehen muss. In manchen Fällen kann der Patient nach ein paar Tagen wieder gesund sein, aber es ist nicht Sache eines Ministers zu entscheiden, dass dies immer der Fall ist.“

Im April hatten sich auch der PFF-Vorsitzende Gregor Freches und die ostbelgische Regionalabgeordnete Christine Mauel (PFF-MR) gegen die Aufhebung der Attestpflicht für Abwesenheiten von maximal drei Tagen ausgesprochen.

„An sich kann die Verlängerung der Frist für die Abgabe eines ärztlichen Attests bei Abwesenheit von einem Tag auf drei Tage als Maßnahme zur Vereinfachung der Verwaltungsformalitäten und zur Entlastung der Arbeitnehmer und des Gesundheitspersonals gesehen werden. Dies könnte jedoch zu einigen Problemen führen“, erklärte Mauel. Zum einen könne dies Arbeitnehmer dazu ermutigen, mehr Krankheitstage zu nehmen, als sie eigentlich benötigen, da sie wissen, dass sie erst ab dem vierten Tag ihrer Abwesenheit ein ärztliches Attest vorlegen müssen. Zweitens besteht laut Mauel ein erhöhtes Risiko von Missbrauch, Betrug und Abkehr von der Arbeit, da Arbeitnehmer aus anderen Gründen als Krankheit krankgeschrieben werden könnten. (cre)

14 Antworten auf “Auch Vandenbroucke befürwortet die Abschaffung der Attestpflicht für weniger als vier Tage Abwesenheit”

  1. Investoria

    Unsere heiss geliebte politiker wissen fast nichts mehr worrüber sie die Bürger begnügen können!? Was für tolle Köder!? OK, wäre zu machen aber gewisse Sperren sollten unbedingt da mit rein, ansonsten werden das „Pandemien“ und „äusserstbansteckende Krankheiten“! Jetzt schon gibt es Krankenfälle in der Kundschaft welche jedes Jahr zur selben Zeit auftreten!? Komische Krankheiten? Daher unbedingt vorbeugen, denn der tüchtige Arbeiter*in bezahlt es danach sowieso mit!

  2. Gibt`s in Deutschland schon jahrelang und hat nicht zum Untergang des Abendlands geführt.

    Der „tüchtige Arbeitnehmer“ wird es sich wohl überlegen, ob er ständig unter Montagskrankheiten leidet.🤦‍♂️

  3. Neneewaa

    @HansA. Der deutsche Arbeiter tickt kulturbedingt ganz anders als der belgische und insbesondere wallonische Arbeitnehmer. Wenn das durchkommt, dann heißt es nicht mehr einen auf blau machen, sondern “ ich nehm mir Mal 4 grüne Tage !“

  4. Joseph Meyer

    Das Argument von Christine Mauel erschließt sich mir überhaupt nicht, ganz im Gegenteil bin ich der Meinung, dass die Attestpflicht schon bei nur 1 Tag Abwesenheit eher zu einer längeren „Krankheitsdauer“ führen wird, weil der Arzt dann aus Gründen der forensischen Vorsicht mehrere Tage Krankschreibung verordnen muss, da hat Minister Vandenbroucke ausnahmsweise einmal recht – im Vergleich mit dem eklatanten „Unrecht“ bei den ministeriellen Corona-Verordnungen im Verlauf der letzten 3 Jahre …!

  5. Krisenmanagement

    Um gegenüber seinem eigenen Arbeitgeber keinen Zweifel aufkommen zu lassen, dass der Arbeitnehmer krank ist, würde ich vom ersten Tag an ein Attest vorlegen. Nein dieser Minister weiss nichts vom normalen Arbeitsleben. Wenn man das 3 oder 4 mal im Jahr macht, wird man bei einem privaten Unternehmen Probleme oder die Kündigung bekommen.
    Dieser Minister ist noch inkompetenter, wie seine Vorgängerin. Aber eines weiss ich, er ist korrupt. Gewisssenlosigkeit kommt noch hinzu.

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