Politik

„Würden Sie mal die Klappe halten, Mann?“ – Chaotische erste Fernsehdebatte von Trump und Biden

29.09.2020, USA, Cleveland: Donald Trump (l), Präsident der USA, und Joe Biden (r), Präsidentschaftskandidat der Demokraten, hören dem Moderator Chris Wallace von Fox News während der ersten Präsidentschaftsdebatte zu. Foto: Patrick Semansky/AP/dpa

Bei der ersten TV-Debatte von Donald Trump und Joe Biden wurde einiges an Streit erwartet – doch das Streitgespräch versank nahezu im Chaos. Der Präsident hatte maßgeblichen Anteil daran.

US-Präsident Donald Trump und Herausforderer Joe Biden haben sich in ihrer ersten TV-Debatte mit persönlichen Angriffen überzogen und chaotische Wortgefechte geliefert. Vor allem Trump fiel Biden am Dienstag (Ortszeit) in Cleveland (Ohio) immer wieder ins Wort und ließ ihn seine Sätze nicht beenden. Wiederholt sprachen beide Männer gleichzeitig.

Biden bezeichnete Trump zwischenzeitlich als «Rassisten», „Putins Welpen“ und „den schlechtesten Präsidenten, den Amerika je hatte“. Trump weigerte sich auch vor einem riesigen TV-Publikum zu versprechen, sich nicht vor dem offiziellen Wahlergebnis zum Sieger zu erklären. Biden tat das.

29.09.2020, USA, Cleveland: First Lady Melania Trump (l-r), Donald Trump, Präsident der USA,, Joe Biden, Präsidentschaftskandidat der Demokraten, und seine Frau Jill Biden verlassen die Bühne im Anschluss an die erste Präsidentschaftsdebatte. Foto: Julio Cortez/AP/dpa

Das Konzept der TV-Debatte war eigentlich, jeweils 15 Minuten lang sechs Themenblöcke zu diskutieren. Der Moderator stellt eine Frage, die Kandidaten haben jeweils zwei Minuten für ihr Statement, danach folgt eine offene Diskussion. Diese Struktur fiel schnell auseinander.

Trump ließ Biden oft nicht ausreden, der ehemalige Vizepräsident reagierte häufig mit einem ironischen Lächeln und wehrte sich gelegentlich mit leicht resigniertem Ton. „Würden Sie mal die Klappe halten, Mann?“, fragte er an einer Stelle. Und: „Es ist schwer, mit diesem Clown auf den Punkt zu kommen.“ Auch der erfahrene TV-Journalist Chris Wallace als Moderator der Debatte hatte zum Teil große Probleme, Trump zur Ordnung zu rufen.

Bei den Zuschauern kam das Spektakel nicht gut an. Befragt nach ihrem überwiegenden Gefühl beim Anschauen der Debatte antworteten in einer CBS-Blitzumfrage mehr als zwei Drittel (69 Prozent), die Diskussion habe sie vor allem verärgert.

Als erste Frage wählte Wallace die aktuell laufende Neubesetzung des Posten der verstobenen Richterin Ruth Bader Ginsburg am Obersten Gericht der USA aus. Daraus wurde schnell eine Debatte über das Gesundheitswesen in der USA, weil Biden argumentierte, dass mit der von Trump vorgeschlagenen Richterin Amy Coney Barrett die Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama zu Grabe getragen würde. Biden will, dass erst der Sieger der Wahl die Ginsburg-Nachfolge regelt. Trump konterte, er sei immer noch Präsident: „Wir haben die Wahl gewonnen, und wir haben das Recht, das zu machen.“

29.09.2020, USA, Andrews Air Force Base: Donald Trump, Präsident der USA, und seine Frau Melania Trump, First Lady der USA, besteigen auf der Andrews Air Force Base die Air Force One. Sie sind auf dem Weg nach Cleveland, wo Trump im ersten TV-Duell auf seinen Herausforderer von den Demokraten, Biden, trifft. Foto: J. Scott Applewhite/AP/dpa

Auch eine zentrale Frage für die USA – der Umgang mit der Corona-Krise – sorgte für Streit. „Er will einen Shutdown dieses Landes, und ich will es offen halten“, sagte Trump. Biden konterte, Trump habe sich „völlig unverantwortlich“ verhalten und so Tausende von Menschenleben gefährdet. Grenzschließungen, Ventilatoren, Impfbereitschaft, Abstand halten, Masken – die Fernsehdebatte sprang von einem zum anderen Streitthema der Corona-Krise.

Biden betonte, dass er als Präsident zum Tragen von Masken ermutigen würde, weil das viele Menschenleben retten könne. Trump warf ein, dass einige den Nutzen von Masken bestreiten. „Keine ernsthafte Person hat das Gegenteil gesagt“, konterte Biden. Die Corona-Pandemie hat in den USA bislang mehr als 200.000 Menschen das Leben gekostet.

Mit dem Vorwurf, dass Trump Kremlchef Wladimir Putin nicht die Stirn biete, preschte Biden im Zusammenhang mit Berichten über angebliche Kopfgelder Russlands auf US-Soldaten in Afghanistan. „Er ist Putins Welpe“, sagte Biden. Bestätigt wurden die Berichte bisher nicht.

29.09.2020, USA, New Castle: Joe Biden (M), Präsidentschaftskandidat der Demokraten in den USA, steigt am Flughafen New Castle bei Regen in ein Flugzeug, um nach Cleveland zu reisen, wo er im TV-Duell auf seinen Herausforderer, US-Präsident Trump, trifft. Foto: Andrew Harnik/AP/dpa

Trump weigerte sich, sich ausdrücklich von weißen rassistischen Gruppen wie die „Proud Boys“ zu verurteilen. „Wen soll ich verurteilen?“, fragte er Moderator Wallace. „Proud Boys – haltet euch zurück und haltet Euch bereit“, sagte Trump danach („stand down and stand by“). Der Satz sorgte unter US-Kommentatoren für Stirnrunzeln. Trumps Sohn Donald Trump Jr. sagte nach der Debatte im TV-Sender CBS, dass sein Vater sich wohl versprochen habe.

Biden nutzte den Wirtschaftsteil der Debatte, um sich direkt an die Wähler zu wenden. In der Corona-Krise sei es Millionären und Milliardären wie Trump gut ergangen, „aber Ihr Leute zuhause, wie geht es Euch?“, sagte Biden in die Kamera. Es ist ein klassischer Zug in TV-Debatten in Amerika, seit der damalige Kandidat 1979 die Zuschauer aufrief, darüber nachzudenken, ob es ihnen besser gehe als vor vier Jahren. Trump wiederholte unterdessen, dass er die beste Wirtschaft in der Geschichte des Landes aufgebaut habe.

Ein eher überraschender Moment kam als Trump in der Debatte den Einfluss des Menschen auf den Klimawandel einräumte – zumindest teilweise. Auf die Frage, ob er glaube, dass Umweltverschmutzung und Treibhausgase zur Erderwärmung beitrügen, sagte der Präsident: „Viele Dinge tun das, aber in einem gewissen Ausmaß: ja.“ Trump sagte, die Waldbrände an der US-Westküste hätten ihre Ursache auch darin, dass dort anders als in Europa keine ausreichende Forstwirtschaft betrieben werde. (dpa)

Zum Thema siehe auch folgende Artikel auf OD:

35 Antworten auf “„Würden Sie mal die Klappe halten, Mann?“ – Chaotische erste Fernsehdebatte von Trump und Biden”

    • @ Make America Great AGAIN
      Ja , das passiert aber auch nur, wenn Trump von der Bildfläche verschwunden ist…. entweder in diesem Jahr, oder in 4.
      Sollte es noch 4 Jahre dauern – arme Welt

  1. Johann Klos

    Dieser Zuordnung der Washington Post braucht man nichts mehr hinzuzufügen:

    “Das negative Beispiel Trump hat gezeigt, wie wichtig es in einer Präsidentschaft ist, Anstand, Empathie und Respekt vor anderen Menschen zu haben.

  2. Werner Radermacher

    Es war kein sachlicher Austausch von Argumenten. Und es war aber auch eine Veranstaltung, die die Zerrissenheit der USA aufzeigte .Biden war schwach, dem aggressiven Präsidenten nicht gewachsen. Unverständlich, dass die Demokraten keinen besseren Kandidaten als Biden gefunden haben. Beide Kandidaten sind eine Schande für die USA. Wenn das die Elite der USA ist, dann gute Nacht. Meine Hoffnung: Biden gewinnt doch noch die Wahl und tritt nach den Midterm elections 2022 aus Gesundheitsgründen zurück und geht in den verdienten Ruhestand. Dann wird Kamala Harris Präsidentin und es kann nur noch besser werden.

    • Werner sind Sie nicht ein bisschen feige. Da konfrontieren Sie den aggressiven Präsidenten (ach so ist Ihnen erst gestern aufgefallen) mit dem schwachen (auch erst gestern aufgefallen) Biden. Dabei ignorieren Sie den Kandidatenfindungsprozess (haben die Demokraten keinen besseren gefunden).

      Wenn der feige Europäer auf Kamala hofft kann der Durchschnittsamerikaner auch Trump wählen.

    • The loudest in the room ist the weakest …
      Ich gönne den USA weitere 4 Jahre Trump – falls sie es denn wollen.
      Sie werden sich nicht mehr davon erholen, aber der Absturz ist besser als das „Tag-für-Tag-Überleben“ der angeblichen Demokraten.

    • @ Real Donald Trump
      Genau! Mit dieser Äußerung hat Trump mal wieder bewiesen, wes Geistes Kind er ist.
      Biden mag älter geworden sein, werden wir alle, aber selbst wenn er 99 Jahre alt wäre, hätte er mehr praesidales an sich, als ein Trump! Wer hier psychisch nicht ganz klar ist, hat Trump mit diesem Auftritt hinlänglich bewiesen

  3. Hasser, Neider und Leugner.

    Die Dems… Wahlbetrug, unter anderem durck BEZAHLUNG von gekauften Stimmen mit Hamas-Geld. Any questions?
    Wie immer, kein einziges Argument gegen Trump hier, außer die üblichen belidigungen der Hasser, Neider und Leugner.
    Trump wird mit Riesenabstand gewinnen. Die einzige Dem-KAnditatin, die etwas zu bieten hatte, war Tulsi Gabbard. Biden ist senil und weiß oft nicht einmal wo er ist. Sein Sohn ist in Skandalen verwickelt (Ukraine) und da Biden Sr wußte ist er de facto in den Skandalen verwickelt.
    Soll ich weiter machen?

  4. Aus Gründen präseniler Bettflucht habe ich mir diese 1,5 h ‚gegönnt‘ – sprich zum zu Bettgehen war es eh zu spät, also gucken wir doch mal. Komplexe zwecks etwaig mangelnder Englischkenntnisse waren völlig fehl am Platz, rein akustisch war sowieso nichts zu verstehen bei dem zu 95 Prozent Dazwischengequatsche. Insofern hat sich Biden leider von einem sich als noch mehr als bisher gekannt unerzogenen Trump provozieren lassen. Trump log mal wieder, daß sich die Balken bogen, allerdings hat auch Biden einige sehr wagemutige Behauptungen abgelassen. Einziges wirkliches Mano: daß der mod nur als Sesselhinterseite zu sehen war, hätte zu gern bei einigen Bemerkungen seine Gesichtszüge beobachtet.

    Biden hielt sich einigermaßen tapfer, sah aber schon zu Beginn irgendwie abgehärmt aus, mag dem bisher anstrengenden Wahlkampf geschuldet sein. Altersbezogen stehen die beiden sich trotz 5 J Unterschied eigentlich in nichts nach, was der eine vlt. körperlich an Defiziten haben mag, hats der andere erkennbar mental.

    Trump machte die Dampfwalze, aber die ganz große. Machtgeilheit, Frust wegen der aktuellen Steuerunterlagenaffäre, und charakterlich sowieso zeigte er gekonnt die ganz hässliche Seite der USA und blamierte eigentlich vor der Welt sein Land bis auf die Knochen.

    Hoffnung auf kommende Woche in Ohio mit Mike vs. Kamela, vielleicht kommt da ja verwertbares.

  5. Alfons van Compernolle

    Habe diese Tragikomödie zu 3/4 mir angesehen und bin dann entnervt ins Bett gegangen.
    Es bedarf um dieses geistlose Theater zu verstehen einer medizinisch-psychiatrischen Vorbildung, welche ich als ING.-Maschinenbau & Physik nicht besitze !! Dafür diverse 100 Millionen an Wahlkosten
    ausgeben, was für eine Verschwendung ! Mit diesem Geld hätte man für die Armen in den USA
    echte länger anhaltende Wohltaten finanzieren können und das Geld wäre erheblich besser eingesetzt.

  6. Rob-Otter

    Biden jammerte, stimmt das? Einige Foristen hatten sich das TV-Duell angesehen.

    „Nach dem chaotischen TV-Duell mit seinem Herausforderer Joe Biden hat sich US-Präsident Donald Trump zum Sieger der ersten Debatte vor der Präsidentschaftswahl erklärt. „Wir haben die Debatte gestern Abend nach jedem Maßstab mühelos gewonnen“, sagte der Republikaner im Garten des Weißen Hauses.
    Mit Blick auf Biden – der am 3. November für die Demokraten in die Wahl zieht – sagte Trump: „Ich denke, dass er sehr schwach war. Er sah schwach aus, er jammerte.“ Trump sagte, er wolle auch die nächsten zwei TV-Debatten gegen Biden bestreiten. Sollte sein Herausforderer nicht teilnehmen wollen, sei das dessen Entscheidung.“ dpa/lh

  7. Alfons van Compernolle

    Den besten Präsidenten diesen die USA jemals hatten , war und bleibt A. Lincoln !
    Anbei , ich fand Kennedy und Obama auch nicht schlecht. Beide hatten etwas „Sympathisches“ und vor allem Charakter ! Wir sollten aber nicht vergessen , es waren auch Menschen mit einem Interesse an Macht ! Ohne dieses Interesse ist wohl nirgendwo Politik zu gestalten.

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