Belgiens Radsportlegende Eddy Merckx ist von dem slowenischen Alleskönner begeistert. So dominant war schon lange kein Radprofi mehr. Wird das auch diesmal so sein?
Tadej Pogacar gönnte sich noch eine entspannte Kaffeefahrt mit seiner Verlobten Urska Zigart an der Côte d’Azur, dann trat der Radstar in bester Laune die Reise in den rauen Norden Frankreichs an. Nach einer „nahezu perfekten Vorbereitung“ kann der slowenische Ausnahmekönner den Grand Départ der 112. Tour de France in Lille kaum erwarten.
„Es wird ein harter Kampf bis nach Paris, aber ich bin bereit“, sagte Pogacar, der mit dem vierten Triumph seine beeindruckende Jagd nach den Rekorden von Eddy Merckx und Co. fortsetzen will.

03.07.2025, Frankreich, Lille: Der Slowene Tadej Pogacar vom UAE Team Emirates zeigt den Daumen nach oben bei der Teampräsentation zwei Tage vor dem Start der Tour de France. Foto: Thibault Camus/AP/dpa
Nach einem Jahr der Superlative stellt sich mehr denn je die Frage, wer den Weltmeister überhaupt stoppen kann. Jonas Vingegaard, der Tour-Champion von 2022 und 2023, war dazu bei der Dauphiné-Rundfahrt zuletzt nicht in der Lage.
2024 erdrückte Pogacar bei der Tour die Konkurrenz mit sechs Etappensiegen und mehr als sechs Minuten Vorsprung in der Gesamtwertung auf Vingegaard. „Ich muss besser sein als vor zwei Jahren“, sagt der Herausforderer, der sich in diesem Jahr ganz auf die Tour konzentriert hat.
– Merckx adelt Pogacar: Dagegen hat Pogacar im Frühjahr nahezu keinen Klassiker ausgelassen und beeindruckende Siege bei der Flandern-Rundfahrt und Lüttich-Bastogne-Lüttich gefeiert. Elfmal hat er in dieser Saison schon wieder gejubelt, der nächste Sieg ist gleichzeitig sein 100. Karriereerfolg. „Er ähnelt mir am meisten, aber man sollte die Generationen nicht vergleichen“, sagte Merckx über den „neuen Kannibalen“ im Peloton.
Mit dem vierten Gesamtsieg könnte Pogacar mit dem Briten Chris Froome gleichziehen – und das gerade einmal mit 26 Jahren. Das ist noch keinem vor ihm gelungen. Dann würde ihm nur noch ein Erfolg bis zum elitären Kreis der Fünffachsieger Merckx (Belgien), Jacques Anquetil, Bernard Hinault (beide Frankreich) und Miguel Indurain (Spanien) fehlen.

03.07.2025, Frankreich, Lille: Der Belgier Remco Evenepoel vom Team Soudal Quick-Step begrüßt seine Frau Oumaïma Rayane bei der Teampräsentation zwei Tage vor dem Start der Tour de France. Foto: Thibault Camus/AP/dpa
Es werde schwer, ihn zu schlagen, sagt Red-Bull-Teamchef Ralph Denk, der im Gegensatz zu einigen Kollegen die Übermacht des Slowenen nicht als geschäftsschädigend für den Radsport ansieht: „Ich würde mal sagen, das ist schon ein richtig großer Sportsmann, was unserem Sport richtig, richtig guttut.“
– Fünf Bergankünfte und Olympia-Feeling am Schlusstag: Bis zum nächsten Tour-Triumph hat Pogacar aber noch einige Herausforderungen zu bewältigen. Fünf Bergankünfte stehen in diesem Jahr auf dem Programm, darunter der berüchtigte Mont Ventoux, wo 1967 der Brite Tom Simpson auch wegen der Einnahme von Aufputschmitteln starb.
Der Col de la Loze steht ebenfalls im Programm. Dort erlebte Pogacar 2023 einen historischen Einbruch. Das sei „einer der schlimmsten Momente“ seiner Karriere gewesen. Sogar auf der Schlussetappe ist noch was möglich, wenn es dreimal über den Montmartre-Anstieg geht, was bei Olympia ein großes Highlight war.
– Führen Gelbe Karten zu weniger Stürzen? Bis zum Zielstrich auf den Champs Élysées sind es 3.338,8 Kilometer. In der ersten Woche warten viele Flachetappen, sodass vielen Fahrern die Chance auf Gelb winkt.
Man kann nur hoffen, dass es nicht zu schweren Stürzen kommt. Mit der Einführung von Gelben Karten für rüde Fahrmanöver will der Weltverband UCI dem entgegenwirken. Auch die Ausweitung der sogenannten Drei-Kilometer-Regel auf vier oder fünf Kilometer soll helfen. Dann können sich die Topstars früher aus der Sprint-Hektik zurückziehen.

Der Raerener Radprofi Laurenz Rex nimmt zum zweiten Mal an der Tour de France Teil.. Foto: Shutterstock
Schon auf der ersten Etappe in Lille ist mit einem Massensprint zu rechnen, wie bei der letzten Ankunft 2014, als der Deutsche Marcel Kittel triumphierte. Bei Pogacars letzter Dienstreise in den Norden Frankreichs musste er sich übrigens im Frühjahr beim Kopfsteinpflaster-Klassiker Paris-Roubaix nach einem denkwürdigen Rennen mit Platz zwei hinter dem niederländischen Ex-Weltmeister Mathieu van der Poel begnügen. Ein seltenes Gefühl für den Alleskönner.
Die Sprint-Stars der Frankreich-Rundfahrt um Jasper Philipsen, Tim Merlier, Biniam Girmay, Jordi Meeus und Jonathan Milan haben die seltene Aussicht auf das Gelbe Trikot. Diese Chance haben die schnellen Fahrer wegen ihrer Probleme auf bergigen Etappen sonst nur selten. Die erste Etappe führt auf größtenteils flachen 184,9 Kilometern mit Start und Ziel in der nordfranzösischen Stadt. Lediglich drei kleine Anstiege der vierten Kategorie sind zu bewältigen.
Die ostbelgischen Radsportfans werden mit Spannung auf Laurenz Rex aus Raeren vom Team Intermarché-Wanty schauen. Dem 25-Jährigen, der zum zweiten Mal an der Tour de France teilnimmt, ist einiges zuzutrauen – und warum nicht ein Etappensieg? (dpa/cre)
HINWEIS – Im Fernsehen berichten RTBF1 (La Une“), VRT1 (Een), ARD und Eurosport heute ab ca. 13h40 live.
Dann lassen wir uns mal überraschen.
Bis sein Doping auffliegt….