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Von wegen „Fest der Liebe“ und „O Du Fröhliche“: Warum es an Weihnachten oft Streit gibt

O Du Fröhliche? Lange Gesichter unterm Weihnachtsbaum. Foto: Shutterstock

Konflikte unterm Weihnachtsbaum gibt es in vielen Familien. Für fröhlichere Feiertage raten Psychologen, schon vorher das Gespräch mit allen Beteiligten zu suchen und offen über die eigenen Wünsche zu sprechen.

Die Familie schart sich einträchtig um den festlich geschmückten Baum und singt Weihnachtslieder, bevor sich alle an der reich gedeckten Tafel zum gemeinsamen Mahl niederlassen – Filme und Lieder, die in diesen Tagen rauf und runter gespielt werden, sind voll von solchen Klischees zum „Fest der Liebe“. Das schürt Erwartungen und ist aus Sicht von Psychologen mit schuld daran, dass die Realität oft anders aussieht.

Scherben einer Weihnachtskugel liegen aufgekehrt in einer Handschaufel. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

„Weihnachten verbinden wir immer noch mit der stillen, heiligen Nacht, mit roten Bäckchen und Pfefferkuchen, und alle haben sich lieb“, sagt die Psychologin Christine Backhaus. Dabei wisse man eigentlich genau, welche Probleme auftauchen könnten, wenn man gemeinsam mit der Familie feiere. Oft habe sich viel aufgestaut, Weihnachten wirke dann wie ein Brennglas.

Viele kennen das: Man besucht als Erwachsener seine Eltern und schon nach einem Tag liegen die Nerven blank. Oder die Eltern kommen zu Besuch und der Streit lässt nicht lange auf sich warten. Grund ist, dass in der Kindheit erworbene Muster wieder anspringen, wie die Psychologin Susanne Schmal erläutert.

„Diese Muster sind tief in uns verankert, das ist wie ein Autopilot. Wenn wir dann Weihnachten feiern und die Eltern kommen, dann läuft das vielleicht am ersten Tag noch ganz harmonisch ab. Aber am zweiten oder dritten Tag, dann kracht es manchmal“, sagt Schmal. Plötzlich sei man nicht mehr die erwachsene Frau, sondern wieder die junge Tochter. Auch die Eltern fielen wieder in ihre Schemata hinein. „Dann gibt es Streit, weil ich denke, mein Vater will ja doch nur immer, dass ich Leistung bringe, oder die Mama will immer, dass das Haus sauber ist und jetzt geht sie schon wieder herum und kontrolliert alles.“

Plötzlich liegen die Nerven schnell blank. Es kommt zu Streitigkeiten. Illustrationsfoto: dpa

Um dies zu vermeiden und ein entspannteres Fest zu haben, rät Schmal, schon vorher innerhalb der Familie über die jeweiligen Vorstellungen zu sprechen. Wann soll der Baum geschmückt sein, wie soll die Bescherung ablaufen und braucht es wirklich ein aufwendiges Menü, das die Nerven der Köchin oder des Kochs strapaziert? Es gehe darum, ein eigenes Ideal zu schaffen jenseits der gängigen Klischees.

Psychologin Backhaus sagt, es lohne sich, auch mit Eltern in fortgeschrittenem Alter offen zu sprechen: „Das kommt in der Regel gut an, wenn man es nicht als Vorwurf formuliert, sondern sagt, was man schön fände.“ Eine Möglichkeit, bei aufflammendem Streit einzuschreiten, sei, sich in der Familie auf eine Art „Joker“ oder „Time-Out-Symbol“ zu einigen, dass dann auf den Tisch gestellt werde, bevor das Drama seinen Lauf nehme. Wenn sich die Situation abgekühlt habe, könne man das Gespräch wieder aufnehmen. Hierzu gebe es sehr gute Erfahrungen aus der Paar-Therapie, sagt Backhaus.

Psychologen raten, zu reflektieren, welche eigenen Bedürfnisse an einem solchen Abend bisher auf der Strecke bleiben. „Brauche ich mehr Ruhe, muss ich mir die Beine vertreten, brauche ich mehr Freiraum?“, nennt Backhaus Beispiele. Dann müsse man den Mut fassen, dies anzusprechen – und auch nach den Bedürfnissen der anderen fragen. So könne ein Austausch darüber entstehen, welche Rituale alle gut finden und wo Änderungen sinnvoll seien.

Es lohne sich, vorher Reiz-Themen zu identifizieren und sich zu fragen, was in dem Moment zur Entspannung beitragen könnte – fünf Mal tief zu atmen beispielsweise, sagt Psychologin Schmal. Oder man lege von vornherein Regeln fest und sagt beispielsweise: „Mama, über dieses Thema möchte ich an Weihnachten nicht sprechen.“ (dpa)

6 Antworten auf “Von wegen „Fest der Liebe“ und „O Du Fröhliche“: Warum es an Weihnachten oft Streit gibt”

  1. 9102 ANOROC

    Wenn der Weihnachtsbaum in Flammen steht und beim Löschen , die Familie sich auf den Zeiger geht ;
    dann sind harmonische Tage angesagt;
    die Weihnachtsgans wurde nicht gefragt.
    Sie schmort im Ofen vor sich hin und denkt das macht doch keinen Sinn.
    Beim Löschen hat man sie wohl ganz vergessen ;
    jetzt ist nichts mehr mit essen.
    Die Küche brennt jetzt auch ;
    Hunger bemerkt man im Bauch.
    Wenn der Dachstuhl dann in Flammen steht und wirklich nichts mehr geht ;
    ist die Bescherung dann perfekt ;
    es wird Zeit dass mich jemand weckt.-)

    • @Peter Müller: Da gebe ich Ihnen Recht. Die Gier nach Geld war noch nichts so groß…..aber wissen Sie was tröstet?
      Der letzte Weg hat keine Taschen!
      Und wissen Sie was noch arg makaber ist, Familien von Menschen übergehen Wünsche, der Verstorbenen, aus Kostengründen (soweit es nicht notariell festgelegt wurde) wird heute Bestattet nicht mehr Beerdigt!! Und ich spreche jetzt nicht von armen bestatteten…!!
      Nach 2023 drehen sich wohl so etliche im Grabe um!
      Den Familien wünsche ich angenehme Träume!

  2. Robin Wood

    Jeder macht aus Weihnachten, was er will.
    Entweder stressen und alles perfekt hinbekommen wollen oder einfach alles ruhig angehen und auch mal alles nicht perfekt sein lassen. Mir ist ein Schmorbraten mit lieben Menschen am Tisch und schöner Stimmung lieber als ein spezielles 5-Gänge-Menü, wo die Gastgeber nur gestresst sind, kaum am Tisch sitzen und von Weihnachten nicht viel mitbekommen.
    Frohe Feiertage an OD und an alle Mitleser und Kommentatoren!

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