Politik

Kandidatur für das Verfassungsgericht: Kattrin Jadin erhält Unterstützung von Topjurist Marc Uyttendaele

15.06.2022, Belgien, Brüssel: Die föderale Abgeordnete Kattrin Jadin (l) am Mittwoch letzter Woche bei ihrer Vorstellung als Kandidatin für eine Richterstelle am Verfassungsgericht durch MR-Präsident Georges-Louis Bouchez (r). Foto: Belga

In Erwartung der Abstimmung im Parlament über ihre Kandidatur für eine Stelle als Richterin hat die ostbelgische föderale Abgeordnete Kattrin Jadin (PFF-MR) aus berufenem Munde Unterstützung erhalten.

Kein Geringerer als Marc Uyttendaele, einer der profiliertesten Verfassungsrechtler in Belgien, hieß die liberale Abgeordnete aus Eupen willkommen und bezeichnete ihre Kandidatur für die Stelle am Verfassungsgerichtshof als „excellente nouvelle“, als hervorragende Neuigkeit.

Uyttendaele unterrichtet an der Freien Universität Brüssel (ULB) und war auch schon in aufsehenerregenden Gerichtsverfahren als Anwalt tätig, beispielsweise beim jahrelangen Kampf von Delphine Boël um ihre Anerkennung als uneheliche Tochter von König Albert II.

08.09.2020, Belgien, Lüttich: Marc Uyttendaele als Anwalt vor einer Gerichtsverhandlung vor dem Lütticher Appellationshof. Foto: Belga

Wörtlich schrieb Uyttendaele auf Twitter: „Die Kandidatur von K. Jadin für das Verfassungsgericht ist eine hervorragende Neuigkeit. Erfahren, einstimmig respektiert, genauso wie eine ausgebildete Juristin, wird sie Hüterin der verfassungsmäßigen Freiheiten sein und der oft vergessenen Deutschsprachigen Gemeinschaft eine Stimme geben.“

Die vor allem in den sozialen Medien geäußerten Bedenken, wonach Jadin lediglich einen Bachelor in Rechtswissenschaften erreicht habe, nicht aber einen Abschluss als Lizentiatin (das ist sie jedoch in politischen Wissenschaften und internationalen Beziehungen), stellt für Uyttendaele überhaupt kein Problem dar. Eher ist sogar das Gegenteil der Fall.

Bei seiner Anhörung vor dem Senatsausschuss für institutionelle Angelegenheiten über eine Änderung des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof am 4. Juni 2021 machte Uyttendaele deutlich, es sei gerade von außerordentlicher Wichtigkeit, dass sich das Verfassungsgericht nicht ausschließlich aus Rechtsexperten zusammensetze, sondern ihm auch Parlamentarier angehören, die über einen längeren Zeitraum in gesetzgeberischen Abgelegenheiten Erfahrung hätten sammeln können. Jadin ist seit 15 Jahren ohne Unterbrechung Mitglied der Abgeordnetenkammer.

Der Verfassungsgerichtshof in Brüssel. Foto: Shutterstock

„Die gelungene Osmose zwischen Rechtsexperten und ehemaligen Parlamentariern hat bislang hervorragend funktioniert“, urteilte Uyttendaele bei seiner Anhörung Anfang Juni 2021 vor dem Senatsausschuss: „Das Verfassungsgericht ist eine Mischung aus Kompetenz und Erfahrung. Allein die Tatsache, dass die Hälfte seiner Mitglieder hochqualifizierte Juristen sind und das Gericht aus einem Korps von 24 Referenten besteht, die in einem besonders anspruchsvollen Auswahlverfahren ernannt werden, gewährleistet, dass jede Entscheidung das Ergebnis einer ernsthaften und strengen juristischen Analyse ist.

Die ehemaligen Parlamentarier werden laut Uyttendele „nicht aufgrund ihrer Rechtskenntnisse ernannt, sondern aufgrund ihrer Erfahrung in der demokratischen Debatte, ihrer Arbeit in der Versammlung und ihrer Beziehungen zu ihren Wählern. Mit anderen Worten, sie sind die Träger der Realität im Gericht (…) Indem sie nämlich Gesetzesnormen herstellen, und das über einen ausreichend langen Zeitraum, verfügen sie in der Legistik und damit zwangsläufig auch im Recht über Kenntnisse, über die der Normalbürger nicht verfügt.“

Abschließend argumentierte Uyttendaele, die Präsenz sowohl von Rechtsexperten als auch von ehemaligen Parlamentariern sorge dafür, dass sich ein Organ wie das Verfassungsgericht, dessen Mitglieder ernannt und nicht gewählt werden, „nicht in engstirnigen juristischen Argumentationen verstrickt“. In der Praxis habe die Präsenz ehemaliger Parlamentarier weder die Effizienz des Gerichts noch die rechtliche Qualität seiner Urteile beeinträchtigt.

Die Abstimmung in Parlament über die Kandidatur von Kattrin Jadin als Richterin am Verfassungsgericht wird für Mitte Juli erwartet. Im Fall ihrer Ernennung würde die 41-Jährige im Oktober ihre Tätigkeit aufnehmen. (cre)

Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf OD:

18 Antworten auf “Kandidatur für das Verfassungsgericht: Kattrin Jadin erhält Unterstützung von Topjurist Marc Uyttendaele”

  1. Robin Wood

    „Die ehemaligen Parlamentarier werden laut Uyttendele „nicht aufgrund ihrer Rechtskenntnisse ernannt, sondern aufgrund ihrer Erfahrung in der demokratischen Debatte, …“

    Frau Jadin hatte doch seinerzeit gegen den Antrag von N. Boukil (PTB) gestimmt, der J. Assange Asyl in Belgien gewähren wollte, weil dieser von den USA zu 175 Jahren Isolationshaft verurteilt werden soll, weil er Kriegsverbrechen des US-Militärs im Irak und Afghanistan veröffentlichte.
    Wenn in einem demokratischen Land aber der verurteilt wird, der Verbrechen veröffentlicht und nicht der Verbrecher selbst, und man diese Person nicht verteidigen mag und so die Pressefreiheit gefährdet, stelle ich mir die Frage, wie viel Frau Jadin von Demokratie hält.

  2. Wer zuletzt lacht

    Und die vielzitierte „gesicherte Vertretung“ oder das „Schöffenamt“? Schmeisst man das alles hin, Frau Jadin? Und der Wählerwille, wie steht es um Ihre Verantwortung? Geld stinkt nicht, nix wie weg?

    Zu der belgischen politischen Selbstbedienung: Mein Freund hat zwei Kandidaturen in Medizin bestanden. Darf der jetzt mein krankes Herz operieren? Mein Nachbar war 20 Jahre Kabelarbeiter, sein soziales Gewissen könnte so manches schlichten…

    Der renommierte Herr Van Uyttendaele hat gut reden, war er nicht ehelich im Ministerrat vertreten? Woher seine Karriere?
    Und die DG? Alle Opfer der ostbelgischen Flutkatastrophe werden sich bei der PFF bedanken, dass sie demnächst auch im Verfassungsgericht vertreten sind.

    • .....lacht am besten

      Alles Verständlich erklärt, Wer zuletzt lacht! Es Klüngelt der massen oft in den Etagen, so dass die Wände zittern. Da kann man nur mehr den Kopf schütteln. Diese Ausreden, Alibisprüche, Verzällcher usw, sind eher zum heulen. Wenn man das alles mal zusammen zählte was in dem Bereich schon bis heute an „wie du mir, so ich dir“ gelaufen ist, dabei wird man mehr als schwindelig. Was für ein Verein!? Nä sowat? Zum k……
      Von den Inkassos nicht mal die Rede! Die setzen dem Ganzen die Krone auf! Auf wessen Kosten wohl?
      Pfui.

  3. Joseph Meyer

    Marc Uyttendaele: „In der Praxis habe die Präsenz ehemaliger Parlamentarier weder die Effizienz des Gerichts noch die rechtliche Qualität seiner Urteile beeinträchtigt.“
    Gut, vielleicht nicht die Effizienz und nicht die rechtliche Qualität, aber wie steht es dann mit der politischen Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit, wenn man seinen Posten einer politischen Ernennung verdankt?!

  4. Hat dieser Anwalt nicht in der Vergangenheit die ALE vertreten wo Jusos Moreau Direktor war, ein Soziclub.
    Wie tief muss man fallen um als angeblicher Liberaler dort Unterstützung zu finden.
    Der prominente Anwalt hat überhaupt nichts zu piepen außer zu kassieren.
    Die Abgeordneten werden werden abstimmen, die Sozis werden dieser Schleimerei nicht folgen, ich …. muss mal… lachen….

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