Die Eupener haben viel Ärger mit ihren Kirchen. Nachdem die Unterstädter Pfarrkirche und der marode Glockenturm der evangelischen Friedenskirche endlich wieder hergerichtet wurden, umgeben Bauzäune und Absperrungen jetzt das Schmuckstück der Eupener Oberstadt, die St. Nikolaus-Pfarrkirche. Deren Outfit war nicht von Anfang an das von heute.
Die markanten Doppeltürme sind noch das jüngste Element des traditionsreichen Gotteshauses, dessen Ursprünge bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen. In einem der Türme befinden sich die Reste der sogenannten Nikolauskapelle, die urkundlich erstmals 1213 erwähnt wurde.
In der damaligen Zeit kein großer Wurf
Wenn Eupen in diesem Jahr sein 800-jähriges Bestehen feiert, hängt das eben mit dieser Kapelle zusammen, die vermutlich im 14. oder 15. Jahrhundert durch einen größeren Neubau ersetzt wurde: durch eine dreischiffige Basilika mit eingebautem Nordwestturm. Dabei wurde dieser Turm offenbar von der vorhergehenden Kirchenanlage übernommen.
Der Bau muss wohl unter ästhetischem Aspekt auch in der damaligen Zeit kein großer Wurf gewesen sein, denn 1686 beschrieb Rector Cuperus das Kirchengebäude eher „als Scheune oder finsteren Kerker“.
Kein Wunder, dass der Aachener Baumeister Laurenz Mefferdatis 1721 den Auftrag für einen umfänglichen Neubau erhielt, der erst am 13. Oktober 1729 nach vielfältigen Widerständen mit der Neuweihung der Kirche abgeschlossen wurde. Das alte Gebäude war weitgehend niedergelegt und das Material zum Teil zum Neubau benutzt worden.
Der alte Turm blieb aber erhalten und wurde in die Anlage einbezogen. Ein zweiter Turm war nicht vorgesehen. Durch eine turmähnliche Behandlung der Südwestecke versuchte man allerdings, einen Ausgleich zum Hauptturm herzustellen.
Diese Lösung blieb ästhetisch unbefriedigend , und so verfiel man man im Laufe des 18. Jahrhundert auf eine unbefriedigende Haubenkonstruktion.
Wenn man einmal vom prachtvollen Innenausbau mit dem überzeugenden Couven-Altar absieht, machte das Gotteshaus damals trotz aller Bemühungen äußerlich weiterhin nicht viel her. Diesen Eindruck hatten wohl auch die Zeitgenossen, denn sie verpassten im späten 19. Jahrhundert ihrer Pfarrkirche eine entscheidendes neues Outfit.
Spitze hochgezogene Helme
Der Mefferdatis-Bau von 1729 wurde nach den Plänen des in Aachen ausgebildeten Kirchenarchitekten Lambert Freiherr von Fisenne 1897 und 1898 mit zwei in barocken Formen gehaltenen Türmen gleichmäßig ausgebaut. Auch die übrige Fassade wurde verändert.
Das bisher recht schmucklose Turm-Mauerwerk aus Bruchsteinen erhielt dabei große Blendbögen aus Sandstein. Wer heute genau hinschaut, sieht noch die Unterschiede zwischen beiden Turmkonstruktionen. Der mehrfach gestufte Turmaufbau mündete schließlich in spitze hochgezogene Helme. Diese markante Formgebung hat dafür gesorgt, dass die Pfarrkirche St. Nikolaus zum prägenden Element im Panorama der Oberstadt, ja zum Wahrzeichen der Stadt Eupen wurde. Und genau von dort drohen jetzt die Gefahren
Deshalb ist der heute im Eingangsbereich eingemeißelte Spruch „venite ad me omnes“ („Kommt alle zu mir“) nur mit Vorsicht zu genießen. Besser müsste es heißen: „Vorsicht Steinschlag“.
ULRICH KÖLSCH
Wer mehr wissen will zur Eupener Pfarrkirche St. Nikolaus:
- Heribert Reiners, Die Kunstdenkmäler von Eupen – Malmedy, Nachdruck 1982, Düsseldorf.
- Geschichtliches Eupen, Zeitschrift des Eupener Geschichts- und Museumsvereins, Band X, 1976.
Siehe dazu auch Artikel „Eupen: Rettet die Türme von St. Nikolaus“