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Endlich ein belgischer Radweltmeister 10 Jahre nach Philippe Gilbert? – Wout van Aert und Remco Evenepoel gehören zu den Topfavoriten

19.09.2022, Australien, Wollongong: Wout van Aert aus Belgien bei einer Trainingseinheit zur UCI Straßenrad-Weltmeisterschaft. Foto: Dirk Waem/BELGA/dpa

Seit 10 Jahren ist kein Belgier mehr Straßenrad-Weltmeister geworden. Philippe Gilbert gewann 2012 im niederländischen Valkenburg das Regenbogen-Trikot. Seitdem warten die belgischen Radsportfans auf den WM-Titel auf der Straße. Am Sonntag im australischen Wollongong hat unser Land zwei Asse im Ärmel.

Wie schon vor einem Jahr in Löwen gehören Wout van Aert, Gewinner des Grünen Trikots bei der Tour de France, und Vuelta-Sieger Remco Evenepoel wieder zu den Favoriten.

Letztes Jahr war es den beiden Belgiern nicht gelungen, sich auf eine gemeinsame Strategie zu verständigen, damit einer von ihnen am Ende die besten Siegchancen hatte. Von der Rivalität zwischen van Aert und Evenepoel profitierte letztlich der Franzose Julian Alaphilippe, um seinen Titel erfolgreich zu verteidigen.

08.07.2022, Frankreich, Tomblaine: Radsport: UCI WorldTour – Tour de France, Tomblaine: Wout Van Aert (l) aus Belgien vom Team Jumbo-Visma im Günen Trikot und Tadej Pogacar aus Slowenien vom UAE Team Emirates im Gelben Trikot warten auf den Start. Foto: Jasper Jacobs/BELGA/dpa

Diesmal wollen es van Aert und Evenepoel besser machen. Beide versicherten am Donnerstag auf einer Pressekonferenz, dass sie am Sonntag fahren würden, um „für Belgien“ das Regenbogentrikot zu holen.

„Wir haben ein starkes Team, zwei Co-Leader, was nur wenige Länder haben“, so Wout van Aert: „Wir wollen gewinnen, aber wir müssen realistisch sein, es gibt auch andere Anwärter. Wir müssen taktisch stark sein. Wir müssen uns beide Optionen so lange wie möglich offen halten. Wir haben viel aus dem letzten Jahr gelernt, das wird unser größter Vorteil sein. Wir wissen, dass unsere Chancen noch größer sind, wenn wir zusammen fahren. Es wäre dumm, das nicht zu tun.“

Zu den Favoriten zählen am Sonntag auch noch der slowenische Ex-Tour-Champion Tadej Pogacar, der australische Allrounder Michael Matthews, der französische Titelverteidiger Julian Alaphilippe und der Niederländer Mathieu van der Poel.

Am Sonntag im superschweren Straßenrennen über 266,9 Kilometer könnte es demnach zum großen Kräftemessen zwischen zwei Hochbegabten im Radsport komme: Der zweimalige Tour-Champion Tadej Pogacar trifft dabei auf Vuelta-Sieger Remco Evenepoel.

11.09.2022, Spanien, Madrid: Remco Evenepoel aus Belgien vom Team Quick-Step Alpha Vinyl feiert auf dem Podium nach seinem Gesamtsieg bei der Vuelta. Foto: David Pintens/BELGA/dpa

Es wäre das Duell der beiden Wunderkinder des Radsports. Hier der 22-jährige Evenepoel, der mit dem Gewinn der Vuelta gerade seine erste Grand Tour gewonnen hat und in seiner belgischen Heimat als das größte Versprechen seit dem legendären Eddy Merckx gilt. Dort Pogacar, gerade 24 Jahre alt geworden und bereits mit zwei Tour-de-France-Siegen und einem zweiten Platz in diesem Sommer dekoriert.

Nicht wenige Experten glauben, dass dieses Duell das nächste Jahrzehnt im Radsport prägen wird. Dass es nicht schon früher zum großen Kräftemessen gekommen ist, lag an Evenepoels verhängnisvollem Sturz bei der Lombardei-Rundfahrt im August 2020. Er stürzte über eine Brückenmauer und erlitt einen Beckenbruch sowie eine Lungenquetschung. Erst neun Monate später kehrte er auf die Rennstrecke zurück.

Längst ist Evenepoel wieder zu alter Form zurückgekehrt. 14 Siege hat er in 2022 schon eingefahren. Da trifft es sich gut, dass Pogacar die Saison nach seinem etwas ernüchternden zweiten Platz bei der Tour hinter dem Dänen Jonas Vingegaard noch nicht abgehakt hat.

Dass zwei derartige Jahrhunderttalente fast zeitgleich die Radsport-Bühne betreten haben, ist ungewöhnlich. Schon im Nachwuchsalter sorgten die beiden für verblüffende Leistungen. Dabei war bei Evenepoel eigentlich eine Profikarriere im Fußball vorgezeichnet. Als belgischer Junioren-Nationalspieler kickte er für den Rekordmeister RSC Anderlecht.

Aber schon zu dieser Zeit wurde deutlich, dass der damals 16-Jährige ein Multitalent ist. Einen Tag nach einem Fußballspiel ging Evenepoel beim Brüsseler Halbmarathon 2016 an den Start und belegte in schier unglaublichen 1:16:15 Stunden mal eben den 13. Platz.

Philippe Gilbert im belgischen Nationaltrikot bei seinem Sieg bei der Rad-WM 2012 in Valkenburg. Foto: Belga

Der Junge aus Schepdaal verlor aber wenig später die Lust auf den Fußball und kletterte auf das Rennrad. Nur zwei Jahre später war Evenepoel, dessen Vater Patrick auch für einige Jahre Radprofi war, schon Doppel-Weltmeister bei den Junioren.

Bei Pogacar drehte sich indes schon immer alles um den Radsport. Bereits mit neun Jahren fuhr er auf einem viel zu großen Rennrad sein erstes Rennen und ließ die älteren Jahrgänge hinter sich. Mit 20 gewann er drei Vuelta-Etappen, was in diesem Alter noch keinem anderen gelang. Mit 21 Jahren und 365 Tagen wurde er zweitjüngster Sieger der Tour-Geschichte.

„In meinen Augen ist er der beste Fahrer der Welt“, sagte Evenepoel jüngst über seinen Rivalen, der genauso wie der Belgier auch ein Faible für die schweren Eintagesrennen hat. Dass beide bereits in jungen Jahren den schweren Frühjahrsklassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich gewannen, ist da sicher kein Zufall. (dpa/cre)

HINWEIS – Der Kampf um das Regenbogentrikot verspricht spannend zu werden. Er ist auch etwas für Frühaufsteher: Die RTBF überträgt das Rennen ab 2.05 Uhr live auf „La Une“. Eurosport sendet ebenfalls live. Von der Uhrzeit her ist Wollongong Mitteleuropa um 8 Stunden voraus. Das Straßenrennen der Herren-Elite beginnt am Sonntag, den 25. September 2022, um 2.15 Uhr (MESZ). Die Ankunft wird gegen 8.45 Uhr (MESZ) erwartet.

Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf OD:

2 Antworten auf “Endlich ein belgischer Radweltmeister 10 Jahre nach Philippe Gilbert? – Wout van Aert und Remco Evenepoel gehören zu den Topfavoriten”

  1. Tippe auf Van der Poel vor Pogacar und Van Art aus dem Sprint einer kleineren Gruppe.
    Hoffe natürlich auf belgischen Sieg, aber Wout verliert regelmäßig wenn er mit VdP sprintet.
    Remco halte ich für zu kaputt nach der Spanienrundfahrt, er selbst sagt ja auch dass er nicht die Form von Lüttich hat.

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