Zwischenruf

Pressefreiheit in Gefahr?

Ein Aufschrei geht in diesen Tagen durch Politik und Medien im frankophonen Landesteil: Die Interkommunale Tecteo übernimmt die Regionalzeitungen der Gruppe „L’Avenir“. Schon sehen einige die Pressefreiheit in Belgien in Gefahr, jedoch steckt hinter dem ganzen Getöse viel Heuchelei. Das Gerede von einer angeblichen Gefährdung der Pressefreiheit ist nicht ganz ernstzunehmen, denn die Pressefreiheit steht in Belgien schon lange auf wackligen Beinen.

An der Spitze von Tecteo findet man mit Stéphane Moreau, dem Bürgermeister von Ans, einen Sozialisten, jedoch sind im Verwaltungsrat der Interkommunale auch MR, CdH und Ecolo vertreten. Die Frage, die sich grundsätzlich stellt, lautet: Haben in Zukunft die Politiker auch in den Zeitungshäusern das Sagen?

Es ist wahrscheinlich nur der Anfang eines allgemeinen Trends hin zu mehr Verstaatlichung in den belgischen Medien. Die Krise der Tageszeitungen schreitet voran wie ein Krebsgeschwür, das sich nicht mehr heilen lässt. Die Werbeeinnahmen sinken, die Zahl der Abonnenten und der Käufer geht unaufhaltsam zurück, weil die wegsterbenden Zeitungsbezieher nicht mehr in gleichem Maße durch neue Käufer kompensiert werden. Die Konkurrenz des Internets ist unerbittlich!

Konzentrationen auf dem Pressemarkt unvermeidbar

Unter diesen Umständen sind Konzentrationen auf dem Pressemarkt unvermeidbar, erst recht in einem kleinen Land wie Belgien. Tecteo soll parallel zur Übernahme von L’Avenir mit der IPM-Gruppe (La Libre, Dernière Heure…) in Verhandlung stehen. Tecteo würde somit im frankophonen Landesteil einen zweiten Medienpol bilden in Konkurrenz zum Rossel-Konzern, dem auch das Grenz-Echo angehört.

Merke: Hätte sich die Rossel-Gruppe, die ebenfalls an einem Kauf der L’Avenir-Zeitungen interessiert war, gegen Tecteo durchgesetzt, wäre die Pressefreiheit mindestens genauso in Gefahr wie jetzt, denn Rossel hätte dann etwa 3/4 des frankophonen Zeitungsmarkts kontrolliert. Möglicherweise hätte sich Rossel von einigen Presseerzeugnissen trennen oder Zeitungsfusionen vornehmen müssen, was für einige Blätter der L’Avenir-Gruppe wahrscheinlich verhängnisvoll gewesen wäre.

Liberale befürchten „Berlusconisierung“

Heuchlerisch ist zweifelsohne der Aufschrei in der Politik: MR-Chef Charles Michel befürchtet eine „Berlusconisierung“ in den frankophonen Medien. Was aber ist, wenn morgen nicht die Sozialisten, sondern die Liberalen bei Tecteo den Chefposten besetzen? Verzichtet die MR dann freiwillig im Namen der Pressefreiheit? Oder macht sie sich dafür stark, dass die Zeitungen der L’Avenir-Gruppe wieder abgestoßen werden? Wohl nicht.

Nicht besonders geistreich erscheint übrigens die Aussage der sozialistischen Vize-Premierministerin Laurette Onkelinx: „Die Übernahme der L’Avenir-Gruppe ist eine positive Sache, aber nur unter der Bedingung, dass die Unabhängigkeit der Presse gewährleistet bleibt.“ Auf diese Aussage muss man erst kommen…

Starker Einfluss der Politik in der DG

Auch in Ostbelgien werden wir möglicherweise erleben, dass der Einfluss der Politik auf die Presse weiter zunimmt. Hier ist die DG über ihre Beteiligungsgesellschaft Proma AG bzw. über die RegioMedien AG diejenige, die in „Tecteo-Manier“ in Zukunft als Retter in der Not auftreten könnte.

Den BRF kontrolliert die Politik jetzt schon zu 100%, und das Grenz-Echo hat u.a. die Pressebeihilfe als „Fußfessel“, vom Einfluss der Politik auf „100’5 – Das Hitradio“, den Offenen Kanal (OK) und die freien Rundfunksender ganz zu schweigen. Echte Pressefreiheit sieht anders aus. Eine Zusammenlegung der wichtigsten ostbelgischen Medien unter der Ägide der DG ist keineswegs auszuschließen, Beobachter halten sie sogar für unvermeidbar.

GERARD CREMER

Siehe auch „Standpunkt“-Artikel „Stirbt die Tageszeitung?“

 

17 Antworten auf “Pressefreiheit in Gefahr?”

  1. Johann Klos

    Guter Artikel Herr Cremer!

    Ihre Frage in wieweit die Politik in Zukunft das sagen über die Presse übernimmt steht im direkten Zusammenhang mit der schleichenden Demokratiediskriminierung insbesondere in EU Kreisen.
    Demokratie in unserem Sinne und dazu gehört die Pressefreiheit scheint für die Spitzen nicht als gängiges Zukunftsmodell geeignet.
    Die Oberflächlichkeit der Bürger begünstigt
    eine solche Entwicklung.
    Aufwachen und permanentes Aufklären ist angesagt.
    Das Internet wird in 10 bis 20 Jahren ein hundertprozentig kontrolliertes Medium sein.

  2. Gut und deutlich geschrieben, Herr Cremer.
    Wobei ich anmerken möchte,und Sie mir vermutlich nicht widersprechen (können), dass Sie diese Analyse jetzt sozusagen als „freier Medienmensch“ tätigen. Als Grenz-Echo-Chefredakteur wäre das m.E.nach, aus nachvollziehbaren Gründen nicht möglich gewesen. Aber besteht die von Ihnen beschriebene Situation nicht schon in den meisten Ländern, auch wenn sie demokratisch sind? Dem Vernehmen nach scheint dieser Umstand beispielsweise in Frankreich schon lange vorzuherrschen. Dort kann man ja jedem Blatt die politische „Obrigkeit“ zuordnen.

  3. Herr Cremer,

    so lange Sie und ich hier weiter unsere Meinung frei äussern können, sehe ich keine Gefahr für die Pressefreiheit. Das gute alte Grenz-Echo war doch auch nur das Sprachrohr von Kirche und CSP, die Generation unserer Eltern und Großeltern wurden doch alternativlos von dieser Seite indoktriniert. Da herrscht heute wesentlich mehr Meinungsvielfalt.

    • Dann hoffe ich für Sie lieber Herr/Frau Dax das Sie nicht mehr allzu jung sind. Ansonsten werden Sie noch erleben müssen was es heißt

      … amende pour une pensé publié non conforme avec la législation ……. xy Euro du Nord

  4. In Belgien wurde die Meinungsfreiheit schon Anfang der 80er durch den Kriminellen aus Molenbeek abgeschafft, für die Durchsetzung der Abschaffung sorgen eine verkommene Justiz mitsamt ihren Helfersorganisationen wie z.B. der Multikulti-Gestapo MRAX.
    In den Mainstreammedien, insbesondere in der RTBF kommen quasi nur die Sozialisten und ihre Bandwürmer CDH und Ecolo vor, wobei der MR noch ein bisschen Pluralismus simulieren darf.

    Zum Glück gibt es heute das Internet, denn die traditionellen Medien und ihre Lügen sind einfach nicht mehr zu ertragen.

    • Der Kriminelle aus Molenbeek

      @ nmm: „Kriminelle, Gestapo, Mainstreammedien, Bandwürmer, Lügen“…

      Glauben Sie wirklich, dass jemand sie mit dieser Rhetorik Ernst nimmt? Sie wissen schon, dass der Zweite Weltkrieg und der Kalte Krieg beendet sind? Und dass das braune Lager verloren hat?
      Das Internet ist ein Sammelsorium aller (unzensierter) Meinungen, inklusive extremistisch-neonationalistisch-anmutender Gehässigkeiten und Unwahrheiten wie den Ihren.
      Ein kritischer Blick, auch auf den Propaganda- und Meinungsmacheblog
      http://www.ostbelgiendirekt.be des tendenziösen Herrn Cremer wäre durchaus angebracht.

  5. Ich meine das nicht, ich habe nur gelesen, was Sie geschrieben haben.
    Aber wenn Sie jetzt schon vergessen haben, was Sie um 13:42 Uhr geschrieben haben, könnte es Alzheimer sein.

    Zur Erinnerung: „Sie wissen schon, dass der Zweite Weltkrieg und der Kalte Krieg beendet sind? Und dass das braune Lager verloren hat?“

    • Der Kriminelle aus Molenbeek

      Lesen (und Verstehen) hilft. Das muss sehr schwierig sein, Sätze richtig zu lesen…

      Sie schaffen das schon. Irgendwann fällt der Groschen. Vorausgesetzt, man interpretiert nicht Dinge in Geschriebenes hinein, die da nicht stehen. Aber das kriegen sie bestimmt hin. Irgendwann.

  6. Man müsste erst mal schreiben können und davor richtig klar und strukturiert denken.
    Und manche Leute lernen das nie. Schön für diese Menschen, dass sie es nicht merken, aber nicht unbedingt schön für ihre Mitmenschen.

  7. Der Kriminelle aus Molenbeek

    Lieber Mitmensch nmm, vielleicht bin ich geistig umnachtet, aber es entgeht mir vollends, was in folgendem Satz nicht richtig geschrieben beziehungsweise nicht klar und strukturiert gedacht ist:

    „Sie wissen schon, dass der Zweite Weltkrieg und der Kalte Krieg beendet sind? Und dass das braune Lager verloren hat?“

    Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, falls Sie sich denn dazu im Stande sehen.

  8. “Sie wissen schon, dass der Zweite Weltkrieg und der Kalte Krieg beendet sind? Und dass das braune Lager verloren hat?”

    Diese Formulierung impliziert, dass das braune Lager sowohl in den Zweiten Weltkrieg als auch den Kalten Krieg involviert war. Das braune Lager war aber schon vor dem Kalten Krieg erledigt.

    Stellen Sie sich folgende Formulierungen vor:

    “Sie wissen schon, dass der Erste und Zweite Weltkrieg beendet sind? Und dass Japan verloren hat?”

    -Falsch, Japan hat den Ersten Weltkrieg gewonnen.

    “Sie wissen schon, dass der Erste und der Zweite Weltkrieg beendet sind? Und dass Japan gewonnen hat?”

    -Auch falsch, Japan hat den Zweiten Weltkrieg verloren.

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