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Polizei fasst mutmaßlichen Supermarkt-Erpresser – Gift gefunden

Polizeivizepräsident Uwe Stürmer (links) vom Polizeipräsidium Konstanz und Leitender Oberstaatsanwalt Alexander Boger zeigen am Samstag nach einer Pressekonfenz beispielhaft eine Plastikflasche, um die Menge des Giftes zu zeigen. Foto: Felix Köstle/dpa

AKTUALISIERUNG – Die Supermarkt-Erpressung mit vergifteter Babynahrung ist vermutlich aufgeklärt: Ein 53-jähriger Tatverdächtiger aus dem Kreis Tübingen hat am Samstag ein Geständnis abgelegt, wie Polizei und Justiz am Abend mitteilten.

Demnach sagte der Mann auch aus, keine weiteren vergifteten Lebensmittel verteilt zu haben.

Am Nachmittag hatte ein Richter in Ravensburg Haftbefehl erlassen, der dringend Tatverdächtige wurde inzwischen in eine Justizvollzugsanstalt gebracht.

Mit einer bundesweiten Warnung vor vergifteten Lebensmitteln warnt die Handy-App NINA des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe am 28.09.2017 in Freiburg (Baden-Württemberg). Foto: Patrick Seeger/dpa

Der Erpresser hatte damit gedroht, 20 vergiftete Lebensmittel in Umlauf zu bringen, und per E-Mail einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag gefordert.

Mitte September hatte er fünf Gläschen Babynahrung mit Ethylenglycol vergiftet und in einen Supermarkt in Friedrichshafen am Bodensee gebracht. Als die Polizei Bilder einer Überwachungskamera veröffentlichte, gingen Hunderte Hinweise aus der Bevölkerung ein – darunter auch Hinweise auf den nun gefassten Tatverdächtigen.

Der Leitende Oberstaatsanwalt Alexander Boger sprach am Samstag auf einer Pressekonferenz in Konstanz von einer erdrückenden Beweislast. Bei einer Wohnungsdurchsuchung am Freitag in Ofterdingen habe man eine Flasche mit dem Gift Ethylenglycol gefunden, mit dem die sichergestellte Babynahrung in Friedrichshafen versetzt worden war.

DNA-Spuren an den vergifteten Gläschen deuteten ebenfalls auf den Mann hin. Der Verdächtige habe die Vernichtung von Beweismitteln vorbereitet. Einen Laptop fanden die Beamten in einem Altkleider-Container.

Versuchte räuberische Erpressung

Die Polizei geht von einem Einzeltäter aus. Der Verdächtige lebte demnach seit 2005 in Baden-Württemberg. Zuvor war er in Bayern gemeldet gewesen.

Der Vorwurf gegen den Verdächtigen lautet auf versuchte räuberische Erpressung. Laut Boger drohen ihm im Fall einer Verurteilung zwischen 5 und 15 Jahren Haft. Er schloss eine mögliche Beschuldigung auch wegen versuchter Tötung nicht aus. In dem Fall wäre eine lebenslange Strafe möglich.

Polizeivizepräsident Uwe Stürmer vom Polizeipräsidium Konstanz hält am 30.09.2017 im Polizeipräsidium in Konstanz (Baden-Württemberg) bei einer Pressekonferenz beispielhaft eine Plastikflasche in der Hand, um die Menge des Giftes zu zeigen. Foto: Felix Köstle/dpa

Der Verdächtige sei ein Mann mit psychischen Auffälligkeiten und Brüchen in der Biografie, sagte Stürmer. Er sei ein exzentrischer Einzelgänger. Weitere Angaben wollte der Vizepräsident nicht machen, um das Presönlichkeitsrecht des Verdächtigen nicht zu verletzen. Boger sagte, der Mann sei nach ersten Erkenntnissen strafrechtlich vorbelastet. Details nannte er nicht, weil ihm die Akte noch nicht vorliege.

Nach Auffassung des Kriminologen und Psychologen Martin Rettenberger handelt es sich um einen äußerst seltenen Verbrechensfall. „Das ist auf jeden Fall eine ungewöhnliche Konstellation“, sagte der Direktor der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden der dpa.

Eine Gemeinsamkeit von Erpressungsversuchen mit vergifteten Lebensmitteln sei, dass die Täter innerhalb kurzer Zeit bundesweit, zum Teil darüber hinaus, einen „maximalen Aufmerksamkeitsfokus“ erhielten. Er vermutet beim Täter ein „ausgeprägtes Geltungsbedürfnis“. Wenn es nur um die Gier nach Geld ginge, ließen sich für Täter andere Wege finden. (dpa)

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