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Niederlande noch immer ohne neue Regierung – von Belgiens Weltrekord (541 Tage Regierungskrise) aber noch weit entfernt

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte. Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Fast sieben Monate nach der Wahl am 15. März haben die Niederlande noch immer keine neue Regierung. Vier Parteien verhandeln in Den Haag. Sie werden am Montag den bisherigen Rekord von 208 Tagen aus dem Jahre 1977 einstellen. Einziger Trost: Belgiens Weltrekord von 541 Tagen ohne Regierung ist noch in weiter Ferne.

Der alte und wohl auch neue niederländische Premier Mark Rutte steht mit seiner rechtsliberalen VVD vor seiner dritten Amtsperiode. Nur diesmal ist es nicht so einfach, eine Koalition zu schmieden.

Eingeweihte schätzen, dass sich die neue Ministerriege frühestens Ende Oktober 2017 mit König Willem-Alexander zum traditionellen Gruppenfoto vor dem Palast präsentieren wird.

Diesmal alles komplizierter

Lange Verhandlungen gehören eigentlich zur politischen Kultur des Landes, das immer von Koalitionen regiert wird. Im Schnitt dauert so eine Regierungsbildung 87 Tage. Doch diesmal ist alles komplizierter.

Wahlplakate in Venlo vor der Wahl vom 15. März 2017 – lange ist es her… Foto: OD

13 Parteien zogen nach der Wahl im März 2017 in die Zweite Kammer ein. Die VVD von Rutte wurde zwar mit 33 der 150 Sitze erneut stärkste Kraft. Doch ihr bisheriger Koalitionspartner, die sozialdemokratische Partei der Arbeit erlebte ein Debakel und entschied sich für die Opposition.

Zweitstärkste Kraft mit 20 Sitzen ist die rechtspopulistische Partei für die Freiheit (PVV) von Geert Wilders. Doch mit ihr will keine andere Partei zusammenarbeiten. Für eine mehrheitsfähige Koalition sind daher mindestens vier Parteien notwendig.

Ein Kern-Trio stand schnell fest: Ruttes VVD, die christdemokratische CDA und die linksliberale D66. Zunächst scheiterten Gespräche mit der grünen Partei GroenLinks. Und nun sitzt die kleine christliche Partei ChristenUnie mit am Verhandlungstisch. Aber auch das scheint nicht einfach zu sein.

Wie bei der Tour de France

„Die Ideale prallen aufeinander“, seufzte unlängst der Fraktionsvorsitzende der ChristenUnie, Gert-Jan Segers. Manchmal fühle er sich wie ein Radrennfahrer bei der Tour de France nach einer schweren Bergetappe. „Dann ist Paris noch sehr weit weg.“

In der feinen Stadhouderskamer, dem einstigen Empfangssaal des Oranien-Fürsten Willem V., könnten also die Fetzen fliegen. Nur das erfährt keiner. Und die Unterhändler präsentieren sich auf ihrem täglichen Gang zu den Gesprächen immer sehr einträchtig.

Mit Rechtspopulist Geert Wilders will niemand koalieren. Foto: Shutterstock

Vier Herren, alle um die 50 Jahre alt, meist in blauen Anzügen, schreiten anscheinend frohen Mutes und mit Akten unterm Arm über den Platz. Munter scherzen sie mit den wartenden Reportern und sind immer gerne bereit, mit Touristen für ein Selfie zu posieren.

Nur selten dringt aus den dicken Mauern ein Verhandlungsergebnis nach draußen. Vor einigen Tagen war es mal so weit: Alle Schulkinder müssen künftig die Nationalhymne auswendig lernen und sich im Amsterdamer Reichsmuseum Rembrandts „Nachtwache“ ansehen, hieß es. Es ist, als wollten die künftigen Regierungsparteien mit solchen Testballönchen die Stimmung im Lande sondieren und Einheit demonstrieren.

Ihre Sorge vor einem Krach ist verständlich. Denn das designierte Viererbündnis hat nur die denkbar kleinste Mehrheit von einer Stimme und will daher in einem zweifellos dicken Koalitionsvertrag alles bis ins kleinste Detail regeln.

Bei dem Tempo könnte selbst der Weltrekord, gehalten von Belgien mit 541 Tagen ohne neue Regierung, eingestellt werden, lästern Kommentatoren und die Opposition. So weit wird es wohl nicht kommen.

Doch nach der Bundestagswahl in Deutschland nimmt der Druck auf Den Haag zu. Denn es wäre extrem peinlich, wenn Merkel auf dem Weg nach einer „Jamaika“-Koalition ihren Kollegen Rutte noch einholen würde… (dpa)

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