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Trumps Republikaner verlieren bei Kongresswahlen Repräsentantenhaus, halten aber die Mehrheit im Senat

06.11.2018, USA, Washington: Fahrzeuge fahren während der Kongresswahl am US-Kapitol vorbei, in dem das Repräsentantenhaus und der Senat tagen. Foto: Jacquelyn Martin/AP/dpa

Das Schlimmste ist für die Republikaner von Donald Trump abgewendet: der Verlust beider Kammern des US-Parlaments. Den wichtigen Senat konnten sie halten. Aber das Repräsentantenhaus geht an die Demokraten. Das wird Trump das Regieren schwerer machen.

Die Republikaner von US-Präsident Donald Trump haben bei den Kongresswahlen in den USA die Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren. Sie kommen aber mit vergleichsweise moderaten Verlusten davon. Sie konnten die Mehrheit im Senat klar halten – die Voraussetzungen dafür waren für Trumps Lager aber günstig, weil nur 35 von 100 Posten zur Wahl standen.

Im Abgeordnetenhaus werden erstmals seit acht Jahren künftig die Demokraten das Sagen haben. Dies wird Trump das Regieren erschweren. Der Präsident jubelte dennoch auf Twitter: „Großartiger Erfolg heute Abend.“

Um Mitternacht Ortszeit (6.00 Uhr MEZ) schlossen die letzten Wahllokale im westlich gelegenen US-Bundesstaat Alaska. Wegen der vielen Zeitzonen in den USA hatte sich die Wahl über insgesamt 18 Stunden erstreckt. Bis das endgültige Ergebnis feststeht, wird es noch einige Tage dauern, weil beispielsweise in Kalifornien Briefwahlstimmen erst in den Tagen nach der Wahl gezählt werden.

04.11.2018, USA, Macon: US-Präsident Donald Trump spricht bei einer Wahlkampfveranstaltung. Foto: John Bazemore/AP/dpa

Die nach der Parteifarbe der Demokraten benannte und von der Opposition beschworene „blaue Welle“ blieb nach den bisherigen Ergebnissen weitgehend aus. Besonders ermutigend dürfte für den Präsidenten sein, dass in den insgesamt 470 Rennen um Plätze im Repräsentantenhaus und im Senat vor allem Bewerber seiner Partei positiv abschnitten, die er selbst unterstützte.

Um etwa dem neuen Senator Mike Braun zu helfen, war Trump allein vier Mal nach Indiana gefahren. Im Rennen um das Amt des Gouverneurs in Florida war der glühende Trump-Anhänger Ron DeSantis erfolgreich. Parteiinterne Trump-Gegner wie etwa Carlos Curbelo in Florida taten sich dagegen schwer.

Trump sprach noch am späten Dienstagabend (Ortszeit) mit führenden Köpfen von Republikanern und Demokraten im Repräsentantenhaus und Senat, wie das Weiße Haus mitteilte. Der Präsident habe auch mit mehreren republikanischen Kandidaten telefoniert, um ihnen zu „gratulieren“. Die Ergebnisse von deren Rennen waren da zum Teil noch nicht öffentlich verkündet.

Dem Wahltag war ein intensiver und teilweise bis an die Grenze der Fairness reichender Wahlkampf vorausgegangen. Trump, der selbst nicht zur Wahl stand, hatte nach Angaben des Weißen Hauses auf 50 Kundgebungen gesprochen, davon alleine 30 in den vergangenen beiden Wochen. Trump hatte vor allem auf das Thema Migration gesetzt und – ohne Belege zu nennen – düstere Szenarien gewalttätiger Einwanderer gezeichnet. Nachwahlbefragungen des Senders CNN gingen allerdings davon aus, dass für die Wähler besonders das Thema Gesundheitspolitik eine Rolle spielte.

04.11.2018, USA, Gary: Barack Obama, ehemaliger Präsident der USA, kommt zu einer Wahlkampfveranstaltung und begrüßt Anhänger der demokratischen Partei. Foto: Nam Y. Huh/AP/dpa

Die traditionelle Abstimmung zur Hälfte der Amtszeit eines Präsidenten ist immer auch ein Referendum über dessen Politik. Bei Trump gilt das in besonderer Weise, weil er das Land so stark polarisiert hat.

Der 72-Jährige war bis zum Schluss des Wahlkampfes im Dauereinsatz gewesen und hatte nach Ansicht vieler Wahlforscher erfolgreich seine Anhängerschaft mobilisiert. Trump geißelte die Demokraten als Gefahr für das Land und warnte vor einer «Invasion» von Migranten. Seine Gegner warfen ihm vor, gesellschaftliche Gräben zu vergrößern und das politische Klima zu vergiften.

Die Mehrheit im Repräsentantenhaus bietet den oppositionellen Demokraten neue Möglichkeiten: Sie können Aussagen erzwingen und sich interne Papiere vorlegen lassen. Somit könnten die Demokraten versuchen, Trump zur Vorlage seiner ausstehenden Steuererklärungen zu zwingen. Dies wiederum könnte theoretisch die Grundlage für ein Amtsenthebungsverfahren («Impeachment») bilden, das mit der einfachen Mehrheit im Repräsentantenhaus beschlossen werden kann.

Allerdings ist die sich abzeichnende Mehrheit der Demokraten nach Ansicht vieler Experten möglicherweise wegen potenzieller interner Abweichler zu gering. Allgemein wird erwartet, dass sich die 78 Jahre alte Nancy Pelosi als Führerin der Mehrheitsfraktion noch einmal zur Vorsitzenden der Kammer wählen lassen will. Sie rief in einer ersten Reaktion zur Einigkeit auf. „Wir sind eine Nation“, betonte sie. Pelosi kündigte für die nächsten zwei Jahre Initiativen zum Ausbau der Infrastruktur und zum Kampf gegen die Korruption an.

Erstmals muslimische Frauen in US-Kongress gewählt

Erstmals sind muslimische Frauen in den US-Kongress gewählt worden: Rashida Tlaib (42) aus dem Bundesstaat Michigan und Ilhan Omar (36) aus Minnesota ziehen beide für die Demokraten in das Repräsentantenhaus ein.

Das meldeten der US-Sender CNN, die Nachrichtenseite Buzzfeed und der lokale Sender MPR News aus Minnesota am Dienstagabend (Ortszeit).

06.11.2018, USA, Minneapolis: Ilhan Omar, demokratische Kandidatin für den US-Senat in Minnesota, fotografiert sich nach ihrem Sieg mit einer Unterstützerin. Foto: Mark Vancleave/Star Tribune/AP/dpa

Tlaib war in ihrem Wahlbezirk ohne republikanischen Gegenkandidaten angetreten. Omar setzte sich am Dienstag gegen die republikanische Bewerberin Jennifer Zielinski durch, der Meinungsforscher keine Chancen eingeräumt hatten. Omar übernimmt den Sitz von Keith Ellison, der der erste Muslim im Repräsentantenhaus in Washington war.

Tlaib stammt aus Detroit, ihre palästinensischen Eltern waren in die USA eingewandert. 2008 war sie als erste muslimische Frau in das Repräsentantenhaus von Michigan gewählt worden. Die Mutter von zwei Kindern setzt sich unter anderem dafür ein, das von Präsident Donald Trump erlassene Einreiseverbot für Menschen aus bestimmten muslimischen Ländern aufzuheben.

Tlaib schreibt auf ihrer Webseite: „Ich bin eine stolze muslimische Frau und wir müssen uns jedem Versuch der Republikaner widersetzen, uns zu spalten, indem sie einzelne Gruppen für ihre diskriminierende Politik aussondern.“

Omar stammt aus Somalia. Ihre Familie floh vor dem Bürgerkrieg in dem Land, als sie acht Jahre alt war. Die Familie lebte zunächst in einem Flüchtlingslager in Kenia, bevor sie 1997 in die USA kam. 2016 wurde die Mutter von drei Kindern als erste muslimische Amerikanerin aus Somalia in das Repräsentantenhaus in Minnesota gewählt.

Omar setzt sich für eine liberale Migrationspolitik ein, die Trump verschärfen möchte. Sie schreibt auf ihrer Webseite: „Statt Einwanderer als Kriminelle zu behandeln, müssen wir sie in unserem Land willkommen heißen und ihnen Wege zur Einbürgerung aufzeigen.“ (dpa)

Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf OD:

11 Antworten auf “Trumps Republikaner verlieren bei Kongresswahlen Repräsentantenhaus, halten aber die Mehrheit im Senat”

    • Denkste !!!
      Der wird ab heute seine wöchentlichen Showauftritte im ganzen Land (mit AirForce One versteht sich) durchführen, denn für ihn hat jetzt der Wahlkampf für’s Präsidentenamt in 2020 begonnen.
      Und, falls die Demokraten nicht mit einem Gegenkandidaten im Stil eines JFK kommen, wird er auch von 2020 bis 2024 Mr.President bleiben, ob uns das gefällt oder nicht.

  1. Werner Radermacher

    Nur zur Erinnerung, Obama hatte bei den Midterm Election 2010 nicht nur die Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren, sondern auch im Senat. Trump kann über den Senat weiter wichtige Personalentscheidungen treffen, bis hin zum „Supreme Court“. Und ob die zerstrittenen Demokraten wirklich geschlossen gegen Trump vorgehen wird sich auch noch zeigen. Und einen Präsidentschaftskandidaten haben sie auch noch nicht, einige Hoffnungsträger haben Niederlagen einstecken müssen. (O´Rourke, Texas) So gesehen sieht es für die Wiederwahl von Trump 2020 gut aus. Auch ohne Kongressmehrheit, die hatte Obama von 2010 bis 2016 auch nicht.

    • In den USA ist es in der heutigen Zeit eher selten, dass ein amtierender Präsident nicht wiedergewählt wird. Da muss er schon sehr viel falsch machen (ok Trump arbeitet dran).

      Ich pflichte Ihnen bei, ein Kandidat der Demokraten ist noch nicht in Sicht. Die letzte Garmitur hat das Verfallsdatum erreicht und ich hoffe, dass die dies eingesehen haben.
      Frische Kandidaten müssten einerseits nun aufgebaut werden; anderseits wird jeder, der sich zu früh aus der Deckung wagt, von Trumps Kommunikationsfeuer massakriert. Eine Chance hat somit nur ein frischer Kandidat, mit ausreichen Postur, der in maximal einem Jahr das Ruder rumreißen könnte.
      Ich befürchte, wir müssen uns auf weitere 6 Jahre Trump einstellen.

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