Gesellschaft

Merkel & Co. steht die Milch bis zum Hals: Milchbauern befürchten „neue Katastrophe“

Der European Milk Board setzt auf spektakuläre Aktionen.

Ob Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande oder EU-Agrarkommissar Phil Hogan: Europas Regierenden steht die Milch bis zum Hals, sie drohen im weißen Nass zu ertrinken. Dies wurde am Donnerstag vom European Milk Board (EMB) in einer drastischen Aktion mit einem Milchsee vor dem Gebäude der EU-Kommission in Brüssel deutlich gemacht.

Milcherzeuger aus der ganzen EU waren zusammengekommen, um die Politik vor einer neuen Katastrophe am EU-Milchmarkt zu warnen.

Seit Monaten befindet sich der Milchpreis europaweit im freien Fall. In vielen Ländern – darunter Belgien, Frankreich und Niederlande – wird der Preis zum Jahresanfang auf weit unter 30 Cent pro Kilogramm Milch sinken.

7,5 Millionen Tonnen mehr Milch als 2013

Protest des European Milk Board (EMB) am Donnerstag vor dem Gebäude der EU-Kommission in Brüssel.

Protest des European Milk Board (EMB) am Donnerstag vor dem Gebäude der EU-Kommission in Brüssel. In der Mitte am Mikrofon EMB-Vizepräsidentin Sieta van Keimpema.

„Die Lage spitzt sich immer weiter zu. Viele Erzeuger haben große Schwierigkeiten damit, ihre Rechnungen zu begleichen und sorgen sich, dass sie das Futter für ihre Kühe nicht mehr bezahlen können“, so EMB-Präsident Romuald Schaber.

Am schwierigsten gestaltet sich die Situation derzeit in den baltischen Staaten. So erhalten etwa litauische Bauern durchschnittlich nur noch 18 bis 20 Cent. In Lettland liegt der Milchpreis aktuell bei 22 bis 24 Cent.

Der Grund für die Misere ist europaweit derselbe. „Die Situation ist dramatisch. Wir schwimmen derzeit regelrecht in Milch – in der EU werden 2014 rund 7,5 Millionen Tonnen mehr Milch produziert als im letzten Jahr“, sagt der EMB-Vorsitzende.

Droht eine Marktkrise wie 2009?

„Das Angebot übersteigt die Nachfrage deutlich. Ohne die begrenzende Wirkung der Quotenregelung in wichtigen Produzentenländern wie Deutschland oder Holland wäre die Situation derzeit noch wesentlich schlimmer“, erklärt Romuald Schaber.

Europa schwimmt in Milch. Foto: Shutterstock

Europa schwimmt in Milch. Foto: Shutterstock

Laut European Milk Board deutet mittlerweile alles darauf hin, dass eine schwere Marktkrise wie 2009 bevorsteht. Damals sackten die Preise in der EU auf bis zu 18 Cent ab. Zur zusätzlichen Verschärfung der Lage hat der seit Anfang August geltende russische Einfuhr-Stopp für europäische Milchprodukte beigetragen.

„Wenn dann nächstes Jahr auch noch das letzte Begrenzungssystem – die Milchquoten – wegfallen, droht ein weiterer Preisverfall. Dann sind viele Betriebe stark in ihrer Existenz bedroht“, so Schaber. (cre)

17 Antworten auf “Merkel & Co. steht die Milch bis zum Hals: Milchbauern befürchten „neue Katastrophe“”

    • Baudimont

      Kritik des Interventionismus
      „Führt der Staat einen Höchstpreis für Milch ein, um die Milchversorgung zu verbessern, und liegt dieser Höchstpreis unterhalb des markträumenden Preises, so nimmt das Milchangebot ab. Die Versorgung mit Milch verschlechtert sich, weil die weniger produktiven Milchproduzenten aus dem Markt ausscheiden müssen; ihre Leistungsfähigkeit reicht nicht aus, beim Mindestpreis rentabel produzieren zu können.
      Um der Milchpreiskontrolle zu sprechen: Sinkt das Milchangebot aufgrund des Mindestpreises, müsste der Staat, der ja die Milchversorgung zu niedrigeren Preisen sicherstellen will, zum Beispiel die Produktionskosten der Milchproduzenten senken – etwa durch Höchstpreise für Tierfutter und agrarische Landflächen. Eine Interventionismusspirale gerät so in Gang, durch die das System der freien Märkte immer weiter zerstört und in letzter Konsequenz durch eine Staats- und Befehlswirtschaft ersetzt wird…“
      http://www.misesde.org/?p=5104

      • @ Baudimont

        Das dumme an Ihrer Argumentation ist das wir keinen Höchstpreis sondern einen Mindestpreis haben. Also, egal wieviel Milch produziert wird, der Landwirt bekommt den Ausgleich aus Brüssel. Es wird also fleissig am Bedarf vorbeiproduziert da die Kohle kommt. In den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts entstanden so Milchseen uned Butterberge. Die wurden mühsam abgebaut Jetzt werden sie halt wieder angelegt. Es ist eine Katze die sich in den Schwanz beisst (Bildlich gesprochen) Fällt der Mindestpreis gehen die „Kleinbauern“ kaputt weil sie nicht mehr kostendeckend arbeiten können. bleibt er gehen die „Kleinbauern“ an den Großmilchproduzenten die den Markt mit „billiger Milch“ überschwemmen und den Steuerzahlern die diesen Irrsinn ( Stichwort ruinöser Wettbewerb) nicht mehr länger finanzieren wollen kaputt.

  1. Milchbub

    Gestern oder vorgestern gab es im deutschen Fernsehen eine Reportage über eine Frau, die dafür kämpft, dass überhaupt keine Milch mehr konsumiert wird. Hört sich ziemlich idiotisch an, aber die Frage ist trotzdem, ob und wie viel Milch man am Tag benötigt. Wenn natürlich die Menschen keine Milch mehr trinken, dann ist für unsere Milchbauern erst recht Feierabend.

  2. Es reicht!

    Einfach nur unmöglich. Muss dann denn schon wieder mit Lebensmittel gespielt werden, dies ist moralisch höchst verwerflich (Was sollen die Leute in Afrika denken wenn die so etwas sehen?)?
    Nochmals für alle die hier die Wahrheit nicht verstehen wollen. Die Mehrzahl der Länder (mit der Mehrzahl der Landwirte im Rücken) haben dafür gestimmt das die Milchquoten abgeschafft werden. Wenn mehr produziert wird als nachgefragt wird ist es doch logisch das der Preis fällt (dies gilt genauso für die Autoindustrie, zurzeit sogar für die Ölindustrie). Aber die Landwirte bekommen jetzt ja schon enorme Zuschüsse, daher sollten diese doch endlich mal zufrieden sein? DIe konventionelle Landwirtschaft hat nun mal nur als industrielle Landwirtschaft eine Zukunft (dies ist auch von allen Landwirtschaftsministern so gewollt), diejenigen Landwirte die nicht mitziehen wollen bleibt jedoch noch immer die Möglichkeit biologisch zu wirtschaften. Biolandwirte erhalten noch mehr Zuschüsse.
    Übrigens wie sieht es mit dem EU Kandidaten der Grünen aus, hat Herr SCHÖPGES in der Zwischenzeit seinen Betrieb auf BIO umgestellt oder düngt er noch immer Kunstdünger, füttert genverändertes Kraftfutter?

    • Milchbauer

      Die meisten Milchbauern für den Erhalt einer Milchquoten die einen Mindestpreis garantiert, so wie es sie in Kanada auch über Jahre schon gibt. Das eine zu grosse Milchquote die man jährlich sinnloserweise erhöht keinen Sinn macht ist jedem klar. Ich möchte am liebsten keine Zuschüsse als Milchbauer bekommen sondern einen Preis bekommen an dem ich auch produzieren kann.Im übrigen können grosse Betriebe das auch nicht besser als kleine. Grosse Betriebe bekommen nur mehr Zuschuss.
      Die riesigen Betriebe die jetzt die Zukunft der Mlichproduktion sichern sollen, können dies nur unter Versklavung ihrer Mitarbeiter.

  3. Mischutka

    Vor einigen Wochen lief im deutschen Fernsehen ein Beitrag über Milch. (In einem „Gesundheitsmagazin). Ich bin nun wirklich kein Mediziner und kein Wissenschaftler. Aber soweit habe ich, wie unzählige andere Zuschauer auch, das Folgende : Durch Umweltverschmutzung (u.a. der Luft) soll das Gras/Heu viel mehr verseucht sein als noch vor 30 Jahren. Ausserdem würden die Kühe mit zu viel chemischen „Zeug“ gefüttert, damit die Tiere NOCH MEHR Milch geben. Am Ende des Beitrags wurde dann Klartext gesprochen : Mehr als 1 Glas Milch PRO TAG IST UNGESUND ! (Kleinkinder = Max. ein HALBES Glas/Tag.
    Ich denke, dass solche Beiträge den Milchverbrauch wohl noch senken werden.
    MfG.

  4. Auch hier spielt die EU wieder eine wichtige Rolle. Gab es in der Vergangenheit mehrere kleine Betriebe die gut leben konnten, gibt es nun wenige große Betriebe die am Limit sind. Die Schuld liegt auch Teilweise bei so manchem Bauern, der den Hals nicht voll genug bekommt oder eher bekam. Aber das ist ein anderes Thema. Was die EU und vor allem die Konzerne möchten, Danone/Nestlé um nur diese zu nennen, ist die komplette Macht über die Milch. Ist eine Traumsituation für die Konzerne! Die Bauern gezwungen zu sein, große Massen zu produzieren, um ihre Rechnungen zu bezahlen, doch der Effekt ist ein ganz anderer. Durchs Überangebot, fällt der Preis, zur Freude von wem? Genau! Die Konzerne! Dass die Qualität darunter leidet ist ja ganz klar. Man sieht ja fast keine Kühe mehr auf den Feldern. Die verbringen ihre Tage im Stall und werden vollgepumpt mit Kraftfutter. Nach 5 Jahren ist so eine Kuh am Ende. Auf den Feldern sieht man auch keine Blume mehr. Die Flächen werden mit Chemie überflutet. Wenn man jetzt noch sieht, wie die EU das ganze System bezuschusst oder die Rahmenbedingungen dafür schafft, kann auch nur die EU das Problem lösen. Das wird aber nicht passieren! Was müsste geschehen? Nachhaltige Landwirtschaft! Dadurch wird automatisch viel weniger produziert. Die EU muss dafür sorgen, dass die Konzerne keine Milch von außerhalb importieren dürfen oder nur wenn Mangel bestehen soll. Nicht umsonst haben schon Lebensmittelkonzerne riesige Flächen in Afrika in ihrem Besitz und produzieren unter erbärmlichen Bedingungen für die dortige Bevölkerung. Durch unseren Überschuss killen wir die Märkte im Afrika. Dahin wird zu Spotpreisen exportiert und die Bauern vor Ort können da nicht mithalten. Wir brauchen ein großes Umdenken. Kleinere Betriebe mit einer Landwirtschaft, wie sie unsere Großeltern betrieben haben. Eine Landwirtschaft die wieder im Einklang mit dem Öko-und Wirtschaftssystem ist! Ein Problem welches durch Menschen geschaffen worden ist, kann auch durch Menschen gelöst werden…man muss es nur wollen!

    • EUnegativ

      Oh ja, die Welt der Konzerne macht die… Welt zu einem reinen Monopoly-Spiel. Wir sind nicht einmal mehr „Figuren“ darin, bloß Zahlen. Die EU, spätestens seit dem Maastrichter Vertrag, geht nur in diese eine Richtung.

  5. Willy Münstermann

    Zum Artikel von EU, ich respektiere zwar ihre Meinung, aber von Landwirtschaft des 21. Jahrhunderst haben sie leider wenig oder keine Ahnung. Dies schreibt ihnen jemand der viel von der europäischen Landwirtschaft versteht.Seien sie mich bitte nicht böse, ein altes Sprichwort sagt, “ Schuzter beib bein deinem Leisten“ .

    Gruss Willy Münstermann.

    • Merowinger

      @Willy Münstermann
      Sie verwechseln da etwas, sie kennen sich aus mit der Landwirtschaft des 20.JH.
      Immer mehr, immer billiger , immer grösser, immer intensiver .Diese Landwirtschaft steht für Massentierhaltung , Stickstoffauswaschungen, Lebensmittelskandale uvm
      Wir müssen und sollten nicht die Welt ernähren.
      Wir sollten den Ländern der 3.Welt helfen eine lokale, nachhaltige Landwirtschaft zu entwickeln. Das ist fundamental für die dortigen Menschen um eine geringere Abhängigkeit von den schwankenden Weltmarktpreisen für Nahrungsmittel zu erreichen.
      Im 21. JH werden für die europäische Landwirtschaft neue Herausforderungen zu meistern sein.
      zB die Ressourcenknappheit von Rohstoffen wie Erd-Öl, schwindende Vorkommen von Phosphatdünger, den Verlust der Humusschicht unserer Böden sowie das Klima mit der Häufung von Wetterextremen.

  6. 4701Kettenis

    Es scheint den Bauern ja noch nicht schlecht genug zu gehen…wenn man einfach so ein paar Tausend Liter Milch wegwerfen kann…

    Den Kindern bringt man von Grund auf bei, das nicht mit Nahrung gespielt wird, und dann sowas…

    Bei allem Respekt für die Problematik, aber dann hätte man die Milch besser nach Afrika verschenkt und somit auf das Problem aufmerksam machen können…

    Traurig…

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