Zur Zeit hat Covid19 den europäischen Kontinent fest im Griff und man kann nur hoffen, dass so schnell wie möglich Impfungen und Heilmittel zur Verfügung stehen. Das sollte allerdings nicht davon abhalten, sich Gedanken über ein „Nach-Covid19“ zu machen.
Fest steht jetzt schon, dass die Gesellschaft und das Leben aus den gewohnten Bahnen geworfen wurden. Vieles ist nicht mehr, wie es mal war.
Es bietet sich nun die Gelegenheit, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Die Coronakrise hat schon seit langem existierende Fehlentwicklungen besonders gut sichtbar gemacht; wie ein Vergrößerungsglas gewirkt. Es bedarf grundlegender mutiger Reformen und keiner ängstlichen Kosmetik.
Die drängendsten Probleme sind der schlechte Zustand der belgischen Staatsfinanzen und die nichtfunktionierende staatliche Struktur. Beides muss man in einem Zusammenhang sehen.
Zu diesem Zweck könnte man die Staatsschulden „monetarisieren“, d.h die Europäische Zentralbank kauft alle Schuldtitel des Staates auf (ungefähr wie in Japan, wo auch die Bank of Japan der größte Gläubiger des Staates ist). Dies nicht um das aktuelle politische System in Belgien zu stabilisieren wie in Japan, sondern um es in Richtung mehr Demokratie und besserer Funktionsweise zu verändern. Denn sonst ist so ein gravierender Schritt nicht glaubwürdig.
Die Zielsetzung muss lauten : eine abschließenden Staatsreform (= Bundesstaat aus 4 Gliedstaaten mit vernünftiger Kompetenzverteilung) und einer neue politischen Kultur. Damit meine ich, dass endlich Schluss sein muss mit dem Sodom und Gomorrha (=Vielzahl) an politischen Parteien.
Zwei Parteien in einem Parlament sind genug. Das funktioniert in den USA schon über 200 Jahre. Die Anzahl Minister und Kabinettsmitarbeiter muss begrenzt sein. Die typisch belgische „Pöstchenpolitik“ muss aufhören. Auf Ebene der Gliedstaaten und Gemeinde muss mehr direkte Demokratie nach Schweizer Modell gewagt werden. Auf Föderalebene muss man diesbezüglich vorsichtiger sein, um nicht einen flämisch-wallonischen Konflikt zu provozieren.
Diese absolut notwendige Reformen der Staatsstruktur und politischen Kultur sind die Voraussetzung, um die drängendsten gesellschaftliche Probleme des Landes zu lösen. Dies müsste eigentlich jedem einleuchten. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass reformunfähige Systeme stets hinweg gefegt werden wie etwa die kommunistischen Regierungen vor 30 Jahren.
24.10.2020 Marcel Scholzen, Eimerscheid
HINWEIS – Es wurde ein Leserbrief von Marcel Scholzen veröffentlicht: „Und was danach?“ https://ostbelgiendirekt.be/marcel-scholzen-und-was-danach-264790
„Zu diesem Zweck könnte man die Staatsschulden „monetarisieren“, d.h die Europäische Zentralbank kauft alle Schuldtitel des Staates auf (ungefähr wie in Japan, wo auch die Bank of Japan der größte Gläubiger des Staates ist). “ Dazu braucht es einen neuen EU-Vertrag, noch einen.
„Zwei Parteien in einem Parlament sind genug. Das funktioniert in den USA schon über 200 Jahre.“ Dabei hat es sich in den letzten vier Jahren gerade gezeigt, dass es nicht mehr funktioniert. Innerhalb der zwei Parteien gibt es auch um die Macht kämpfende Strömungen. Wenn in Belgien die Parteien sich schon einmal nach Strömungen wiedervereinigten. In anderen Föderalstaaten z.B. Schweiz, Deutschland und USA sind die Parteien ja auch nicht nach Gliedstaaten aufgeteilt. Es gibt Landesverbände, mehr nicht.
Herr Keutgen.
Ihre Äußerungen in Ehren. Nur Sie müssen doch selbst zugeben, dass es nicht so weiter gehen kann.
Sind Sie der Meinung, dass alles in Ordnung sei, und alles unverändert so weiter gehen kann ?
Die politische Kultur in Belgien ist einfach zum Kotzen. Ein vernünftiger Mensch macht da nicht mit. Der sucht sich andere Betätigungsfelder in Beruf und Freizeit. Was sollte da einen motivieren mitzumachen ? Ich wüsste nicht was. Gut Geld kann man in vielen Bereichen verdienen. Meine knappe Freizeit verbringe ich nicht damit, irgendwelchen hochstudierten Leuten beim Wahlkampf zu helfen, die mich dann noch herablassend behandeln. So blöd ist niemand.
Ihre Freizeit kann nicht knapp sein, wenn man Ihre ganzen Kommentare hier und anderswo liest, oder???
Dazu bedarf es wenig Zeit. Kann man von überall machen.
Das einzige, was man in der westlichen Gesellschaft bemängeln muss, ist der Hang, unseren Planeten bis aufs Blut auszusaugen, um täglich unsere lamentablen Bedürfnisse zu befriedigen und im selben Atemzug die Reichen noch reicher zu machen.
Ihre Überlegungen werden leider ein Wunschdenken bleiben. Sie verkennen dabei die sprachbedingten Strukturen, die wohl keiner abgeben wird. Wir wissen alle, dass diesbezüglich die DG, mit Strukturen wie in einem Land mit Millionen Einwohnern, keinen Sinn macht. Wird sind „kleiner“ als jede grössere Stadt und brauchen kein Parlament, vor allem nicht diese Prunkbauten.
Flamen und Wallonen werden Sie nie mehr vereinen, es kann aber auch keiner alleine überleben.
Klientelpolitik ist die Basis der DG, also Menschen, die einen materiellen Vorteil der Autonomie ziehen, nicht politische Überzeugung.
Die DG zählt politisch gesehen ja nur für Pfeffer und Salz im großen Geflecht der Entscheidungsträger. Lohnt sich nicht, darüber zu debattieren.