Politik

„Kleine Bundestagswahl“ in NRW: CDU stärkste Kraft, deutliches Plus für Grüne, Debakel für SPD und FDP

14.05.2022, Nordrhein-Westfalen, Rhede: Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, kommt mit seiner Ehefrau Katharina und Tochter Philippa zum Wahllokal, um seine Stimme für die Landtagswahl abzugeben. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

AKTUALISIERT – Deutlicher Schub für die CDU, ein tolles Ergebnis für die Grünen, schmerzhafte Verluste für SPD und FDP: Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen sind die Christdemokraten mit Ministerpräsident Hendrik Wüst klar stärkste Kraft.

Nach dem hohen Sieg der CDU von Ministerpräsident Hendrik Wüst bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen beginnt die Suche nach einem neuen Regierungsbündnis. Er habe den Auftrag, „eine künftige Regierung zu bilden und zu führen“, sagte der 46-Jährige am Sonntag.

Seine bisherige schwarz-gelbe Koalition hat keine Mehrheit mehr, weil die FDP abstürzte. Daher steht ein Bündnis mit den Grünen im Raum, die ein Rekordergebnis einfuhren. Wüst sagte zur Ausgangslage, es gebe zwei Gewinner: die Grünen und seine CDU.

Allerdings hegt auch die eingebrochene SPD als zweite Kraft noch die Hoffnung, zusammen mit den Grünen und der FDP in einem Ampel-Bündnis an die Macht zu kommen.

15.05.2022, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Thomas Kutschaty (l), SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, schüttelt die Hand von Hendrik Wüst, dem bisherigen NRW-Ministerpräsident und CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, im Landtag am Abend der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Foto: Boris Roessler/dpa

„Ich bin bereit“, sagte Kutschaty bei der SPD-Wahlparty in Düsseldorf. Der Sieg der CDU und das starke Ergebnis der Grünen bedeuteten nicht automatisch, dass beide eine Regierung formten, sagte der SPD-Landesvorsitzende. Es seien durchaus noch andere Optionen denkbar.

SPD-Bundeschef Lars Klingbeil sieht das ähnlich, formulierte aber am späteren Abend in der ARD-Sendung „Anne Will“ zurückhaltender als noch unmittelbar nach Wahlschluss: „Herr Wüst ist der Sieger, er führt die stärkste Partei an, und deswegen gehe ich davon aus, er führt die Gespräche und er muss jetzt Gespräche führen, und dann werden wir sehen, ob er eine Regierung bilden kann.“

Zu Bescheidenheit mahnte denn auch der frühere SPD-Bundesvorsitzende Nobert Walter-Borjans. „An so einem Abend, wo man seine eigenen Ziele doch ein ganzes Stück verfehlt hat, ist das nicht ein Moment, wo man die Backen aufpustet und Forderungen stellt“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf.

Nach dem vorläufigen amtlichen Ergebnis gewannen die Christdemokraten 35,7 Prozent der Stimmen (2017: 33,0). Extreme Zugewinne verbuchten die Grünen, die ihr Ergebnis auf 18,2 Prozent fast verdreifachten (6,4). Die Sozialdemokraten sackten dagegen ab, und zwar auf ihren historischen NRW-Tiefstand von 26,7 Prozent (31,2).

Die bisherige Regierungspartei FDP verlor so viel wie noch nie bei einer NRW-Landtagswahl und landete bei schwachen 5,9 Prozent (12,6). Die AfD konnte sich mit 5,4 Prozent knapp im Landtag halten (7,4). Die Linke, seit zehn Jahren nicht mehr im Landtag, bleibt mit 2,1 Prozent (4,9) draußen.

15.05.2022, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Mona Neubaur (l), NRW-Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen, freut sich nach den ersten Prognosen bei der Wahlparty der Grünen vor dem Apollo. Foto: Friso Gentsch/dpa

Die Sitze im neuen Landtag teilen sich wie folgt auf: CDU 76 (2017: 72), SPD 56 (69), Grüne 39 (14), FDP 12 (28), AfD 12 Mandate (16). Die Wahlbeteiligung lag bei 55,5 Prozent und ist die niedrigste bei einer Landtagswahl in NRW überhaupt.

FDP-Chef Christian Lindner, selbst aus NRW, sprach ernüchtert von einer „desaströsen Niederlage“. Spitzenkandidat Joachim Stamp erwartet nun, dass eine schwarz-grüne Landesregierung gebildet wird. „Wir haben zwei klare Wahlgewinner. Und ich gehe davon aus, dass die beiden auch miteinander koalieren werden.“

Der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte sagte der dpa, der Ausgang der NRW-Wahl komme für die Regierungskoalition im Bund einem „politischen Erdbeben“ gleich. „Es gibt den Triumph der Grünen mit der – so könnte man sagen – Zweitkanzlerin (Annalena) Baerbock, und die anderen verlieren massiv. Die Ampel ist sehr unter Druck.“

Die Grünen sind mit ihrem starken Ergebnis nun die „Königsmacher“ in NRW. Ihre Bundesgeschäftsführerin Emily Büning sagte, sie könne sich eine Koalition sowohl mit der CDU als auch mit SPD und FDP vorstellen.

NRW-Spitzenkandidatin Mona Neubaur nannte es das entscheidende Kriterium, wie viele eigene Inhalte man am Verhandlungstisch mit anderen Parteien erstreiten könne. Für die CDU spreche, dass sie deutlich gewonnen habe und „moderner ist, als sie noch vor wenigen Jahren hier in Nordrhein-Westfalen war“, sagte sie in den ARD-„Tagesthemen“. Den Grund für das Rekordergebnis sieht Neubaur auch im Rückenwind aus Berlin: Die grünen Bundesminister hätten „Haltung und Kompass“ in Krisenzeiten unter Beweis gestellt.

15.05.2022, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Der bisherige NRW-Ministerpräsident und CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst, steht bei der Wahlparty seiner Partei auf der Bühne und reckt den rechten Daumen nach oben. Foto: Oliver Berg/dpa

Wahlberechtigt waren 13 Millionen Bürger, etwa ein Fünftel aller Wahlberechtigten in Deutschland. Die Abstimmung im bevölkerungsreichsten Bundesland gilt daher als „kleine Bundestagswahl“ und wichtiger Stimmungstest für die Bundespolitik, Kanzler Olaf Scholz (SPD) und den neuen CDU-Oppositionsführer Friedrich Merz.

Als Rückenwind wertete die CDU das Wahlergebnis. Parteichef Merz schrieb auf Twitter: „Die CDU ist zurück, unser nach vorn gerichteter Kurs wurde bestätigt.“ Merz stammt ebenfalls aus NRW, er hatte Wüst im Wahlkampf engagiert unterstützt. Für seine Partei ist es der zweite Erfolg nach dem haushohen Wahlsieg in Schleswig-Holstein, der die Serie von Niederlagen im Bund und in mehreren Ländern vor einer Woche beendet hatte. Ende März etwa hatte die SPD die Landtagswahl im Saarland noch haushoch gewonnen. Im NRW-Wahlkampf hatte sich Kanzler Scholz sehr engagiert und sich sogar zusammen mit Kutschaty auf den Plakaten abbilden lassen.

Als „Stammland“ der Sozialdemokratie gilt NRW aber schon lange nicht mehr. CDU und SPD wechselten sich in den vergangenen Wahlperioden an der Regierung ab, seit 2005 hat kein Regierungsbündnis länger als sieben Jahre durchgehalten. (dpa)

28 Antworten auf “„Kleine Bundestagswahl“ in NRW: CDU stärkste Kraft, deutliches Plus für Grüne, Debakel für SPD und FDP”

  1. Gewählt werden die Grünen mit schwarzem Parteibuch, die mit rotem und gelbem, und das Original sowieso. Es wird sich also nichts ändern. Die Alternative (oh je, ein politische Tabu-Wort) dazu wird kaum in Erwägung gezogen. Man bekommt was man wählt, aktuell einen grünen Kinderbuchschreiber als Wirtschaftsminister….

  2. Bei Focus las ich eben, die Ampel will den Mindestabstand von Windkraftanlagen zu Häusern abschaffen. Gesetzesvorlage besteht bereits aber die Entscheidungen sollen wohl erst nach den Wahlen in NRW fallen. Windenergie um jeden Preis.

  3. Gastleser

    Jepp. Und auch der Naturschutz darf mal zurückstecken.
    War aber immer so. RWE hat auch alle geschmiert- bis zum kleinsten Dorfrat.
    Denkmal abreißen-kein Problem.
    Dorf abreißen- kein Problem.
    Fluss (Inde)umleiten- Applaus
    Rur zukippen- Applaus

    Tesla bekommt Mio Förderung um in Brandenburg das bisschen Wasser abzupumpen um dann fette Batterien zu basteln – auch nicht besser.
    Wir haben ja alle brav Energiesparlampen gekauft und achten beim Kühlschrank auf A+++

    • Ja… und dann gibt es noch das „Jenvon’s Paradox“ bzw. den sogenannten „Rebound“ (Ökonomen).
      Trotz immer sparsamerer Leuchtmittel/Geräte brauchen wir heute nicht weniger Energie, wenn nicht sogar mehr…

      Früher hat man nur den Raum beleuchtet, den man nutzte – Jetzt beleuchtet man alle Räume plus einige Deko-Leuchten.
      Früher wurde die Klima-Anlage nur eingeschaltet wenn man sie benötigte – Jetzt lässt man die A+++ einfach durchlaufen.
      Früher hat man einen „normalen“ Kühlschrank gekauft – Jetzt nutzt man moderne A+++ mit Eisspender und anderen Extras.
      etc.

      …und da ist der Herstellungs-/Entsorgungskreislauf noch nicht einmal mit eingeschlossen.

    • Das stimmt, Gastleser, im Schmieren waren die Kohle- und Industriebarone sehr geübt, und mit CDU und SPD verfilzt. Und was staatliche Subventionen angeht, können Tesla und Co noch lange nicht mit der Atomwirtschaft mithalten, ob da alles koscher ist, wird sich noch zeigen. Den Dreck jedenfalls muss in all diesen Fällen der Steuerzahler wegmachen. Gewinne werden privatisiert, die damit verbundenen Lasten sozialisiert.

  4. Guido Scholzen

    NRW erinnert als allererstes großes Bundesland von Jahr zu Jahr mehr an die Parteienlandschaft der DDR; aber nicht in rot sondern in grün.
    Es gibt eine marxistisch gesinnte Partei, die die Marschrichtung vorgibt, und alle anderen Parteien haben gefälligst Blockparteien („Blockflöten“ wie der ostdeutsche Volksmund es nannte) zu sein.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Blockpartei

    Die SPD als Arbeiterpartei kannste schon lang vergessen.
    Was ist an der CDU denn noch christlich?
    Und noch schlimmer für mich als Liberaler: was ist an der F.D.P. noch liberal?

  5. Gastleser

    Ist doch, egal.
    Oder man klebt sich fest.
    Aachen ist voll nett und man kann mit seiner Liebsten überall spazieren.
    Ok, wenn man die Junkies und das Pack ignoriert…
    Das Bio E-Bike kann man überall stehen lassen und die Tram fährt auch wieder.
    Och, doch nicht?!
    Dann halt voll Bio im Frankenberger einkaufen!
    Irres Volk.

    • In Nordrhein-Westfalen gab es schon langjährig rot-grüne Regierungen. Deshalb ist das Land ja so furchtbar verelendet, überall hungern die Menschen in ihren Erdhöhlen, die anderen wohnen auf den Bäumen, genauso wie in Baden-Württemberg, wo kein Mercedes mehr fährt… .

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