Die ostbelgische Kabarettgruppe „Jedermann“ gibt es seit 25 Jahren. Sie führt derzeit in Eupen ihre neueste Produktion auf. Am Freitag war Premiere. Die Zuschauer waren begeistert. Aber warum kommt nicht jedermann zu „Jedermann“?
Wenn man das zumeist schon sehr früh voll besetzte Foyer des Jünglingshauses an der Neustraße betritt, ist man immer erstaunt, dass auf den Zuschauerplätzen fast nur Leute der Generation 50+ oder eher noch 60+ sitzen. Junge Menschen suchte man auch diesmal im Publikum vergebens.
Warum? Interessieren sich junge Menschen nicht für Kabarett? Oder mögen sie lieber Atze Schröder als Edgar Paulus?
Die Beiträge von Edgar Paulus, Odilia Gielen, Renate Wünsche, Marc Mentior, Irmgard Kelleter, Fredy Bocken und Rudi Theissen (in zufälliger Reihenfolge) gaben ein Aperçu des gesellschaftlichen und politischen Lebens in Eupen, Ostbelgien, Belgien, Europa und der Welt. Das Ein-Mann-Orchester von Guido Emonts sorgte für die musikalische Umrahmung.
Den meisten Applaus bekam bei der Premiere am Freitag Fredy Bocken für seine Droschkenfahrt nach Wiener Vorbild durch Eupen, vorbei an prächtigen Bauten wie dem „Eupen Plaza“ oder dem „Capitol“ bzw. auf Eupener Prachtstraßen wie der Neustraße oder dem Olengraben.
Natürlich durfte auch Eupens Kehrmännchen im Programm nicht fehlen, das immer da ist, wenn „Jedermann“ auftritt. Von Odilia Gielen erfuhren die Zuschauer, was in letzter Zeit in Eupen Stadtgespräch war.
“Verschiebung“ lautete der Titel der neuen Produktion, wobei in dem Begriff die „Schiebung“ das wichtigste Element war. Das Wort „Schiebung“ bezog sich natürlich auf die jüngste PDG-Wahl vom 26. Mai 2019, bei der sich nämlich nichts verschob, woran im Laufe des Abends auch Edgar Paulus in seiner Paraderolle als „Häuptling Lapatsch“ erinnerte.
Einige Politiker bekamen von „Jedermann“ einen Spitznamen verpasst. Mit dem „Ziegenpeter“ etwa konnte nur der liberale Eupener Schöffe Philippe Hunger gemeint sein, mit „Baby Face“ Senator Alexander Miesen.
Natürlich kam auch die Weltpolitik zwischendurch zur Sprache. Für die Außenpolitik ist bei „Jedermann“ Marc Mentior zuständig, der sich mal über Ex-Papst Benedikt XVI. ausließ, der den 68ern die Schuld für die vielen an Pädophilie erkrankten Priester gab, mal über Donald Trump und dessen Verhältnis zu Kim, dem „Rollmops aus Nordkorea“. Einen kritischen Blick warf Mentior auch auf die Klimabewegung.
Von Populismus kann sich trotz wiederholter Kritik an den vielen Kommentaren im Forum von „Ostbelgien Direkt“ natürlich auch „Jedermann“ nicht freisprechen. So wurde zum Beispiel behauptet, im Foyer des Jünglingshauses habe man die Decke erneuern müssen, weil bei den politischen Veranstaltungen, die dort stattgefunden haben, so viel gelogen wurde, dass sich mit der Zeit die Balken bogen. Und deshalb habe man auch im Plenarsaal des neuen Parlamentsgebäudes am Kehrweg von Beginn an Stützbalken vorgesehen.
Die Medien durften auch nicht fehlen. Das Grenz-Echo war in dem zurückliegenden Vierteljahrhundert schon immer die wichtigste Quelle für die „Jedermänner“ und „Jederfrauen“. Deshalb bleibt die „alte Dame“ vom Eupener Marktplatz auch seit jeher in den Produktionen weitgehend von Spott verschont.
Dafür aber bekam „Ostbelgien Direkt“ diesmal besonders oft sein Fett ab. Ein Beweis dafür, dass das Online-Magazin, das keiner gelesen haben will, aber jeder liest, inzwischen eine feste Größe in der ostbelgischen Medienlandschaft ist. Oder wie ein Zuschauer nach der Vorstellung von Freitag treffend bemerkte: „Gibt es etwas Schlimmeres für ein Medium, als im Rahmen einer solchen Veranstaltung gar nicht erwähnt zu werden?“
Vorstellungen von „Jedermann“ gibt es noch am 27.09, 28.09., 29.09, 11.10, 12.10. und 13.10. Alle finden im Foyer des Jünglingshauses statt – und alle sind ausverkauft. (cre)
Atze Schröder gehört inzwischen auch zum alten Eisen. Haben Sie noch nichts von Faisal Kawusi gehört, Herr Cremer?
Junge Leute lesen kein Grenz-Echo & Co. und haben somit im Vorfeld keine Werbung/Information bzgl. der Kabarettgruppe „Jedermann“ gesehen…. oder wurde etwas auf sozialen Netzwerken veröffentlich wie Facebook, Instagram,….?
Die aktuelle Politik bildet doch Kabarett, Muppet Show usw. bereits perfekt ab. Wozu noch extra Kabarett?
Also ich bin noch unter 50 … und werde hingehen. Freue mich schon auf die Spitzfindigkeiten.
Bin bereits mitte 50, werde mir das ebenfalls nicht entgehen lassen. Karte habe ich bereits, freue mich schon auf den Abend.
Bin 23 Jahre und wenn ich die auf den Fotos schon in ihrer Verkleidung sehe muss ich mich einfach nur fremdschämen..
„Ein Beweis dafür, dass das Online-Magazin, das keiner gelesen haben will, aber jeder liest, inzwischen eine feste Größe in der ostbelgischen Medienlandschaft ist. “
Vor wenigen Tagen antwortete mir ein Mitglied des Parlaments der deutschsprachigen Gemeinschaft auf meine Nachfrage, ob er denn OD lese, „nie!, außer zu Wahlzeiten, wegen der Resultate“ oder so.
„Ansonsten wäre das Geschreibe dort nicht zu ertragen“, so sein theatralisch angewiderter Kommentar.
Unfairerweise fiel seine Lebensgefährtin ihm in die Parade; sie „sehe aber häufig am Verlauf oder an der zuletzt besuchten Seite, dass er immer wieder auf OD unterwegs sei…“
Das Kabarett sollte mal der Marke „Ostbelgien“ beitreten! Herr Paasch, solches fehlt noch in ihrer Sammlung! Passt sogar top zum Debatierclub und Kommödienstadl am Kaperberg! Dort könnten die ja mal im grossen Saal auftreten, dann wären alle Plätze auch mal besetzt! Derr Präsident würde den Vorhang aufziehen, und eine Spritzige Rede halten. Wetten der Böhmermann würde ihn sofort einladen!
Als ob die Vögel da am Ministerium nicht neugierig wären, über dem, dass aktuell zum Thema die Runde macht.
Der Humor von jungen Leuten ist einfach anders, sehr oft platter und vulgärer.
Auch für Politik interessieren sich viele junge Leute nicht oder nur wenig..
Ich war mehrmals bei „Jedermann“, war aber nicht sehr begeistert.
HINWEIS – Kabarett „Jedermann/-frau“ ab Freitag „wieder hier“. https://ostbelgiendirekt.be/jedermann-wieder-hier-346107