Gesellschaft

In Berlin feierten Hunderttausende den Mauerfall vor 25 Jahren

Am Abend des 9. November 2014 - genau 25 Jahre nach dem Fall de Berliner Mauer - stiegen knapp 7.000 weiße Ballons in den Himmel. Foto: epa

In Berlin haben am Sonntag Hunderttausende Menschen aus aller Welt die Öffnung der innerdeutschen Grenze vor 25 Jahren gefeiert. Am Abend stiegen knapp 7000 weiße Ballons in den Himmel – sie hatten den Verlauf der einstigen Mauer als Lichtgrenze nachgezeichnet. Seit Freitag hatten die Kugeln auf 15 Kilometern ein Teilstück der einstigen Berliner Mauer nachgebildet.

Den ganzen Tag über wurde bereits in zahlreichen Veranstaltungen an die Ereignisse des 9. Novembers 1989 und an die Opfer der deutsch-deutschen Teilung erinnert. ARD und ZDF berichteten in mehreren Live-Sondersendungen.

Einziger echter Aufreger bei den 25-Jahr-Feiern in Berlin war der Auftritt von Wolf Biermann am Freitag im Bundestag. Der 77-jährige rechnete öffentlich mit der Linkspartei ab.

„Ich weiß ja, dass die, die sich Linke nennen, nicht links sind, auch nicht rechts, sondern reaktionär, dass diejenigen, die hier sitzen, der elende Rest dessen sind, was zum Glück überwunden ist“, sagte der Liedermacher, der 1976 aus der DDR ausgebürgert wurde.

Der Liedermacher Wolf Biermann am Freitag im Deutschen Bundestag. Foto: dpa

Der Liedermacher Wolf Biermann am Freitag im Deutschen Bundestag. Foto: dpa

Sehen und hören können Sie Wolf Biermann im Bundestag in dem VIDEO am Ende dieses Berichts.

Parlamentspräsident Norbert Lammert (CDU) hatte Biermann eingeladen, um das Gedenken an den 9. November 1989 musikalisch zu begleiten. Die Linke hatte daraufhin beklagt, dass sie bei der Entscheidung übergangen worden sei.

Der Liedermacher hatte die Partei schon früher heftig kritisiert und sie als seine „treuen, alten Todfeinde“ bezeichnet. Die Linke ist aus der Fusion von WASG und PDS hervorgegangen. Vorgänger der PDS wiederum war die Sozialistische Einheitspartei (SED) der DDR.

Pressestimmen zu Biermanns Auftritt

Der „Ausraster“ von Wolf Biermann war denn auch das Thema in den deutschen Tageszeitungen am Samstag. Nachfolgend einige Pressestimmen (Quelle: dpa).

„Rhein-Zeitung“ (Koblenz): Wie sehr sich ostdeutsche Befindlichkeiten von denen im Westen unterscheiden, das konnten wir Wessis am Freitag im Bundestag staunend beobachten. Wolf Biermanns Auftritt war nichts anderes als eine Sternstunde im Parlament. Das Wortgefecht zwischen ihm und der Linkspartei zeigt die tiefen Gräben der politischen Kultur im Osten. Hier der listige und wortgewaltige Bürgerrechtler, da die trotzige Linke. Solche Gefechte hat der Bundestag wohl zum letzten Mal zu Zeiten von Strauß und Wehner erlebt. Mehr davon, bitte – von Abgeordneten.

Entlang des ehemaligen Mauerverlaufs wird eine große Lichtinstallation als „Symbol der Hoffnung für eine Welt ohne Mauern“ inszeniert. Aus tausenden beleuchteten und mit Helium gefüllten Luftballons soll am gesamten Wochenende eine Lichtgrenze entstehen, die zwölf Kilometer durch die Innenstadt führt. Foto: dpa

Entlang des ehemaligen Mauerverlaufs wird eine große Lichtinstallation als „Symbol der Hoffnung für eine Welt ohne Mauern“ inszeniert. Aus tausenden beleuchteten und mit Helium gefüllten Luftballons soll am gesamten Wochenende eine Lichtgrenze entstehen, die zwölf Kilometer durch die Innenstadt führt. Foto: dpa

„Thüringische Landeszeitung“ (Weimar): „Zwar darf man einem, den die DDR erst mundtot gemacht und dann aus dem Land geworfen hat, zugestehen, dass er aus dieser Erfahrung heraus auf ewig einen Groll gegen jene hegt, die ihm und anderen Systemgegnern das angetan und aus seiner Sicht nichts dazugelernt haben. Doch Biermanns Auftritt ließ den Respekt vor dem Hohen Haus vermissen. Indem er die Linke-Parlamentarier attackierte – mithin eine aus freien und demokratischen Wahlen hervorgegangene Fraktion -, griff er auch deren Wählerschaft an, die sich bekanntlich vor allem aus Ostdeutschen rekrutiert. Ob das das richtige Signal war – ausgerechnet zum Jahrestag des Mauerfalls?“

„Schwäbische Zeitung“ (Ravensburg): „Welch ein Paukenschlag im Konzert der sattsam bekannten Freudenbekundungen zum 25. Jahrestag des Falls der Mauer! Wolf Biermann, den man – ohne beleidigend zu sein – getrost Rampensau nennen darf, hält sich im Bundestag nicht an die Regeln. Er redet, wo er singen sollte, er knöpft sich die Linke vor, ‚die elenden Reste der Drachenbrut‘. Was für eine kluge Idee, Wolf Biermann in den Bundestag einzuladen! Dass dieser Mann nicht einfach Gitarre spielen wird, dürfte Bundestagspräsident Norbert Lammert geahnt haben. Statt der ewig gleichen hochtrabenden Worte zur Deutschen Einheit ein Mann, der unter dem DDR-Regime gelitten hat, der im Westen leben musste, weil sein Staat ihn, den Unbequemen, ausbürgerte. Ein 77-Jähriger, der doch so viel jünger ist als viele Junge.“

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ): „Es war der härteste, weil ins Schwarze treffende Vorwurf, den Wolf Biermann den Abgeordneten der Linksfraktion während der Feierstunde im Bundestag machen konnte, dass sie nämlich gar nicht Linke seien, sondern Reaktionäre. Sie seien ‚der elende Rest dessen, was zum Glück überwunden wurde‘, der Rest der ‚Drachenbrut‘ der DDR. Der Disput zwischen Biermann und der Linksfraktion – inklusive des halb ironischen, halb ernsten Scharmützels mit dem Parlamentspräsidenten über das Rede- und Singrecht im Deutschen Bundestag – sagte alles, was über Erinnerung und Gegenwart der friedlichen Revolution von 1989 zu sagen ist. Zu den Paradoxien der 25 Jahre, die ins Land gegangen sind, gehört es jedoch, dass ebendiese Reaktionäre das Lied, das Biermann anschließend sang, die ‚Ermutigung‘, auf sich selbst bezogen haben dürften.“ (dpa/cre)

Nachfolgend ein VIDEO vom Auftritt des Liedermachers Wolf Biermann am Freitag im Bundestag:

29 Antworten auf “In Berlin feierten Hunderttausende den Mauerfall vor 25 Jahren”

  1. Ostbelgien Direkt

    HINWEIS: Dem Bericht über 25 Jahre Mauerfall und den Auftritt des Liedermachers Wolf Biermann im Bundestag, wo der 77-Jährige mit der Linkspartei abrechnete, wurde ein VIDEO über eben diesen Auftritt hinzugefügt. Gruß

    • Es ist die Aufgabe des Journalisten zu zeigen was es zu zeigen gibt. Der Journalist hat bestimmt seine eigene politische Meinung die er aber nicht zum Ausdruck bringen soll, es sei denn er schreibt einen Kommentar.
      Wenn jetzt Herr Biermann seine Sicht der Dinge präsentiert hat dies nichts mit der Meinung des Journalisten zu tun.

  2. Ziemlich arrogant, dieser Biermann. Ich will die Linke nicht schön reden, aber so geht man nicht im Bundestag mit Andersdenkenden um. Biermann gehört zu den Leuten, die genauso autoritär auftreten wie das Regime, das sie verteufeln.

  3. Réalité

    @Claude Boemer

    Haben recht,Herr Boemer!

    Es gibt deren schon in Hülle und Fülle,nur sind die meisten davon „sehr Liquide“……der anderen und richtigen….der gibt es zu wenige….viel zu wenige…!!

  4. M.Heidelberg

    Mich würde mal interessieren, wie viele Stasi-Mitarbeiter nach dem Mauerfall von dieser demokratischen BRD in leitende Positionen nahtlos übernommen wurden und als willkommene pflichtbewusste Angepasste den Song „Nur wer sich (nicht) ändert, bleibt sich treu“ vor sich hin trällerten?!

    Gute Nacht Neo – DDR!

    • Bawe Urschel

      Aha, sie stammt also doch aus der BRDDR, unsere Maria, und meint, 25 Jahre danach, noch intelligente Kommentare und Fragen hier in Belgien zu veröffentlichen, deren Antwort außer ihr und ein paar Zugezogenen keinen Mensch interessieren !

      • R.A. Punzel

        @Bawe…: Einfach den Europa-Möchtegernlehrmeister BRDDR-Klotz zumauern. Wer raus will, bekommt ein One-way-Ticket für Sibirien geschenkt. Da können die dann im Winter Annanas und im Sommer Feldsalat züchten. Da die Merkel zumindest der russischen Sprache mächtig sein soll, könnte der wirtschaftliche Verfall Russlands vielleicht (vorübergehend) gestoppt werden.

  5. Baudimont

    Democratie ?
    Aber keine gemeinsame Verfassung !
    Das ist wie Westdeutsche besetzung und nog Heute besetzen Westdeutsche drei Viertel aller Leitungsposten in den Landesverwaltungen des Ostens. !
    (Die Abgeordneten der CDU Fraktion waren gegen die Erweiterungen des Grundgesetzes) obwohl die Einführung direkt demokratischer Elemente auf Bundesebene, in dem Verfassungsentwurf durch die Bürger, vorgesehen waren…
    http://www.politische-bildung-brandenburg.de/sites/default/files/downloads/20%20Jahre%20Brandenburgische%20Verfassung_formatiert.pdf
    https://www.youtube.com/watch?v=_Y_nbg526_0

  6. M.Heidelberg

    Was haben Sie denn gedacht, woher ich stamme?

    Mit zwei Koffern hat die Republikflüchtige die Neo-DDR verlassen und hätte der ordnungsliebende Konventionalismus vor vier Jahren noch eine Mauer gehabt, hätten mich die Demokraten erschossen. :-)

    Und Bawe, die Belgier sind an sich ein sehr freundliches Volk. Sind Sie Belgier, oder was hat Sie geritten?

  7. Am besten gefällt mir der wutverzerrte Schmierenkomödiant Gysi. Da ist die Maske gefallen, und der aalglatte Wendehals hatte seine Gefühle nicht mehr unter Kontrolle. Das zu zeigen, wer wirklich hinter der Maske des Salonlinken lauert, das alleine rechtfertigt den Auftritt von Biermann…

  8. Jauny B.Bad

    Wer die SED 2.0 kritisiert, dafür aber die Merkel mit ihrer verschleierten Vergangenheit lauen lässt, der ist nicht glaubwürdig. Und, Herr Biermann, sie sind vielleicht nicht links, aber Sozialisten.

    • Holger Scheel

      Mit Verlaub, aber dieser Vergleich ist nun wirklich Unsinn! Niemand, nicht einmal sie selbst, behauptet, dass Merkel eine Oppositionelle oder gar Bürgerrechtlerin in der DDR war. Aber ihre Mitläufer-Tätigkeiten in der FDJ zu Schulzeiten – ich nehme an, Sie spielen darauf an – mit der SED/PDS/Linke vergleichen zu wollen, ist nun wirklich daneben.

      Manche Kommentare fallen bisweilen auch auf den Kommentator zurück.

      • Jauny B.Bad

        Ich spiele darauf an, dass sich die Gerüchte hartnäckig halten, dass es deutlich mehr war, als nur Mitlaufen: Merkels Zeit in Moskau z.B. oder ihre Mitgliedschaft im Reisekader. All dies ist nie aufgeklärt worden und vor allem scheint Frau M. daran auch kein sonderliches Interesse zu haben. Was daran Unsinn sein soll, dass ich kritisiere, dass Biermann die Merkel in Ruhe lässt, das müssen Sie mir schon erklären.

      • @Holger Scheel

        Von Mitläufertum in der FDJ zu sprechen ist schon ziemlicher Unsinn, Es gab in der DDR so gut wie keine Freizeitgestaltung.Den jungen Menschen bleben zwei Möglichkeiten. Zuhause bleiben und die Eier schaukeln, was bei Klein- Angie wohl kaum möglich war, oder die FDJ. Zudem war die Mitgliedschaft obligatorisch wenn man Abitur machen und studieren wollte. Ob es unbedingt nötig war eine „Führungsposition“ zu übernehmen sei dahingestellt. Meistens wurde ohnehin nur befohlen und delegiert. Wahre Führungspositionen hatte im übrigen auch nur die regierende Geriontokratie.

  9. Ich finde es sehr bedauerlich, dass der BRF am Sonntag auf seiner Website nichts über die Feiern zum Mauerfall vor 25 Jahren hat. Aus Brüssel bringen sie jede Kleinigkeit, aber nichts über ein Ereignis, dass die ganze Welt verändert hat. Schade!

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