Zwischen 80.000 – laut Polizei – und 140.000 Demonstranten – laut dem Vorsitzenden der sozialistischen Gewerkschaft Thierry Bodson – haben am Dienstag an der nationalen Großkundgebung in Brüssel teilgenommen. Sie folgten dem Aufruf der Gewerkschaften, um Nein zu sagen zum „sozialen Bruch von Arizona” und zu den verschiedenen Reformen der Regierung von Bart De Wever (N-VA).
Mit „Arizona“ ist die Koalition von N-VA, MR, Vooruit, Les Engagés und CD&V gemeint.
Der lange Demonstrationszug verlief größtenteils friedlich. Am Ende des Zuges kam es zu einigen Auseinandersetzungen zwischen maskierten Personen und den Ordnungskräften.
Der Zug startete gegen 10.45 Uhr am Nordbahnhof und löste sich gegen 12 Uhr am Südbahnhof auf. Dort stiegen die Demonstranten wieder in ihre Züge und Busse.
Die Demonstration am 14. Oktober wurde von einer gemeinsamen Gewerkschaftsfront organisiert. Die Arbeitnehmervertreter wollten sich Gehör verschaffen, um „den sozialen Zusammenbruch von Arizona” anzuprangern. Sie kritisieren die Einführung des Bonus-Malus-Rentensystems, die Reform der Renten für Beamte, Soldaten und Zugführer, die neuen Vorschriften für Nachtarbeit und weitere Maßnahmen der Bundesregierung.

14.10.2025, Belgien, Brüssel: Die Polizei und ein Wasserwerfer sind während der nationalen Demonstration im Einsatz. Foto: Harry Nakos/AP/dpa
Die Demonstranten protestierten auch gegen die Reformen und Maßnahmen der Regional- und Kommunalregierungen. Es ist bekannt, dass die Finanzen der Föderation Wallonie-Brüssel nicht gerade rosig sind und dass die angekündigten Sparmaßnahmen bei Lehrern, Studenten und Beamten für Unmut sorgen.
Die landesweite Demonstration verlief größtenteils friedlich. Am Ende des Demonstrationszuges kam es jedoch zu Zusammenstößen zwischen maskierten Personen und den Ordnungskräften. Die Polizeibehörde Brüssel-Hauptstadt/Ixelles gab bekannt, mehrere Dutzend Personen festgenommen zu haben.
Die Feuerwehr rückte ebenfalls aus, um Brände zu löschen, die von einigen Demonstranten auf der Place de l’Yser gelegt worden waren. Die Polizei stellte außerdem fest, dass „Wurfgeschosse, Farbbomben und Feuerwerkskörper” in Richtung des Gebäudes der Ausländerbehörde am Boulevard Pachéco geworfen worden waren.
„Aufgrund der Schäden an der Fassade des Gebäudes haben unsere Dienste die Absperrung und Festnahme der beteiligten Personen vorgenommen.” Die Ordnungskräfte haben außerdem die von den Demonstranten auf öffentlichen Straßen, insbesondere auf der Avenue de la Couronne und dem Boulevard du Roi Albert, errichteten Barrikaden beseitigt.
Dieser nationale Aktionstag führte zu Störungen im Bus-, Straßenbahn- und U-Bahn-Verkehr des Landes. Die Eisenbahngesellschaft SNCB blieb hingegen relativ verschont von den Störungen. Die Flughäfen hingegen standen fast still. Zahlreiche Behörden, Schulen, Gerichte, Krankenhäuser und Gefängnisse arbeiten ebenfalls nur eingeschränkt.

14.10.2025, Belgien, Brüssel: Die Polizei ist während der nationalen Demonstration im Einsatz. Foto: Harry Nakos/AP/dpa
Die sozialistische Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst, CGSP, kündigte unterdessen eine neue Mobilisierung an. Es wird sich um einen Streiktag für die CGSP handeln, präzisiert Frau Reniers.
Die Aktionen zielen darauf ab, die Regierungsmaßnahmen, die die Beamten betreffen, insbesondere die Rentenreform, anzuprangern. Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes müssten weitere Zugeständnisse machen, versichert sie. „Wir haben viel Zeit in die Verhandlungen investiert, aber wir haben keine konkreten Zugeständnisse als Antwort auf unsere Forderungen gesehen“, erklärt die Gewerkschafterin.
Die CGSP ist der Ansicht, dass zu wenig in den öffentlichen Dienst investiert wird. „Es handelt sich um Dienstleistungen, die viel Personal erfordern, nicht nur im Gesundheitswesen, sondern auch im Bildungswesen, in Gefängnissen, bei der Feuerwehr und der Polizei, um nur einige zu nennen“, erklärt Frau Reiners. Sie bedauert Entscheidungen, die „darauf abzielen, den öffentlichen Dienst und das Personal auf ein Minimum zu reduzieren“.
Die liberale Gewerkschaft SLFP muss noch intern entscheiden, ob sie sich an dem Aktionstag beteiligen wird, erklärte ihr Vorsitzender Patrick Roijens. Was die CSC betrifft, so wird das nationale Komitee am Donnerstag eine Entscheidung treffen, erklärte der Vizepräsident der CSC Services publics, Stéphane Deldicque. (cre)
Alles gut und schön. Und wie kontrollieren die Gewerkschaften denn ob die Teilnehmer alle auch teilgenommen haben oder nur einen schönen Tag in Brüssels Kneipen verbracht haben ?
…wie würden Sie die – je nach Quelle – 80.000 bis 100.000 Teilnehmer diesbezüglich kontrollieren?
Wenn sie die Antwort gefunden haben, könnten sie diese ja an die Gewerkschaften weiterleiten?
Nun ja….natürlich nur, wenn sie die Antwort denn finden…. 🤦♂️
Kann mich an eine Situation erinnern, da wurden Mitglieder in die FGTB- Zweigstelle Eupen bestellt. „Versammlung“. Dann wurde Druck ausgeübt mit zu demonstrieren und sich gefälligst in die Liste der Teilnehmer einzutragen.
Keine Ahnung vielleicht haben die ne Quote an Teilnehmern pro Sektion, die sie erfüllen müssen.
War jedenfalls kein angenehmes Klima und keine positive Erfahrung.
Anhand der Listen hätte man schon mal eine grobe Einschätzung wie viele angemeldet sind
Wenn ich das schon wieder lese, “ sozialistische Gewerkschaft “ !!!
Wer hat uns denn in die Misere hineingefahren ??????
Das ist die richtige Frage! Es ist die Politik! Fast alle aktuellen Parteien waren die letzten 50 Jahre irgendwann in Verantwortung gewesen. Das Problem ist, dass die Entscheider vor allem ihre Interessen und ihre Klientele schützen und bevorzugen. Langfristig ist das immer schlecht für die Kasse. Bis es irgendwann nicht mehr geht. An dem Punkt sind wir jetzt. Man müsste mit einem weissen Blatt neu starten. Belgien ist viel zu kompliziert. Aber was will man Verlangen? Wenn Belgien schon nicht funktioniert , wie soll die EU effektiv sein?
@ Eifel_er, Brüsseler Waffeln sind auch nicht zu verachten!!!
Noch nicht mal Brüssels Kneipen. Schule nur mit Aufsicht und Lehrer bleibt zu Hause
Nur keine Aufregung. Ob nun 80.000 oder 140.000. Es ist nur eine kleine Lautstärke Minderheit, die hier demonstriert. Nur möglich, weil die Eisenbahner nicht gestreikt haben.
Den Gewerkschaften geht es mehr darum, die eigene Existenzberechtigung unter Beweis zu stellen als gegen irgendeine Regierungspolitik zu demonstrieren. Die Regierung ist demokratischen legitimiert durch Parlamentswahlen und -abstimmungen. Die Gewerkschaften sind keine demokratisch funktionierenden Organisationen. Die sogenannten Mitglieder bezahlen Beiträge, haben aber sonst keinen Einfluss auf die Gewerkschaftspolitik. Vorstandswahlen wie in einem Verein oder Partei gibt es nicht. Die funktionieren noch ganz altmodisch nach dem Prinzip des „demokratischen Zentralismus“, dh die Zentrale in Brüssel entscheidet alles von oben nach unten und nicht wie in Demokratien üblich von unten nach oben. Das bitte nicht verwechseln mit Sozialwahlen.
Jeder vernünftige Mensch kennt Belgiens Probleme. Und die müssen gelöst werden. Ich finde es gut, daß das Arbeitslosengeld auf 2 Jahre begrenzt ist. 2 Jahre sind genug, um sich etwas neues zu suchen oder eine Umschulung zu machen. Es ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, dass das Sozialsystem nicht missbraucht wird von Profiteuren und Faulpelzen. Es ist doch komisch, dass viele osteuropäische Staaten innerhalb einer Generation so aufgeholt haben während die Wallonie noch immer hinterher hinkt. Das sollte zu denken geben. Die Transferzahlungen aus Flandern haben mehr geschadet als genutzt.
@Scholzen: laut eines GE Berichtes der letzten Tage hat die Privinz Lüttich aufgeholt, als einer der wenigen Regionen Europas.
Die Wallonie ist durch die Industriekrise in Stahl und Kohle abwärts geraten, genauso wie der Ruhrpott oder Gegenden in Nordfrankreich.
Jeder von uns profitiert von der Arbeit der Gewerkschaften, bezahlter Urlaub, 38 Stunden Woche und vieles mehr sind durch Gewerkschaften erreicht worden.
Ich kann dieses Wallonenbashing nicht mehr hören, gerade aus der Eifel, wo man nichts selbst gebacken bekommt und ein Großteil der Einwohner Arbeit südlich oder nördlich ihrer so geliebten Heimat suchen muss.
und wenn ich ihr Eifelbashing lese…
Früher waren die Gewerkschaften auch noch Arbeitnehmervertretungen, jetzt unterstützen sie mehr und mehr die Faulpelze die uns auf den Taschen liegen !
@Pierre. Sie argumentieren mit Errungenschaften der Vergangenheit. Niemand stellt die in Frage. Weder Regierung noch Arbeitgeber.
Es ist nun mal Tatsache, dass osteuropäischen Regionen sich schneller und besser entwickelt haben als die Wallonie, wie zum Beispiel Polen oder die Tschechien.
Niemand stellt die Errungenschaften der Vergangenheit in Frage ? Lange keinen Zeitungen gelesen oder Nachrichten gehört? Ein wirklich ganz kleiner Auszug…
8 Stunden Tag => Überstunden verpflichtend und ohne Zuschlag möglich,sogar bis zu 350 Stunden je nach Sektor
Einführung der,Sonntagsarbeit in bestimmten Sektoren => besonders schön für’s Familienleben..
freie Lohnverhandlungen => das sogenannte Lohngesetz von 96 verhindert seit Jahren Lohnverhandlungen; aktuell darf über eine Marge von 0,0% (!) verhandelt werden dank diesem Gesetz…
Aufrechterhaltung der Lebenshaltungskosten,sprich Index => es wird gerade wieder über einen (erneuten) Indexsprung geredet – parallel sollen den Unternehmen neue ‚Erleichterungen‘ in Höhe von ca.1 Milliarde Euro geschenkt werden (geschenkt, da an keine Verpflichtungen wie Investition oder Schaffung von Arbeitsplätzen gebunden)
Pensionen => einfach mal googeln was Arizonada alles ändert
Nun ja… wenn man allerdings Arizona als niemanden betrachtet….oder keine Nachrichten liest und hört… ;-)
Welche Alternativen schlagen Sie vor ?
Laut eines GE Berichtes ist die Provinz Lüttich eine der wenigen Regionen denen es wirtschaftlich besser geht.
Dank Eifeler?
Trotz Eifeler😉
Sie meinen: Dank Paasch?
Pierre,
Sie lesen zuviel Grenzecho.
80.000 laut Polizei, 140.000 laut FGTB, da sieht man wieder das die Polizei das nüchtern betrachtet und die FGTB nach dem Vorglühen !
@hondsjong: oder umgekehrt…
Bestimmt nicht, besoffen sieht man doppelt ;)
https://www.rtbf.be/article/le-taux-de-syndicalisation-en-baisse-en-europe-la-belgique-enregistre-le-plus-net-recul-11616176
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Belgique
Le rapport de l’IW montre que les syndicats belges ont connu la plus forte diminution du nombre d’adhérents. Le taux de syndicalisation est passé en Belgique de 52,4% en 2016 à 39% en 2023.
Ce taux est de 54,2% dans le secteur manufacturier et de 35% dans le secteur des services.
La Belgique conserve toutefois sa quatrième place sur les quatorze pays étudiés.
En Belgique, 24,5% des salariés âgés de 16 à 30 ans étaient syndiqués en 2023, contre 39,8% chez les 31 à 50 ans et 47,4% pour les 51 à 65 ans.
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Die Gewerkschaften sterben so langsam aus. Es sind noch die „Alten“ die aus Tradition Mitglied sind, die junge Generation kann mit „Gewerkschaften“ nicht mehr viel anfangen. Die Belgischen Gewerkschaften sind politische Vorfeldorganisationen der traditionellen Parteien CSP und PS. Immer mehr Leute sehen darin keinen Sinn mehr und wenden sich davon ab. Das Show-Laufen durch Bruxelles ändert im Grunde nichts daran….
Es ist nicht nur die junge Generation, die nichts mit Gewerkschaften anfangen kann, unsere importierten Fachkräfte brauchen die auch nicht, die regeln eventuelle Probleme mit dem Arbeitgeber auf ihre Art und Weise.
Ich stelle mir gerade die Frage ob die Polizei gegen diese Demonstranten hier genau so hart aufgetreten sind wie gegen uns 200000 absolut friedlichen Coronademonstranten?
nicht schon wieder, leg mal ne andere Platte auf, ich würde de Vott vorschlagen ;)
Die Polizei sollte ihre Wasserwerfer mit Farbe befüllen (zB „Schlupfspray“, Google hilft hier)
Da würden sich die Demonstranten wundern :)
Wetter DAX.
Danke für die Info. BDW kann seine Politik weiter betreiben wie geplant. Der gestrige Tag war Rauch ohne Feuer.
Alles in allem ein absoluter Reinfall der Vertreter des allgemeinenen Faulenzertums.
Generalstreik sollte es werden, eine unbedeutende Witz Angelegenheit einiger weniger, die den Gong noch nicht gehört oder nicht verstanden haben was das Stündlein geschlagen hat, wurde es.
Ein Häufchen Träumer machte einen Ausflug nach Brüssel
Sie glauben also, wenn man Regierungen und Arbeitgeber gewähren liess, würden die das nicht ausnutzen?
Das so viele in Belgien demonstrieren, will man natürlich hier nicht hören. Könnte ja Schule machen. Info darüber musste man recherchieren.
Hier wird der öffentliche Dienst mit Geld ruhig gehalten. Geht es bei Euch wirklich nur um den öffentlichen Dienst? Oder geht es mehr um Sparmaßnahmen an den sozialen Strukturen, um Geld für Eliten und Krieg zu generieren?
Wir wissen nichts von Euch. Teile und herrsche ist unser Obrigkeitsprinzip.
@Alter Deutscher: In Belgien ist es wie in Deutschland, Frankreich und anderen Ländern mit starken solidarischen Strukturen für seine Bürger: Der Sozialstaat stößt seit Jahren an seine Grenzen. Im Grunde ist das System unbezahlbar geworden. Aus dieser Misere kommt man nur raus, wenn man Leistungen kürzt, ohne gleich das Kind mit dem Bad auszuschütten. Sehr heikle Aufgabe.
Und warum @Logisch kommen die Sozialsysteme in ihre Grenzen.
Stimmt in Deutschland nicht, dass die Sozialkosten explodiert sind. Sie sind nur unwesentlich gestiegen (Sozialvervand)
Merz sieht das offenbar anders: https://youtu.be/bKirIeHLNqs