Kultur

Das Schreiben ist für Autor Freddy Derwahl (75) wie eine Sucht: „Ich schreibe täglich“ – Zwei neue Bücher

Journalist und Autor Freddy Derwahl beim Schreiben in seinem Arbeitszimmer auf Stockem. Foto: Gerd Comouth

Freddy Derwahl ist auch im Alter von 75 Jahren ein Schriftsteller aus Leidenschaft. Im Interview mit „Ostbelgien Direkt“ äußert sich der Eupener Journalist und Autor u.a. über seine zwei jüngsten Bücher, die soeben erschienen sind, seine Begeisterung fürs Schreiben, die Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche und die Zukunft des Buchs im Digitalzeitalter.

Bei den zwei neuen Büchern handelt es sich zum einen um die Neuauflage seines Romans „Bosch in Belgien“, die im Eifeler Literaturverlag unter dem Titel „Bosch in Versuchung“ herausgegeben wurde.

Die zweite Publikation ist ein spirituelles Reisetagebuch mit dem Titel „Das Flüstern Gottes“, erschienen im Bonifatius-Verlag.

OD: Freddy Derwahl, im Alter von 75 Jahren verbringt so mancher Senior seine Zeit mit Spaziergängen oder Gartenarbeit, Sie hingegen schreiben noch immer. Warum?

Der Eupener Journalist und Autor Freddy Derwahl mit seinen zwei jüngsten Publikationen „Bosch in Versuchung“ und das „Flüstern Gottes“. Foto: BRF

Freddy Derwahl: Ich glaube, dass das Schreiben eine Berufung ist. Sie begleitet und fordert mich schon seit dem 14. Lebensjahr und wurde in den späten Jahren noch intensiver. Der deutsche Nobelpreisträger Heinrich Böll hat mir im Winter 1985 einen entscheidenden Schubs gegeben. Die Lektüre von Hermann Hesse und Ernst Jünger trug stark dazu bei, dass es mit Mühe gelang. So wurde es wie eine Sucht. Jetzt schreibe ich täglich – und wenn es nur intime Tagebuch-Notizen sind.

OD: Gerade sind sogar zwei Bücher von Ihnen erschienen: „Bosch in Versuchung“ im Eifeler Literaturverlag und „Das Flüstern Gottes“ im Bonifatius-Verlag. „Bosch in Versuchung“ ist die Neuauflage des Romans „Bosch in Belgien“. Wie kam es dazu? Und worin unterscheidet sich der „Bosch in Belgien“ vom „Bosch in Versuchung“?

Derwahl: Das Zusammentreffen der beiden Bücher ist unbeabsichtigt und ein verlegerischer Zufall. Beide sind ja auch thematisch völlig verschieden. „Bonifatius“ in Paderborn ist eher ein spirituell orientierter Verlag, dessen Leiter Ralf Markmeiner mein persönlicher Freund wurde, dem ich viel Rat und Inspiration verdanke. Der Eifeler Literaturverlag in Aachen ist jung und strebt ein Lesepublikum aus Eifel, Ardennen und Euregio an. Die Neuauflage von „Bosch“ soll, über Ostbelgien hinaus, auch in der deutschen Nachbarschaft verstanden werden und interessieren. Deshalb die Neufassung, etwa mit dem international berühmten Surrealisten Paul Delvaux, den ich in seinem letzten Heimatort Sint Idesbald an der Küste noch begegnen durfte.

OD: Und wen interessiert diese Thematik außerhalb Ostbelgiens?

Die beiden jüngsten Neuerscheinungen von Freddy Derwahl „Bosch in Versuchung“ und „Das Flüstern Gottes“. Fotos: Amazon

Derwahl: Ja, aber wen interessiert überhaupt Ostbelgien? Wenn man jedoch die Liste der Staatsoberhäupter, Minister, Botschafter und Medien betrachtet, die in den letzten Jahren hier zu Besuch weilten, ergibt sich ein anderes Bild. Regionale Literatur hockt nicht im Hühnerstall. Ohne ein Weltliterat zu sein, wurden meine Bücher in sieben Sprachen übersetzt. Marcel Bauer ist gewiss kein Heimatpoet, und der leider geschlossene „Krautgarten“ von Bruno Kartheuser und Leo Gillessen fand viel Zuspruch im deutschsprachigen Ausland.

OD: „Das Flüstern Gottes“ ist ein Reisetagebuch. Oder ist es ein religiöses Buch?

Derwahl: Es ist beides. Die Reisen reichen durch acht Länder bis in die innere ägyptische Wüste sowie nach Algerien und Marokko am Hohen Atlas. Gesucht wurden jedoch immer einsame Orte, wo ein seltenes religiöses Leben blühte. Ich traf dort Eremiten, Mystiker und Fast-Heilige. Spannend für Gottsucher und für alle, die ihn vergeblich suchen.

OD: Apropos religiös: Hat Freddy Derwahl angesichts der vielen Missbrauchsskandale, von denen die katholische Kirche in den letzten Jahren heimgesucht wurde, seinen Glauben noch nicht verloren?

Derwahl: Die Missbrauchskandale haben mich in ihrem Ausmaß erschüttert. Die Ursachen liegen in den veralteten, sexualfeindlichen Strukturen der Kirche, die Frauen von ihren Ämtern ausschließt und Priester in den Schwitzkasten der Ehelosigkeit zwingt. Meinen Glauben habe ich bei aller Enttäuschung nicht verloren. Er betrifft allein Jesus Christus und nicht eine verirrte Institution, die in 2000 Jahren immer wieder versagt hat. Die Heiligen als einsame Helden.

OD: Wie schaffen Sie es eigentlich, immer einen Verlag zu finden? Oder haben Sie einen großzügigen Mäzen im Rücken, der sie finanziell unterstützt?

Freddy Derwahl (M) mit dem damaligen Parlamentspräsidenten Alexander Miesen (l) und Kulturministerin Isabelle Weykmans (r) bei einer Lesung aus seiner Autobiografie „Auf dem Marktplatz“ im April 2019. Foto: Paul McKelvie

Derwahl: Bücher werden nur herausgegeben, wenn ein Verleger sich dabei einen Gewinn verspricht. Das Buch muss gut geschrieben sein und ins Verlagsprogramm passen. Darauf achtet ein strenger Lektor. Es hilft auch kein großzügiger Mäzen. Doch hat man mich bei einigen kostspieligen Reisen unterstützt und sich über die positiven Reaktionen des Verlags und der Medien sehr gefreut.

OD: Hat das Buch noch eine Zukunft? Was meinen Sie?

Derwahl: Das Schrifttum reicht tiefer als die Antike, den Buchdruck gibt es seit Gutenbergs zeitbrechender Erfindung heute noch. Selbst  der PC und das E-Book schaffen es bei aller Schnelligkeit nicht, die Freude an einem in Händen gehaltenen Buch zu ersetzen. Es gibt noch Bereiche, in die das digitale Raubtier nicht einbrechen kann.

OD: Ist Ihr nächstes Buch schon in der Mache? Oder ist jetzt Schluss mit dem Schreiben?

Derwahl: Wenn auch dieses Jahr zwei Bücher und zwei Gedichtbände erscheinen, ist gewiss nicht Schluss. Doch bedarf es der kreativen Pausen bei Spaziergängen und Gartenarbeit. Schreiben möchte ich, bis man mich hinausträgt. (cre)

8 Antworten auf “Das Schreiben ist für Autor Freddy Derwahl (75) wie eine Sucht: „Ich schreibe täglich“ – Zwei neue Bücher”

    • Ein Leser

      Herr Janssen! Man sah an anderer Stelle Ihren sehr langen Kommentar über die Neuordnung der Belgischen Regionen und die Staatsreform. Ihre Meinung über 4 Regionen im Lande kann man nur „geteilt“ teilen.
      Erstens sollte es ja Sinn und Zweck haben, gerade in Belgien, dem ach so Grossen Vielpolitiker-Land, und deren zahlreichen Jobs und Nebenberufe, ein eidgültiges Ende zu bereiten. Und zweitens sollte die DG selbstverständlich auch unter diesen Trichter gestellt sein. Wir könnten hier gerne eine Selbstständige Region werden, nichts dagegen. Aber niemals mehr unter den jetzigen Gegebenheiten. Regierung mit richtigen Ministern, ein Parlament mit einem Hochbezahlten Präsidenten, dazu viel zu viele Parlamentarier (in wahren Verhältnis), ein Senator mit ganzen 8 Jahressitzungen, dazu noch an die 10 weiteren Abgeordneten und Provinzmitläufer!? Nein, solchen Aufwand brauchen wir paar Leutchen wahrlich niemals! Da ist das Hochgelobte Preis-Leistungsverein aber gewaltig in Verzug geraten.
      Wir brauchen lediglich einige gut bezahlten Führungsleute, mit einem Stab an geschultem Personal.
      Wenn wir das Resultat des jetzigen Apparats sehen, mit dem gewaltigen Schuldenberg den sie hinterlassen, dann erübrigt sich total alles Weitere Wirken in dieser Form!
      Das könnten wir ebenso gut, aber sehr viel billiger haben!

  1. MALOU Goldstein

    „Das Flüstern Gottes“ nous offre la sincérité et le talent de l’auteur , aujourd’hui j’associe le bonheur de la sortie de son oeuvre à son jour d’anniversaire ( 16 Novembre ) Mes hommages Monsieur Derwahl.

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