Politik

Die CSP Ostbelgien zum Tode von Joseph Maraite: „Ein herausragender Politiker und ein liebevoller Freund“

Der ehemalige Ministerpräsident und Reuländer Bürgermeister Joseph Maraite bei einem Treffen der CSP im Frühjahr 2014 im Hotel Wisonbrona in Wiesenbach. Foto: OD

AKTUALISIERT – Die CSP hat am Sonntag den Tod von Joseph Maraite als einen „großen Verlust für Ostbelgien, für die CSP und für alle Menschen, die ihm nahe gestanden haben“ bezeichnet. Der frühere Ministerpräsident und Bürgermeister von Burg-Reuland ist im Alter von 71 Jahren gestorben.

„Wir trauern um einen herausragenden Politiker und einen liebevollen Freund“, heißt es in einem Nachruf der ostbelgischen Christlich-Sozialen, für die Maraite nach der Gründung der DG im Jahr 1984 erst als Minister und von 1986 bis 1999 als Ministerpräsident tätig war.

„Joseph Maraite hat sein Leben in den Dienst des Allgemeinwohls gestellt und Großes für uns deutschsprachige Belgier geleistet. Er war Wegbereiter, Architekt und Gestalter der Autonomie der Deutschsprachigen Gemeinschaft und hat bleibende und historische Verdienste erworben“, so die CSP.

Der stets joviale Joseph Maraite bei einem Gespräch vor einer Aufführung der Eupener Kabarettgruppe „Jedermann“ im Jünglingshaus. Foto: Gerd Comouth

Maraite habe stets größten Wert auf die Freundschaft und Zusammenarbeit mit den französisch- und niederländischsprachigen Mitbürgern gelegt. Auch zu den Nachbarländern Deutschland und Luxemburg habe er ausgezeichnete Kontakte gepflegt.

„Joseph Maraite war ein jovialer, stets optimistischer und offener Mensch. Sein gegebenes Wort zählte, und seine nahbare und humorvolle Menschlichkeit bleibt jedem in guter Erinnerung. Sein Tod hinterlässt bei uns eine große Lücke. Seiner Familie und seinen Angehörigen spricht die gesamte CSP ihr herzliches Beileid aus“, heißt es weiter in dem Nachruf.

Joseph Maraite war mehr Diplomat als Politiker

Maraite war Minister in der ersten ostbelgischen Regierung (1984-1986). 1986 wurde er Ministerpräsident. Regierungschef blieb er bis 1999, als die CSP in die Opposition gedrängt wurde. Von 2004 bis 2017 war Maraite Bürgermeister von Burg-Reuland. Seit 2020 war er Ehrenbürgermeister.

Vor der Gründung der Deutschsprachigen Gemeinschaft im Jahr 1984 war Maraite in verschiedenen Brüsseler Ministerkabinetten und auch im sogenannten „Ostbelgienkabinett“ tätig. Letzteres galt als Vorreiter der „Exekutive der Deutschsprachigen Gemeinschaft“, wie die Regierung der DG in den Anfangsjahren der Autonomie genannt wurde.

01.02.2014: Die Riege der ehemaligen bzw. amtierenden DG-Minister zum 30-jährigen Bestehen der Regierung der DG (v..l.n.r.): Marcel Lejoly (SP), Karl-Heinz Lambertz (SP), Hans Niessen (Ecolo), Joseph Maraite (CSP), Bernd Gentges (PFF), Mathieu Grosch (CSP), Bruno Fagnoul (PFF), Isabelle Weykmans (PFF), Oliver Paasch (ProDG) und Harald Mollers (ProDG). Nur Wilfred Schröder (CSP) fehlte. Antonios Antoniadis (SP) und Lydia Klinkenberg (ProDG) waren noch nicht Minister. Foto: Gerd Comouth

Dass der „ewige Junggeselle“ nicht schon 1984 Vorsitzender dieser „Exekutive der Deutschsprachigen Gemeinschaft“ wurde, war eine Konzession an die Liberalen. So wurde nicht Maraite, sondern Bruno Fagnoul (PFF) erster Regierungschef. Dritter Minister im Bunde war Marcel Lejoly (SP).

Nach den Gemeinschaftswahlen von 1986 übernahm Maraite den Vorsitz der Regierung. Die SP wurde in die Opposition verbannt, 1990 aber wieder zurückgeholt. Statt Lejoly wurde Karl-Heinz Lambertz SP-Minister. Die Sozialisten nahm die CSP bereitwillig mit ins Boot, weil sie glaubte, mit Lambertz einen nützlichen Fürsprecher in der „roten Wallonie“ zu haben.

Bis 1999 blieben Maraite und Lambertz Verbündete. Nach den Wahlen von 1999 kam es jedoch überraschend zum Bruch. Eine Zäsur. Seitdem ist die CSP im Gemeinschaftsparlament in der Opposition.

Aus seiner Verbitterung über den 1999 auf Betreiben von Karl-Heinz Lambertz (SP) und Fred Evers (PFF) gespannten „Regenbogen“ (mit Ecolo) und seine damalige Ablösung als Ministerpräsident hat Maraite nie einen Hehl gemacht, zumal er noch am Abend der Wahl von 1999 der festen Überzeugung war, dass die Koalition von CSP und SP fortgesetzt würde.

Zu einem Rundumschlag gegen seinen damaligen Verbündeten und späteren politischen Gegner Lambertz hat er sich aber nie hinreißen lassen.

In gewisser Hinsicht war Maraite mehr Diplomat als Politiker. Wenn es ihm im Laufe eines Gesprächs etwas brenzlig wurde, wusste sich der stets joviale Reuländer zumeist mit einem Zitat oder einem Bonmot (natürlich en français) zu helfen. (cre)

Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf OD:

24 Antworten auf “Die CSP Ostbelgien zum Tode von Joseph Maraite: „Ein herausragender Politiker und ein liebevoller Freund“”

  1. Kleines Latinum

    „Wenn es ihm im Laufe eines Gesprächs etwas brenzlig wurde, wusste sich der stets joviale Reuländer zumeist mit einem Zitat oder einem Bonmot (natürlich en français) zu helfen.“

    Oder wenn er kritische Stimmen und Vorschläge unterbrechen wollte. Politisch war Maraites Haltung eher alternativlos. Was ihm nicht in den Kram passte, darüber wurde oft leider auch nicht diskutiert. „Le roi c‘est moi“

    Mein Beileid den Angehörigen und der Familie.

  2. Erfahrener

    Joseph Maraite und Carl Hellebrandt waren dicke Freunde und beide waren am Aufbau der DG größtenteils beteiligt. Joseph Maraite war ein engagierter Politiker. Ich möchte der ganzen Familie mein herzliches Beileid ausdrücken. Joseph ruhe in Frieden.

  3. Leben für die Politik

    Als „ewiger Junggeselle“ hat er für die Politik gelebt. Und Joseph Maraite war ein sehr guter Politiker und Diplomat. Er war seinerzeit der ideale MP für unsere kleine Gemeinschaft.

  4. Unterstädter

    Ein verdienstvoller und gut vernetzter Politiser mit einer Prise Selbstironie in einer DG die noch nicht die Bodenhaftung verloren hatte. Herzliches Beileid der Familie und allen Freunde!

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