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Kanzlerin Merkel sieht Forderungen der CSU im Asylstreit als erfüllt an

29.06.2018, Brüssel: Bundeskanzlerin Angela Merkel im Gespräch mit dem spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez und dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras zu Beginn des zweiten Tages des Europäischen Rates. Foto: Guido Bergmann/Bundesregierung/dpa

AKTUALISIERUNG – Kurz vor der Entscheidung im erbitterten Asylstreit der Union sieht die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Forderungen der CSU durch die Ergebnisse des EU-Gipfels erfüllt.

„Das ist mehr als wirkungsgleich“, sagte Merkel am Freitag in Brüssel. Sie griff damit eine Schlüsselformulierung von Innenminister und CSU-Chef Horst Seehofer auf. Die 28 Staats-und Regierungschefs hatten sich nach gut 13-stündigen Verhandlungen am frühen Morgen auf eine verschärfte Migrationspolitik geeinigt. Deutschland schloss außerdem mit Griechenland und Spanien am Rande des Gipfels eine politische Vereinbarung über die Rückführung von Migranten.

29.06.2018, Spanien, Tarifa: Flüchtlinge kommen nach ihrer Rettung in der Straße von Gibraltar im Hafen von Tarifa an. Foto: Emilio Morenatti/AP/dpa

Von der CSU kamen danach erste zustimmende Signale in Richtung CDU. Eine endgültige Entscheidung in dem Konflikt und damit über die Zukunft der schwarz-roten Koalition wird aber erst am Wochenende erwartet.

Die CSU hatte mit Zurückweisungen von Flüchtlingen an der deutschen Grenze schon ab Juli gedroht, die bereits in einem anderen Land registriert sind – falls es keine «wirkungsgleichen» Ergebnisse auf EU-Ebene geben sollte.

Die EU einigte sich auch unter dem Eindruck der deutschen Regierungskrise. Demnach können künftig gerettete Bootsflüchtlinge sollen in zentralen Sammellagern in der EU untergebracht werden. Ähnliche Lager in Nordafrika werden geprüft. Die Grenzschutzagentur Frontex soll schon bis 2020 verstärkt, die EU-Außengrenzen sollen stärker abgeriegelt werden.

Merkel: „Substanzielle Fortschritte“

Merkel sagte, durch die Beschlüsse und zusätzliche Absprachen mit einzelnen Ländern wie Spanien und Griechenland seien „substanzielle Fortschritte“ erzielt worden. Es sei auf dem Gipfel gelungen, extrem unterschiedliche Interessen zusammenzubinden.

Bereits am Freitagabend und am Samstag wollte Merkel CDU und CSU sowie die SPD informieren. Am Sonntag wollen die Parteigremien von CDU und CSU in getrennten Sitzungen zusammenkommen. Dann wird mit Entscheidungen gerechnet. Die Sozialdemokraten begrüßten die von Merkel ausgehandelten Ergebnisse.

29.06.2018, Brüssel: Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßt Viktor Orban, Ministerpräsident von Ungarn, bei einem Frühstückstreffen am zweiten Tag des EU-Gipfels. Foto: Virginia Mayo/AP/dpa

Die Kanzlerin machte deutlich, dass sich an ihrer Grundeinstellung zur Asylfrage nichts geändert habe. Deutschland dürfe „nicht unilateral, nicht unabgestimmt und nicht zu Lasten Dritter“ handeln.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sieht die angedrohten nationalen Maßnahmen in der Asylpolitik von den aktuellen Gipfelbeschlüssen gedeckt. Er sagte in Berlin: „Ich stelle fest, dass zur Vermeidung von Sekundärmigration das Ergreifen von nationalen Maßnahmen ausdrücklich im Ratspapier vorgesehen ist: Die Mitgliedstaaten sollten alle erforderlichen internen Rechtsetzungs- und Verwaltungsmaßnahmen gegen diese Migrationsbewegungen treffen und dabei eng zusammenarbeiten.“ Mit Sekundärmigration sind Flüchtlingsbewegungen innerhalb der EU gemeint.

Dobrindt sagte weiter: „Eine Reihe an Punkten – wie der bessere Schutz der Außengrenzen, Flüchtlingszentren in Drittländern und mehr Engagement bei der Fluchtursachenbekämpfung – sind Maßnahmen, die wir als CSU seit langem mit Nachdruck einfordern.“ Es gehe nun darum, dass diese Punkte auch konkret umgesetzt werden. Die CSU werde die Ergebnisse des Gipfels genau bewerten.

28.10.2015, Bayern, Wegscheid: Fl¸üchtlinge gehen am 28.10.2015 hinter der deutsch-österreichischen Grenze in Wegscheid (Bayern) zu einer Notunterkunft. Foto: Armin Weigel/dpa

Der italienische Regierungschef Giuseppe Conte sagte nach dem Durchbruch auf dem EU-Gipfel: „Bei diesem Europäischen Rat wird ein verantwortungsvolleres und solidarischeres Europa geboren. Italien ist nicht mehr allein.“ Conte hatte darauf gedrungen, dass die übrigen EU-Länder Italien mehr Flüchtlinge abnehmen und sich an der Aufnahme aus Seenot geretteter Menschen beteiligen.

Dazu könnten die Aufnahmelager in der EU dienen, die einzelne Mitgliedstaaten freiwillig bei sich errichten können. Schutzbedürftige sollen aus diesen Lagern dann ebenfalls freiwillig von Ländern übernommen werden. Zunächst zeigte sich lediglich Griechenland offen dafür.

Ob zusätzlich noch Aufnahmelager in Drittstaaten – also wohl in Nordafrika – entstehen sollen, soll zunächst geprüft werden. Allerdings lehnen die betroffenen Staaten dies bislang ab. Merkel betonte, es dürfe nicht über den Kopf dieser Staaten hinweg beschlossen werden, und auch das Völkerrecht müsse beachtet werden.

Vereinbarung mit Spanien und Griechenland

Am Rande des Gipfels schloss Deutschland mit Griechenland und Spanien eine Vereinbarung über die Rückführung von Migranten ab.

Wie die Bundesregierung mitteilte, sind die beiden Staaten bereit, solche Asylsuchende wiederaufzunehmen, die künftig von deutschen Behörden an der Grenze zu Österreich festgestellt werden und die einen Eintrag in der Fingerabdruckdatei Eurodac haben.

Dies bedeutet, dass die Migranten schon dort als Schutzsuchende registriert sind. Deutschland sagte seinerseits zu, offene Fälle von Familienzusammenführungen in Griechenland und Spanien «schrittweise» abzuarbeiten.

29.06.2018, Brüssel: Charles Michel, Premierminister von Belgien, nimmt am zweiten Tag des EU-Gipfels teil. Foto: Thierry Roge/BELGA/dpa

Merkel hatte sich auf dem Gipfel zur Entschärfung des Asylkonflikts mit der CSU sehr um bilaterale Abkommen mit einzelnen Ländern zur Rückführung von Flüchtlingen bemüht.

Führende CDU-Politiker werteten den EU-Gipfel als wichtigen Schritt. CDU-Bundesvize Volker Bouffier sagte, dies sei auch ein Erfolg der CSU. „Denn ohne das massive Drängen der CSU wäre nach meiner Überzeugung das nicht möglich gewesen.“

Auch SPD-Chefin Andrea Nahles begrüßte die Einigung der EU in der Asylpolitik. „Wir sind sehr froh, dass es eine Lösung mit und nicht gegen Europa gibt“, sagte sie. Nahles forderte die Union auf, ihren Konflikt beizulegen.

Die Opposition im Bundestag dagegen äußerte scharfe Kritik. Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagte: „Dieser Gipfel schafft weder Humanität, Solidarität noch Ordnung.“ Die Beschlüsse seien ein weiterer Schritt in Richtung Ausgrenzung und Entrechtung von Flüchtlingen. (dpa)

12 Antworten auf “Kanzlerin Merkel sieht Forderungen der CSU im Asylstreit als erfüllt an”

  1. Ekel Alfred

    Eine Einigung der EU-Länder in der Flüchtlingspolitik dürfte bei den anstehenden Landtagswahlen in Bayern wohl das politische Ende für Seehofer, Söder und Dobrindt bedeuten….diese wahrscheinliche Einigung durch gegebene Geldzuschüsse sind nicht im Sinne des Bürgers….

  2. Ekel Alfred

    @ Werner Radermacher, überrascht waren bestimmt viele Bürger von der Zusage Ungarns, Österreich, Polen und auch Italien….die werden wohl bestimmt mit Milliarden Gelder geködert worden sein….anders kann man es sich nicht erklären….selbst DOOFRIND war begeistert….über das ERREICHTE….obschon ein jeder doch weiss….die EU hat schon viel geschrieben und versprochen….zumindest schon ab 2015….jedoch sind sinnvolle Taten nie erfolgt….das wird auch jetzt wieder so sein….verschoben….wird als Erfolg den Bürgern verkauft….die Bürger der EU-Länder wollen KEINE Asylanten mehr….ausser Aufnahme echter Kriegsflüchtlinge (was verständlich ist) für eine Dauer, solange in deren Heimatländer Kriegsgefahr besteht….aber dann zurück….Kriegsflüchtlinge benötigen KEINE finanziellen Vergütungen….sondern sind mit Sachleistungen zufrieden….Hauptsache Sicherheit in einem freien Land….

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