Die allererste Fußball-WM vor 90 Jahren war geprägt von Pleiten, Pech und Kuriositäten. Das Stadion wurde nicht pünktlich fertig, der Winter machten den Spielern zu schaffen, die Anreise dauerte für die Europäer über zwei Wochen. Der Schiedsrichter des Endspiels am 30. Juli 1930 kam es Belgien.
Vor dem ersten WM-Finale in der Fußball-Geschichte wird erst einmal abgerüstet: Weil Schiedsrichter John Langenus aus Antwerpen befürchtet, dass bei der Partie zwischen den Erzrivalen Argentinien und Uruguay die Emotionen hochkochen, verlangt er strenge Waffenkontrollen.
Und tatsächlich werden am 30. Juli 1930 vor dem Anpfiff im Estadio Centenario in Montevideo rund 1.600 Revolver von den Zuschauern eingesammelt. Trotzdem geht der Unparteiische aus Belgien auf Nummer sicher: Im Hafen wartet ein Boot, um ihn notfalls in Sicherheit zu bringen.
Vor den unbewaffneten Fans schlägt Gastgeber Uruguay die Nationalmannschaft von Argentinien schließlich mit 4:2 und krönt sich zum ersten Fußball-Weltmeister. Viele argentinischen Schlachtenbummler bekommen die Niederlage aber gar nicht mit: Sie sitzen auf Schiffen auf dem Río de la Plata fest, die wegen des dichten Nebels nicht anlegen können.
Ohnehin klappte bei der ersten Fußball-Weltmeisterschaft nicht alles auf Anhieb. Zwar gab es keine Qualifikation – teilnehmen durfte praktischer jeder, der wollte. Dennoch fiel es der Fifa zunächst schwer, genug Mannschaften für die WM zu begeistern. Vor allem die Teams aus Europa scheuten die mühsame Anreise über den Atlantik.
Gerade einmal 13 Nationalmannschaften machten schließlich mit – darunter nur vier aus Europa. Die Spieler aus Frankreich, Belgien und Rumänien reisten gemeinsam auf dem Linienschiff „Conte Verde“ an, später stiegen auch noch die Brasilianer zu. Das jugoslawische Team fuhr erst einmal drei Tage lang mit dem Zug nach Marseille und trat von dort die zweiwöchige Atlantiküberquerung auf der „SS Florida“ an.
Zwar wurden die Mannschaften im Hafen von Montevideo begeistert empfangen, schrieb Schiedsrichter Langenus. Allerdings froren die Spieler erst einmal ganz ordentlich: Im Juli ist Winter auf der Südhalbkugel – die ersten Spiele wurden im Schneegestöber ausgetragen.
Das erste WM-Tor erzielte der Franzose Lucien Laurent im Spiel gegen Mexiko. „Nach meinem Tor, dem ersten des Turniers und gleichzeitig meinem ersten für die französische Nationalmannschaft, haben wir uns gegenseitig gratuliert, aber wir sind uns nicht in die Arme gesprungen, wie man es heute im Fußball oft macht“, erzählte der Franzose einmal.
Auch bei den Spielstätten hapert es zunächst. Heftiger Regen verzögerte die Fertigstellung des neuen Estadio Centenario. Die ersten Partien zwischen Mexiko und Frankreich sowie Belgien und den USA wurden deshalb in anderen Stadien in Montevideo ausgetragen. Erst fünf Tage nach den ersten Spielen zogen alle Mannschaften dann feierlich ins Centenario ein.
Der Weg ins Finale war holprig für die Gastgeber. Beim Spiel gegen Frankreich kam es zum ersten WM-Skandal, als der brasilianische Schiedsrichter Rego die Partie bei einer 1:0-Führung der Uruguayer sechs Minuten zu früh abpfiff.
Im Halbfinale setzten sie sich zwar deutlich mit 6:1 gegen Jugoslawien durch – allerdings mit nicht gerade regelkonformer Schützenhilfe von der Seitenlinie. So sollen Polizisten oder Fotografen in einem Moment den Ball von der Außenlinie zurück ins Spielfeld geflankt haben, was zum dritten Tor führte.
Im Finale schien es zunächst, als würde Erzrivale Argentinien den Pokal mit nach Hause nehmen. Zur Halbzeit führten die Argentinier mit 2:1. Dann wendete sich das Glück allerdings – auch weil die Argentinier in deutlicher Unterzahl spielten.
“Wir waren bereits nur noch zu zehnt, und dann fielen noch zwei meiner Mitspieler mit Verletzungen aus. Auswechslungen gab es damals noch nicht, und zu acht waren wir chancenlos“, erzählte der Argentinier Francisco Varallo kurz vor seinem Tod 2010 in einem Interview. „Die Uruguayer, die nach der Pause deutlich stärker wurden, hatten den Sieg absolut verdient – aber für uns war es natürlich eine ganz bittere Niederlage.“
Den Siegtreffer zum 4:2-Endstand in der 89. Minute erzielte schließlich Héctor Castro. Für den damals 25-Jährigen war es auch ein ganz persönlicher Triumph: 13 Jahre zuvor hatte er bei einem Unfall mit einer elektrischen Säge einen Unterarm verloren. Trotz seines Handicaps schrieb er mit seinem historischen Treffer schließlich Fußballgeschichte.
Die erste Weltmeisterschaft war auch die WM der jungen Talente. Uruguay Trainer Alberto Suppici war beim Titelgewinn gerade einmal 31 Jahre alt und ist damit bis heute der jüngste Weltmeister-Trainer. Sein Rivale im Finale, der Argentinier Juan José Tramutola, war sogar erst 27 Jahre alt.
Trotz des schwierigen Starts war die erste Fußball-Weltmeisterschaft der Auftakt zu einer Erfolgsgeschichte. Hatten sich wegen der befürchteten Kosten zunächst zahlreiche Länder aus dem Rennen um die Ausrichtung zurückgezogen, blieben am Ende sogar noch 55.000 Peso übrig – auch wenn sich zu der Partie zwischen Rumänien und Peru gerade einmal 300 Zuschauer in das Stadion verirrten.
Heute gehört die Fußball-Weltmeisterschaft alle vier Jahre zu den größten Sportereignissen der Welt. „Wir Europäer waren uns einig“, sagte der jugoslawische Verbandssekretär Mihailo Andrejevic noch Jahre nach der WM in Uruguay. „Jeder, der nicht dabei war, hat einen Fehler gemacht.“
Mit Krawatte und Knickerbocker: Schiri Langenus aus Belgien
John „Jean“ Langenus, der belgische Schiedsrichter des allerersten WM-Endspiels der Fußball-Geschichte, begann seine Karriere als aktiver Fußballspieler bei AS Antwerpen, wechselte jedoch nach einer Verletzung bald in die Rolle des Unparteiischen und leitete 1912 sein erstes Spiel in der höchsten belgischen Spielklasse.
Hauptberuflich war Langenus Beamter in der Provinzverwaltung Antwerpens und beherrschte mehrere Sprachen, was ihm auch bald internationale Einsätze einbrachte. Mit seiner Körpergröße von 1,90 Metern war er eine imposante Erscheinung auf dem Platz, was noch dadurch verstärkt wurde, dass er stets mit Krawatte und Knickerbocker antrat.
Obwohl Langenus zu den anerkanntesten Schiedsrichtern Europas gehörte, durfte er bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1934 nur ein Achtelfinalspiel leiten. Angesichts der Leistungen mancher seiner Schiedsrichterkollegen im weiteren Verlauf dieses Turniers erscheint es zumindest auffällig, dass man auf den Belgier verzichtete. Langenus bezeichnete das Turnier später als „das größte Sportfiasko aller Zeiten.“
Seine letzten Einsätze bei einem bedeutenden Turnier hatte er anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft 1938, als er beim 1:1 zwischen der Schweiz und Deutschland sowie im Spiel um Rang drei auf dem Platz stand.
Seine letzte internationale Begegnung pfiff er im Juni 1939, insgesamt kam er auf 64 Länderspiele. In der belgischen Liga war er noch bis 1944 aktiv. Daneben war er auch als Journalist (teilweise sogar für den „kicker“ als Berichterstatter für von ihm selbst geleitete Spiele) und als Buchautor tätig. (dpa/wikipedia)
Een fijn 2018 gewenst en vanaf 21/3 veel leesgenot mijn eerste reisroman Terug naar Montevideo over de rol van John Langenus op WK 1930. pic.twitter.com/YJN5JDF7Vb
— stefan van loock (@stefan_vanloock) December 31, 2017
The Belgian team stripped down for an exercise workout pose for a photo on the Italian steamliner Conte Verde on their way to the @1930WorldCup @PatVercruysen #Belgium #WC1930 WK1930 pic.twitter.com/Crm66tB7EO
— World Cup 1930 Project (@WC1930blogger) December 24, 2019
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The @footballuruguay team and officials celebrate winning the first World Cup Final #WC1930 pic.twitter.com/U6EYoSfQxO
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Wird wohl auch das letzte Finale gewesen sein, dabei war das Team der vergangenen Jahre richtig gut. Da hilft nur Daumen drücken. Wobei meine Generation immer das DFB Team unterstützt hat und es eine Menge zu feiern gab. Bleibt zu hoffen das es den Fans der roten Teufel auch einmal vergönnt sein wird.
Keine Generation hat das DFB-Team unterstützt. Solltest nicht von dir auf andere schliessen
Es ist schon verrückt wie sich die Zeiten auf nur 90 Jahre verändert haben, wie sich die FiFa von einem wohl unbedeutenden Sportverband zu einem Milliarden schweren Konzern entwickelt hat. Dies wäre alles nicht möglich geworden, wäre da nicht das Fernsehen mit seinen modernen Übertragungstechniken und die schnellen Reisemöglichkeiten dazu gekommen.
Stellt sich natürlich auch die Frage, wo wird der Fussball und auch die WM in 90 Jahren stehen?
Wird es den Fussball in der heutigen Form dann überhaupt noch geben, oder wird er nur noch in E Format vom „Home-Office“ aus gespielt und die Fans jubeln und trauern aus Angst vor der 90ten Pandemie nur noch virtuell unter der Brille mit?