Politik

Parlamentarische Demokratie muss sich neu erfinden: DG macht den Weg frei für „permanenten Bürgerdialog“

Illustrationsfoto: Shutterstock

An den Grundfesten der Demokratie wird gerüttelt. Ob „Gelbwesten“ oder „Klima-Protestler“: Die Politiker stehen am Pranger. Die Demokratie muss neu erfunden werden, sie braucht neue Formen von Bürgerbeteiligung. Die DG versucht dies jetzt über einen „permanenten Bürgerdialog“.

Ein entsprechender Dekretvorschlag wurde an diesem Montag eibstimmig vom Parlament der DG verabschiedet werden.

Die Politik ist sich offenbar der Tatsache bewusst geworden, dass es heutzutage nicht mehr ausreicht, die Bürger alle fünf Jahre an die Urne zu rufen und sie selbst zwischen zwei Wahlgängen machen kann, was sie will.

In einer Erläuterung des Dekretvorschlags zur Einführung des permanenten Bürgerdialogs räumt die Politik ein, dass „in den vergangenen Jahren das Vertrauen in die öffentliche Beschlussfassung offensichtlich gelitten hat“.

Protestaktion der „Gelbwesten“ in Frankreich. Foto: Chen Yichen/XinHua/dpa

Die parlamentarische Demokratie braucht also neue Formen von Bürgerbeteiligung, wenn schon Volksbefragungen und erst recht Referenden aus Angst vor populistischen Strömungen nicht erwünscht sind.

Zur Zielsetzung heißt es in der Vorstellung des Dekretvorschlags: „Auf der einen Seite soll durch die Einrichtung eines ständigen Bürgerdialogs die Beteiligung des Bürgers an der Politikgestaltung in der DG ausgebaut und dauerhaft etabliert werden. Durch die verstärkte Einbindung der Bürger soll auf der anderen Seite aber auch deren Verständnis für die politischen Entscheidungsprozesse gefördert werden. Damit ist die Hoffnung verbunden, dass das Vertrauen der Bürger in die öffentliche Beschlussfassung gefestigt wird und somit letztendlich auch die demokratischen Institutionen gestärkt werden.“

Die Repräsentativität werde durch die Auswahl der an den Bürgerversammlungen teilnehmenden Bürger nach dem Zufallsprinzip erreicht, heißt es weiter.

Das Plenum des Parlaments der DG. Foto: Gerd Comouth

Soll heißen: Per Los werden die Bürger ausgesucht, wobei die Anwendung gewisser Kriterien wie Alter, Geschlecht, Wohnort und sozio-ökonomischer Hintergrund (Beruf, Ausbildungsgrad, Familienzusammensetzung usw.) für einen guten Querschnitt der Bevölkerung sorgt.

Die Bürgerversammlung ist das zentrale Gremium, in dem die Bürger sich mit den zur Diskussion stehenden Themen auseinandersetzen und dazu Empfehlungen an die Adresse des Parlaments und der Regierung richten. Hier wird also die inhaltliche Arbeit geleistet. Pro Jahr werden zwischen einer und drei themenbezogene Bürgerversammlungen abgehalten.

Die Qualität des Bürgerdialogs soll vor allem durch eine qualifizierte Moderation, eine ansprechende Information der Bürger und einen transparenten und konstruktiven Austausch mit den Parlamentariern und den Ministern erreicht werden.

Alle Einzelheiten des Dekretvorschlags, der vom DG-Parlament mit großer Mehrheit angenommen werden dürfte, entnehmen Sie dem Dokument unter folgendem Link:

DEKRETVORSCHLAG ZUR EINFÜHRUNG EINES PERMANENTEN BÜRGERDIALOGS IN DER DEUTSCHSPRACHIGEN GEMEINSCHAFT

24 Antworten auf “Parlamentarische Demokratie muss sich neu erfinden: DG macht den Weg frei für „permanenten Bürgerdialog“”

  1. Werter Herr Heinen! Ihre Schmeicheleien in Volkes Ohr (Augen)!? Sie und Ihre Auftraggeber haben meines Erachtens etwas Bammel vor den nächsten Wahlen!? Ihre Hyperativitäten in allen Bereichen beweisen das auf’s aller Höchste! Es vergeht keine Stunde ohne irgendeine Reklame im BRF, worin dann die Mitwirkung der Regierung der DG nicht als Sponsor und Veranstalter angesagt ist!? Wissen Sie denn nicht das dieses den Hörern dermassen auf den Wecker geht, so das man diese Stimmen gleich niemals mehr hören will!? Der Auswärtige sollte fast meinen in der DG gäbe es nur mehr Demenzkranke!? Man kann n es schlicht weg auch übertreiben!
    Genau das passiert Tagtäglich bei Ihnen in Eupen! Da tritt einer dem anderen auf die Zehen. Solch einen Überfluss gitbt es auch „nirgendwo anders“!
    Das Unikum hat doch andreswie nichts zu tun, als immer wieder neue Sprüche hervorzu kramen. Fast jeden Tag prunken da Fotos mit den „Viellachenden Ministern“ Senator, Komissionen mit vielen Teilnehmern, Ehrungen von massenweise Sportlern und Gott weiss was alles!
    Nächsten Donnerstag ist der übliche Feiertag der Mohnen. Da wird tüchtig geschunkelt und gefeiert! Das sollte natürlich hier und da mal der Fall sein, jedoch in der DG wird das so reichlich übertrieben, als wenn wir hier ein „Weltstaat“ wären! Die Dimmensionen waren von Anfang an viel zu hoch angesetzt, und das Treiben geht munter weiter! Jede Woche haufenweise Anzeigen in den Medien um Personalsuche!? Und der Chef sagt mit lachendem Stolz:
    Wir beschäftigen nicht mehr Personal wie die damalige Regierung vor 30 Jahren!?
    Das der Mann nicht immer die volle Wahrheit kennt, weiss ma

    • Logischerweise

      @ kontra ,vollkommen recht haben sie mit ihrem Beitrag , denn der einfache Bürger weiß dieses mal bestimmt wen er wählt . Viel zu lange hat man Gewissen Schleimer das vertrauen geschenkt , ja zu lange waren mittlerweile alte und ausgediente Profitören am DG Futtertrog am Werke und haben den kleinen Arbeiter Steuergelder abgezockt .

  2. Tschuldigung!

    ….weiss man ja zur Genüge. Wir sind alle sehr gespannt was das Wahlvolk aus „nirgendwo anders“ im Mai sagen wird! Und noch folgendes: haben Sie die Leute die schon mal vor zig Jahren gewählt hatten, die Partei welche damals schon weit vor dem „nirgendswo anders Land“, die weitaus meisten Stimmen
    bekam, jedoch nicht die Chance hatte die Regierung zu stellen, sowas von ignoriert, so das man jetzt eher denken muss: ein Schelm der……
    Viel Bohei, viel Tamtam, wir sind gespannt was dahinter steckt!?
    Viele würden ganz sicher dem Herrn Senator ihre Meinung sagen, damit der mal was tut für seinen Lohn, anstatt die Sitzungen zu schwänzen!?

  3. kritischer Bürger

    Ein guter Ansatz, aber nicht wirklich neu! Das ist, meiner Erfahrung nach, pures Wunschdenken! Es gibt schon in vielen Gemeinden eine Art Bürgerversammlung (Seniorenbeirat, Tourismusverbände, Kommission zur ländlichen Entwicklung, Kommission für Raumordnung und Mobilität…). Oft wird den Bürgern dann auch nur ein sehr begrenzter Spielraum zugestanden und das Votum der Kommission ist nicht bindend oder es dauert viel zu lange, bis der Wille des Bürgers umgesetzt wird. Da verschleisst man die motivierten Bürger!
    Wenn ich gleich zu Beginn schon gesagt bekomme, das auf Grundlage der geltenden Gesetzgebung die Entscheidung schon fest steht, oder die bezahlten Volksvertreter schon Monate im Voraus über die Verteilung der Finanzmittel entschieden haben, dann ist das Votum der Bürger überflüssig! Alternativ man muss diese Bürger-Diskussionen VOR der Verteilung der Finanzmittel ansetzen. Dann allerding degradiert man die gewählten Volksvertreter zu „Marionetten“.
    Schwieriges Thema, aber, indem man einfach NOCH eine Diskussions- oder Entscheidungseben schafft, löst man das Problem nicht! Man diskutiert nur länger, aber nicht besser!

  4. Walter Keutgen

    „Die beteiligten Bürger werden per Los ausgesucht“. So war das im alten Griechenland, der Mutter aller Demokratien. Aber nur 50% der Einwohner waren Bürger, der Rest Sklaven oder Ausländer. Und ich fürchte, dass letztere den Lebensstandard der Bürger gewährleisteten. Griechenland ist von Rom kolonisiert worden, Rom ist eingestürzt. Nichtdestotrotz ist unsere akademisierte Elite, von der Trump-Wahl und dem Brexit-Referendum aufgescheucht, auf die Idee gekommen. So verteidigte ein flämischer Politologe in einem Interview des Radioprogramms La Première der RTBf eine solche zufallsmäßig zusammengewürfelte gesetzgebende Versammlung. Es ist natürlich so, dass eine solche Versammlung von beruflichen, gewählten oder nicht gewählten Politikern, in ihre Arbeit eingewiesen werden wird. So läuft es bei den Assisenhöfen in Belgien und die Einweiser haben natürlich eine Heidenangst, dass durch Fehler im Urteil der Kassationshof das Urteil für nichtig erklärt. Komischerweise will man gerade von der Volksvertretung bei der Aburteilung von Verbrechen weg.

    „Wobei die Anwendung gewisser Kriterien wie Alter, Geschlecht, Wohnort und sozio-ökonomischer Hintergrund (Beruf, Ausbildungsgrad, Familienzusammensetzung usw.) für einen guten Querschnitt der Bevölkerung sorgt.“ Die Politologen werden sich also diejenigen, denen sie ein Teil der Macht abtreten, aussuchen. Denn man kann nie wissen. Ich frage mich aber, wie man Berufstätige einbinden kann. Wie sagte doch VW-Piëch schon vor dreißig Jahren: „Da draußen tobt der Krieg“. Eine Teilnahme an solch einem Gremium müsste sich über mehrere Monate erstrecken und die Teilnehmer sich vorbereiten, sonst ist man doch in der Brexit-Situation. Wie kann sich das aber ein in der Wertschöpfung Tätiger erlauben. Als Lohnempfänger freigestellt werden? Muss dann der Arbeitgeber eine zeitweilige Ersatzkraft einstellen? Was dann, wenn das Los auf einen Selbständigen fällt? Kann nicht seine Firma oder seine liberale Tätigkeit hops gehen? Übrigens in den Einheitslisten der DDR war der gesellschaftliche Querschnitt durchaus garantiert.

    Mein Rechtsdozent an der Uni war froh, dass Parlamentskommissionen endlich Vertreter der betroffenen gesellschaftlichen Gruppierungen, die verschrienen Lobbys anhören durften und so eine durch Sachkenntnis gestützte, bessere gesetzgeberische Arbeit leisten konnten. Als Begründung der DG führte Radio Sunshine die Mitarbeit von Bürgern in der Familienpolitik an. Die Kinder aufziehenden Bürger z.B. zu befragen, ob sie mehr Krippen oder Kindergeld haben wollen, macht Sinn. Was soll da ein zufallsmäßig ausgewählter Kinderloser in der Veranstaltung? Was würde aber geschehen, wenn ein so zufallsmäßig Ausgewählter ultraliberal ist und sowohl Kindergeld wie öffentliche Krippen abschaffen will. Er würde wohl von der Versammlung an den Pranger gestellt. So würde es aber für eine Reihe von Beschlüssen laufen. Man denke da an Antifa. Vermutlich würde keiner wagen eine krasse Minderheitsmeinung auszudrücken. Am Ende würde sich innere Wut anstauen und ebenfalls zu Brexit, Trump und schlimmer AfD führen.

    Man soll Referenden wie in der Schweiz machen. Das erste Dutzend würde vielleicht daneben gehen. Daran muss sich das Volk, das in der Schweiz tatsächlich der Souverän genannt wird, zuerst gewöhnen. Für viele Beobachter ist die Schweiz ein glückliches Land, das wirtschaftliche Initiative zulässt, aber Arme nicht im Regen stehen lässt.

        • Walter Keutgen

          Logisch, im schweizerischen System läuft das nicht wie bei den Briten. Es gibt vierteljährlich Abstimmungen und die interessierten Parteien argumentieren lang genug. Umgekehrt wird auch nicht soviel in eine Kampagne verpulvert wie für den Brexit. wo sogar mindestens ein Film dafür und dagegen gemacht worden ist. Außerdem: Warum dürfen die Briten vom Lande nicht gegen den Finanzmolloch London stimmen? Warum dürfen die Briten nicht für Herstellungszyklen, wo Wahren bis zur Fertigstellung fünf Mal auf Lastwagen durch ganz Europa transportiert werden.

          • Walter Keutgen

            Der letzte Satz sollte lauten: „Warum dürfen die Briten nicht gegen Herstellungszyklen, wo Wahren bis zur Fertigstellung fünf Mal auf Lastwagen durch ganz Europa transportiert werden, stimmen. Die Leute die gegen den Finanzmoloch oder die komplizierten Herstellungsketten aus Umweltschutzgründen sind, bezeichnet man nicht als Populisten. Direkt gegen Finanzmoloch und Herstellungsketten kann man nicht stimmen, in der Schweiz können Gesetzesinitiativen dem Volk vorgelegt werden. Da hat sich das britische Volk vielleicht gerächt.

  5. @ Kontra
    genau so war es nach den Wahlen in Eupen der Reiner Pankert Partei fehlten einige Stmmen für die absolute Mehrheit und was macht die CSP sie hieft die Pff mit Evers im Sattel.
    Die jetzige Mehrheit hat halt gelernt und der Colin Kraft ( den keiner kennt ) sieht man bis zum 26 Mai überall und danach verschwindet er wie all die vor ihm.

    • Solange dieser Spitzenkandidat und sein EU-Steuergeld-Sponsor im Hintergrund nur Hetze aus der zweiten Reihe betreiben und nicht mit klaren ehrlichen Alternativen und ehrlichem Einsatz ihren Mann stehen, wird die CSP weiter abkacken.

  6. Idée fixe

    Die Meinung der Bürger wird doch bisher schon permanent erforscht und liegt in den meisten Fällen klar zutage.

    Die bisherige ablehnende Haltung vieler Politiker zu Volksabstimmungen beweist m.E., daß man diese Meinung sogar sehr gut kennt, aber eben doch lieber nicht beachten möchte!

    Jetzt wird sich wohl noch seitens ProDG parallel zum Dialogclub ein Beraterstab aus Psychologen zugelegt, der dabei helfen soll, die öffentliche Meinung in die politisch gewünschte Richtung zu „schubsen“ (sog. „nudging“).

    Es geht also eher um einen „Meinungsaustausch“ – bei den Bürgern!

    Früher hat man den Begriff Meinungsaustausch so definiert:“Wenn man zum Chef gerufen wird, dann geht man mit der eigenen Meinung ins Büro hinein und kommt mit der Meinung des Chefs wieder heraus“!

    So stellt sich unsere Regierung wohl auch den künftigen Bürgerdialog vor.

  7. Ekel Alfred

    Diese Schein-Demokratie ist so was von parlamentarisch….es wird vermehrt WEISSWÄHLER geben und die Rechtspopulisten werden zunehmen….das ist die Angst der traditionellen Parteien….

  8. Voll die Verar...

    „Soll heißen: Per Los werden die Bürger ausgesucht, wobei die Anwendung gewisser Kriterien wie Alter, Geschlecht, Wohnort und sozio-ökonomischer Hintergrund (Beruf, Ausbildungsgrad, Familienzusammensetzung usw.) für einen guten Querschnitt der Bevölkerung sorgt.“
    ===
    Es wird von vornherein also eine „Auswahl“ getroffen. Tolle Demokratie! Macrouilles „règne“ als Vorbild.
    Omg…

  9. Uff, da hat der Jérôme noch gerade so die Kurve gekriegt im Parlament ! Aber wenn bei der Mettlengeschichte bei der CSP nicht bald Vernunft einkehrt, verlieren wir wirklich den Sitz im EU-Parlament ! Kann mal jemand Pascal und seinem Spezikandidaten verklickern ?

  10. Mit zweierlei Maß

    Ein grundsätzlich gutes Vorhaben!
    Mich stört aber ungemein, dass die Mehrheitsparteien und ECOLO offensichtlich mit zweierlei Maß messen. Während sie sich auf der einen Seite lautstark dafür einsetzen den Bürgern eine stärkere Stimme zu geben, beabsichtigen sie auf der anderen eine gemeinsame Europa-Liste zu machen, die im Ergebnis die Wahl der Bürger Ostbelgiens einschränkt. Wie heuchlerisch ist das bitteschön?!

  11. Walter Keutgen

    MP, sie vermuten richtig. Aus dem Dekretvorschlag, Artikel 3 in vereinfachter Sprache am Anfang: „Die Bürgerversammlung ist das zentrale Gremium, in dem die Bürger sich mit den zur Diskussion stehenden Themen auseinandersetzen und dazu Empfehlungen an die Adresse des Parlaments und der Regierung richten.“

  12. Marion Schmitz-Reiners

    Die flämische Zeitung De Standaard widmete dem „Bürgerdialog“ am Samstag, dem 2. März, einen ganzseitigen Meinungsartikel. Titel: „Eine Demokratiekrise – im deutschsprachigen Belgien?“ Vorspann: „Tom Naegels (der Autor, Anm.d.Red.) findet es absurd, dass der deutschsprachige Teil Belgiens – jene kleine, ländliche, kulturell homogene Gemeinschaft, glückselig verschont von den Stürmen der westlichen Welt – ein ‚Laboratorium für den Rest Europas‘ sein will.“ Im letzten Absatz lesen wir: „Ich begreife, dass jede Erneuerung irgendwo anfangen muss und dass man Erneuerungen am Besten erst einmal in einem störungsfreien Umfeld ausprobiert. Aber dann sollte man auch (…) sehr deutlich kommunizieren, was das Experiment NICHT zu belegen imstande ist. Das ‚Ostbelgien-Modell‘ zu einem ‚Laboratorium der Demokratie‘ hochzuhebeln, von dem ‚der Rest Europas lernen kann‘, das ist so, als wenn man behaupten würde, dass ein Schiff auf hoher See einen Orkan überstehen kann, und es dann erst einmal während einer Hitzewelle und hinter einem Windschirm auf dem Veerse Meer testet.“

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