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Belgischer Fußballverband hält an Roberto Martinez fest: „Es gibt keinen Grund, das Personal zu wechseln“

Roberto Martinez, der Trainer der Fußball-Nationalelf von Belgien, bei einer Pressekonferenz. Foto: Bruno Fahy/BELGA/dpa

AKTUALISIERT – Belgiens Fußball-Nationalcoach Roberto Martinez hat seine Zukunft nach dem Aus im EM-Viertelfinale offengelassen. Bleibt er Trainer der Roten Teufel bis nach der WM 2022 in Katar?

Nachdem in der belgischen Presse bereits Stimmen laut geworden waren, die einen Trainerwechsel forderten, hat der Fußballverband RFBA noch am Sonntag für Klarheit gesorgt.

Geschäftsführer Peter Bossaert sieht die Zukunft der belgischen Nationalmannschaft mit Martinez: „Ab diesem Montag beginnen wir mit der Vorbereitung auf die Spiele im September und Oktober. Roberto Martinez wird dabei sein, es gibt keinen Grund, das Personal zu wechseln“, sagte er gegenüber Sporza.

Weiter sagte Bossaert: „Ich habe nicht das Gefühl, dass er von sich aus zurücktreten wird. Im Moment gibt es keine Probleme mit ihm.“

26.06.2021, Spanien, Sevilla: Belgiens Trainer Roberto Martinez (l) und Kevin De Bruyne während einer Trainingseinheit. Foto: Laurie Dieffembacq/BELGA/dpa

Nach der EM 2016 hatte sich der Verband von Marc Wilmots getrennt, weil die Roten Teufel es mit dem ehemaligen Schalker bei der Endrunde in Frankreich nur bis zum Viertelfinale geschafft hatten und an Wales gescheitert waren.

Auch 2021 hat es nur bis zum Viertelfinale gereicht. Gleichwohl war der Gegner Italien von einem anderen Kaliber als Wales. Zudem ist Martinez in der Zwischenzeit mit Belgien Dritter bei der WM 2018 geworden.

Trotzdem forderte am Wochenende nach dem Viertelfinal-Aus gegen Italien erstmals ein prominenter belgischer Fußballexperte den Rücktritt von Martinez als Coach der Roten Teufel.

Der ehemalige belgische Nationalspieler Nordin Jbari, einst Profi u.a. beim RSC Anderlecht, AA Gent sowie FC und Cercle Brügge, arbeitet seit einiger Zeit als Fußballanalyst für RTBF („La Tribune“) und Eleven Sports. Seiner Meinung ist Martinez heute nicht mehr der richtige Mann für die belgische Nationalmannschaft.

„Er ist ein guter Trainer, aber kein Siegertrainer“, so Jbari in Sudpresse. „Leider muss er gehen, weil er stur ist. Sein System mit drei hinten wird er nicht ändern. Und ich habe bereits gesagt, dass wir, als Vincent Kompany ging, wieder auf eine Viererkette zurückgehen mussten. Kompany war der Beste in der Abwehr, aber jetzt sehe ich keinen Abwehrchef. Yannick Carrasco ist in diesem Drei-Mann-System nicht gut. Und da wäre auch noch Thomas Meunier. Er ist ein guter Spieler, aber im aktuellen System ist es für ihn hinten kompliziert.“

21.06.2021, Russland, St. Petersburg: Belgiens Trainer Roberto Martinez (r) spricht mit Romelu Lukaku. Foto: Igor Russak/dpa

Jbari: „Ich denke, wir müssen den Trainer wechseln. Er hatte eine WM und eine EM. Er hatte zwei Versuche, etwas zu gewinnen. Aber er wird sein System nicht ändern. Wir müssen einen Trainer holen, der die jungen Leute in die Mannschaft integrieren kann, auch wenn wir eine gute Stammelf haben.“

Und was sagt Martinez selbst? Bisher gar nichts. „Mir fällt es im Moment schwer, über etwas anderes zu reden als über die Niederlage und unser Ausscheiden aus der EM“, sagte der 47-jährige Spanier gewohnt sehr gefasst nach dem 1:2 am Freitagabend in München gegen Italien. Gefragt wurde er, was die Zukunft bringe, auch mit Blick auf die Nations League und die WM 2022 mit dieser Mannschaft.

Nach Stationen bei Swansea City, Wigan Athletic und dem FC Everton hatte er die Belgier nach der EM 2016 übernommen. „Der Moment ist noch zu frisch. Ich möchte nichts aus der Emotion heraus sagen. Im Augenblick will ich nur zurückblicken auf das Turnier und würde sagen, dass die Spieler nichts falsch gemacht haben“, sagte Martinez. „Im Gegenteil: Sie haben alles getan, was sie konnten, um uns so weit wie möglich zu bringen.“

Der Vertrag von Martinez läuft noch bis zur WM 2022. Premier-League-Clubs haben indes längst ihr Interesse an dem spanischen Coach angemeldet.

Die Trainerfrage muss schnell entschieden werden, denn in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 stehen für die Roten Teufel wichtige Spiele an. Im September geht es weiter in der Qualifikation für die WM 2022 in Katar mit drei Begegnungen in Estland (2. September), gegen Tschechien (5. September) und in Belarus (8. September).

13.06.2021, Belgien, Tubize: Roberto Martinez, Nationaltrainer von Belgien, spricht während der Pressekonferenz. Foto: Virginie Lefour/BELGA/dpa

In der Quali-Gruppe E führt Belgien (3 Spiele/7 Punkte) vor Tschechien (3/4), Wales (2/3), Belarus (2/3) und Estland (2/0). Nur der Erste ist direkt für die WM qualifiziert. Der Zweite bestreitet zwei Playoffs gegen einen anderen Gruppenzweiten.

Weil sich Belgien für die „Final 4“ der Nations League qualifiziert hat, würden die Roten Teufel in jedem Fall die Playoffs bestreiten, auch wenn sie nicht auf einem der zwei ersten Plätze in der Gruppe E landen würden.

Normalerweise müsste Platz 1 aber kein Problem darstellen, zumal Belgien drei Punkte vor Tschechien liegt und seinen wohl einzigen ernsthaften Gruppengegner Anfang September in Brüssel empfängt.

Im Oktober bestreiten Kevin De Bruyne & Co. die „Final 4“ der Nations League, die in Italien ausgetragen werden. Sie treffen am 7. Oktober im Halbfinale auf Weltmeister Frankreich. Im anderen Halbfinale kommt es zur Wiederholung des EM-Halbfinales zwischen Italien und Spanien. Am 10. Oktober bestreitet Belgien entweder das Spiel um Platz 3 (gegen den Verlierer von Italien-Spanien) oder das Finale der Nations League (gegen den Sieger der Partie Italien-Spanien).

Im November beendet Belgien die WM-Qualifikation mit einer Begegnung gegen Estland am 13. November und in Wales am 16. November. (cre)

Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf OD:

22 Antworten auf “Belgischer Fußballverband hält an Roberto Martinez fest: „Es gibt keinen Grund, das Personal zu wechseln“”

  1. Peter Müller

    Im Augenblick will ich nur zurückblicken auf das Turnier und würde sagen, dass die Spieler nichts falsch gemacht haben“, sagte Martinez. „Im Gegenteil: Sie haben alles getan, was sie konnten, um uns so weit wie möglich zu bringen.

    Was will er damit sagen !. Er nimmt die Schuld auf sich zum frühen ausscheiden. Oder waren die Spieler nicht gut genug für den Titel. „Sie haben alles gegeben.“ Für mich geht er.

  2. Die Wahrheit

    Schwaffeln kann jeder, auch der Rtbf Berater.
    Vielleicht hört er sich ja gerne reden.
    Neben dem Fußballspielen gehört auch ein wenig Glück dazu, um zu gewinnen.
    Trainer direkt tauschen ist Schwachsinn.

    • Pensionierter Bauer

      Ganz genau, sehe ich auch so.
      Ich finde eine solche Diskussion einfach nur schäbig!
      Man soll sich bitte darüber im Klaren sein, dass wir in der Welt und selbst in Europa zu den eher kleinen Ländern gehören und hier nicht an Lichtenstein oder Gibraltar sondern an Italien gescheitert sind. Italien hat rund fünfmal so viel Einwohner als wir und hat zudem eine der stärksten heimischen Fussballligen der Welt.
      Ich selbst fand schon die Enlassung von Marc Wilmots vor fünf Jahren einen großen Fehler. Seit der WM 2014 in Brasilien sind wir immer mindestens bis unter die besten Acht vorgestoßen.
      Nach der wirklich verkorksten EM von 1984 in Frankreich, hat die URBSFA/KBVB wohlweislich von einer Entlasdung des damaligen Trainers Guy Thys abgesehen und siehe da, zwei Jahre später war Belgien das Überraschungsteam auf der WM von 1986 in Mexico, welche sie mit einem hervorragenden vierten Platz beenden durften.
      Wenn einige Leute ihre überzogene Erwartungshaltung nicht im Griff haben, dann sollen sie nicht gleich wieder einen Sündenbock ausmachen, sondern den Fehler auch mal bei sich selbst suchen.
      Ich bin jedenfalls Stolz auf unsere „Roten Teufel“, denn mir ist auch klar, dass man beim letzten Spiel nicht in voller Stärke auflaufen konnte.

      • Naja, die Größe des Landes spielt eher keine Rolle. Sonst müsste Russland jedes Mal Europameister werden und Kroatien nicht Vize-Weltmeister sein. Belgien hätte mit seinen Stars mehr holen müssen. Statt dessen spielte man Angsthasenfußball. Dieser Kritik muss sich der Trainer stellen.

        • Pensionierter Bauer

          @Panda46, es macht schon einen Unterschied, ob man eine Nationalmannschaft aus einem großen Potential von Spielern formen kann oder ob man dies mit einem kleinen Potential tun muss.
          Und es ist ja nun auch nicht so, als ob man gegen die Italienische Mannschaft mit einer haushohen zu null Niederlage vom Platz gegangen wäre, so wie dies bei der EM 1984 mit 0-5 gegen den Gastgeber Frankreich der Fall war.
          Ich selbst habe in meinem langen Leben lernen müssen, die Dinge real einzuschätzen um mich nicht von Träumen leiten und verführen zu lassen.

      • @Pensionierter Bauer: Sie dürfen die Sache nicht so emotional sehen. Das ist Hochleistungssport. Eine Diskussion ist nie schäbig. Auch in Deutschland fanden viele nach der WM-Pleite von 2018 die Diskussionen über Jogi Löw schäbig. Schließlich ist er geblieben. Und heute weiß man, dass dies ein Fehler war. In diesem Geschäft ist kein Platz für Sentimentales. Mit Wilmots wäre Belgien wahrscheinlich nicht Dritter 2018 geworden, aber mit Martinez wird Belgien wahrscheinlich in der Nations League und bei der WM 2022 nichts reißen. Martinez klammert sich an alte Spieler wie Chadli und Vertonghen, dabei gibt es Riesentalente wie Doku, Vanheusden, De Ketelaere, Lokonga und Saelemaekers. Die nächste goldene Generation kommt vielleicht. Ich habe aber ohnehin das Gefühl, dass Martinez von selbst gehen wird, weil er gemerkt hat, dass er als Trainer der Roten Teufel nach der EM 2021 nichts mehr bewirken kann. Ich ahne auch schon, wer ihm folgen wird: Michel Preud‘homme.

        • Pensionierter Bauer

          Es stimmt, dass da neue und junge Spieler bereit stehen und die gilt es von jetzt an behutsam einzubauen. Das Problem bei jungen Talenten ist aber, dass ihnen oftmals die Erfahrung fehlt, sich in einer Mannschaft, die nicht täglich zusammen trainieren, zurecht zu finden. Ich bin aber auch guter Dinge, dass da noch recht gutes Potenzial für die WM in eineinhalb Jahren eingebaut werden kann und muss.
          Michel Preud‘homme wäre mit absoluter Sicherheit keine gute Wahl, denn ich glaube kaum, dass sich die internationalen Stars ihm den nötigen Respekt engegenbringen würden.

  3. Peter Müller

    Das ist doch ganz normal, dass so eine Diskusion entsteht, wenn der Trainer nicht weiss was er will. Er sagt es zumindest Ich glaube, dass er weiss was er will. Ausserdem hört, und liesst er jetzt was sie über ihn denken. So kann er sich noch besser entscheiden. Er sollte gehen, er hat viel mit der Mannschaft erreich und sollte nun einem neuen Trainer Platz machen, um ein neues Feuer zu entfachen.

  4. Piersoul Rudi

    Wären die beide Dinger rein gegangen 10 Min. vor Schluss, wäre diese Diskussion nie und nimmer entfacht worden.
    So einfach kann es sein.
    Groß Reine machen beim Kader und Gut ist.
    Neues blut, junge Leute und vor allem welche die Spaß haben am Spiel.
    MfG.

  5. Peter Müller

    Geschäftsführer Peter Bossaert sieht die Zukunft der belgischen Nationalmannschaft mit Martinez: „Ab diesem Montag beginnen wir mit der Vorbereitung auf die Spiele im September und Oktober. Roberto Martinez wird dabei sein, es gibt keinen Grund, das Personal zu wechseln“, sagte er gegenüber Sporza.

    Wenn er noch Vertrag hat, ist doch alles geregelt, und bleibt. Oder man will ihn nicht mehr. Dann braucht er auch nicht mehr zu überlegen wie er sich entscheidet. Was soll denn die Aussage von ihm, dass er noch nicht weiss was er machen wird.

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