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König Philippe gibt koloniale Raubkunst an Kongo zurück

08.06.2022, Demokratische Republik Kongo, Kinshasa: Felix Tshisekedi (l), Präsident der Demokratischen Republik Kongo, und König Philippe von Belgien enthüllen die Katuungu-Maske, die aus dem belgischen AfricaMuseum in Tervuren stammt. Foto: Nicolas Maeterlinck/BELGA/dpa

AKTUALISIERT – König Philippe hat eine in der Kolonialzeit geraubte Maske an die Demokratische Republik Kongo zurückgegeben. Seit Dienstag hält sich das Königspaar im Kongo zu einer mehrtägigen Staatsvisite auf.

Damit beginne eine verstärkte kulturelle und museale Zusammenarbeit beider Länder, sagte König Philippe am Mittwoch im kongolesischen Nationalmuseum in Kinshasa.

Die Holzmaske gehörte nach Angaben des belgischen Königshauses einst dem Volk der Suku und war bisher im belgischen Africa Museum Tervuren in Brüssel ausgestellt. Sie sei vor mehr als 70 Jahren „von einem Wissenschaftler des Museums beschafft“ worden, sagte der König.

08.06.2022, Demokratische Republik Kongo, Kinshasa: König Philippe von Belgien (r) begrüßt Korporal Albert Kunyuku, den letzten überlebenden kongolesischen Veteranen des Zweiten Weltkriegs, bei einer Kranzniederlegung am „Memorial aux anciens combattants“ während eines offiziellen Besuchs des belgischen Königspaares in der Demokratischen Republik Kongo. Foto: Benoit Doppagne/BELGA/dpa

In europäischen Museen sind bis heute Zehntausende afrikanische Kunstwerke ausgestellt, die während der Kolonialzeit geraubt wurden. Somit befindet sich ein Großteil des afrikanischen Kulturerbes heute außerhalb Afrikas. Belgien hat im vergangenen Jahr angekündigt, etliche nicht legal erworbene Kunstwerke aus seinem Besitz zurückzugeben.

Das Königspaar besucht derzeit den Kongo, zwei Jahre nach dem historischen Eingeständnis der belgischen Kolonialverbrechen. Die für 2020 geplante Reise war wegen der Corona-Pandemie verschoben worden.

Belgien war unter Leopold II. Kolonialmacht im Kongo und regierte mit brutalsten Methoden. Noch bis zum 30. Juni 1960 gehörte das Land zum belgischen Kolonialreich.

König Philippe und Königin Mathilde waren am Dienstag in der DR Kongo eingetroffen, zwei Jahre nach dem historischen Eingeständnis der Verbrechen während der belgischen Kolonialzeit.

Das Königspaar sowie Premierminister Alexander de Croo und weitere Kabinettsmitglieder wurden am Nachmittag in der Hauptstadt Kinshasa empfangen.

Nach Angaben der kongolesischen Regierung will die belgische Delegation mit dem kongolesischen Präsidenten Félix Tshisekedi über die Kolonialvergangenheit und die aktuellen politischen Beziehungen beider Länder sprechen.

07.06.2022, Demokratische Republik Kongo, Kinshasa: Königin Mathilde (Mitte r) und König Philippe (r) applaudieren während der offiziellen Begrüßung auf dem Flughafen Ndjili. Das Königspaar wird vom 7. bis 13. Juni Kinshasa, Lubumbashi und Bukavu besuchen. Foto: Benoit Doppagne/BELGA/dpa

Das belgische Köngigspaar will nach eigenen Angaben bei seiner dreitägigen Reise außerdem die Universität in Lubumbashi im Südosten des Landes besuchen. Weiterhin steht in Bukavu im Ostkongo ein Treffen mit dem Gynäkologen und Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege auf dem Programm.

Der 65-Jährige gilt als weltweit führender Experte für die Behandlung von Verletzungen durch Gruppenvergewaltigungen. Im rohstoffreichen Ostkongo sind seit Jahren Milizen aktiv. Der Arzt Mukwege wird immer wieder bedroht.

2020 hatte König Philippe in einem historischen Schritt öffentlich die belgische Schuld eingestanden. Belgien war unter Leopold II. Kolonialmacht im Kongo. Der König verwaltete das Land von 1885 bis 1908 als Privatbesitz und regierte mit brutalsten Methoden, die als Kongogräuel in die Geschichte eingingen.

Millionen Kongolesen sollen nach Schätzungen von Historikern unter seiner Herrschaft ums Leben gekommen und die Bevölkerung um die Hälfte auf etwa zehn Millionen geschrumpft sein. Noch bis zum 30. Juni 1960 gehörte das Land zum belgischen Kolonialreich. (dpa)

07.06.2022, Belgien, Melsbroek: König Philippe von Belgien von Belgien und seine Frau Königin Mathilde von Belgien winken vor dem Abflug zu einem offiziellen Besuch in der Demokratischen Republik Kongo. Foto: Nicolas Maeterlinck/BELGA/dpa

39 Antworten auf “König Philippe gibt koloniale Raubkunst an Kongo zurück”

  1. Willi Müller

    Dieses ewige Mea culpa geht mir ziemlich auf den Senkel. Weder ich, noch meine Vorfahren haben den Mist dieses Königs und seiner miesen Handlanger je gewollt noch befürwortet. Ich hab da nichts mit zu tun und lass mich nicht culpabilisieren.

  2. delegierter

    Ach, und heute sind es die Chinesen die den Kontinent Afrika plündern. Egal was, wo und wie dort abgebaut wird, überall sitzen sie mit an der Spitze der Holdings. Die werden sich bestimmt nicht für irgendetwas entschuldigen.

  3. Gastleser

    Ich fordere auch!
    Aachen muss für Kaiser Karl bezahlen, der war auch nicht nett!
    Dann Norwegen, die haben hier auch mal ziemlich viel mitgenommen und sind bis hierher gesegelt..
    Dann evtl noch die Kelten verklagen – Lommersweiler ist zB nicht „Drei Hütten“ – es gab 3 keltische Gräber dort .

    • Doch Herr Giebels, nämlich dem Kongo. Die Frage ist aber nicht ob es was bringt, Gerechtigkeit muss getan werden.
      Die belgische Bevölkerung hat von der Ausbeutung des Kongos direkt profitiert, es ist normal dass die nachfolgenden Generationen bluten müssen.

      • Kevin Giebels

        „Die belgische Bevölkerung hat von der Ausbeutung des Kongos direkt profitiert, es ist normal dass die nachfolgenden Generationen bluten müssen.“

        Wenn man dannach gehen würde, könnte direkt jeder anfangen sich selbst zu geißeln. Jedes Land zu jeder Zeit hat und wird immer Dreck am stecken haben. Manche eben weniger oder mehr.
        Um weiter Ihrer Logik zu folgen würde ich deshalb vorschlagen, dass Sie sämtliche Elektronik aus Ihrem Leben verbannen, da diese in den meisten fällen von Menschen geschaffen wurde, die ausgebeutet wurden. Ich empfehle Ihnen, sich einmal über den Coltanabbau unter anderem im Kongo zu informieren.

        • Sie haben Recht Herr Giebels, die Ausbeutung geht weiter, somit unterstützen Sie meine Aussage.
          Ersetzen Sie den Konjunktiv durch den Indikativ in Ihrem Beitrag und Sie werden sehen wie einig wir sind.

  4. Piersoul Rudi

    Ich sehe nicht ein das ich mich, oder jemand anderem an meiner Stelle für mich, entschuldigen soll für etwas was ich nicht begangen habe.
    Diejenige sollen sich entschuldigen sollen sind die, die sich dabei Vorteil verschaft haben und sich auf Kosten dessen bereichert haben…
    Unser Königshaus vielleicht(?!?!?!) bzw. Firmen wie u.a. Solvay, Cockerill usw…
    Von denen(und alle anderen nicht Erwähnten) hört man nur „Stille“…und zwar ganz laut…
    Fakt bei das Ganze ist das wir, der Arbeitende und Steuerzahlende Belgier, mal wieder, kräftig zur Kasse gebeten werden…um dieses bodenloses Fass zu füllen.
    Vor ung. 2 Monaten bekam die RDC schon 50 Millionen Euro als „Entwicklungshilfe“, 2021 und alle Jahren davor ebenfalls reichlich Moneten…
    Das Jahr ist allerdings noch lang…
    Was passierte mit dem ganzen Geld bzw. wer hat sich „hintenrrücks“ daran/damit bereichert???
    Wenn man sieht wie „es voran“ geht bei/für die dortige Bevölkerung bleibt „unterwegs wohl einiges kleben“….

    Heute Morgen in der Sendung „C´est vous qui le dites“, auf Vivacité, hörte ich ein guten Vorschlag wer die Rechnung zahlen sollte…nämlich das Konigshaus selbst aus dem Budget der den Steuerzahler denen jedes Jahr überweisen „MUSS“…
    Aber wie immer wird auch das wieder an uns hängen bleiben…ob man will oder nicht…
    MfG.

    • BLMonster

      Danke, ich sehe das genau so! Das „Knien“, nicht nur für die BLMonster, ist abscheulich. Aber anscheinend ist die Erniedrigungssucht im „Wertewesten“ größer als der Conatus, der Überlebensdrang.

    • Ja Herr Piersoul, ich sehe das genau so.
      Weshalb soll der heutige Steuerzahler für von ihm nicht Verursachtes blechen?
      Es wäre interssant zu erfahren, was diese Reise “ uns “ kostet.
      Königshaus und Firmen, warum nicht, wäre das so abwegig?
      Es wird leider so nicht gehandhabt…….

  5. weltmeisterlich

    Es sind nicht viele Felder, auf denen Belgien zu den führenden Nationen der Welt gehört. Was die Zahl der Toten (und der Verstümmelten) im Kongo angeht, schafft es das Königreich aber spielend unter die TOP 10 der Weltgeschichte. Nahostkriege und Balkankriege können da nicht mithalten und wirken im Vergleich wie Zwerge.

    Eine ausdrückliche und offizielle Entschuldigung des Königs halte ich für dringend angezeigt. Das würde der Welt bedeuten, dass die Comics-Nation verstanden hat, was passiert ist, dass sie inzwischen viel weiter ist und dass sich das Königshaus vom Über-Leichen-Gehen wegentwickelt hat.

    Dabei geht es nicht um individuelle Schuld. Wer nach Schuld Ausschau halten will, der fange an bei den gesellschaftlichen, ökonomischen, zivilisatorischen und massenpsychologischen Umständen, und der sorge dafür, dass solche kollektiv (und von manchen noch heute) stoisch hingenommenen Abscheulichkeiten nie wieder geschehen können. Nie wieder. Nie.

  6. Wer hier schon in Schnappatmung verfällt, wenn sich der König entschuldigt und ein paar Pappmasken zurückgibt, der kann nur froh sein, nicht in Deutschland geboren zu sein.
    Seit meiner Kindheit wurde mir beigebracht, dass ich Schuld trage. Jeder Versuch, das zu hinterfragen wurde als rechte Gesinnung gewertet.
    Fragt sich nur, was für einen Bürger man sich damit heranzieht.

    • weltmeisterlich

      Ich frage mich umgekehrt, was für Bürger sich die Türken, Serben oder Russen heranziehen, die sich beharrlich weigern, sich für irgendetwas in ihrer Geschichte zu entschuldigen. Ich will nicht, dass Belgien sich mit denen gemein macht.

      Zu den Deutschen gibt es einen großen Unterschied: Es ist schon einige Zeit nach dem Unrecht verstrichen. Die Gefahr, das als Eingeständnis seiner individuellen Schuld misszuverstehen, ist viel geringer.

      Welcher Belgier damals meinte, es sei alles noch zu früh weil zu frisch, und dann heute meint, es sei zu spät weil schon zu weit weg, der hat nichts Ovales in der Hose und drückt sich vor der Wahrheit, die der Spiegel ihm deutlich zeigt und die jeder andere sieht.

  7. Ostbelgier

    Bei den kongolesischen Scheußlichkeiten waren wir als Kollektiv Deutsche, bei den Nazi Scheußlichkeiten waren wir Belgier.
    Somit ist man als Ostbelgier fein raus aus der Sache.
    Die Belgier haben uns ungefragt annektiert, die Deutschen dann 1940 auch. Wäre mal Zeit das die sich bei uns entschuldigen, ich habe da noch ein Verletztes Herz, doch doch…

  8. Hier werden wieder Äpfel mit Birnen verwechselt.
    Das unmenschliche Verhalten von Leopold II wurde bereits um 1880 gerügt, trotzdem wurde der von Léopold II gegründete Staat als sein Eigentum anerkannt.
    Gerade um diesen Schandtaten ein Ende zu setzen, übernahm der belgische Staat dann Anfang des 20. Jahrhunderts das Territorium, es wurde zum „Congo Belge“ und einer Kolonie, wie Hunderte andere auch.

  9. weltmeisterlich

    Eins nach dem anderen. Erst die Entschuldigung, dann der Startschuss zu Verhandlungen über einen Reparationsvertrag.

    Da solche Verträge normalerweise eine vieljährige Jahre Laufzeit haben und das Geld nicht per Einmalzahlung fließt, könnte man zum Beispiel Meilensteine vereinbaren, an denen überprüft wird ob konkrete Infrastrukturprojekte realisiert sind bevor weiteres Geld fließt. Natürlich sind noch andere Sicherheitsmechanismen denkbar, aber ich zerbreche mir hier nicht den Kopf über Details eines Vertrags, für den Profis Jahre brauchen bis er endlich unterschriftsreif ist.

    • weltmeisterlich

      P.S.
      Das sollte die Antwort auf DR ALBERN (21:00 Uhr) sein.

      Und ich habe vergessen zu erwähnen, dass natürlich auch Belgien von solchen Reparations-Projekten profitiert. Denn selbst wenn daran keine belgischen Firmen beteiligt werden sollten (was eigentlich unwahrscheinlich ist), lässt sich mit jeder Verbesserung der Lebenslage im Kongo die Zahl der Kongolesen, die sich auf den Weg in Richtung Belgien machen, verringern. Also weniger Ersoffene im Mittelmeer und weniger Spaltung der belgischen Gesellschaft.

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