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Erst auf die Knie gegen Rassismus, dann Liebesgruß an Christian Eriksen: Belgiens Abend der Botschaften

12.06.2021, Russland, St. Petersburg: Belgische Spieler knien vor dem Spiel. Foto: Anatoly Maltsev/EPA Pool/AP/dpa

Das souveräne 3:0 von Mitfavorit Belgien gerät an einem denkwürdigen Fußball-Tag fast zur Nebensache. Torjäger Lukaku vergießt erst Tränen und lässt dann Tore sprechen. Der nächste Ausfall trübt ein wenig das gute sportliche Gefühl nach dem Auftakt nach Maß.

Mit viel mehr Symbolik hätte man diesen Abend in St. Petersburg aus der Sicht von Romelu Lukaku nicht mehr aufladen können.

Erst weinte Belgiens Rekordtorjäger um seinen kollabierten Teamkollegen Christian Eriksen aus Dänemark, dann kniete er gemeinsam mit seinen Teamkollegen vor dem Anpfiff als Zeichen gegen Rassismus, anschließend grüßte er nach einem Tor Eriksen mit den Worten „Chris, Chris. I love you“, und zum Abschluss erzielte er beim ungefährdeten 3:0 (2:0)-Auftakt bei der Fußball-EM gegen Co-Gastgeber Russland noch ein weiteres Tor.

12.06.2021, Russland, St. Petersburg: Belgiens Romelu Lukaku feiert nach seinem Treffer zum 0:1 und ruft „Chris, Chris. I love you“ in die TV-Kamera. Foto: Anton Vaganov/Reuters Pool/AP/dpa

„Ich habe vor dem Spiel viele Tränen für Christian Eriksen vergossen. Es war schwer für mich, mich zu konzentrieren“, sagte Belgiens Matchwinner (10./88. Minute), der im Verein bei Inter Mailand gemeinsam mit dem 29 Jahre alten Dänen spielt.

Eriksen war bei der Partie gegen Finnland kurz vor der Halbzeit kollabiert, noch auf dem Rasen wurden Maßnahmen zur Reanimation eingeleitet. Erst später folgte die Entwarnung: Der dänische Verband schrieb, Eriksen sei „wach“, sein Zustand stabil. Das Spiel wurde nach einer längeren Unterbrechung fortgesetzt, Dänemark verlor 0:1.

„Ich werde ihm auf jeden Fall eine Nachricht schicken, aber er muss nicht sofort antworten. Ich hoffe, es geht ihm gut, für seine zwei Kinder, die ihn brauchen“, sagte Lukaku, der gleich seinen ersten Treffer nutzte, um den ganz persönlichen Liebesgruß ins weltweite TV-Signal zu schicken. „Ich widme ihm diese Leistung“, fügte der 28-Jährige an. Das übrige belgische Tor erzielte der eingewechselte Thomas Meunier (34.), der nach einer sehr komplizierten Saison bei Borussia Dortmund endlich noch einmal ein Erfolgserlebnis hatte.

12.06.2021, Russland, St. Petersburg: Belgiens Timothy Castagne (2.v.r.) verlässt das Spielfeld nach seiner schweren Verletzung. Romelu Lukaku (2.v.l.) tröstet ihn.
Foto: Bruno Fahy/BELGA/dpa

Nationaltrainer Roberto Martínez schilderte, wie sehr sein Team vom tragischen Ereignis in Kopenhagen mitgenommen war. „Es herrschte tiefe Trauer. Wir haben es live gesehen – wir wollten fünf Minuten später unser Teammeeting beginnen. Das Letzte, worüber wir reden wollten, war Fußball. Es war ein Schock, es gab Tränen“, berichtete der Spanier. Zu einer möglicherweise kurzfristigen Absage erklärte Martínez, so etwas liege nicht in seiner Macht. „Ich bin nur der Trainer von Belgien. Wir müssen immer auf die Anweisungen warten.“

Die Anweisung lautete diesmal, dass vor 26.264 Zuschauern in der Arena gespielt werden soll. Pfiffe der Fans, extrem laute Musik aus den riesigen Boxen und die üblichen Zeremonien: In St. Petersburg hätte man nicht unbedingt merken können, was wenige Momente zuvor im anderen Spiel der Gruppe B passiert war.

Neben der psychischen Belastung für sein Team, in dem viele Eriksen persönlich kennen, nimmt Martínez auch ein weiteres Personalproblem mit. Außenverteidiger Timothy Castagne zog sich nach einem Kopfzusammenstoß eine doppelte Augenhöhlenfraktur zu und ist für den Rest des Turniers außer Gefecht. Sein Vertreter Meunier zeigte gegen Russland aber große Klasse, traf kurz nach seiner Einwechslung zum 2:0 und legte später auch noch das 3:0 von Sturmstar Lukaku auf. Zum EM-Auftakt waren Kevin De Bruyne (Gesichtsoperation) und Axel Witsel (Rückkehr nach Achillessehnenriss) nicht mitgereist. (dpa)

Zum Thema siehe auch folgende Artikel auf OD:

32 Antworten auf “Erst auf die Knie gegen Rassismus, dann Liebesgruß an Christian Eriksen: Belgiens Abend der Botschaften”

  1. alter weißer mann

    Lächerlich dieses hinknien vor dem Spiel. Zum Glück gibt es noch Mannschaften mit Charakter, die nicht „mitspielen“! Ja der böse Weiße, alles Rassisten. Dafür möchten auch Millionen Afrikaner nach Europa kommen. Hoffentlich wird ein Land Europameister, das sich nicht so erniedrigt.

  2. Nette alte Frau

    Lächerliches, dummes Geschwätz! Ich wünsche Millonen von Afrikanern ein tolles Leben. Hoffentlich wird ein Land Europameister, die es spielerisch und menschlich verdienen. Fremdschäm Moment, beim lesen solcher Hass Kommentare „Böser, alter Mann“

    • alter weißer mann

      @Nette alte Frau; Waffelhändler
      Ich wünsche allen Menschen dieser Erde ein tolles Leben! War vielleicht etwas missverständlich mein Kommentar. Der richtet sich nicht gegen Afrikaner, Araber, Asiaten usw., sondern gegen die Rückgratlosigkeit von Weißen. Und die Russen und Ungar, die die Knieenden ausgepfiffen haben, sind natürlich auch böse. Aber so rassistisch können wir nicht sein, sonst würden Millionen Arme nicht versuchen, – was ich durchaus verstehen kann – nach Europa zu gelangen.
      Italiener, Türken, Kroaten, Russen haben nicht gekniet und damit Rückgrat bewießen.

  3. An Lächerlichkeit nicht zu überbieten dieses knien.
    Gut das es noch einige Mannschaften gibt mit Rückgrat die diesen Schwachsinn nicht mitmachen.
    Hier in Sud Kivu schaut man sich auch verschiedene Spiele der EM an, so auch gestern zu +-25 Menschen vor einem TV Gerät.
    Mehrere wussten über diese Knie Aktionen und erklärten dann Anderen dies.
    Die Reaktionen in meine Richtung waren von Lachen bis hin zu übersetzt „Ihr seid verrückt“ und „wie kann man so blöd sein“.
    Lediglich 2 fanden die Geste gut und angebracht.

  4. Fred von Jupiler

    Ich verrate euch mal was. Weil ihr kommt von selbst nicht drauf. Alle Mannschaften mit dunkelhäutigen Spielern knien gerne, aus Respekt vor ihren Mitspieler(n). Italien hat kein Balotelli mehr, sonst würde die auch niederknien. Nach der EM gäbe es dann wieder Affengeräusche für Balotelli in italienischen Stadien.
    Könnten z.Bsp. die Russen oder die Türken Lukaku einbürgern und aufstellen,würden Putin und Erdogan persönlich vor jedem Spiel niederknien

    • Ossenknecht

      Hallo Boah nee…,

      das ist das klassische Tu-quoque-Argument. Beweisen lässt sich damit gar nichts; vielmehr dient es dazu, die Diskussion zu ersticken. Nicht schlimm, denn in einem Forum wie diesem ist es sowieso angebracht, nicht alles durchzukauen. Hier geht es offenbar viel um Applaus und den Platz in der Gruppe. Sozial sind das ehrenwerte Motive, aber für eine Sachdiskussion ist die Aufgeregtheit oft zu groß.

      LG

  5. sport no politics

    Wenn ich „Botschaften“ hören will gehe ich in die Kirche, Moschee oder zu Parteiveranstaltungen… gibt’s auch noch „einfach Sport“? Vielleicht gibt Boris Becker demnächst Börsentips und singen wir im Chor mit Peter Sagan?

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