Nachrichten

Wikileaks-Gründer Assange in London festgenommen – Auslieferung an die USA?

11.04.2019, Großbritannien, London: Julian Assange, Mitbegrnder der Enthüllungsplattform Wikileaks, kommt am Westminster-Amtsgericht in London an. Foto: Victoria Jones/PA Wire/dpa

AKTUALISIERT – Fast sieben Jahre lebte Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London, um seiner Festnahme zu entgehen. Nun hat das Land ihn vor die Tür gesetzt – und die britische Polizei schlug umgehend zu. Die USA wollen nun eine Auslieferung.

Wikileaks-Gründer Julian Assange ist nach fast sieben Jahren Asyl in der Londoner Botschaft Ecuadors festgenommen worden. Die US-Justiz hat einen Auslieferungsantrag für den Enthüllungsaktivisten gestellt, wie die britische Polizei am Donnerstag bestätigte.

Die Gefahr einer Auslieferung an die USA ist genau das, was Assange veranlasste, in die Botschaft zu flüchten und so lange dort auszuharren. Ecuadors Präsident Lenin Moreno sagte zugleich, die britische Regierung habe schriftlich zugesagt, Assange nicht an ein Land auszuliefern, in dem ihm Folter oder die Todesstrafe drohten.

Vor der Festnahme am Donnerstag entzog die Regierung Ecuadors Assange das diplomatische Asyl, mit der Begründung, er habe gegen die Auflagen dafür verstoßen. Die britische Polizei teilte mit, der Botschafter habe sie in die Botschaft eingeladen. Assange solle so schnell wie möglich einem Richter vorgeführt werden.

11.04.2019, Großbritannien, London: Kyle Ferran, ein Unterstützer von Julian Assange, dem Mitbegründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks, steht vor der Botschaft von Ecuador. Foto: John Stillwell/PA Wire/dpa

Ein Video der von Russland finanzierten Nachrichtenagentur Ruptly zeigte, wie Sicherheitskräfte Assange aus der Tür der Botschaft heraus und in ein bereitstehendes Einsatzfahrzeug zwangen.

Bisher ist unklar, was Assange in den USA vorgeworfen wird. Das Interesse der US-Justiz wurde im vergangenen November bekannt, als Assanges Name versehentlich in einem US-Gerichtsdokument auftauchte. Die Passage legte nahe, dass es bereits eine Anklage gibt, sie aber unter Verschluss gehalten wird.

Wikileaks trat zunächst in Erscheinung mit der Veröffentlichung geheimer US-Dateien, die unter anderem Menschenrechtsverletzungen und die Tötung von Zivilisten durch amerikanische Truppen in Afghanistan dokumentierten.

Zuletzt stand Wikileaks aber vor allem im Fokus von US-Ermittlungen, weil die Enthüllungswebsite im Präsidentschaftswahlkampf 2016 gestohlene E-Mails der demokratischen Partei veröffentlichte. US-Behörden gehen davon aus, dass die E-Mails von russischen Hackern heruntergeladen und Wikileaks zugespielt wurden. Diesen Aspekt hat auch FBI-Sonderermittler Robert Mueller in seinem Abschlussbericht über die vermutete russische Einmischung bei der von Donald Trump gewonnenen Präsidentenwahl festgehalten.

Wikileaks warf Ecuador am Donnerstag vor, mit der Entziehung des politischen Asyls für Assange internationales Recht zu brechen.

Snowden: „Dunkler Moment für die Pressefreiheit“

Whistleblower Edward Snowden, der im russischen Exil lebt, schrieb auf Twitter: „Assanges Kritiker mögen jubeln, aber das ist ein dunkler Moment für die Pressefreiheit.“ Das russische Außenministerium kritisierte die Festnahme. Der Kreml teilte mit, er hoffe, dass die Rechte Assanges respektiert würden. US-Schauspielerin Pamela Anderson, die den 47-jährigen mehrfach in der Botschaft besucht hatte, schrieb: „Ich bin schockiert.“ Sie warf den Briten vor, sie bräuchten eine Ablenkung vom „idiotischen Brexit-Mist“.

Ecuadors Präsident Lenin Moreno dagegen betonte, Asyl zu gewähren oder zu entziehen sei Recht des Staats. Er warf Assange die Einmischung in innere Angelegenheiten anderer Staaten sowie unhöfliches und aggressives Verhalten vor.

Großbritanniens Regierung begrüßte die Festnahme. „Julian Assange ist kein Held und niemand steht über dem Gesetz“, schrieb Außenminister Jeremy Hunt auf Twitter. „Es hat sich jahrelang vor der Wahrheit versteckt.“ Die zusätzlichen Polizeiwachen vor der Botschaft hatten die britischen Steuerzahlen über die vergangenen Jahre Millionen gekostet.

Assange bezeichnet sich selbst als Journalist und beansprucht deshalb die für Medien üblichen Schutzklauseln, wenn es um die Geheimhaltung von Quellen und die Veröffentlichung vertraulicher Informationen geht. Kritiker werfen ihm vor, er sei ein einen Selbstdarsteller, der Menschenleben gefährdet habe. Seine Anhänger sehen in ihm dagegen einen Aufklärer.

Als Assange in die diplomatische Vertretung flüchtete, lag gegen ihn ein europäischer Haftbefehl wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden vor. Er befürchtete, zunächst nach Skandinavien und schließlich an die USA ausgeliefert zu werden. Im Mai 2017 stellte die Staatsanwaltschaft in Schweden jedoch ihre Ermittlungen ein.

Damit war Assange allerdings noch kein freier Mann, denn er hatte mit der Flucht in die Botschaft gegen britische Kautionsauflagen verstoßen. Scotland Yard kündigte an, den Enthüllungsaktivisten festzunehmen, sobald er die Botschaft verlasse. Ein Versuch der Anwälte Assanges, den Haftbefehl von einem Gericht für ungültig erklären zu lassen, scheiterte. (dpa)

9 Antworten auf “Wikileaks-Gründer Assange in London festgenommen – Auslieferung an die USA?”

  1. Gemein(d)e

    Leider gar nicht , es ändert auch nichts ob er frei ist oder nicht , Julian Assange hat sein Werk getan und eine Plattform und Netzwerk geschaffen, wo jeder etwas verdeckt leaken kann.

  2. Errate humanes Geäst

    so fatalistisch bin ich nicht, Gemein d e.
    Wenn wir hier keine klare Stellungnahme der Politiker und Parteien forden, wird uns die geschaffene Plattform bald nichts mehr nützen.

  3. Hirn Ein

    Ein Mensch der die Freiheit verteidigt, wird dafür mit Ignoranz von allen Seiten bestraft. Wo war die ach so tolle EU????? Kein Land wollte ihn aufnehmen. USA rules the world! Wer setzt sich für ihn ein? Gibt es einen mutigen Politiker der den Stein ins Rollen bringt?

  4. Gemein(d)e

    Seht ihr es denn nicht auch dass selbst 5 Millionen Unterschriften den Politikern nichts ausmachen,
    und sie einfach weitermachen wie vorher, oder dass die Gelb- Westen schon seit einem halben Jahr jede Woche protestieren, und dass der Kraftstoffpreis einfach weiter steigt?
    Die jetzigen Politiker interessieren sich einen Scheiß für das was wir wollen.
    Wir haben definitiv die falschen Menschen gewählt, denn unsere Interessen scheinen diese ja nicht zu vertreten.

    • Errate humanes Geäst

      dann scheint es an der Zeit zu sein, dass wir anfangen unsere Interessen konsequenter zu vertreten – wo immer sie als Menschenrecht verletzt werden! So ist beispielsweise jeder Krieg, jede Form von Diskriminierung und sozialer Ungerechtigkeit ein Verstoß gegen die Rechtsstaatlichkeit und gehört strafrechtlich verfolgt – gemäß Artikel 1 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.
      „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“
      Komisch, wenn es um Wohn-Container für Asylanten geht, überschlagen sich hier die Kommentare…

    • Errate humanes Geäst

      >>Ecuador ist nach der Festnahme von Wikileaks-Gründer Julian Assange nach Regierungsangaben Ziel von mehr als 40 Millionen Cyberattacken geworden. Die Angriffe auf Internetseiten öffentlicher Institutionen seien unter anderem von Servern aus Deutschland, den USA, Brasilien, den Niederlanden, Rumänien und aus Ecuador selbst gekommen, sagte der Vizeminister für Informationstechnologie und Kommunikation, Patricio Real.<<
      NTV

  5. Errate humanes Geäst

    damit wir auf dem Laufenden bleiben^^ Julian Assange hat 16. APRIL 2019 den EU-Journalistenpreis erhalten:
    https://amp.smh.com.au/world/europe/julian-assange-wins-eu-journalism-award-20190417-p51euj.html?__twitter_impression=true&fbclid=IwAR23wTDBenxbbj5o5tjfOHJaip60DKW56CNc5I0H_AdNJYDGi0RtT4-yLH0

    Das Ganze war live zu verfolgen und ist hier noch mal zu sehen:
    https://www.facebook.com/guengl/videos/2573711026036861/UzpfSTE3OTk0ODMxNjE6MTAyMTEwODU5MzUzMDMxNjI/

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern