„Paasch sehe ich ganz schlecht als Oppositionsabgeordneten“, sagte eine ostbelgische Politikerin in einer ersten Reaktion auf den am Mittwoch von „Ostbelgien Direkt“ veröffentlichten Bericht „ProDG in der Opposition und Vivant in der Mehrheit? Bei der PDG-Wahl am 9. Juni 2024 ist alles möglich“ (siehe Artikel an anderer Stelle).
Der Bericht war völlig unspektakulär. Er sollte lediglich darauf hinweisen, dass von dem Moment an, wo die drei Mehrheitsparteien im Parlament der DG, nämlich ProDG, SP und PFF, sich zum ersten Mal nicht auf eine bestimmte Koalition festgelegt haben, auch nicht – wie noch 2019 – auf eine Fortsetzung der heutigen Dreierkoalition, und Vivant sich erstmals bereit erklärt hat, Regierungsverantwortung zu übernehmen, „alles möglich ist“.
Und alles möglich heißt …alles möglich. Möglich ist demnach unter Umständen auch, dass ProDG nach der Wahl vom 9. Juni 2024 in die Opposition muss und Vivant der Mehrheit angehört. Das bedeutet nicht, dass es so kommen wird oder dies gewünscht wird. Es ist halt nur möglich. Also kein Grund zur Aufregung!
Übrigens wäre es nicht das erste Mal, dass ein amtierender Ministerpräsident nach einer Gemeinschaftswahl in die Opposition katapultiert wird. Auch vor der Wahl vom 13. Juni 1999 hatte niemand für möglich gehalten, dass der damalige Ministerpräsident Joseph Maraite (CSP) nach dem Urnengang gemeinsam mit den anderen christlich-sozialen Parlamentariern die harte Oppositionsbank würde drücken müssen.
Auch Bürgermeister Fred Evers (PFF) hatte bis zur Eupener Stadtratswahl im Oktober 2000 nicht für möglich gehalten, dass sich Elmar Keutgen und die Eupener CSP mit der einst von ihnen gemiedenen PDB zusammenschließen würden.
Merke: Am Wahlabend und an den Tagen danach wird vor allem gerechnet. Und wenn man nach dem 9. Juni 2024 nur mithilfe der Stimmen von Vivant in die Regierung kommen kann, dann wird man schon die passenden Argumente finden, um das vermeintlich Unmögliche in der Öffentlichkeit zu rechtfertigen. So funktioniert Politik. (cre)
Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf OD:
Jedem seine Meinung, aber Vivant sehe ich erst dann in der Regierung, wenn sie irgendwann mal 13 Sitze erringen sollten. Also nie. Für alles andere liegen sie nicht nur inhaltspolitisch viel zu weit von allen anderen Parteien weg, mit der Verbreitung jeder noch so albernen Verschwörungstheorie und der andauernden fundamentalen Systemkritik haben sie sich als seriöse, glaubwürdige, staatstragende Partner für alle anderen Parteien unmöglich gemacht.
Wenn man der Gerüchteküche glauben darf und diese mit den Aussagen von Franssen, Kraft und Huppertz in den letzten Monaten abgleicht, ist die Messe eigentlich schon gelesen. ProDG und CSP sind als Koalitionäre gesetzt, haben allein aber keine Mehrheit. Die spannende Frage ist also eigentlich, wer mit den beiden Platzhirschen in See stechen darf. SP schließe ich aus, für einen dritten selbstbewussten Platzhirsch ist kein Platz im Boot. Huppertz und erts recht Schmitz habe ich auch nicht auf der Rechnung. Schmitz wird den Einzug ins PDG verpassen. Huppertz bekommt höchstens Sitz, zu wenig für eine Mehrheitsbildung.
Es wird wohl davon abhängen, ob und wie stark PFF und Ecolo abschmieren. Derjenige von beiden, der nicht als klarer Wahlverlierer am Wahlabend feststeht und gleichzeitig bereit ist, auf einen Ministerposten im Gegenzug für den Posten des Parlamentspräsidenten zu verzichten, wird das Rennen machen.
Meine Prognose:
Koalition ProDG (6, MP) + CSP (5) + PFF (2, PP)
Vivant (5)
SP (4)
Ecolo (2)
Huppertz (1)
So gesehen ist auch eine Mehrheit CSP, SP, PFF und Ecolo möglich, während ProDG tatsächlich in die Opposition verbannt würde.
Der OD-Chef hat ein gutes Gedächtnis und warnt noch rechtzeitig Parteien, Einzelkämpfer und Wählerschaft vor Illusionen und falschen Spekulationen. Dennoch gab es bei dem abenteuerlichen, von Wallonen ferngelenkten Putsch 1999 noch ganz andere Überraschungen:
Der allmächtige liberale Minister Louis Michel drohte seinem abwägenden Attaché Berni Collas am Handy mit dem Rausschmiss wenn er sich beim Putschabkommen gegen den verdienstvollen Ministerpräsidenten Joseph Maraite nicht füge. So erregt laut, dass die Umstehenden mithören konnten…
Der auf die Posten-Nachfolge scharfe Killer KHL drückte seinem Freund und Regierungskollegen Maraite, entgegen allen Treueschwüren das Messer in den Rücken. Zeugen berichteten, dass der rote Baron dabei sogar geweint haben soll. Es waren Krokodilstränen.
Der verstorbene und keinesfalls CSP-hörige GE-Chefredakteur Heinz Warny sagte zu diesem Manöver der Ausbootung des eigentlichen Wahlsiegers Maraite: „Dann brauchen wir ja nicht mehr wählen zu gehen…“
Als der ehemalige Krautgarten-Herausgeber Brun Kartheuser in einem stilistisch etwas heftig geratenen Schreiben Hintermänner, Atmosphäre und Absprachen beim Namen nannte, wurde er mit Unschulds-Beteuerungen vor Gericht gezerrt und, wie in Ostbelgien nicht unüblich, feierlich verurteilt. Wie schlussfolgert der gutinformierte Herr Cremer richtig: “ So funktioniert Politik“.
Herr Cremer scheint hier unbedingt von seiner Aufgabe, korrekt journalistisch Fakten darzulegen, abzurücken und in den Bereich „Meinungsmache“ einzusteigen.
Zwischen den Zeilen kann der Leser dieses Berichts deutlich lesen, dass eine Regierungsverantwortung von VIVANT aus seiner Sicht unweigerlich ist, so dass sich die Parteien bereits jetzt Argumente vorbereiten sollten, um den Wählern diesen doch als Betrug an die Glaubwürdigkeit zu bewertenden Schritt zu erklären. Hierbei scheint man den nach Umfragen größte Fraktion bewusst auszubooten um dann mit den bewährten „Lieblingen“ Koalitionen zu schmieden.
Ich beobachte die ostbelgische Politik bereits seit einigen Jahrzehnten und kann somit als völlig neutraler Wähler, der in seinem Leben bereits „fast“ jede Partei gewählt hat (ich schaue auf das Programm und nicht auf die Farben oder die Köpfe!) behaupten, dass die hier oft zitierte CSP in der Vergangenheit nur an ihrem „Postenwahn“ gescheitert ist. Das kam bei der letzten Wahl noch einmal deutlich zutage, oder erinnert man sich nicht mehr an das „unmoralische Angebot“, nur um uralte Grabenkämpfe, die hier von Herrn Cremer erneut beschrieben werden, neu zu entflammen oder sich vielmehr hierfür zu rächen.
Politik ist für eine Demokratie ungemein wichtig, so dass man sie nur Demokraten und Menschen mit entsprechendem gesellschaftlichem Weitblick überlassen sollte. Wenn ich die derzeitige Lage in Ostbelgien so sehe, dann scheiden sofort einige politische Mitbewerber genau aus diesem Grund als nicht „wählbar“ aus.
Naja, wo Sie zwischen den Zeilen dieses Berichts deutlich lesen können, dass eine Regierungsverantwortung von VIVANT aus OD-Sicht unweigerlich ist, lesen aber auch nur Sie heraus. OD schreibt, dass es eine von mehreren Möglichkeiten ist. Mehr aber auch nicht. Und das letzte Wort haben ja sowieso die Koalitionspartner, wer mit wem eine Regierung zustande bekommt.
So seriös war das nicht wie Sie als „langjähriger Beobachter“ der ostbelgischen Politik annehmen. Teilnehme und krititische Beobacher wissen zu berichten, dass der hemmungslose KHL au seinen diskreten Verhandlungen mit der CSP gleich die ProDG unterrrichtete und somit die von ihm selbst konsultierte CSP und Robert Nelles infam desavouierte.
So kam „die neue Mehrheit“ zustande. Betrug rächt sich die Herren Lambertz und Paasch (welchen Alters auch immer) ! Vielleicht vertraut es KHL seinen hoffentlich ehrlichen „Memoiren“ an…
Schon die machtgierigen Römer wussten: “ Wir lieben den Verrat, aber nicht den Verräter“ .
Möglich ja, wahrscheinlich nein. Bei vier Parteien wird die Postenverteilung zu komplex und es sind zu viele Interessen aufeinander abzustimmen, siehe unsere föderale Vier-Jahreszeiten Chaosregierung. Mein Tipp: Es bleibt bei einer 3-Parteien-Regierung
Jüppchen hat’s verkraftet, aber Lamberts hat der Verrat die Seele gekostet. Auch seine schöne Villa können nicht darüber hinweg trösten, dass ihn am Ende niemand mehr leiden konnte! Stiefellecker ausgenommen…
Lisa Scholzen ist die erste seriöse Kandidatin auf den EU Posten. Die CSP verliert ihre letzte Hochburg in Kelmis.
Ich halte nicht viel von der CSP, aber Arimont macht einen guten Job und deswegen wähle ich ihn, total unabhängig von der Partei.
Toller „Artikel“: nach einer Wahl kann es sein, dass die Stimmen anders verteilt sind als vor der Wahl. Das ist echt überraschend, geradezu „mindblowing“.
Auch freut es „die Redaktion“ ja sowieso immer, wenn sie KHL unschöne Titel geben kann.
Das alles alles, aber ganz bestimmt kein Bericht. Ansonsten kann ich auch Journalist sein und „Berichte“ schreiben: es kann im April regnen, manchmal kann aber auch die Sonne scheinen. Man kann sich nie sicher sein, wie es wirklich werden wird.
Darf ich jetzt auch in „die Redaktion“?
Wenn man so über OD, KHL und Aprilwetter kommentiert wie Sie „Hihi“, stellt sich gleich die Frage, ob Sie als selbsternannter Redakteur argumentativ überhaupt wetterfest sind?
Huppertz holt mehr Stimmen als die PFF, ist ja nicht schwierig wenn man sich alleine verkaufen will und den Mitkandidaten Regeln vorschiebt was sie sagen dürfen und wo sie Propaganda betreiben können .Sind denn alle blöd sich vorführen zu lassen… Anscheinend ja.
Sie meinen PFF Propaganda ?
Ich wage zu hoffen, dass nachdem der rote Baron von seinem Stuhl herabsteigen musste, auch der rote Lebemann von seinem gesunden Stuhl gestoßen wird.
Gegenüber Lambertz war Joseph Maraite sowohl körperlich als auch geistig ein Leichtgewicht.
Aus menschlicher Sicht war es das Gegenteil.
War das nicht Herr Lambertz, der vor der DG- Vollversammlung sagte:“ Ich liebe doch alle,..ich liebe doch alle Menschen..?
@ Willi Müller, Gildo Horn sagte auch mal: „Ich habe EUCH alle lieb“ und daraus wurde ein HIT!!!
Nee, war das nicht DDR Stasichef Erich Mielke, der auch alle lieb hatte ?
Schon dieses Bild wo der kleine Maraite zwischen den beiden Grossen, Evers und KHL, steht ist symbolisch. Die sind zusammengerückt und haben Maraite zerdrückt wie einen PKW am Stauende zwischen zwei LKW. KHL war nie Sozialist im gesellschaftpolitischen Sinne, genau so wenig wie Evers etwas mit dem politischen Liberalismus (Ayn Rand) anfangen konnte. Man suchte sich „seine Partei“ nach den besten politischen Opportunitäten aus. Darin war KHL unschlagbar. Er hatte erkannt dass er als „langer Arm“ der PS eine ausgezeichnete Ausgangsposition hatte, die CSP hat den Niedergang der „christlichen“ Parteien gar nicht kommen sehen. KHL hat auch genau verstanden ab welchem Zeitpunkt die PdB hoffähig gemacht werden konnte, neuer Name, ProDG, neue Generation, und dann durften die mit regieren. ECOLO waren die neuen“Christlichen“, die Volksreligion war grün geworden und alle Parteien wurden es ganz schnell auch. Dumm nur dass jetzt eine Partei gegen den Strom nach vorne schwimmt, Vivant, und das macht den Platzhirschen dann doch Kopfschmerzen. Es bleibt spannend….
Meine Prognose:
* ProDG kommt auf 7 Sitze (+1)
* CSP kommt auf 5 Sitze (-1)
* PFF kommt auf 3 Sitze (-)
* SP kommt auf 3 Sitze (-1)
* Ecolo kommt auf 3 Sitze (-)
* Vivant kommt auf 4 Sitze (+1)
Falls die Huppertz-Liste den Einzug schafft, würde das vor allem zu Lasten der CSP gehen.
Mit dieser Konstellation müsste es erneut zu einer Dreier-Koalition kommen. Entweder würde die alte Koalition fortgeführt (dünne Mehrheit), oder die CSP bekäme ihre Chance, wobei ProDG unumgänglich bliebe; dann wäre die Schnittmenge mit der PFF wahrscheinlich größer als mit der SP.
Schon Bismarck sagte, dass Politik die Kunst des möglichen sei.