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100 Jahre Gelbes Trikot der Tour de France: Von Heldengeschichten, Skandalen, Glück und Pech

22.07.2000, Frankreich, Paris: Die fünffachen Tour de France-Sieger Eddy Merckx aus Belgien (l-r), Bernard Hinault aus Frankreich und Miguel Indurain aus Spanien stehen an der Spitze von 10.000 Freizeitradlern, die in den Gelben, Grünen und gepunkteten Trikots der Tour de France 28 Kilometer durch die französische Hauptstadt fahren. Foto: Gero Breloer/dpa

Das Gelbe Trikot ist bei der Tour de France in 100 Jahren zum Mythos geworden. Insgesamt 266 Radprofis durften sich seit 1919 das begehrte Stück Stoff überstreifen. Am häufigsten fuhr Eddy Merckx in Gelb, während Lance Armstrong für die dunkle Ära des „Maillot Jaune“ steht.

Eingeführt mit dem simplen Zweck, den Gesamtersten der Tour de France besser zu erkennen, ist das Gelbe Trikot längst zu einem Mythos geworden. 100 Jahre „Maillot Jaune“, wie das wohl berühmteste Trikot der Welt in Frankreich heißt, sind verknüpft mit Heldengeschichten, Tragödien, aber auch großen Skandalen. Von Eugène Christophe bis Jan Ullrich, von Eddy Merckx bis Lance Armstrong – mal leuchtete der Mann in Gelb heller, mal dunkler.

DER ERSTE: Die Idee kam vom Tour-Gründer Henri Desgrange im Jahr 1919. Etappen von bis zu 500 Kilometern Länge waren kurz nach dem Ersten Weltkrieg keine Seltenheit. Und damit die Zuschauer den Führenden der Tour in der Dunkelheit besser erblicken konnten, sollte dieser kenntlich gemacht werden. Da das Tour-Organ „L’Auto“ – der Vorgänger der «L’Equipe» – ebenfalls in Gelb gedruckt wurde, war die Farbe schnell gefunden.

28.06.2019, Belgien, Brüssel: Ein riesiges Gelbes Trikot hängt in Vorbereitung auf die Tour de France, die am 06.07.2019. in der Stadt beginnt, an einem Gebäude in Brüssel. Foto: Nicolas Maeterlinck/BELGA/dpa

So erhielt Eugène Christophe am Morgen der elften Etappe am 19. Juli in Grenoble das erste Gelbe Trikot. Jener Christophe, der bereits sechs Jahre zuvor Berühmtheit erlangte, als er nach einer Pyrenäen-Abfahrt einen Gabelbruch erlitt, nach einem langen Fußmarsch in der Schmiede von Sainte-Marie-de-Campan sein Rad wieder richtete und weiterfuhr. Das gleiche Malheur passierte ihm dann auch 1919, wodurch er die Tour verlor. Seine Gelben Trikots verschliss er anschließend im Krieg, doch die erste Legende war geboren.

DER BESTE: Kein Fahrer verkörperte so sehr das Maillot Jaune wie Eddy Merckx – der Kannibale aus Woluwé-Saint-Pierre. 111 Mal beziehungsweise an 96 Tagen trug der Belgier Gelb, was bis heute unerreicht ist. Fünf Mal gewann er die Tour, das erste Mal vor genau 50 Jahren. „Das war der schönste Sieg meiner Karriere“, sagte Merckx, der am Donnerstag bei der Mannschaftspräsentation auf dem Grand Place in Brüssel von seinen Landsleuten euphorisch gefeiert wurde. Merckx hat die Tour geprägt wie kaum ein anderer. Auch an seine 34 Etappensiege ist bis heute niemand herangekommen.

DER GLÜCKLICHSTE: Es war das Herzschlagfinale der Tour-Geschichte. Die ganze Rundfahrt über lieferten sich der Franzose Laurent Fignon, der Mann mit der Nickelbrille, und der Amerikaner Greg Lemond einen packenden Zweikampf. Zum Showdown kam es am letzten Tag beim Einzelzeitfahren über 24,5 Kilometer von Versailles nach Paris. Fignon hatte eigentlich einen beruhigenden Vorsprung von 50 Sekunden. Doch Lemond, der mit einem damals neuartigen Triathlon-Lenker angetreten war, machte Sekunde um Sekunde wett. Im Ziel auf den Champs Élysées hatte er schließlich acht Sekunden Vorsprung. Bei Fignon flossen die Tränen.

09.07.2018, Frankreich, Cholet: Greg Van Avermaet aus Belgien vom Team BMC Racing trägt das Gelbe Trikot des Gesamtführenden und jubelt auf dem Podium. Foto: David Stockman/BELGA/dpa

DER UNGLÜCKLICHSTE: Bei der letzten Tour de France mit Nationalteams im Jahr 1968, ein Jahr vor dem ersten Tour-Sieg von Eddy Merckx, hatte Herman Van Springel die große Chance, als erster Belgier seit dem Sieg von Sylvère Maes 1939 wieder die Frankreich-Rundfahrt zu gewinnen. Letztlich musste sich der heute 76-Jährige mit einem Rückstand von nur 38 Sekunden mit dem 2. Platz begnügen. Dabei verlor er das Gelbe Trikot erst auf der letzten Etappe, einem Einzelzeitfahren, an den Niederländer Jan Janssen.

DER SKANDALÖSESTE: Blickt man in die Geschichtsbücher der Tour, hat es ihn eigentlich gar nicht gegeben. Der Name Lance Armstrong existiert darin schlichtweg nicht. Seine sieben Siege von 1999 bis 2005 wurden gestrichen, als könnte das dunkelste Kapitel im Radsport einfach ausradiert werden. Vom geheilten Krebspatienten zum Tour-Rekordsieger – die Story des Texaners war einfach zu schön. Tatsächlich war alles Lug und Trug. Armstrong hat nicht nur sportlich, sondern auch in Sachen Doping Maßstäbe gesetzt. EPO, Eigenblut-Doping, Wachstumshormone – Armstrong stand für den größten Betrug der Tour-Geschichte. Am Ende wurde er lebenslang gesperrt und zur unerwünschten Person bei der Tour erklärt. (dpa/cre)

Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf OD:

Eine Antwort auf “100 Jahre Gelbes Trikot der Tour de France: Von Heldengeschichten, Skandalen, Glück und Pech”

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