Gesellschaft

Psychologin: „Zeit und Aufmerksamkeit haben für Kinder mehr Wert als materielle Geschenke“

Eine Mutter widmet ihrer kleinen Tochter die nötige Aufmerksamkeit. Foto: Shutterstock

Noch ein Päckchen, noch eins und noch eins: Ohne Spielzeug und Süßes für die Kleinen ist Heiligabend für viele Menschen kaum vorstellbar. Ein Hirnforscher und eine Psychologin haben andere Vorschläge.

Was schenke ich bloß? Und wie viel, wenn der Wunschzettel endlos ist? Vor Weihnachten kennen gerade Eltern diese Fragen.

Der Entwicklungsforscher Gerald Hüther appelliert, Kindern Zeit und gemeinsame Erfahrungen anstelle von materiellen Dingen zu schenken. „Viele Eltern schenken gedankenlos Spielzeug oder Süßes, weil man es immer so gemacht hat und es alle so machen“, sagte Hüther der Deutschen Presse-Agentur. Dies gelte es auch angesichts von Erkenntnissen aus der Hirnforschung zu hinterfragen.

„Eltern dürfen auch gern sagen, dass nicht alles erfüllt werden kann“. Foto: Shutterstock

Es habe sich gezeigt, dass Erfahrungen für die Gehirnentwicklung von Kindern maßgeblich seien, sagt der frühere Professor für Neurobiologie der Universität Göttingen. „Diese Erfahrungen werden in Form von Netzwerkstrukturen im Hirn verankert.“ Es gelte, Kinder so zu begleiten, dass möglichst viele dieser Strukturen angelegt würden.

Legten Erwachsene jedoch früh einen Fokus auf Materielles, werde der angeborene offene Blick der Kinder verengt: „Das ganze Denken, Fühlen und Handeln dreht sich dann nur noch darum, was man alles bekommt und was man sich beschaffen kann.“ Durch Besitz glücklich zu werden, sei jedoch ein Irrglaube – und Konsum meistens nur eine Ersatzbefriedigung.

Konsum ist meistens nur eine Ersatzbefriedigung

Erwachsene seien sich zudem oft nicht bewusst, welche Absichten hinter ihren Geschenken steckten, bemängelt Hüther. Kinder würden etwa mit pädagogisch wertvollem Spielzeug zum Objekt eigener Erwartungen und Vorstellungen gemacht: Der Schenkende will zum Beispiel erreichen, dass das Kind sich mit einem bestimmten Thema beschäftigt. Oder er will eher sich selbst eine Freude bereiten.

Ein kleiner Junge macht am Tannenbaum aus seiner Enttäuschung keinen Hehl und weint. Shutterstock

Aus Sicht Hüthers ist es für Kinder schädlich, auf diese Weise zum Objekt gemacht zu werden: Grundbedürfnisse nach Geborgenheit und nach autonomen Entscheidungen würden dadurch verletzt.

Letztlich würden viele Geschenke nach kurzer Zeit weggeworfen, oder sie würden für Kinder schnell uninteressant, weil sie deren Entdeckerfreude wenig förderten, sagt Hüther. In seinem Buch „Was schenken wir unseren Kindern“ beschreibt er die meisten materiellen Geschenke als „fragwürdige Verführungen“, die Kindern die Kraft raubten, ihre Begabungen zu entfalten. Ein Anlass zum Schreiben sei auch der Klimawandel gewesen, der durch Konsum befeuert werde, sagt Hüther. „Es ist Zeit umzudenken.“

Ein besonderes Geschenk, an das Hüther sich bis heute erinnere, sei ein Erlebnis in der Kindheit gewesen: Sein Onkel habe ihm auf einer Wiese Schritt für Schritt gezeigt, wie man Feuer macht. „Dann hat er mich das anzünden lassen, nicht ohne vorher noch einen Eimer Wasser zum Löschen bereitzustellen.“ Wenn er heutzutage beim Laternenumzug Kinder mit LED-Lämpchen sehe, tue ihm das leid: „Das heißt doch, dass man Kindern nicht zutraut, dass sie verantwortungsvoll mit gefährlichen Dingen umgehen können.“

Ein Vater mit seinem Sohn bei einem Brettspiel. Foto: Shutterstock

Nach Jahren mit einer Flut an Geschenken auf einen Schlag Leere unterm Baum herrschen lassen – das müsse wiederum auch nicht sein, betont Hüther. „Es geht nicht darum, dass man sofort sein Verhalten ändert. Aber mehr darüber nachdenkt.“ Ein sinnvolles Geschenk sei zum Beispiel ein Gutschein für einen gemeinsamen Radausflug im Frühling. Kinder könnten auch solche Geschenke schätzen lernen.

Die Psychologin Svenja Lüthge aus Kiel teilt die Einschätzung, dass Zeit und Aufmerksamkeit für Kinder mehr Wert haben als materielle Geschenke. „Aus der christlichen Tradition heraus, mit der Vorfreude auf Weihnachten während der Adventszeit, finde ich aber, dass ein Herzenswunsch von Kindern auch erfüllt werden sollte“, sagt sie. Es gehe nicht um Masse. Jedoch sei das Schenken etwas Schönes und gehöre zum Fest dazu.

„Eltern dürfen auch gern sagen, dass nicht alles erfüllt werden kann“, sagt die Expertin. Den einen „Herzenswunsch“ müssten Eltern auf langen Wunschzetteln teils auch erst identifizieren: Oft seien es Wünsche, die schon lange und immer wieder geäußert würden. Wenn man sich für weniger oder keine Geschenke entscheide, solle das vorab angesprochen werden, um die Absicht dahinter zu erklären und Enttäuschungen zu vermeiden, sagt Lüthge. „Ich würde solche Sachen immer an den Familientisch holen.“ (dpa)

17 Antworten auf “Psychologin: „Zeit und Aufmerksamkeit haben für Kinder mehr Wert als materielle Geschenke“”

  1. Eiflerin

    Ja, Liebe und Zuneigung sollte jedem Kind zu teil werden. Aber heute zählt e mehr Geschenke umso besser. Kinder sehen ihre Kinder nicht mehr oft, die Mutter muss heut zu Tage arbeiten gehen damit die Familie ohne Sorgen leben können. Wo ist da der Staat, wo kann eine Mutter noch Zuhause bleiben und die Kinder selbst erziehen? Warum den Familie nicht finanziell helfen, damit die Eltern ihre Kinder nicht durch große Geschenke, sondern durch Liebe ihre Zuneigung zeigen.

    • Wollten Frauen nicht Gleichberechtigung, Frauenquote, Selbstverwirklichung im Beruf ,…..Schon vergessen ?
      Bei der ersten Gelegenheit schreit die erste :“Wo ist da der Staat, wo kann eine Mutter noch Zuhause bleiben und die Kinder selbst erziehen? „

  2. Die Welt hat sich verändert (tat sie schon immer).
    Erwerbsmodelle des 19. und 20. Jahrhunderts (Mithelferin in der Landwirtschaft, Nebenerwerbslandwirtin eines arbeitenden Mannes, Näharbeiten, …) sind in dieser Form nicht mehr nachgefragt. Kann aber wieder kommen, doch herrscht bei Berufen der Haushalts- und Pflegeunterstützung Arbeitskräftemangel.
    Eine weitere Veränderung ist der Abschied vom Konzept Küche und Kinder für die Frau, gegebenenfalls bereichert um Hilfsarbeiten. Um wahrzunehmen, dass Frauen eine erfolgreiche Schul- und Berufsausbildung möglich ist, dass Frauen in eigentlich allen Berufen ihren Mann stehen, muss man kein ausgeprägter Feminist oder Quotenanhänger sein.

    Einschub: die bewusst gewählten Zitate von Klischees des Vorhergehenden verdienten eigentlich Anführungszeichen; das wären aber recht viele geworden.

    Bedenklich erscheint mir der Ruf nach dem Staat; im belgischen Falle eines Staates der unter Überschuldung leidet (die sich – um den üblichen Schmähkommentaren vorzugreifen – auch nicht mit einem Gehaltsverzicht der gesamten DG-Führung und -Verwaltung lösen lässt).
    Der Staat (gleichlautend mit die Gesellschaft) hat eine Verantwortung folgende Themen zu unterstützen:
    – Sicherstellung, dass daheim bleibende Mütter auch eine angemessene Rente erhalten
    – Sicherstellung, dass Familien mit Kindern nicht finanziell bestraft werden (das sollte aber meiner Meinung nach über fiskalische Massnahmen geregelt werden und nicht über verwaltungsaufwändige Ersatzleistungen)
    – Ermöglichung von Alternativangeboten bei Haus- und Pflegedienstleistungen (Krippen, Haushaltshilfen, …).
    Aufgabe des Staates darf es nicht sein, jegliches alternative Lebensmodell zu bezuschussen. „Jeder nach seinen Möglichkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen“ wurde schon des öfteren versucht und scheiterte. Wem ein Lebensmodell wie das Ihrige am Herzen liegt (das ist keineswegs zu verdammen), der muss aber auch bereit sein, die Konsequenz des Ein-Einkommen-Haushaltes zu tragen (kleinere Brötchen). Für ein kostenfreies Bildungsangebot des Nachwuchses sorgt der Staat.

    Es ist weder im Interesse des Staates, noch der Gesellschaft und noch der Frauen (als Einzelne oder als Gruppe) wieder in Konzepte von Geburts- und Herdprämien (mit all ihren Verwerfungen) zurückzufallen.

  3. peter Müller

    Weil es einfacher für die Eltern ist. Für Zeit mit den Kindern zu verbringen, haben viele keine Lust, genau wie den Haushalt führen. Da lieber jeden Morgen gestylt zur Arbeit fahren und den Tag sorglos zu verbringen. Dann aber jammern das man das alles nicht schafft.
    Wenn man richtig kalkulieren, und auf einigen Luxus verzichten würde, könnte die Frau Halbtags oder sogar ganz zuhause bleiben. aber es muss so oft es geht, in Urlaub gehen. Zweites Auto ,Klamotten, Handys und sonstiges sein. Die Meisten Frauen gehen nur für den Luxus arbeiten, und ihren Kinder mit dem Geld einen Ausgleich zu schaffen.

    • „Weil es einfacher für die Eltern ist.“ (mag sein, muss aber nicht sein)
      „Für Zeit mit den Kindern zu verbringen, haben viele keine Lust …“ (Mütter, Väter, beide?)
      „… genau wie den Haushalt führen.„ (Meinen Sie hier eher die Mütter?)
      „Da lieber jeden Morgen gestylt zur Arbeit fahren …“ (Wie gestylt man zur Arbeit fährt, hängt wohl sehr vom Beruf ab)
      „… und den Tag sorglos zu verbringen.“ (Wenn sich diese Sorglosigkeit bestätigt, stellt dies die Attraktivität eines Arbeitsplatzes heraus. Dann wird Arbeit in der Tat eine attraktive Alternative zur „Sorge“ mit Kindern. Worauf Ihr Verständnis von Arbeit und Arbeitsplätzen beruht, erschließt sich mir aber nicht.)
      „Dann aber jammern das man das alles nicht schafft.“ (Jammern liegt in der Natur des westeuropäischen Menschen).
      „Wenn man richtig kalkulieren, und auf einigen Luxus verzichten würde, …“ (Korrekt. Wenn, dann ergeben sich alternative Ansätze. Und wenn diese dann tatsächlich gewollt sind, erübrigt sich auch das Jammern.)
      „… könnte die Frau Halbtags oder sogar ganz zuhause bleiben.“ (Die Frau; dann ist ja alles klar: Küche und Kinder. Beantwortet meine Fragen zum zweiten und dritten Zitat.)
      „… aber es muss so oft es geht, in Urlaub gehen. Zweites Auto ,Klamotten, Handys und sonstiges sein. Die Meisten Frauen gehen nur für den Luxus arbeiten, und ihren Kinder mit dem Geld einen Ausgleich zu schaffen.“ (An dem Wunsch aus mehr Arbeit einen Nutzen zu ziehen, ist ja nichts Verwerfliches. Diesen Nutzen zu Lebzeiten zum Teil mit den Kindern zu teilen, erscheint mir auch ok. Erinnerungen an einen gemeinsamen Urlaub wiegen vielleicht mehr als die Erbbescheinigung des Notars.)

      Mit Sicherheit ist Verzicht eine ehrenhafte Lebensform und kann auch Glück im Umfeld des Verzichts entstehen. Wenn der Verzicht jedoch den Verzicht der Mütter auf ein anderes Dasein als „Küche und Kinder“ beruht voraussetzt, erscheint er mir sehr diskutierbar.

      • Ich bezog mich auf Ihre sonstigen ellenlangen Ergüsse hier. Unten das beste Beispiel. Sie können sich ja nicht kurz fassen. Sie erinnern mich an einen berühmten DG-Politiker, der sich auch als Magnus imperator versteht, und redet, und redet, und redet, und sich so gern selber zuhört. Sie werden wohl wissen wen ich meine. Obwohl, es sind 2, die den Ruf haben und, ohhh Wunder, beide haben die selbe Funktion gehabt, bzw. einer davon hat sie noch. Also, mein Dritter ist?

        • Da hatten Sie wochenlang lesefrei und nun schon gleich wieder meckern. Tipp für Ihr vorweihnachtliches Wohlergehen: wenn Sie unter dem Punkt mehr als 4 Zeilen entdecken, zum nächsten Kommentar übergehen. Ich für meinen Teil lese und kommentiere auch weiterhin gequirlte Kacke, ob nun kurz und prägnant oder länger ausgeführt.

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