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Welttoilettentag: Vom Donnerbalken zum Luxus-Klo

09.11.2025, Namibia, Ngepi Camp: Eine Freilicht-Toilette steht im Ngepi Camp. Das Camp am Okavango River ist für verschiedene ausgefallene "stille Örtchen" bekannt. Der jährlich am 19. November begangene Welttoilettentag erinnert daran, dass Milliarden Menschen weltweit keinen Zugang zu sicheren Sanitäranlagen haben. Foto: Brian Walker/dpa

An diesem Mittwoch, dem 19. November, ist Welttoilettentag. Dieser Tag erinnert daran. Dass heute Milliarden Menschen weltweitnnoch immer keinen Zugang zu sicheren Sanitäranlagen haben. Andere nutzen High-Tech-Klos. Da lohnt sich eine Reise durch die Historie des stillen Örtchens.

Wenn es dringend wird, ist sie plötzlich das Wichtigste der Welt: die Toilette. Ob als einfache Schaufel im Freien, hölzerner Donnerbalken oder hochmodernes Keramik­wunder mit Dusch- und Trocknungsfunktion – die Menschheit hat im Lauf der Geschichte viele Lösungen gefunden, um sich Erleichterung zu verschaffen.

Eine Notwendigkeit, die alle Menschen verbindet, quer durch Jahrtausende und Kontinente. Was für viele selbstverständlich ist, bleibt aber für Milliarden Menschen bis heute unerreichbar.

Der jährlich am 19. November begangene Welttoilettentag erinnert daran, dass rund 3,4 Milliarden Menschen weltweit keinen Zugang zu sogenannten „safely managed sanitation services“ haben – also Toiletten, die nicht mit anderen Haushalten geteilt werden und deren Abwasser sicher entsorgt wird, so dass Gesundheit, Würde und Sicherheit gewährleistet sind. 354 Millionen Menschen müssen ihr Geschäft laut Weltgesundheitsorganisation WHO noch immer im Freien verrichten.

15.08.2024, Thailand, Bangkok: Der Toilettendeckel einer Toilette ist geöffnet. Foto: Carola Frentzen/dpa

„Wir brauchen Toiletten für alle, überall», schrieben die Vereinten Nationen in einer Mitteilung. «Egal, wie sich die Welt verändert, manche Dinge bleiben unverändert – unser Bedürfnis nach Toiletten gehört dazu.“

– Mit Schaufel und Spaten: Damit erinnert der Welttoilettentag auch daran, dass der Anfang der Toilettengeschichte vielerorts bis heute fortgeschrieben wird: eine Schaufel, ein Fleck Erde – und sonst nichts.

Schon in der Frühzeit der Menschheit war das die gängigste Lösung. Ob auf Wanderzügen, beim Hüten von Tieren oder am Rand kleiner Siedlungen – die Schaufel gehörte im Alltag dazu wie der Wasserkrug oder das Feuerholz. Auch viele Armeen gruben über die Jahrhunderte Latrinen aus, oft mit Spaten und einfachsten Mitteln. Schnell, funktional und mit möglichst wenig Geruch.

– Schulter an Schulter im alten Rom: Speziell die alten Römer zeigten aber, dass man aus der Not auch eine Tugend machen kann: In öffentlichen Latrinen saß man damals – in praktische Togas gehüllt – Schulter an Schulter, ganz ohne Trennwand. Unter den Sitzen plätscherte Wasser, das die Hinterlassenschaften davontrug.

Statt Toilettenpapier wurde ein Schwamm am Stiel eingesetzt, „tersorium“ genannt, wie die Anthropologin Ann Olga Koloski-Ostrow in einem Bericht des „Smithonian Magazine“ erläuterte. Hygiene war das nicht im modernen Sinne – aber gesellig war es allemal. „Man kann viel über eine Kultur erfahren, wenn man sich anschaut, wie sie ihre Toiletten benutzte“, betonte Koloski-Ostrow.

30.11.1999, Italien, Ostia: Blick auf die wieder ausgegrabene antike Bedürfnisanstalt (latrina publica) in Ostia Antica (Italien), der einstigen römischen Hafenstadt. Foto: Kurt Rohwedder/dpa

– Dusche von oben im Mittelalter: Im europäischen Mittelalter wurde das Geschäft zur Mutprobe: In den Städten verwendeten viele Menschen Nachttöpfe. Die Straßen hatten offene Abflüsse – Kanäle, die die Straßen entlangführten. Der Inhalt des Töpfchens wurde einfach aus dem Fenster gekippt. Nicht selten erschallte dabei der französische Ausruf „Garde à l’eau!“ (Achtung, Wasser!). Wer unten vorbeilief, riskierte eine unliebsame Dusche – oder Schlimmeres. In Burgen oder Klöstern gab es hingegen Klos in Form von Erkern. Auch hier fiel das Geschäft meist einfach umstandslos von oben in die Burggräben.

– Der Siegeszug des Wasserklosetts: Ein Meilenstein war dann die Spültoilette: John Harington, Patenkind von Königin Elizabeth I., soll 1596 ein Wasserklosett erfunden haben – doch das Gerät blieb zunächst ein Kuriosum. Erst mit der Industrialisierung und dem Bau moderner Kanalisationen im 19. Jahrhundert trat das „Water Closet“ seinen Siegeszug an. Damit wurde die Toilette – samt Siphon zur Geruchsvermeidung – nicht nur bequemer, sondern auch ein wichtiger Verbündeter der öffentlichen Gesundheit.

Im viktorianischen Zeitalter war das Badezimmer dann plötzlich schick – zumindest bei den Reichen: Hübsch verzierte Porzellanschüsseln zeigten Geschmack und Fortschritt. Wer etwas auf sich hielt, ließ sich ein besonders elegantes Modell einbauen – das stille Örtchen wurde repräsentativ.

– Hightech-Klos aus Japan: Heute ist die Toilette in manchen Teilen der Welt längst Hightech. Vor allem in Japan: beheizte Sitze, Düsen für die perfekte Reinigung, ein sanfter Luftstrom zum Trocknen, automatische Deckel, die sich wie von Zauberhand selbständig öffnen und schließen, und musikalische Untermalung gehören zum Standard. Parallel gewinnt Nachhaltigkeit an Bedeutung: Komposttoiletten und Modelle mit Wasser-Recycling gelten als Zukunftslösungen für eine wachsende Weltbevölkerung.

Foto: Shutterstock

Doch während ultramoderne Toiletten mit Sitzheizung, integrierter Bidet-Funktion und Geruchsabsaugung in reicheren Nationen immer populärer werden, bleibt die Wirklichkeit anderswo dramatisch: Unsichere Sanitär- und Hygienesituationen sind mitverantwortlich für Krankheiten wie Durchfall, Cholera und Typhus – besonders bei Kindern.

– Warnung der Vereinten Nationen: So sterben laut aktuellen Zahlen der WHO täglich rund 1.000 Kinder unter fünf Jahren an Krankheiten, die auf eine unzureichende Sanitärversorgung, unsicheres Wasser und mangelnde Hygiene zurückgehen. Bei der derzeitigen Fortschrittsrate werden laut UN im Jahr 2030 immer noch drei Milliarden Menschen ohne sichere Toiletten leben.

Zahlen klingen immer trocken – doch ihre Folgen sind es nicht: Wenn kein sicherer Ort zum Verrichten der Notdurft vorhanden ist, steigt nicht nur das Risiko für Erkrankungen. Es hat auch etwas mit Menschenwürde zu tun. Von der Schaufel bis zum Spülknopf: Die Toilette ist ein Spiegel der Zivilisation. Sie erzählt eine Geschichte von Hygiene, Erfindergeist und Fortschritt – und einer Menschheit, in der Luxus und erschütternde Armut noch immer nebeneinander existieren. (dpa)

Eine Antwort auf “Welttoilettentag: Vom Donnerbalken zum Luxus-Klo”

  1. Johann-Peter Prötter

    Meine Erinnerungen gehen zurück bis in den Fünfzigern. Damals war „das Häuschen“ noch über der Jauchengrube, es stanf im grossen Misthaufen draussen! Daher waren die Besuche oft ziemlich kurzer Art, schon alleine iin der jetzigen Herbst- und Winterzeit. Das alte Grenz Echo, sowie die St Viter Zeitung lagen parat als Kloopapier, da es die Rollen von heute noch nicht gab. Der einzige Zirrat an der Türe war das kleine Herzförmige Guckloch, die Tür selber wurde von innen mit einem „Kramp“ verriegelt, indem der in einer Schlaufe eingehackt wurde. Das Häuschen wurde des öfteren als Ziel gewählt, und mit Steinen beworfen, je nach Insassenperson. Von Vorteil war: kein unnötiger Wasserverbrauch, da ja sogut das „Häufchen, wie auch die Flüssigkeit“, beides in die Jauchgrube darunter verschwanden!
    Was waren dass noch Zeiten?!

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