Gesellschaft

Warum hören in Belgien immer mehr Sterneköche auf?

Ein Sternekoch und seine Frau bei der Arbeit. Illustrationsfoto: Shutterstock

Das VRT-Onlineportal flanderninfo.be veröffentlichte am  Sonntag einen sehr interessanten Artikel zu einem nicht minder interessanten Thema. Die Frage lautete: „Sterneköche hören auf oder entscheiden sich für ein anderes Konzept: Was ist mit der Gastronomie los?“

Anlass des Artikels war die Tatsache, dass an diesem Wochenende Küchenchef Bart Desmidt zum letzten Mal in seinem Zwei-Sterne-Restaurant Bartholomeus in Knokke kocht. Und dies sei keineswegs eine Ausnahme.

Noch vor wenigen Jahren sei es undenkbar gewesen, dass ein Sternekoch sein Luxusrestaurant aufgeben würde, schrieb flanderninfo.be.

Diverse Michelin-Führer liegen aus. Foto: Shutterstock

Desmidt hört zwar nicht mit dem Kochen auf, sondern präsentiert im Februar 2020 im gleichen Gebäude ein neues, besser zugängliches Restaurant-Konzept. „Ich bin fünfzig Jahre alt und möchte so lange wie möglich arbeiten, also möchte ich es etwas ruhiger angehen“, wird der Gastronom in dem Artikel zitiert.

Laut flanderninfo.be ist Bart Desmidt nicht der erste Koch, der in den letzten Jahren sein Sterne-Restaurant geschlossen hat. Auch Kobe Desramaults (In De Wulf, 1 Stern), David Bertolozzi (Berto, 1 Stern), Luc Bellings (Am Tisch von Luc Bellings, 2 Sterne), Geert Van Hecke (Der Karmeliter, 3 Sterne) und Gert De Mangeleer (Herzog Jan, 3 Sterne) hätten sich von ihrem Sterne-Restaurant losgesagt. Und vor einigen Tagen sei bekannt geworden, dass Desramaults sein Restaurant Chambre Séparée Ende 2020 schließen werde.

Von einem Sterne-Restaurant wird man nicht reich

In den belgischen Sternerestaurants ist offensichtlich nicht alles so toll, wie es von Gastronomie-Journalisten dargestellt wird. Wenn alljährlich Michelin seine Sterne vergibt und seine neuen Führer veröffentlicht, erinnert der Rummel um dieses Event an die Oscar-Verleihung in Los Angeles. Vor lauter Glamour werden die Schattenseiten gerne übersehen.

„Es ist harte Arbeit, und es sind lange Tage, die Arbeitskosten in unserem Land sind hoch, und manchmal fällt es einem schwer, Personal zu finden. Es gibt viele mögliche Gründe“, zitiert das Online-Portal der VRT Peter Goossens vom Drei-Sterne-Restaurant Hof van Cleve in Kruishoutem (zwischen Waregem und Gent).

„Heutzutage muss man oft sehr viele und individuelle Wünsche seiner Kunden berücksichtigen.“ Foto: Shutterstock

Es gebe auch gesundheitliche Gründe. Hart sei der Job des Kochs auch deshalb, weil er ständig stehe, was für die Gelenke sehr belastend sei.

Der Gastronomie-Journalist Bruno Vanspauwen von der flämischen Tageszeitung „De Standaard“ kommt ebenfalls zu Wort: „Heutzutage muss man oft sehr viele und individuelle Wünsche seiner Kunden berücksichtigen, zum Beispiel Allergien, von denen man nicht immer weiß, ob sie echt sind. Vielleicht schmeckt ihnen das einfach nicht. Dies hat sich in letzter Zeit dramatisch erhöht und macht die Arbeit des Kochs nicht einfacher. Hinzu kommt der Stress, Sterne oder andere Auszeichnungen zu verlieren, was ernste finanzielle Folgen haben kann.“

Last but not least spielt das Geld eine Rolle. „Von einem Sterne-Restaurant wird man nicht reich“, so der Tenor. In der Tat hat schon so mancher Restaurant-Besitzer die Erfahrung gemacht, dass ein Bistro oder eine Brasserie mit Gerichten von gastronomischer Qualität und zu annehmbaren Preisen unter Umständen finanziell mehr einbringt als ein Spitzenrestaurant. (cre)

20 Antworten auf “Warum hören in Belgien immer mehr Sterneköche auf?”

  1. Peer van Daalen

    „“Heutzutage muss man oft sehr viele und individuelle Wünsche seiner Kunden berücksichtigen, zum Beispiel Allergien, von denen man nicht immer weiß, ob sie echt sind. … Dies hat sich in letzter Zeit dramatisch erhöht und macht die Arbeit des Kochs nicht einfacher.“

    In Aachen gibt es ein allerfeinstes 0-Sterne-Restaurant, wo man auf die Frage nach den möglichen Allergenen die Antwort bekommt, “ Wir sind ein Restaurant und keine Krankenhausküche !!! Herrlich, das Geglotze danach am Tisch …

  2. Marcel Scholzen eimerscheid

    Manchmal ist weniger auch mehr.

    Durch die Jagd nach Prestige, Auszeichnungen, Ruhm und Ehre ist man nicht mehr sein eigener Herr. Man wird zum Sklaven. Die Lebensqualitaet bleibt auf der Strecke. Ein gutes Mittelmass zu halten ist einfacher als staendig Hoechstleistungen zu bringen. Das kann Burnout zur Folge haben.

    Schon der altgriechische Philosof Diogeness hatte sich seine Gedanken darueber gemacht.

    • karlh1berens

      Ich hab sogar mal in einem Sternerestaurant eine geile Party abgefeiert und weder bezahlt noch angeschrieben. Die Tischnachbarn waren allerdings auch alles nette Leute.
      Und die Bar neben dem Bett habe ich auch noch „aufgeräumt“

      ( ͡° ͜ʖ ͡°)

      • Na da sind Sie wohl noch stolz drauf, Herr Berens?!?!?! Geil abfeiern und dann nicht zahlen! Sie sind doch kein Deut besser als unsere politische Klasse. Ich hoffe, sie bekommen niemals die Chance, politisch etwas zu sagen.

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