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Warum die 6. Staatsreform das Ausfüllen der Steuererklärung noch komplizierter macht…

Ein Mann erstellt seine Steuererklärung: Rund die Hälfte des Einkünfte muss er an den Staat abführen. Foto: Shutterstock

Steuerberater haben in diesen Tagen und Wochen jede Menge zu tun – mehr noch als normalerweise um diese Zeit. Der Grund: Wegen der 6. Staatsreform ist das Ausfüllen der Steuererklärung komplizierter geworden.

Wegen der 6. Staatsrefom hatten bereits die Steuerrückzahlungen verschoben werden müssen. Die Steuererklärungen müssen bis spätestens Ende des Monats eingereicht sein, wenn sie auf Papier ausgefüllt werden. Wer sie online ausfüllt, via Tax-on-web, hat bis zum 15. Juli Zeit.

„Ostbelgien Direkt“ sprach darüber mit einem Experten: Fabrice Paulus von der THG Services AG.

OD: Herr Paulus, es heißt, Buchhalter und Steuerberater müssten in diesem Jahr mehr Steuerpflichtigen beim Ausfüllen ihrer Steuererklärung helfen, weil diese noch komplizierter geworden seien. Können Sie das bestätigen?

Paulus: Ja, richtig. Im Vergleich zu den letzten Jahren sind die Anfragen zum Ausfüllen der Steuererklärung gestiegen. Die Zunahme bleibt jedoch überschaubar, da immer noch viele Personen ihre Steuererklärung selber ausfüllen möchten.

OD: Und welches sind die Gründe dafür, dass die Steuererklärungen komplizierter geworden sind?

Fabrice Paulus von der THG Services AG. Foto: OD

Fabrice Paulus von der THG Services AG. Foto: OD

Paulus: Der wesentliche Grund ist natürlich die 6. Staatsreform. Ab diesem Jahr sind die Regionen zuständig für mehrere Steuerermäßigungen, allen voran der sogenannte „Wohnungsbonus“, aber auch für die Dienstleistungsschecks oder die Ermäßigung für die Isolation des Dachs. Ein Punkt, der besonders für Grenzgänger wichtig ist: Zusätzlich zu der Angabe von Bankkonten im Ausland auf der Steuererklärung muss ab diesem Jahr auch die zentrale Kontaktstelle der Belgischen Nationalbank über die Bankkonten im Ausland informiert werden. Dies ist zwar nicht über die Steuererklärung möglich, doch muss der Steuerpflichtige auf der letzten Seite der Steuererklärung bestätigen, dass er dies auch gemacht hat. (Weitere Infos unter http://www.cappcc.be)

OD: Ist das irgendwo auch typisch für Belgien? Man macht eine Reform, und alles wird komplizierter. Hat der Staat nicht auch wegen der 6. Staatsreform die Rückzahlung von Steuerüberschüssen aufschieben müssen?

Paulus: Reform bedeutet sinngemäß Umgestaltung. Das Steuerrecht wurde durch die 6. Staatsreform entsprechend „umgestaltet“, jedoch nicht vereinfacht. In der Tat hat das Steueramt mitgeteilt, dass von denjenigen, die eine Steuerrückzahlung für ihre Einkommen 2014 erwarten, wohl keiner in 2015 eine Erstattung erhalten wird, sondern erst nächstes Jahr in 2016. Als Grund wird die nunmehr komplizierte Berechnung der Steuerermäßigungen, die einerseits föderal und anderseits regional sind, genannt.

OD: Gibt es etwas, was man den Steuerpflichtigen in Bezug auf das Ausfüllen ihrer Steuererklärung empfehlen könnte?

Alle Jahre wieder ist die Steuererklärung fällig. Foto: dpa

Alle Jahre wieder ist die Steuererklärung fällig. Foto: dpa

Paulus: In diesem Jahr muss besonders gut aufgepasst werden, in welchen Kode etwas eingetragen wird. Durch die Regionalisierung der Einkommenssteuer sind neue Felder auf der Steuererklärung hinzugekommen, die mit 3 und 4 beginnen. So ist für den „Wohnungsbonus“ der eigenen bewohnten Wohnung nicht mehr wie in den Vorjahren der Kode 1370 (2370) auszufüllen, sondern der neue regionale Kode 3370 (4370). Dabei kann man sich schnell verschreiben und der Steuerpflichtige erhält eine deutlich geringere Steuerermäßigung.

OD: Ihr Tipp?

Paulus: Mein Tipp ist, dass man die Steuererklärung sehr gut und lieber einmal zu viel nachlesen sollte, als auf einige hundert Euro Steuerermäßigung zu verzichten. Im Zweifelsfall sollte man einen Experten oder Steuerberater kontaktieren.

OD: Steuerberater sind ja nicht billig. Also ziehen viele Steuerzahler es vor, selbst die Steuererklärung auszufüllen. Der Steuerpflichtige kennt aber längst nicht alle Tricks und Schlupflöcher. Kann es sein, dass dies letztlich finanziell auf das Gleiche rauskommt, ob man die Steuererklärung selbst ausfüllt oder einen Steuerberater damit beauftragt?

Paulus: Für Selbstständige und Unternehmer ist es immer von Vorteil, die Steuererklärung vom Steuerberater ausfüllen zu lassen. Aber auch für einfache Angestellte oder Arbeiter kann es durchaus von Vorteil sein, einen Steuerberater aufzusuchen, um die ein oder andere Sache steuerlich zu optimieren. Heutzutage ist es für den einfachen Bürger fast unmöglich, alle steuerlichen Abzugsmöglichkeiten zu kennen.

OD: Was müsste geschehen, damit jeder Steuerpflichtige ohne Probleme die Steuererklärung selbst ausfüllen kann, ohne dabei Gefahr zu laufen, Fehler zu machen oder Geld zu verlieren? In Deutschland hat der CDU-Politiker Friedrich Merz mal gefordert, dass man die Steuererklärung auf einem Bierdeckel ausfüllt…

Die Startseite von "Tax-on-Web": Wer seine Steuererklärung online ausfüllt, hat Zeit bis zum 15. Juli 2015.

Die Startseite von „Tax-on-Web“: Wer seine Steuererklärung online ausfüllt, hat Zeit bis zum 15. Juli 2015.

Paulus: Ein erster Schritt ist ja bereits gemacht. Für Personen, deren steuerliche Situation einfach ist (u.a. Studenten und Pensionäre), hat das Steueramt vor einigen Jahren damit begonnen, „Vorschläge der vereinfachten Steuererklärung“ zu verschicken (über 2 Millionen in 2015).

OD: Und wie sehen die Vorschläge konkret aus?

Paulus: Wenn der Steuerpflichtige mit den angegebenen Angaben einverstanden ist, braucht er nichts weiter zu unternehmen. Wenn nicht, muss er wie jeder andere auch seine Erklärung in der gesetzlichen Frist – auf Papier oder via Tax-on-web – einreichen. Schlagwörter wie „Bierdeckel“ oder „Flat-rate-tax“ kommen vielleicht gut im Wahlkampf an, doch dafür müsste das Steuerrecht erheblich abgeändert werden. Wie schwer so etwas ist, zeigt die aktuelle Diskussion um den „Tax-shift“ in Belgien. So lange ein Steuerpflichtiger in den Genuss von Steuerermäßigungen kommen will, wird auch eine Steuererklärung auszufüllen sein, da führt derzeit kein Weg drum herum. Eine interessante Methode gibt es in Luxemburg. Dort können Haushalte, die unter einer gewissen Einkommensgrenze liegen, auf das Einreichen einer Steuererklärung verzichten. Nur der Berufssteuervorabzug wird dem Lohnempfänger monatlich von seinem Gehalt abgehalten. (cre)

20 Antworten auf “Warum die 6. Staatsreform das Ausfüllen der Steuererklärung noch komplizierter macht…”

  1. Steuererklärung? Und das zur schönsten Sommerzeit? Wenn draußen die Sonne scheint? Und man sich eh um die Kinder kümmern muß, die voll in den Prüfungen stecken?
    Entweder sorgt der Staat, dass alle Unterlagen, Erklärungsvordrucke, usw., dem Bürger Ende Februar schon vorliegen, und dann machen wir das Ding für Ende April, oder diese gewaltige Beschäftigungstherapie für Staatsversorgte wird auf Ende Oktober verschoben.
    Warum müssen wir Bürger überhaupt so ein beklopptes Formular mit 21 Siegeln ausfüllen? Der Staat kennt doch sowieso die genauen Einkünfte von jedem, dank Lohnkarten, automatischen Kassen über Standleitungen zum Finanzamt, Sozialbeitragserklärungen, monatlichen oder dreimonatlichen Mehrwertsteuererklärungen, Internationalen Bankmitteilungen, usw usw usw.
    Man erkennt, worum sich unsere Volksvertreter wie Lambertz, miesen Siquet und Co bemühen: mehr Zuständigkeiten, mehr Steuern, und für sich selbst mehr Diäten und mehr Entschädigungen!

  2. Réalité

    @?

    Ist schon richtig von Ihnen,?.Die Politik wird es da wohl viel einfacher haben.Die werden nicht so komplexe Formulare ausfüllen müssen.Aber wie schon immer,muss der kleine Mann herhalten.Das „Komplizierte“ ist wie mit so vielem.Desto mehr Instanzen und Verantwortliche,desto mehr Paragraphen,Klauseln und Verpflichtungen.
    Da will jede Instanz und mit dieser jeder Verantwortliche seine Ideen und Vorschläge rein boxen.Anstatt mal gewisses ganz anders zu machen und vor allem einfacher.Und vieles ginge schneller,vor allem billiger,da Personal eingespart würde.

  3. Zaungast

    Was hat man uns nicht alles versprochen, im Zusammenhang mit den immer schneller aufeinander folgenden Staatsreformen.

    Bürgernähe, Transparenz, kurze Wege, Gerechtigkeit, Einsparungen, ja, und vor allem Vereinfachung.

    Das Resultat ist ernüchternd, war aber zu erwarten. Immer, wenn Politik und Verwaltung solche Schlagwörter in den Mund nehmen, kann man sicher sein, dass das Gegenteil dabei herauskommt.

    Letztes Beispiel: die LKW-Maut, deren Berechnung höhere Mathematik ist und die wie üblich dem Verbraucher auf den Rücken gepackt werden wird.

  4. Kan niet verstan?

    Wir,die Bürger,sind ja die Arbeitgeber der Politik.
    Anstatt uns zu dienen,nützen Sie uns aus bis zum geht nicht mehr.Sie verdienen weidlich,haben jede Menge Vorteile und Vergünstigungen.Das genügt noch immer nicht.Es wird immer noch drauf gelegt.Neue Steuern,obschon wir schon an der Spitze in der ganzen Welt liegen.
    Wenn man alleine sieht was da noch alles an Personal für die DG gesucht wird.In Erwartung der Kompetenzerweiterungen.Jede Menge Leute,und dazu noch keine billige.
    Die reinste Geldverschwendung,gerade weil wir hier so eine kleine Region sind.
    Da haben die damaligen Erfinder dieses Konstrukts so richtig drin gehauen und sich die tollsten Nester für die Zukunft selber gebaut.Eine regelrechte Fehlkonstruktion und Geldvernichtungsmaschine das ganze.
    Das gute Geld könnte sehr viel besser an wichtigeres verwendet werden.

  5. Baudimont

    Wenn wir endlich die Verschwendung von Steuergeldern unter Strafe stellen und Politiker und Beamte dafür konsequent zur persönlichen Verantwortung gezogen und Subventionen konsequent gestrichen werden, dann brauchen wir weniger Bürokratie, dann können wir auf steuereinnahmen komplett verzichten. Und jeder Bürger hat für sich und seine Familie wieder mehr Geld in der Tasche (+70 %) und Steuererklärung wird Vergangenheit !

    http://www.kath.net/news/41824

    • Baudimont

      Wenn mir jemand etwas (auch meine Zeit) wegnehmen will, das mir gehört, für das ich gearbeitet habe und ins Risiko gegangen bin dann ist das Diebstahl. Wenn es unter Androhung von Gewalt geschieht, sogar Raub.

  6. Eupener60

    Es ist schon richtig , dass es komplizierter geworden ist , die Steuererklarung auszufullen , aber ich vermisse in ihrem Artikel den Hinweiss , daß man auch bis Ende Juni jeden Tag von 9 bis 15 Uhr im Steueramt Eupen zum Ausfullen der Steuererklarung gehen kann , und das KOSTENLOS

  7. ist doch so!

    @ kann niet verstan? sie dürfen nicht vergessen, dass das Volk so gewählt hat. die Politiker fühlen sich in ihrem amt bestätigt und sogar ermuntert, diese Handlungsweisen weiterhin zu praktizieren. nur eine volksbestimmung kann dieses festgefahrene systhem verändern, sonst bleibt es wie es ist…

    • Baudimont

      @ist doch so!

      Es gibt NICHT das Wahlkreuz:

      NICHT einverstanden unter dem System der Regierung zu leben.
      Es ist NICHT gut und NICHT richtig, dass einige Menschen, die im Namen des Staates Gesetze verabschieden und Gewalt dazu einsetzen, um diejenigen Menschen zu bestrafen, die sich nicht daran halten.

    • ist doch so,oder nicht

      „nur eine Volksabstimmung kann das kann das festgefahrene System verändern“, möglich aber nicht sicher, da der Eine oder Andere, das verkorkste System gar nicht durchblickt

    • Réalité

      @ist doch so!

      Hat das Volk so gewählt?Glaub ich wohl nicht,@ist doch so!
      Die Politiker haben sich so zusammen gebracht.
      Das Volk ist nicht schuld!
      Das ist zu billig,der Ausdruck.
      Das hatten wir schon öfter so.Ganz krass vor vielen Jahren,wo die drei kleinsten ganz schnell zusammenkrochen,und die stärkste Partei im Regen stand.
      Das war sicher nicht nach des Wählers Wille!
      Auch diesmal wieder bei den DG Wahlen.
      Da waren zum Schlusse sogar die Verlierer die Gewinner!
      Siehe besonders die Partei unseres scheidenden MP’s Lambi.
      Dabei hat diese sich danach auch noch die Filetstücke des Bratens besorgt,obschon Verlierer,und zuvor an der Macht gewesen.
      Auch kein grosses Ruhmesblatt der damals anderen Parteien!Aber nur die Macht zählt.
      So ein System gibt es nur in Belgien.
      Überall anderswo in der ganzen Welt,ist zuerst mal die grösste Partei am Ruder,und konsultiert die kleineren danach.
      Es wäre sowieso allerhöchste Zeit in Belgien ein paar Dinge zu ändern!

      Nämlich:
      -Nach zwei Perioden Schluss.
      -Quotenregel,so Fünf % Klausel.Alles darunter kommt nicht rein.

      Mit diesen Entscheidungen wäre schon vielem späteren Ungemach der Riegel vorgeschoben!

  8. Jockel Fernau

    Was sind wir doch herrlich konditioniert. Inzwischen gehen wir sogar freiwillig online und sagen „Bitte, oh großartiger Staat (Sein Name sei geheiligt!), hier hast du all meine Daten, all meinen Verdienst, all meinen Besitz! Nimm, was du willst, du großer Staat! Oh, eine facebook-Nachricht…“

  9. Alemannia4ever

    Wenn ich in diesem Jahr 2015 meine Einkünfte aus dem vorigen Jahr 2014 deklariere, dann erhalte ich nächstes Jahr 2016 eine Rückzahlung. War doch schon immer so und hat nix mit der 6. Staatsreform zu tun.

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