Was bis 2002 in der Formel 1 das Warm-up war, nämlich ein kurzes Aufwärmen vor dem Rennen, ist im Parlament der DG die Debatte über die „Gemeinschaftspolitische Erklärung der Regierung“, die der Ministerpräsident traditionsgemäß anlässlich der Eröffnung der neuen Sitzungsperiode im September abgibt.
Die Debatte über die Regierungserklärung von Oliver Paasch (ProDG) eine Woche später ist ein Aufwärmen im Hinblick auf den mehrtägigen Haushaltsmarathon im Dezember.
Am Montag gab sich denn auch die Opposition im PDG besonders angriffslustig. Für die Vivant-Fraktion stiegen mit Michael Balter, Diana Stiel und Elena Peters sogar drei Mitglieder in den Ring.

Vivant-Fraktionssprecher Michael Balter (M) mit Elena Peters (l) und Alain Mertes (r). Foto: Patrick von Staufenberg
Balter regte sich sogleich darüber auf, dass Paasch in seiner Regierungserklärung die DG als „Anker der Stabilität“ bezeichnet hatte.
„Die DG ist prozentual zum Einkommen der höchst verschuldete Gliedstaat in Belgien. Im Verhältnis ist die DG höher verschuldet als die Region Brüssel. Im kommenden Jahr wird die DG mehr an Zinsen zahlen müssen, als der gesamte Seniorenhaushalt zusammengerechnet kostet. Und da keine Tilgung in Sicht ist, auch kein Geld dafür, haben wir eine Ewigkeitsschuld. Ein Anker macht kein Schiff unsinkbar. Ohne Kurs, Karten und klare Entscheidungen steht ein Anker vor allem für eines: den Stillstand.“
Die DG sitze inzwischen auf rund 1,3 Milliarden Euro Schulden, die Zinslast wachse exponentiell. „2025 standen im Haushalt rund 36 Millionen Euro Zinsen. Nächstes Jahr 8 Millionen mehr! Ab 2026 über 44 Millionen Euro Zinsen – jedes Folgejahr weiter ansteigend“, so der Fraktionsvorsitzende von Vivant.
Jahrelang seien Steuergelder in Fässer ohne Boden geflossen, so Balter, der u.a. die Politik der DG in Sachen Gemeinschaftszentren scharf kritisiert. „Besucherzentrum Eupen, Haus Ternell, ViDo, Kloster Heidberg, Worriken – gut gemeint, leider schlecht gemacht. Wussten Sie, dass alle Gemeinschaftszentren zusammen von 2014 bis 2023 fast 10,5 Millionen Euro Verlust eingefahren haben, mit Infrastrukturkosten sogar rund 16,5 Millionen?“

Ecolo-Fraktionsvorsitzende Fabienne Colling (l) am Montag im Parlament der DG mit ihrem Kollegen Andreas Jerusalem (r). Foto: Belga
Natürlich reichert Balter seine Rede auch mit einer Prise Populismus an (ist für eine Oppositionspartei wie das Salz in der Suppe), wenn er sagt: „Eine Regierung, welche mehr als 5 Millionen Euro pro Jahr kostet, Minister, welche sich chauffieren lassen, Austrittsentschädigungen von fast 500.000 Euro für Ex-Minister – und kurz darauf Indexstopp beim Kindergeld: Das verkaufen Sie den Leuten nicht mehr. Sie nennen es Stabilität, wir nennen es Stillstand. Ihre Politik ist schon lange nicht mehr zukunftsfähig. Die Realität sieht einfach anders aus. Und der Bürger spürt es.“
Für Ecolo las Fabienne Colling der Regierung Paasch die Leviten. Ihr Redestil erinnert an den von Heidi Reichinnek von der Partei „Die Linke“ im Deutschen Bundestag: frisch, frech, witzig.
„Ich habe schon lange niemanden mehr so viel reden gehört, um so wenig zu sagen“, bekannte die Ecolo-Fraktionsvorsitzende an die Adresse des Ministerpräsidenten: „Die Regierungserklärung vom vergangenen Montag war vor allen Dingen eines: leer, platt, repetitiv. Eine Ansammlung von Versprechen, die wir in den letzten 10 Jahren bereits hunderte Male gehört haben, und die nie Wirklichkeit geworden sind.“
Paaschs Regierungserklärung sei „lang und inhaltslos“, so Colling. Paasch habe „den Sinn für die Realität der Menschen verloren“. Gespart werde bei Familien und Kindern sowie bei den ureigenen Aufgaben der DG: bei Kultur, Sport, Bildung. „Gespart wird am Menschen.“
Dass die DG-Regierung beim Schulbonus zurückrudern musste, ist laut Colling einzig und allein das Verdienst der Eltern: „Es ist ein Erfolg der Zivilgesellschaft – ein Beweis dafür, dass Mitbestimmung noch funktioniert.“ Mehr als 1.000 Unterschriften hätten die Regierung in die Knie gezwungen und dafür gesorgt, dass eine Maßnahme, die Familien real trifft, wenigstens einmal korrigiert worden sei.
Für die SP-Fraktion ergriff die neue Fraktionsvorsitzende Mechtilde Neuens das Wort. Im Gegensatz zu Vivant und Ecolo hat sie eine etwas schwierigere Aufgabe, denn die Sozialisten und Sozialdemokraten gehörten von 1990 bis 2024 ununterbrochen der Mehrheit an. Sie hat also das, was die drei Fraktionen der Opposition wahrscheinlich auch im Dezember anlässlich der Haushaltsberatungen kritisieren werden, zum Großteil mitzuverantworten. Vielleicht deshalb richtete Neuens ihren Blick nicht zurück, sondern nach vorne.
„Die Finanzlage der DG macht uns nach wie vor große Sorgen“, bekannte Neuens. „Vor allem fehlt in unseren Augen eine zukunftstüchtige Finanzstrategie.“
Dass die Regierung Paasch bei den Gemeinschaftszentren mit privaten Investoren zusammenarbeiten wolle, begrüßte Neuens und begründete dies mit einem Satz, den man so aus dem Munde eines SP-Mitglieds nicht sehr oft zu hören bekommt: „Selten ist der Staat im Vergleich zur Privatwirtschaft der bessere Unternehmer.“
Zum Schluss brachte die Fraktionsvorsitzende der SP ihre Hoffnung zum Ausdruck, „dass wir die aktuellen Krisen einigermaßen überstehen und sich die Zeiten irgendwann wieder bessern“. Die Regierung müsse jedenfalls handeln. „Nicht irgendwann. IRGENDWANN IST JETZT.“
– DG-Regierung startet Haushaltsberatungen: Unterdessen hat DG-Ministerpräsident Oliver Paasch (ProDG) am Dienstag mitgeteilt, seine Regierung habe im Vorfeld der parlamentarischen Debatte ihre Budgetberatungen aufgenommen. Zur Vorbereitung der zweiten Anpassung des Haushalts 2025 sowie des Ursprungshaushalts 2026 führe man Klausurgespräche mit allen Fachbereichen des Ministeriums. Bereits in etwa zwei Wochen, am 3. Oktober, wolle sich die Regierung auf einen Haushaltspfad verständigt haben, hieß es in einer Pressemitteilung.
„Das Ziel besteht darin, im laufenden Haushalt wieder mit dem Einkommen auszukommen. Ich bin zuversichtlich, dass wir dies sowohl in 2025 als auch in 2026 erreichen werden“, gab Paasch die Richtung vor. (cre)
Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf OD:
Worriken ??!!
Ich lese immer Worriken ! Diese Baustelle fängt doch erst an Geld zu kosten.
Ihr glaubt doch nicht, daß die einmal erwähnten 50 Millionen da reichen. Die gehen ja schon für Architekten und Berater drauf. Ich denke da eher an 300-400 Millionen.
Wie immer die offizielle Zahl erst Jahre danach, wie beim Bahnhof in Mons. Keiner hatte es bemerkt, aber alle hatten es kommen sehen.
Richtige Aussagen der Oppositionäre, in Sachen DG Schuldendesaster! Alles muss raus und ans Tageslicht! Da muss mal aufgearbeitet werden, so kanns niemals weitergehn. Einfach jeden Bittssteller zufrieden stellen, und dabei das Ende nicht absehen. Schluss endlich mit Lustig! So u a die defizitären Gesellschaften ternell, Heidberg, Triangel,Burgen und Schlossruinen nicht zu vergessen, sowie die horrende Summen die für Worriken vorgehen sind!? Seht eher dass es genügend Altersheimplätze gibt!? grosse Reden waren gestern, jetzt muss es ans Eingemachte gehn!
Eine Krähe hackt der Anderen kein Auge aus.
Es wird ein bisschen gemeckert und dann geht´s „weiter so“
Wie es so läuft sieht man aktuell an den beiden Ex-Ministern, die auch wieder zu einem Sprachrohr in unserer Gemeinschaft geworden sind.
Man sorgt sich halt um die Seinen, egal welcher Couleur.
Da gibt es auch keine Lösung mehr. Das kann sich nur noch mit einem Knall entladen.
Kommunale Verarschung, regionale Verarschung, nationale Verarschung und internationale Verarschung.
Willkommen im Kasperletheater!
Ich bin der Meinung, dass Paasch gar nicht so schlecht gearbeitet hat (man darf natürlich anderer Meinung sein und muss trotzdem nicht alles schlecht reden), aber jetzt muss auch Mal gespart werden.