Politik

Wahlen vom 26. Mai werden im Internet entschieden – Wer kritikfähig ist und den Streit nicht scheut, gewinnt

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Die Wahlen vom 26. Mai 2019 werden nicht mehr vergleichbar sein mit denen, die man bisher in Belgien und Ostbelgien erlebt hat. Erstmals werden sie im Internet entschieden. Dies setzt wiederum von den Kandidaten voraus, dass sie kritikfähig sind und den Streit nicht scheuen. Wer den einfachen und bequemen Weg gehen will, könnte am Wahlabend zu den Gelackmeierten gehören.

In der Vergangenheit spielte sich ein Wahlkampf zu einem Großteil, wenn nicht sogar fast ausschließlich, in Grenz-Echo und BRF ab. Der öffentlich-rechtliche Sender kam vor allem in der letzten Woche zur Geltung, wenn er seine Wahldebatte hatte, die live im Radio und später auch zeitversetzt im Fernsehen ausgestrahlt wurde.

Durch das Internet hat sich viel, wenn nicht sogar alles geändert. Was schon bei den letzten allgemeinen Wahlen im Mai 2014 spürbar war, hat sich in den vergangenen fünf Jahren weiter verfestigt: Wahlen entscheiden sich heute im Netz, sprich: in den Sozialen Medien, in den Online-Medien und in den Internetforen.

Im „Haifischbecken“ Internet bekommt der Kandidat einiges um die Ohren, aber der Mut zur Kontroverse zahlt sich meistens aus. Foto: Shutterstock

Die Leserbriefspalten der Tageszeitung haben in den letzten fünf Jahren wegen der massiven Auflagenverluste der Printmedien deutlich an Gewicht verloren. Über die geschriebene Presse erreicht man heutzutage fast nur noch eine bestimmte Gruppe von Wählern, vor allem ältere Wähler.

Die Erst- und das Gros der Wechselwähler sowie der Unentschlossenen erreicht man kaum noch über die klassischen Medien. Das Sprichwort „Nichts ist älter als die Zeitung von gestern“ könnte man mittlerweile sogar in „Nichts ist älter als die Zeitung von heute“ umwandeln.

Denn vieles von dem, was in der Zeitung steht, wurde bereits am Vortag in den elektronischen Medien publiziert, analysiert und kommentiert. Und der Leser hat das breite Angebot an Infos und Meinungen in vielen Fällen sogar „ommesöss“.

Mut zur Debatte um die besten Argumente

Dieser Wechsel von den klassischen Medien zu den Online-Medien setzt für die Kandidaten ganz neue Verhaltensmuster voraus. Gefragt sind heute Kritikfähigkeit und Mut zur Debatte um die besten  Argumente. Wer den Streit mit dem Andersdenkenden nicht scheut, hat gute Chancen, die Wahl zu gewinnen.

Junge Leute erreicht man heute nicht mehr über die gute, alte Tageszeitung, sondern nur noch übers Internet. Foto: Shutterstock

In der DG sind viele Politiker in der Internetwelt von heute noch immer nicht angekommen. Sie sehnen sich bisweilen nach der guten, alten Zeit zurück, als ein Anruf beim Verleger oder beim Chefredakteur der Lokalzeitung genügte, um von Kritik in aller Öffentlichkeit verschont zu bleiben.

Vor über 50 Jahren, im Wahlkampf 1968, leistete sich das Grenz-Echo sogar den Luxus, der PFF von Gert Noël Anzeigen zu verweigern. Die Liberalen sollten totgeschwiegen werden.

Zwei Jahre später, vor der Eupener Stadtratswahl 1970, wurde der Leiter der Lokalredaktion der „Ostbelgien“-Ausgabe der AVZ, Willy Timmermann, auf Bitten der hiesigen CSP von der Aachener Verlagsführung für die Dauer des Wahlkampfes nach Monschau ins „Exil“ geschickt und durch den jungen AVZ-Redakteur Freddy Derwahl ersetzt. Und ohne Grenz-Echo, BHF (wie der BRF damals hieß) und AVZ ging nichts mehr, abgesehen von Wurfblättern und Wahlplakaten.

So etwas wäre heute undenkbar und würde auch nichts bewirken. Heute erreicht man den größten Teil der Wähler nur noch übers Internet. Indes sollten sich die Kandidaten nicht nur auf ihre „Freunde“ auf Facebook verlassen, von denen wahrscheinlich die meisten eh so denken wie sie selbst.

Das könnte sich nämlich am Ende als fatal erweisen, denn in der Internetwelt schlummert die Masse der User irgendwo im Netz. Sie melden sich nicht, sie kommentieren auch nicht, und wenn doch, dann nur anonym, sie geben sich auch niemals zu erkennen, aber sie lesen und wählen… (cre)

16 Antworten auf “Wahlen vom 26. Mai werden im Internet entschieden – Wer kritikfähig ist und den Streit nicht scheut, gewinnt”

  1. Eastwind

    In der Tat werden sich diesmal einige wundern. Fünf Jahre sind heute eine Ewigkeit. Im Vergleich zu 2014 wird so ziemlich alles anders sein. Ich fürchte nur, einige Parteien haben das immer noch nicht begriffen.

  2. Das Internet ist nicht das eigentliche Problem! Das Problem sind die anonymen Falschmeldungen z. B. hier bei Ostbelgiendirekt und auf anderen Plattformen. Wie schon bei den letzten Wahlen in Ostbelgien gibt es genügend Menschen, die völlig entsetzt waren über Informationen, die sich im Nachhinein als Falschmeldungen entpupten. Besonders hervorzuheben ist hier die CSP. Und nein, ich bin kein Parteischreiber und war jahrelang ein CSP Wähler.

    • @Timelox, meinen Sie denn tatsächlich, in den Leserbriefen im Grenzecho oder in den paar nicht-anonymen Kommentaren im Forum von GE und BRF würde nicht gelogen? Ganz im Gegenteil, weil diese Leute nicht anonym auftreten dürfen, lügen sie erst recht. Aber auch die Politiker lügen, bis sich die Balken biegen. Ein Wahlkampf ist eine Lügenveranstaltung. Das wird leider erst nach den Wahlen vielen Wählern bewusst.

  3. Nur Medien und Internet allein ? Mit Sicherheit nicht, denn jetzt werden die sich so mit und mit und in Massen auch in Wochenspiegel präsentieren + Unmengen an Wahlkampfzettel im Briefkasten welche die armen Briefträger austragen müssen und dann die Unmengen an Wahlplakate an den Strassenrändern…..jetzt wird angefangen viel zu versprechen und einmal gewählt sind diese Versprechungen zu 99 % auch schon wieder vergessen .

    • Was die Werbung über die Post angeht und auch Plakaten in den Strassen gibt es keinen Vergleich zu den 70er, 80er und 90er-Jahren. Die Ausgaben der Parteien wurden reguliert und das Überkleben der Plakate verboten. Etwas Werbung soll schon sein. Auch, wenn die Parteien nicht alles halten können, was sie versprechen.

  4. Es wird wahrscheinlich auch bei uns zu einer Protestwahl kommen. Seit Trumps Sieg in den USA und dem Brexit in Großbritannien, beide Ausdruck von Massenprotest, geht kaum noch eine Wahl ohne Protestwähler über die Bühne. In Deutschland gehen bei fast jeder Landtagswahl die beiden Volksparteien CDU und SPD unter, in Italien sind die Populisten in der Regierung, warum soll Belgien eine Ausnahme bilden? N-VA und PTB werden zu den Wahlgewinnern gehören, in der DG vielleicht Vivant, vielleicht auch Ecolo, weil Klimaproteste derzeit regelrecht zu einem Hype der jungen Spaßgesellschaft geworden sind. Heute Marsch fürs Klima, morgen Flug mit Ryanair nach Mallorca oder Gran Canaria, danach am besten grün wählen, um das eigene Gewissen zu beruhigen.

    • Walter Keutgen

      Blob, in den belgischen Meinungsumfragen, die ich sporadisch sehe, kommt Folgendes zum Vorschein:

      N-VA: leichte Verluste, denn Regierungspartei. Vielleicht hat sich das seit dem Rückzug aus der Regierung geändert.

      PTB: starke Gewinne, allerdings nur in Relation zu der derzeitigen Größe der Partei.

      Ecolo: profitiert von ihrer Haltung in den Affären. Würde wohl in der Wallonischen Region unumgänglich und in Brüssel sogar erste Partei.

      PS, MR und CDH: leichte Verluste.

      • Walter Keutgen, Umfragen können Sie in die Tonne werfen, die sind heute nicht viel wert, weil es den Meinungsforschern nicht mehr gelingt, die schweigende Mehrheit, vor allem die Unentschlossenen zu erfassen. Bei fast allen wichtigen Wahlen, die in den letzten Jahren stattfanden, lagen die Demoskopen daneben. Entweder erreichen sie einen Großteil der Bevölkerung, nicht mehr, weil sie zum Teil mit veralteten Methoden arbeiten, oder die Befragten sagen absichtlich die Unwahrheit, weil sie sich nicht in die Karten schauen lassen. In Deutschland z.B. sagen sie nicht, dass sie AfD wählen, tun dies aber in der Wahlkabine trotzdem.

  5. Ekel Alfred

    @ Blob, in Ostbelgien können wir leider keine N-VA wählen….ob Vivant in die gleiche Richtung zieht, kann man schlecht beurteilen….diese Partei würde mit Sicherheit eine grosse Wählerschaft hinter sich wissen….

  6. Es reicht!

    Die DG Propaganda erfolgt fast ausschliesslich im Grenz Echo. Wer erinnert sich nicht mehr an die Doppelseitigen Vorstellungen der Minister und Ministergattinnen im Grenz Echo kurz vor den Wahlen?

  7. Majonaise

    Die gloreichen Zeiten von CSP und Grenz-Echo sind laengst zu Ende. Beide kaempfen ums Ueberleben und suchen eine Existenzberechtigung. Besonders die CSP war jahrzehntelang durch eine grosse Arroganz gekennzeichnet und hielt sich fuer unverzichtbar. Es war eine Diktatur der besonderen Art und Weise. Auch gestuetzt auf Kirche und Glaube. Bei den kommenden Wahlen wird der Niedergang von CSP und CdH weitergehen. Bei der SP sieht es auch nicht besser aus. Ist auch eine vollkommen orientierungslose Partei geworden. Aus Verfechtern der Arbeiter sind Rote Postenjaeger geworden.

    • Stimmt schon.......

      …mit der CSP. Aber wenn wir ehrlich sind. Was der CSP heute von vielen Seiten vorgeworfen wird (sicher teilweise mit Recht), ist die jetzige Mehrheit bestehend aus ProDG – SP und Ecolo auf dem besten Wege hin.
      Vor allem ProDG und SP machen sich ihr Nest und lassen keinen heran. Es wird nur geduldet wer ihnen hilft oder nutzt.
      Seid ein paar Jahren hat die PFF das Glück gebraucht zu werden. Und wenn dies nicht mehr reicht wird sie durch Ecolo ersetzt oder Ecolo mit ins Boot genommen.
      Ob dies nun auf Gemeinschaftsebene oder Gemeindeebene ist. Gesteuert wird alles von der Klötzerbahn. Hier sitzt die SP und ProDG und steuert alle Verhandlungen in Ihrem Sinne.
      Und – NEIN – bevor AchGott (Größter Fan oder Mitgleid der aktuellen Mehrheit??) und Freunde wieder kommen und ihr Unwissen über mich auskübeln: ich bin kein Getreuer der CSP, ich bin einfach ein Bürger der sich versucht ein wenig kritisch mit allem auseinander zu setzen.
      Schönen Wahlkampf noch.

  8. Pro DG und SP ein Mann Parteien die sich über 20 Jahre Pöstchen gegenseitig zuschieben.PFF wie das Wort pff es sagt ist die Luft raus, man bleibt aber am Ruder. CSP fehlt es an „Kraft “ denn Arimont wollte sein kasssenfüllendes Mandat nicht aufgeben.Wahlsieger wird Ecolo sein, das pfeifen die letzten Spatzen von den Dächern.Genau wie in Eupen werden sie absahnen.Vivant hätte Chancen aber da sollten Sie gewisse Schreiber Nervensägen den Bleistift klauen.

  9. Pensionierter Bauer

    Ich werde mich jedenfalls nicht durch die Wahlwerbung, gleich ob nun auf Flyer im Internet oder in den anderen Medien, groß beeinflussen lassen. Das einzige was bei mir zählt sind die Leistungen bzw. die Standpunkte welche die diversen Parteien und Politiker in den vergangenen Jahren vertreten haben.

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