Nachrichten

Morgen Wahl in Großbritannien: May muss auf der Hut sein

Die britische Premierministerin Theresa May liebt bisweilen extravagante Kleidung. Foto: dpa

An diesem Donnerstag, dem 8. Juni, wählen die Briten ein neues Parlament. Der Ausgang des Urnengangs ist längst nicht mehr so klar, wie Premierministerin Theresa May sich dies erhofft hatte, als sie sich für vorgezogene Neuwahlen entschied.

Als vor wenigen Wochen die regierenden Konservativen in Umfragen mehr als 20 Prozentpunkte vor Labour lagen, schien May als strahlende Siegerin für viele schon festzustehen.

Doch plötzlich schrumpfte der Vorsprung rapide – bis in den unteren einstelligen Bereich.

Knapp ein Jahr nach dem Brexit und vor allem nach den jüngsten Terroranschlägen in Manchester und London herrscht große Verunsicherung im Vereinigten Königreich.

Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn. Foto: Shutterstock

Das hatte sich May ganz anders vorgestellt. Jetzt droht der 8. Juni für sie ein „May Day“, ein Notruf, zu werden.

Ursprünglich hatte die Premierministerin gehofft, durch einen Wahlsieg ihre knappe Regierungsmehrheit auszubauen und so mehr Rückendeckung für die Brexit-Verhandlungen zu bekommen. Außerdem wollten sich May und ihre Tories die Macht bis 2022 zu sichern.

Im normalen Turnus hätte die nächste Wahl 2020 stattgefunden, also kurz nach dem EU-Austritt. Die Wirtschaft könnte dann straucheln, die Stimmung im Land gekippt sein.

Der Kampf gegen den Terror und für mehr Sicherheit war in den letzten Tagen das beherrschende Thema. „Jetzt reicht’s!“, sagte Theresa May energisch nach dem Anschlag auf der London Bridge mit mehreren Toten und Dutzenden Verletzten. Es war die dritte Terrorattacke binnen drei Monaten in Großbritannien.

Corbyn gilt als ehrliche Haut

May kündigte ein härteres Vorgehen gegen Islamisten an. Die Sache hat aber einen Haken: May hatte in ihrer Zeit als Innenministerin dem Polizeiapparat die Flügel gestutzt, um Geld zu sparen. Corbyn will hingegen im Falle eines Wahlsieges 10.000 Polizisten mehr einstellen.

Neben einer stärkeren Polizeipräsenz konnte Corbyn auch mit anderen Versprechen an Boden gewinnen: höhere Steuern für die Reichen, das marode Gesundheitssystem auf Vordermann bringen, Energieunternehmen verstaatlichen, mehr Sozialwohnungen.

Nicht nur der Brexit, sondern auch der Terror und das Thema Sicherheit werden bei der Wahl in Großbritannien eine große Rolle spielen. Foto: Shutterstock

Eine wichtige Rolle spielt das Wahlsystem: Großbritannien hat ein reines Mehrheitswahlrecht. Nur wer in einem der 650 Wahlkreise mehr Stimmen auf sich vereint als jeder der Mitbewerber, erhält einen Sitz im Parlament. Selbst ein erheblicher Vorsprung in den Umfragen bedeutet nicht unbedingt eine große Mehrheit im Unterhaus.

Andere Parteien spielen keine große Rolle bei der Wahl. Der rechtspopulistischen und europafeindlichen Ukip droht sogar der Kollaps. Viele ihrer Wähler fühlen sich inzwischen mit Blick auf die Scheidung von der EU bei den Konservativen gut aufgehoben.

Bleibt noch das Imageproblem: Corbyn gilt als ehrliche Haut, der sich nicht verbiegen lässt und vor allem junge Wähler anzieht.

Mit May werden dagegen viele Briten nicht richtig warm. Die Konservative, die ein Faible für auffällige Schuhe hat, wirkt kühl und distanziert. Auf der anderen Seite trifft auch zu: Selbst Leute, die May nicht mögen, sind von ihren Fähigkeiten als Premierministerin überzeugt. (cre/dpa)

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern