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Vor zehn Jahren die Pariser Anschläge mit 130 Toten: Wie sich der Terror in Europa seit Bataclan verändert

13.11.2025, Frankreich, Paris: Eine Frau steht an der Statue auf dem Place de la Republique, während Paris den 10. Jahrestag der Terroranschläge begeht, bei denen 132 Menschen getötet und Hunderte verletzt wurden. Foto: Emma Da Silva/AP/dpa

Es war ein Schock für Frankreich und ganz Europa: Am 13. November 2015 töteten Islamisten innerhalb weniger Stunden 130 Menschen im Großraum Paris und verletzten 350 weitere.

Im Konzertsaal Bataclan richteten sie ein Blutbad an, in Bars und Restaurants verbreiteten sie Angst und Schrecken. Drei Selbstmordattentäter sprengten sich während eines Fußball-Länderspiels zwischen Deutschland und Frankreich am Stade de France in die Luft.

Die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) reklamierte die Anschläge später für sich. Die Terrortaten hatte Frankreich ins Mark getroffen und für Entsetzen in Europa gesorgt.

13.11.2025, Frankreich, Paris: Personen stehen im Gedenken an die Opfer vor dem Konzertsaal Bataclan während Paris den 10. Jahrestag der Terroranschläge begeht, bei denen 132 Menschen getötet und Hunderte verletzt wurden. Foto: Emma Da Silva/AP/dpa

Zehn Jahre später sitzen die Anschläge, die die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) für sich reklamierte, Frankreich noch immer in den Knochen; die Terrorgefahr bleibt präsent. Doch das Gesicht des islamistischen Terrorismus in West- und Zentraleuropa hat sich seitdem stark verändert.

– Mehr Einzeltäter statt Gruppen: Laut dem jüngsten Lagebericht von Europol zu Terrorismus in der Europäischen Union wurden im vergangenen Jahr die allermeisten islamistischen Anschläge von Einzeltätern ausgeführt.

Auch Terrorexperte Peter Neumann beobachtet diesen Trend: „Vor zehn Jahren hatten wir ja richtige Netzwerke, die sich über Monate hinweg organisiert haben, die miteinander kommuniziert haben, die zum Teil dann natürlich auch nach Syrien gegangen sind, sich dort haben ausbilden lassen, dann zurückgeschickt wurden. Es war alles recht professionell.“

Heute hingegen gebe es fast ausschließlich sehr lockere Netzwerke und in den meisten Fällen Einzeltäter, die sich im Internet radikalisierten. Teils schlügen diese auch auf eigene Faust zu und hofften, dass Terrornetzwerke ihre Tat später für sich beanspruchen würden. „Die Strategieänderung hat deswegen stattgefunden, weil das eben der IS nicht mehr schafft, in Europa solche Netzwerken zu organisieren“, meint der Professor für Sicherheitsstudien am Londoner King’s College.

– Messer statt Bombe: Die Tatwaffen sind mittlerweile oft einfachere. Messer kommen laut Neumann nun wohl am häufigsten zum Einsatz. Auch werde immer wieder versucht, mit Fahrzeugen in Menschenmengen zu fahren. Islamismusexperte Petter Nesser von der BI Norwegian Business School gibt allerdings zu bedenken, dass Dschihadisten auch weiterhin Anschläge mit Bomben planten, diese aber im Zeitraum 2019 bis 2024 deutlich häufiger vereitelt worden wären als Anschlagspläne mit Messern oder Pistolen.

12.11.2025, Frankreich, Paris: Der Eiffelturm wird zum 10. Jahrestag der Pariser Terroranschläge 2015 in den Farben der französischen Nationalflagge angestrahlt. Foto: Ludovic Marin/AFP/dpa

– Kleinere Angriffe statt Massenschlag: „Wir sehen, dass die Ambitionen weiterhin da sind, um große Anschläge zu verüben“, meint Nesser. Doch dank effizienterer Sicherheitsbehörden würden diese Pläne oft vereitelt und eher kleinere Attacken würden tatsächlich durchgeführt – mit weniger Opfern. „Das ist im Grunde eine taktische Anpassung und nicht die bevorzugte Strategie der Dschihadisten.“

Laut den Anschlagsdaten, die Nesser für den Zeitraum 1994 bis Juni 2024 für Westeuropa analysiert hat, starben nur fünf Prozent der Opfer bei Terrorangriffen nach dem Jahr 2018. Frankreich weiterhin das Hauptziel: Frankreich sei weiterhin das Hauptziel, Deutschland mit Blick auf die Bedrohungsstufe auf den zweiten Platz in Europa gerückt, Großbritannien liege an dritter Stelle, so Nesser.

– Die Anschläge in Paris (2015) und Brüssel (2016) stehen in einem direkten Zusammenhang: Sie wurden von denselben jihadistischen Netzwerken des sogenannten „Islamischen Staates“ (IS) geplant und durchgeführt. Beide Anschlagsserien wurden von einer IS-Zelle organisiert, die ihren Ursprung in Brüssel, insbesondere in der Gemeinde Molenbeek, hatte.

Diese Gruppe bestand aus belgischen und französischen Dschihadisten, viele davon Rückkehrer aus Syrien. Abdelhamid Abaaoud, der mutmaßliche Drahtzieher der Pariser Anschläge, war zentraler Kopf dieser Zelle. Nach seinem Tod übernahmen andere Mitglieder dieselben Strukturen für die Anschläge in Brüssel.

– Tatverdächtige werden jünger: Seit Beginn des Jahres wurden in Frankreich bereits Ermittlungsverfahren gegen 17 minderjährige Terrorverdächtige eingeleitet. Vor 2023 seien es gerade einmal zwei bis drei pro Jahr gewesen, sagt der Anti-Terror-Staatsanwalt Olivier Christen dem Sender France Inter. Die Propaganda, die IS und Al-Qaida verbreiteten, entspreche den Codes der sozialen Medien, sei inhaltlich sehr reduziert und dafür sehr visuell.

09.02.2022, Frankreich, Paris: Diese Gerichtszeichnung zeigt den Hauptangeklagten Salah Abdeslam (M) während einer Sitzung des Pariser Sondergerichts zum Prozess zu den Anschlägen von November 2015 in Paris, bei denen mehr als 130 Menschen getötet wurden. Foto: Benoit Peyrucq/AFP/dpa

Auch Neumann beobachtet: „Wir haben jetzt ganz, ganz viele Attentäter oder versuchte Attentäter, die Teenager sind. Das war vor zehn Jahren eher die Ausnahme.“ Europol zufolge stieg die Zahl der Minderjährigen und jungen Menschen, die 2024 an extremistischen Taten beteiligt waren, erneut. „Psychische Gesundheitsprobleme, gesellschaftliche Vereinsamung und digitale Abhängigkeit waren wichtige Faktoren für die Radikalisierung dieser jungen Menschen.“

– Weniger getrieben von Ideologie? Für Neumann stellt sich mit dem jüngeren Alter der Tatverdächtigen auch die Frage, ob es sich etwa bei 13-Jährigen noch um klassische islamistische Radikalisierung handle. „Wie weit geht es da tatsächlich um politische Inhalte und inwieweit ist es einfach nur so eine Art Gewaltfantasie?“ Frankreichs Innenminister Laurent Nuñez meint gar, die Grenzen zwischen verschiedenen extremistischen Ideologien sei inzwischen porös. „Ich rede vom Rechtsextremismus und dem radikalen Islamismus und Jugendlichen, die sich auf das ein oder das andere beziehen, weniger aus Ideologie als aus Faszination für die Gewalttat.“

Auch wenn Islamismusexperte Nesser glaubt, dass diese jungen Verdächtigen sich nicht wirklich mit der Ideologie identifizieren können, spielt der ideologische Kern aus seiner Sicht weiterhin eine entscheidende Rolle. Junge Menschen würden von Älteren ausgenutzt. Und die wiederum seien stärker in die ideologischen Netzwerke eingebunden. Er betont zudem: „Die Terroristen greifen noch immer Ziele an, um eine politische Botschaft auszusenden.“ (dpa/cre)

5 Antworten auf “Vor zehn Jahren die Pariser Anschläge mit 130 Toten: Wie sich der Terror in Europa seit Bataclan verändert”

  1. Alle, die die Hamas als Freiheitskämpfer ansehen und ihre Taten rechtfertigen, sollten bedenken, dass die Attentäter vom 13. November 2015 deren Brüder im Geist sind, ebenso wie alle anderen, unzähligen Meuchelmörder dieser Art.

  2. Hugo Egon Bernhard von Sinnen

    Wer eine politische Botschaft aussetzen möchte, kann ja gerne hier schreiben.
    Denn wenn man anderes Leben nimmt und noch das eigene, kann diese politische Botschaft KEINEM ! Nutzen.
    Und meinetwegen nehmt ihr die KI zur Schreibhilfe in unserer Sprache.
    Bin bereit.

    • Das überrascht! VON SINNEN fantasierte hier noch kürzlich einen Krieg gegen die Politiker herbei. Nun die Einkehr? Anderen, nämlich Politikern, durch massenhafte Gewalt das Leben zu nehmen, sah er bisher als überfällig an, denn ohne Tötungen geht kein Bürgerkrieg. Wozu der Von-Sinnen-Bürgerkrieg? Weil er eine politische Botschaft, einen Umsturz, herbeiführen will, da ihm die von der Mehrheit der Menschen gewählten Parteien nicht gefallen. Überbordender Hass mündet in Gewaltfantasien und dann in Gewalt.
      Ein Denk-Kollege von ihm, der nach diesem Muster zwar keinen kompletten Bürgerkrieg, aber eine Tötungsliste abarbeiten wollte, im Darknet Geld sammelte, um die entsprechenden Killer anzuheuern, der sogar (von sich selbst dazu ermächtigt) Ankläger und Richter in einer Person ein wollte, eigene Todesurteile abgefasst hat, sitzt frisch in Untersuchungshaft. Nur einer in der Liste vieler Verbrecher, die glauben, aus politischen Motiven Morde verüben zu dürfen, weil es für sie keine andere Meinung als ihre eigene geben darf.

  3. Es hat sich nichts verändert, höchstens zum schlechteren – für uns! Die Islamisten demonstrieren weiter zu tausenden hinter der Palästina-Fahne durch unsere Städte und bekommen dafür auch noch Zuspruch von links/grünen Politikern und Systemmedien! Wir schaufeln unser eigenes Grab und bemerken es nicht….

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