Nachrichten

Vor zehn Jahren die Loveparade-Katastrophe in Duisburg – 21 Tote – „Offene Wunde für Stadt und Land“

23.07.2020, Nordrhein-Westfalen, Duisburg: Eine Kerze mit Herz steht in der Mitte des Tunnels der Karl-Lehr-Straße. Foto: Fabian Strauch/dpa

21 Tote, mindestens 650 Verletzte: Vor zehn Jahren endete die Loveparade in Duisburg in einer Katastrophe. Der Toten und Verletzten wird zum Jahrestag in einer „Nacht der 1000 Lichter“ gedacht. Zur Unglückszeit erinnern 21 Glockenschläge an die jungen Opfer.

Zehn Jahre ist es her, dass bei der Loveparade in Duisburg 21 junge Menschen in einem unfassbaren Gedränge zu Tode kamen: Zum Jahrestag am 24. Juli werden wieder zahlreiche Angehörige und Verletzte an der Unglücksstelle erwartet, an der später eine Gedenkstätte errichtet wurde.

Es ist der erste Jahrestag nach der endgültigen Einstellung des Strafprozesses Anfang Mai dieses Jahres.

23.07.2020, Nordrhein-Westfalen, Duisburg: Zwei Männer mit gelber Warnweste stehen vor der Gedenkstätte im Tunnel der Karl-Lehr-Straße. Foto: Fabian Strauch/dpa

Die meisten Angehörigen der Opfer aus dem Ausland können wegen Corona diesmal nicht kommen, sagt Jürgen Widera, Vorsitzender der Loveparade-Stiftung. Es gebe Absagen von Angehörigen aus Australien, China, Italien und Spanien.

Die traditionell am Vorabend angesetzte Andacht in der Salvatorkirche konnten die Angehörigen aber per Livestream verfolgen. Auch die Gedenkveranstaltung am Jahrestag soll live im Internet übertragen werden, anders als bei der Andacht in der Kirche für jedermann zugänglich. Eine Maskenpflicht gibt es nicht, dafür aber Besucher-Obergrenzen bei allen Veranstaltungen.

Die Tragödie ist in Nordrhein-Westfalen unvergessen. Vor einem Monat beschloss der Landtag weitere Hilfen für Opfer und Hinterbliebene. In der Sitzung nannte die frühere NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) in einer bewegenden Rede die Loveparade-Katastrophe „eine offene Wunde am Herzen der Stadt und des Landes“. Anschließend nannte sie alle Vornamen der Opfer und ihr Alter. Kraft war zum Zeitpunkt des Loveparade-Unglücks erst seit zehn Tagen Ministerpräsidentin.

Tausende Raver drängen sich am 24.07.2010 auf der Loveparade in und vor dem Tunnel in Duisburg, in dem sich eine Massenpanik ereignet hat. Bei dem Loveparade-Unglück im Sommer 2010 in Duisburg wurden am einzigen Ein- und Ausgang der Technoparade in einem Gedränge 21 junge Menschen erdrückt. Foto: Erik Wiffers/dpa

Der heutige Duisburger Oberbürgermeister Sören Link (SPD) erklärte im Vorfeld des Jahrestages: „Das Leid, welches dieser Tag über viele Menschen gebracht hat, kann auch die Zeit nicht relativieren.“ Er sehe aber, dass es inzwischen vielen gelinge, nach vorne zu schauen.

Link will bei der öffentlichen Gedenkveranstaltung am Jahrestag sprechen. Geplant ist auch ein Musikbeitrag der Duisburger Sängerin Marie Wegener (19), die 2018 die Show „Deutschland sucht den Superstar“ gewonnen hatte. Erneut ist am Vorabend vom Jahrestag im Zugangstunnel zum einstigen Veranstaltungsgelände eine „Nacht der 1.000 Lichter“ geplant.

Das Strafverfahren war endgültig Anfang Mai ohne Urteil eingestellt worden – wegen vermutlich geringer Schuld. Ursprünglich angeklagt unter anderem wegen fahrlässiger Tötung waren insgesamt sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg und vier Mitarbeiter des Veranstalterunternehmens Lopavent. Zuletzt hatte es nur noch drei Angeklagte gegeben.

16.07.2020, Nordrhein-Westfalen, Duisburg: „24. Juli 2010“ steht auf dem Denkmal für die Opfer der Loveparade-Katastrophe. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

“Den großen Bösewicht haben wir nicht gefunden. Es war eine Katastrophe ohne Bösewicht“, sagte der Vorsitzende Richter Mario Plein in der Einstellungsbegründung. Leute hätten Fehler gemacht, obwohl sie ihr Bestes gegeben hätten, ja sogar ihre eigenen Kinder zum Techno-Spektakel ließen.

Die Frage, wie es zu dem Unglück kommen konnte, hatte im Prozess breiten Raum eingenommen. Auf der Grundlage eines 3.800 Seiten umfassenden Gutachtens des Wuppertaler Verkehrssicherheitsexperten Prof. Jürgen Gerlach stellte das Gericht am Ende fest, dass eine „Vielzahl von Umständen“ zu dem tödlichen Gedränge geführt habe.

So sei etwa der Veranstaltungsort für das Konzept und die Besuchermengen nicht geeignet gewesen. Vereinzelungsanlagen und Schleusen an den Eingängen seien nicht auf die erwartenden Personenmengen ausgerichtet gewesen. Das Gericht stellte auch fest, dass das Unglück auch am Veranstaltungstag noch hätte verhindert oder zumindest in den Folgen abgemildert werden können. (dpa)

3 Antworten auf “Vor zehn Jahren die Loveparade-Katastrophe in Duisburg – 21 Tote – „Offene Wunde für Stadt und Land“”

  1. delegierter

    ich habe und werde es nie verstehen warum man etwa 300.000 Menschen nur an einer einzigen Stelle den Auf- und Zugang zu diesem Gelände gewährte.
    Wenn dort z.B. 300 Tiere zusammen gekommen wären, dann wären bestimmt mehr Vorschriften und Sicherheitsvorkehrung als hier getroffen worden.
    Man bedenke das sich alles in einem der reichsten Länder abgespielt hat.
    Man spricht zwar stets von den Toten, aber die vielen Verletzten und Traumatisierten schleppen ihr Leid und Erlebtes ihr Leben lang mit sich rum.

  2. Unverkennbare Schuld

    Keiner wills gewesen sein!? Aber wohl die Taschen voll Geld gepumpt. Darauf gings hin. Hätte man den Eintritt drastisch gestoppt!? Die Leidtragenden und Opfer sind die Hinterbliebenden dabei. Traurig aber wahr! Ähnlich ist der Fall „Rue Leopold“ in Liège au zu sehen. Auch da machen alle ihre Schirme auf! Wenn doch nur einmal ein Richter da ein strenges und gerechtes Urteil spräche, dann werden die nächsten es sich überlegen!? Aber!?

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern