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8. November 1923: Vor 100 Jahren der Hitler-Putsch

01.01.1925, FrankfurtMain/Archiv: Das undatierte Bild von 1925 zeigt Adolf Hitler bei einem Besuch einer bayerischen Gruppe der Nationalsozialisten. Foto: dpa

Die ersten Jahre der Weimarer Republik sind unruhig. Immer wieder gibt es Demonstrationen, Umsturzversuche und Straßenkämpfe. Adolf Hitler putscht am 8. November 1923, scheitert aber. In den Jahren danach schlägt er die Demokratie mit ihren eigenen Waffen.

Der erste Anlauf scheitert: Von München aus wollen nationalistische Kräfte vor 100 Jahren Deutschland erobern. „Die Regierung der Novemberverbrecher in Berlin ist heute für abgesetzt erklärt worden“, proklamieren Adolf Hitler, Erich Ludendorff und Gesinnungsgenossen am 8. November 1923. Doch am Tag darauf endet der Putsch der Demokratiefeinde mit 20 Toten und vielen Verletzten. Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) wird verboten und Hitler wegen Hochverrats verurteilt. Ein Sieg für die Demokratie, der aber nicht von Dauer ist.

28.04.2006, —: Die undatierte Aufnamhme zeigt Adolf Hitler in bayerischer Tracht. Von München aus wollten nationalistische Kräfte vor 100 Jahren Deutschland erobern. Foto: Upi/dpa

Knapp zehn Jahre später, am 30. Januar 1933, greifen die Nationalsozialisten erneut nach der Macht – dieses Mal erfolgreich. Historiker ziehen daraus wichtige Lehren für heute.

Die Novemberverbrecher, das sind in der Denke der Rechtsextremen diejenigen, die zum Ende des Ersten Weltkrieges im November 1918 die Monarchie gestürzt und die parlamentarisch-demokratische Republik ausgerufen hatten. Ihnen lasten sie die Kriegsniederlage ebenso an wie die Reparationszahlungen, die Deutschland nach dem Frieden von Versailles zahlen muss.

Die Hyperinflation tut ein Übriges. Sie macht mühsam Erspartes wertlos und lässt Preise etwa für Lebensmittel ins Fantastische steigen. So kostet zum Beispiel im November 1923 ein Kilogramm Roggenbrot 233 Milliarden Mark.

In diesen politisch äußerst unruhigen Anfangsjahren der Weimarer Republik begeistert der Österreicher Hitler die Menschen mit Hetzreden. Er habe vorhandene nationalistische, antibolschewistische und antisemitische Tendenzen gezielt bedient und zwischen 1920 und 1923 zunehmend ein Massenpublikum erreicht, sagt Andreas Wirsching, der Direktor des Instituts für Zeitgeschichte (ifZ). Einflussreiche Leute auch aus Regierung und Militär vor allem in Bayern sympathisieren mit ihm, zum Beispiel Generalstaatskommissar Gustav Ritter von Kahr, der ebenfalls einen Staatsstreich plant.

Warum gerade Bayern und München, Hitlers „Stadt der Bewegung“? „Hier gingen Nationalismus, Rassismus und bajuwarisches Sonderbewusstsein auch in Teilen der Elite eine problematische Verbindung ein“, erklärt Wirsching. Hinzu kamen separatistische Tendenzen: „Weg von Berlin“ sei für viele eine durchaus attraktive Parole gewesen, schreibt der Historiker Wolfgang Niess im Buch „Der Hitlerputsch 1923 – Geschichte eines Hochverrats“. „Hier arbeiteten führende Vertreter der Staatsregierung und der bewaffneten Macht ganz unverhohlen auf die Errichtung einer nationalen Diktatur in Berlin hin.“

09.11.1923, FrankfurtMain/Archiv: SA-Truppen aus dem Umland kommen vor dem Bürgerbräukeller in München während des sogenannten „Hitler-Putsches“ an. Foto: dpa

Hitler ist schneller als die anderen Verschwörer. „Hitler trieb die Sorge um, dass man nun offensichtlich ohne ihn Schritte gegen die verhasste Regierung in Berlin plante“, heißt es in einem Audiobeitrag des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw). „Er ist nicht eingebunden, er weiß nicht genau, was da geschehen wird, und entscheidet sich dann eben, das Momentum zu nutzen“, sagt darin der Historiker Peter Tauber, auf dessen Buch „Der Hitlerputsch 1923“ der Beitrag beruht.

Durchdacht ist offenbar nichts. Am 8. November stürmen Putschisten mit der Sturmabteilung (SA) der NSDAP den Bürgerbräukeller, wo von Kahr eine Rede hält. Die Aufmerksamkeit ist nicht wie erhofft, Hitler schießt erzürnt in die Decke. Es kommt zum Tumult, Putschisten nehmen Regierungsvertreter als Geiseln und versuchen in ganz München, zentrale Einrichtungen zu übernehmen, scheitern aber an Landespolizei und Reichswehr.

Tags darauf soll ein Marsch auf die Feldherrnhalle mit tausenden Menschen den Umsturz retten, doch er endet blutig. 16 Demonstranten und 4 Polizisten sterben. Hitler flieht, wird zwei Tage später festgenommen und am 1. April 1924 wegen Hochverrats verurteilt – zur Mindestfreiheitsstrafe von fünf Jahren. Schon rund neun Monate später kommt er auf Bewährung frei.

Der Historiker Tauber wertet das Verfahren als „Selbststilisierung“. Hitler habe den Prozess als Bühne benutzt, etwa für Agitation gegen die Republik oder die Unterzeichner des Versailler Vertrages, und für antisemitische Tiraden. „Und der Richter lässt ihn gewähren.“

21.03.2020, Bayern, München: Eine Frau geht über den menschenleeren Odeonsplatz an der Feldherrnhalle vorüber. Vor 100 Jahren fand der gescheiterte Hitler-Putsch hier ein blutiges Ende mit 20 Toten. Begonnen hatte der Umsturzversuch Adolf Hitlers und seiner Gesinnungsgenossen bereits am Vorabend. Sie hatten die Regierung in Berlin für abgesetzt erklärt, allerdings ohne Erfolg. Foto: Matthias Balk/dpa

Dabei sollte eigentlich der Staatsgerichtshof in Leipzig Recht sprechen. Doch auf Betreiben der bayerischen Regierung ging es vors Münchner Volksgericht I. „In Leipzig wäre anders ermittelt, in Leipzig wären andere Urteile gesprochen worden“, glaubt Niess. „Die nachgiebige Haltung der demokratischen Institutionen hatte katastrophale Folgen für Deutschland und die Welt.“

Vielleicht hätte man Hitler mit seinem völkisch-nationalistischen Gedankengut damals Einhalt gebieten können. Bis zu seinem nationalen Durchbruch 1929 sei er aus außerbayerischer Sicht „wenig mehr als ein Münchner Bierkelleragitator“ gewesen, sagt Wirsching. Zudem wird nach dem Putsch ein Redeverbot verhängt. Doch 1927 wird es aufgehoben – eine Chance, die der Demagoge zu nutzen weiß. Statt auf Umsturz setzt er mit der 1925 neu gegründeten NSDAP auf Legalität. Er habe Wahlen, Parlamentsmandate und vor allem das Demonstrationsrecht auf den Straßen zur agitatorischen Waffe gegen die Demokratie geschmiedet, beschreibt es Wirsching.

Auch in heutiger Zeit kommen in Europa Rechtsextreme und Populisten wieder an die Macht, mit Wahlen. „Radikale Freund-Feind-Ideologien und teilweise reine Hetze haben heute erneut Einzug in die Parlamente gehalten, so auch im Bundestag“, warnt Wirsching und verweist auf die AfD. Ihr Erstarken erschwere die demokratische Willensbildung massiv. Niess rät deshalb, den Anfängen zu wehren: „Wir sollten Feinden der Demokratie kein Podium lassen, auf dem sie ihre Propaganda verbreiten können, mögen sie im Moment noch so ungefährlich erscheinen.“ (dpa)

29 Antworten auf “8. November 1923: Vor 100 Jahren der Hitler-Putsch”

    • Willi Müller

      Detlef, Sie sind wohl auch nicht die hellste Kerze auf dem Kuchen. Woher stammen denn die Probleme, die wir heute haben?
      Ich lasse Sie mal selber raten:
      Was hat Hitler mit Israel zutun?
      Was haben die Nazis und der 2. Weltkrieg angeblich mit der Ukraine zu tun?
      Sehen Sie, jetzt haben Sie begriffen, dass die Vergangenheit wichtig ist und nicht in die Klamottenkiste passt.
      Gern geschehen.

  1. Legendar

    Und leider wird auch hier wieder das Geschichtsbild wissentlich verfälscht. Es war nicht Hitler im Alleingang der die Weimarer Republik stürzte. Unabhängig davon das die führende Politikriege unfähig war und sich selbst im Kleinkrieg zerfleischte, war Hitler weder im Besitz der finanziellen Mittel noch verfügte er über den nötigen Einfluss. Da mussten andere Quellen herhalten. Und wer waren die wohl?

  2. .dpa warnt vor Hitler bzw. der AfD während andere Fakten schaffen:
    https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/kita-tangerhuette-anne-frank/
    Die Anne Frank-Kita in Tangerhütte in Sachsen-Anhalt will ihren Namen abstreifen. Weil dieser Eltern mit Migrationshintergrund nicht mehr zumutbar ist, sagt die Leiterin. Der Bürgermeister übt sich derweil in Ausflüchten.
    /////
    Der Westen hat doch schon kapituliert, aber nicht vor den Gespenstern der Vergangenheit sondern vor dem was heute vor der Türe steht…..

    • Robin Wood

      @Dax
      Unglaublich. Soviel zur Aussage „Wir (Die Deutschen) stehen bedingungslos an der Seite Israels“. Wieder nur Lippenbekenntnisse.

      Im Text heisst es :
      „Wenn es unangenehm wird, wenn Eltern mit Migrationshintergrund nichts damit anfangen können, wird es Zeit, den Namen zu leugnen.“
      Da wundern sich die Politiker, dass sich immer mehr der AfD zuwenden. Wer in egal welches westliche Land migriert, weiss, dass dort die Kultur anders ist und sollte sich anpassen und integrieren.
      Wenn aber die westlichen Länder wegen der Migranten die eigene Kultur verändern, läuft gewaltig was schief, z.B. kein Schweinefleisch mehr in Kitas und Schulen, Namensänderungen aufgrund von „Unwohlsein der Migranten“, Strassenschilder im Westen in arabischer Schrift usw. Auf einer Pro-Palästina-Demo wurde ausser der Vernichtung Israels sogar die Forderung laut, in D ein Kalifat zu errichten. Und der Staat sieht weiterhin zu.

  3. Marcel Scholzen Eimerscheid

    Also die Demokratie in der Weimarer Republik wurde durch die rechtsextreme NSDAP abgeschafft. Heute ist es etwas anders. Momentan schafft die Demokratie sich selbst ab in Europa auch ohne rechtsextreme an der Macht. Das sollte man bedenken.

  4. Ich kann diese offensichtliche, billige Hetze gegen eine AfD einfach nicht mehr lesen, geschweige denn Ernst nehmen. Die AfD ist Resultat von einer Verschiebung des politischen Spektrums ganz weit nach links, wo regelrechte Deutschlandhasser ein Land regieren, welches sie so gar nicht wollen – also wird es verändert, „und zwar drastisch. Und ich sag euch eins, ich freu mich drauf“. Nein das sagt kein Björn Höcke, sondern damals Katrin Göring-Eckardt.

    Die Linken hassen Deutschland und überhaupt die Demokratie und ihre Meinungsfreiheit. Für sie ist Demokratie nur das, was das Volk auch wählen DARF und Meinungsfreiheit gilt nicht für jeden und wenn dann auch nur in eine bestimmte Richtung. So läuft der Laden nun mal nicht!

    Dass sich momentan so viele zur AfD wenden ist weder „Angst“ noch die vermeintliche Tatsache, dass alle „rechtsextrem“ geworden sind, sondern die nüchterne Einsicht, dass nur diese Partei das Land vor dem garantierten Zerfall retten kann. Die Gründe sind vielfältig. Migration will man konsequent Richtung Null minimieren, Asyl streng überwachen (Sicherung Außengrenzen), Energiepolitik im Sinne der Bevölkerung und nicht anhand von einer weltweiten Klimakirche, die sich ja auch so basisdemokratisch präsentiert hat (siehe Greta Thunberg mit FFF und ihrem offenbaren Rassenkampf, wo stets NUR Weiße die Bösen sind und Dunkelhäutige immer die Opfer – hier also böser Jude vs. guter Palästinenser), Technologieoffenheit ohne Ideologie, eine Sprache die jeder versteht und nicht erneut auf eine bestimmte Ideologie abzieht (Gendersprache) sowie einem Medienapparat, der wirklich das Prädikat „unabhängig“ verdient. Jeder, der es jetzt auch nur wagen sollte, den ÖRR in Deutschland als ausgewogen und unabhängig zu betrachten, dem empfehle ich einfach mal, hinzuhören und nachzudenken – Tipp: es wird IMMER absurder und die Bevölkerung ist hilflos gegenüber solch einem Treiben.

    Der Hauptgrund für die Wahl auf eine AfD ist aber gewiss die absolute Unfähigkeit der GESAMTEN Bundesregierung! Ein vergesslicher Kanzler, der sich wegen seiner CumEx-Affäre immer tiefer in Widersprüche verstrickt und wo immer schamloser betrogen wird (siehe aktuellen Fall von verschwundenen Laptops), einer Außenministerin die diesem Amt intellektuell absolut nicht gewachsen ist, einem Verteidigungsminister, der uns auf Krieg einschwören will, einem Gesundheitsminister, der glatt als Pharmalobbyist durchgehen könnte und einfach nur schamlos lügt ohne rot zu werden, einem Justizminister, der gesetzlich verankert, dass man demnächst auf Zuruf sein Geschlecht amtlich ändern kann, einen Verkehrsminister, der genau wie seine Vorgänger nur hohle Phrasen drescht und die Deutsche Bahn genauso weiter sterben lässt, einer Familienministerin die, in grüner Tradition, außer Ideologie nichts kann, einem Agrarminister, der uns am liebsten vegan machen würde, aber selber in seinen Kreisen den Genuss von Fleisch frönt und einem Finanzminister, der mit Schattenhaushalten am Ende puren Sozialismus und Planwirtschaft seiner grünen Koalitionspartner unterstützt. Letztere sind übrigens deswegen in allen Umfragen und bei den letzten beiden Wahlen in Hessen und Bayern so abgestürzt, weil ein paar liberale Idealisten immer noch gehofft haben, dass eine FDP dieses links-grüne Bullerbü irgendwie sachlich in Schach halten könnte – sagen sie zumindest in aller Öffentlichkeit, biegen am Ende aber trotzdem „links ab“, da man ja den Frieden nicht gefährden will.

    Ich könnte ewig so weiter machen, aber die Gründe, warum eine AfD und andere, „böse rechte Parteien“ keine Gefahr für unsere Politik und Demokratie bedeutet (ganz im Gegenteil, das IST Demokratie), sind mannigfaltig!

    Und wer glaubt, dass eine CDU/CSU noch konservative Positionen vertreten würde – schaut bitte einfach nach NRW und Hendrik Wüst, der sogar offen sagt, dass das Konservative noch nie der Markenkern der CDU war. Ohne Worte dieser Mensch. Die ganzen Merkelianer, die weiterhin stolz deren linke Träumereien weiterleben lassen will, merkt gar nicht, dass sie sich in eine Sackgasse befördern, da man stets nur mit linken Kräften koalieren wird, aufgrund von Brandmauern und Lippenbekenntnissen. Dass die Realität anders aussieht, sieht man auf kommunaler Ebene. Die Angst aller Parteien ist so gewaltig, dass man immer mehr undemokratische Mittel nutzt, um gerade eine AfD noch irgendwie klein zu halten – vor 5 Jahren hätte das auch noch geklappt, aber dann kam die Flüchtlingswelle und vor 3 Jahren Corona – jeder wird damit seine eigenen Erfahrungen gesammelt haben, aber jeder wird mir da zustimmen: demokratisch ist da absolut NICHTS abgelaufen! Es hat immerhin viele Menschen zum Nachdenken angeregt, etwas, was man durch vermeintliche Qualitätsmedien wie Tagesschau und co. lange Zeit nicht mehr wollte/konnte. Sie alle sind selbst Schuld an ihrer aktuellen Situation und sie wissen das. Wenn ein Bundeskanzler von schnellen Abschiebungen spricht, dann ist das einzig und allein nur, um die Masse wieder an sich zu ziehen und weg von rechts – das durchschauen die Bürger aber und bekommen es an der aktuellen Situation auf den Straßen Deutschlands ungefiltert mit!

    Zusammenfassend und überspitzt kann man sagen: die Menschen sind nicht zu „Nazis“ geworden, sondern holen sich mit aller Kraft ihre politische Mitte zurück, die von linken bis linksextremen Kräften immer mehr in weiter Ferne gerückt worden ist.

    P.S.: Ihr müsst nicht mit mir einer Meinung sein – ich wünsche mir nur, dass man wieder mehr anfängt, selbst nachzudenken und nicht alles wie eine Echokammer unreflektiert wiederzugeben.

    LG

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