Notizen

Vingegaard oder Pogacar? Der irre Zweikampf spitzt sich zu und erinnert an das Tour-Duell mit Fignon und Lemond 1989

16.07.2023, Frankreich, Les Gets Les Portes Du Soleil: Tadej Pogacar (l) aus Slowenien von UAE Team Emirates und Jonas Vingegaard aus Dänemark von Jumbo-Visma begrüßen sich am Start der 15. Etappe. Foto: David Pintens/Belga/dpa

Der Zweikampf zwischen Jonas Vingegaard und Tadej Pogacar bei der Tour de France gleicht einem Tauziehen. Zehn Sekunden trennen beide voneinander. Am Ruhetag setzen die Stars auf den Faktor Familie.

Tadej Pogacar scharte am Ruhetag der Tour de France seine engsten Menschen für die entscheidende Woche der Rundfahrt um sich. „Meine Eltern sind seit ein paar Tagen hier, und auch meine Verlobte ist seit der Etappe am Grand Colombier hier, was mir zusätzliche Motivation und Selbstvertrauen für die kommenden Tage gibt“, sagte der slowenische Radprofi nach einem weiteren Alpen-Schlagabtausch mit Titelverteidiger Jonas Vingegaard.

16.07.2023, Frankreich, Saint-Gervais Mont-Blanc: Jonas Vingegaard aus Dänemark vom Team Jumbo-Visma und Tadej Pogacar aus Slowenien vom UAE Team Emirates überqueren die Ziellinie. Foto: David Pintens/Belga/dpa

Am Montag hieß es für beide: ausruhen, entspannen, lockeres Training und einige Medientermine. Auch Vingegaard, der in einem Hotel am Mont Blanc mit seinem Team logiert, schöpfte Kraft aus der Zeit mit Frau Trine und Tochter Frida.

Auf die Frage, was er mache, antwortete der Däne lächelnd: „Einfach entspannen.“ Der Mann im Gelben Trikot setzte aber auch auf den psychologischen Faktor und sagte medienwirksam in Richtung seines Kontrahenten, dass er die Strecke des Einzelzeitfahrens am Dienstag erkunden werde. Die Botschaft an Pogacar: Ich werde vorbereitet sein.

Der irre Kampf um Sekunden erinnert fast an den Krimi zwischen dem Franzosen Laurent Fignon und dem Amerikaner Greg Lemond, der 1989 mit der Winzigkeit von acht Sekunden den Tour-Sieg holte. Eine Prognose, wer als Erster auf dem Podium steht, ist schwer. Radsport-Experte Jens Voigt legte sich schon fest: „Ich sehe einen leichten Vorteil bei Pogacar, er ist einfach frischer. Sein Sturz in Lüttich hat ihn gezwungen, eine Pause einzulegen und seinem Körper Zeit zur Erholung zu geben“, sagte der Ex-Profi der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf Pogacars Malheur Ende April, als er einen Kahnbeinbruch erlitt.

Pogacar illustrierte auf seinem Instagram-Account anschaulich mit der Zeichnung eines Fans, das die beiden Kontrahenten beim Schachspiel zeigt, wie taktisch das Duell der Favoriten mittlerweile geprägt ist. Nur hauchdünne zehn Sekunden liegt Vingegaard nach den ausgeglichenen Alpen-Aufstiegen vorn.

16.07.2023, Frankreich, Saint-Gervais Mont-Blanc: Tadej Pogacar aus Slowenien vom UAE Team Emirates, der das Weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers trägt, jubelt auf dem Podium. Foto: Daniel Cole/AP/dpa

Von den verbleibenden fünf Etappen bis zum Schluss in Paris stehen drei im Vordergrund, bei denen eine Vorentscheidung fallen dürfte. Beim Zeitfahren am Dienstag startet Vingegaard später und kann durch die Zwischenzeiten von Pogacar sein Tempo jederzeit anpassen. Der steile Anstieg zum Ende dürfte beiden Bergfahrern liegen. „Dienstag und Mittwoch werden entscheidend sein“, vermutete der 24 Jahre alte Pogacar.

Mittwoch steht der mühsame Aufstieg zum Col de la Loze an. Rauf geht es dabei auf knapp 2.300 Metern. Möglicherweise könnte das schon die Königsmacher-Etappe der Tour werden. Nach eher flacheren Etappen sollte dann allerspätestens die 20. Etappe im Elsass einen Tag vor der Siegerehrung in Paris eine Entscheidung bringen.

Vingegaard behielt am Sonntag seinen Vorsprung auf den zweimaligen Tour-Gesamtsieger bei, als beide Schulter an Schulter über die Ziellinie rollten. Der Vorjahressieger parierte die Attacken von Tadej Pogacar mühelos und musste sich nicht einmal vom Sattel lösen, um eines der Fluchtmanöver vom Slowenen abzuwehren.

„Ich hatte das Gefühl, dass Jonas super gut war und ich wusste, dass ich ihn nicht wirklich abhängen konnte“, sagte Pogacar. Drei Chancen dazu hat er noch, um nach 2020 und 2021 ganz oben auf dem Podest zu stehen. (dpa)

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