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In der Ukraine seit 100 Tagen Krieg – wie lange noch?

02.06.2022, Ukraine, Charkiw: Eine Frau steht vor einer zerstörten Grundschule in der Nähe des Bezirks Saltiwka, die von russischen Truppen beschossen wurde. Foto: Sadak Souici/Le Pictorium Agency via ZUMA/dpa

Bitterer Meilenstein: Seit 100 Tagen muss sich die Ukraine gegen Russlands Angriffe verteidigen. Die Nato befürchtet, dass der Krieg im Osten Europas noch lange dauern wird.

Seit nunmehr 100 Tagen tobt an diesem Freitag der von Russland entfesselte Angriffskrieg in der Ukraine. Dabei wehren sich ukrainische Truppen weiter gegen den Verlust der Großstadt Sjewjerodonezk im Osten, in der russische Truppen mit ihrer überlegenen Feuerkraft vorrücken. Die Stadt solle möglichst nicht aufgegeben werden, sagte Vize-Generalstabschef Olexij Hromow am Donnerstag in Kiew.

Präsident Wolodymyr Selenskyj zog bei mehreren Auftritten eine Art Bilanz des Krieges seit dem 24. Februar. Bei den Kämpfen im Osten würden täglich bis zu 100 ukrainische Soldaten getötet, sagte er in einer Videoschalte bei einer Sicherheitskonferenz in der slowakischen Hauptstadt Bratislava. „Und ein paar Hundert Menschen – 450, 500 Menschen – werden verletzt jeden Tag.“

21.05.2022, Ukraine, Irpin: Luftaufnahme eines durch russischen Beschuss zerstörten Wohngebiets in Irpin in der Nähe von Kiew. Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa

Ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebietes sei derzeit von Russland besetzt, sagte er in einer Schalte in das luxemburgische Parlament. Er dankte ausländischen Partnern für Waffenlieferungen.

Kremlchef Wladimir Putin hatte das Nachbarland angreifen lassen, um dessen Nato-Ambitionen zu stoppen. Die russische Kriegspropaganda behauptet, die Ukraine werde von Neonazis geführt, russischsprachige Menschen würden dort unterdrückt. Als ein Ziel wird immer wieder die komplette Eroberung der ostukrainischen Gebiete Luhansk und Donezk, des sogenannten Donbass, genannt. Das ist bisher nicht gelungen.

Die EU will am 100. Kriegstag ihr sechstes Sanktionspaket gegen Russland mit einem Öl-Embargo förmlich beschließen.

Schlacht um die östliche Großstadt Sjewjerodonezk. Trotz heftiger russischer Angriffe will sich die ukrainische Armee in dem Verwaltungszentrum Sjewjerodonezk nicht geschlagen geben. „Die Lage ist schwierig, aber sie ist besser als gestern. Und sie ist unter Kontrolle“, sagte Vizegeneralstabschef Hromow am Donnerstag. Zuvor hatten ukrainischen Behörden mitgeteilt, die Großstadt sei größtenteils unter Kontrolle russischer Truppen.

Es gebe sehr blutige Straßenkämpfe in der Stadt, sagte Hromow. Sjewjerodonezk gilt als letzte ukrainische Hochburg in der Region Luhansk. Prorussische Truppen und das russische Militär stehen dort nach eigenen Angaben kurz vor der Machtübernahme.

02.06.2022, Ukraine, Charkiw: Zerstörte Bibliothek in einer Schule. Foto: Andrii Marienko/AP/dpa

Der ukrainische Verwaltungschef von Luhansk, Serhij Hajdaj, berichtete aber ebenfalls von erfolgreichen Kommandoaktionen der Verteidiger in der Stadt. Präsidentenberater Olexij Arestowytsch sprach sogar davon, die ukrainische Armee habe die Russen in Sjewjerodonezk in eine Falle gelockt. Überprüfbar waren diese Angaben nicht.

Nach Berichten beider Seiten haben sich Zivilisten in Bunkern unter der Chemiefabrik Asot (Stickstoff) in der Stadt versteckt, Hajdaj sprach von etwa 800 Menschen. «Das sind Einheimische, die gebeten wurden, die Stadt zu verlassen, die sich aber geweigert haben. Auch Kinder sind dort, aber nicht sehr viele», sagte er dem US-Sender CNN. In der Hafenstadt Mariupol hatten ukrainische Soldaten und Zivilisten wochenlang in Bunkern unter dem Stahlwerk Azovstal ausgeharrt.

Die Bilanz zum 100. Kriegstag. Die russischen Truppen seien in 3620 Ortschaften der Ukraine einmarschiert, 1.017 davon seien wieder befreit worden, sagte Selenskyj. „Weitere 2.603 werden noch befreit werden.“ Zwölf Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer seien im Land auf der Flucht; fünf Millionen im Ausland. Russland habe über 30.000 Soldaten verloren, behauptete Selenskyj. Auch westliche Experten vermuten zwar schwere russische Verluste, halten die Kiewer Zahlen aber für zu hoch.

„Unser Widerstand ist nach all den Monaten ungebrochen. Der Feind hat seine selbstgesteckten Ziele nicht erreicht“, sagte die Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar. „Wir sind bereit für einen Langzeitkrieg.“ Sie lobte, dass die Dynamik der Waffenlieferungen» aus dem Westen an Fahrt aufnehme. Aus Sicherheitsgründen machte sie keine Angaben zum Zeitpunkt und Ort der Lieferungen.

18.03.2022, Ukraine, Kiew: In diesem Videostandbild spricht der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am frühen 18. März 2022. Foto: Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa

Die Ukraine will mit den schweren Waffen unter anderem aus den USA und aus Deutschland den Vormarsch der russischen Truppen aufhalten und besetzte Städte befreien. Selenskyj dankte vor allem für die Zusage der USA, hochmoderne Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars zu schicken.

Wird der Krieg noch lange dauern? Gab es in den ersten Kriegswochen noch Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew, liegen diese spätestens seit den Gräueltaten an der Zivilbevölkerung in Butscha und anderen Orten bei Kiew auf Eis. Selenskyj will erst wieder verhandeln, wenn Russland sich auf die Grenzen vom 23. Februar zurückzieht.

„Kriege sind von Natur aus unberechenbar“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden und dessen Nationalem Sicherheitsberater Jake Sullivan in Washington. „Deshalb müssen wir uns einfach auf eine lange Strecke einstellen.“ Der Konflikt sei zu einem Zermürbungskrieg geworden, in dem beide Seiten einen hohen Preis auf dem Schlachtfeld zahlten. Die meisten Kriege endeten am Verhandlungstisch. Das werde vermutlich auch in diesem Fall passieren, sagte Stoltenberg. Aufgabe der Nato-Verbündeten sei es, die Ukraine zu unterstützen, um den bestmöglichen Ausgang für das Land zu erreichen. (dpa)

Zum Thema siehe auch folgende Artikel auf OD:

30 Antworten auf “In der Ukraine seit 100 Tagen Krieg – wie lange noch?”

    • Erleuchtung Jean

      Den Agierenden ist es Wurst, ob Energierechnungen bezahlt werden können oder ob die Leute Pullover im Haus/Wohnung anziehen müssen.
      Es gibt offensichtlich wichtigere Ziele.

      Der Fokus liegt auf „Krieg gewinnen – Krieg verlieren“.

      Bundesaußenministerin Baerbock:

      „Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen, sondern muss ihn strategisch verlieren. — »Deswegen darf die Ukraine auf keinen Fall verlieren. — »Das heißt: Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen.“
      …und das kann dauern, Niemand weiß wie lange.

      • Robin Wood

        „…und das kann dauern, Niemand weiß wie lange.“

        So ist es. Das Schlimme an egal welchem Krieg ist, nur die einfachen Bürger leiden und sterben. Die Politiker sitzen sicher in ihren warmen Büros und befehlen das Morden munter weiter. Die Bürger, die bestimmt keinen Krieg wollen, verlieren Haus und Hof und alle Parteien vergießen ihr Blut.

        Frau Baerbock, die nie unter Krieg leiden musste, und jeder Politiker, der seinen Bürgern befiehlt zu kämpfen, soll bitte an vorderster Front kämpfen. Dann wäre der Krieg schnell vorbei.

        • Gerhard Schmitz

          @Robin Wood,

          Eigentlich schätze ich Ihre Kommentare, aber dieser ist bestenfalls wohlfeil und wird der Komplexität eines Krieges einfach nicht gerecht. Schon Schiller wusste, dass „der Frömmste nicht in Frieden leben kann, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt“.
          Und tatsächlich, worin würde denn der Nutzen liegen, wenn z.B. Selensky an die Front ginge und nach 3 Tagen im russischen Artilleriefeuer fallen würde. Putin würde sich kaputt lachen und die Ukrainer „kopflos“ ins Verderben stürzen.

          Wenn Putin das Spiel nun mitspielen würde und er auch an die Front ginge, besser noch sich mit Selensky duellieren oder im Boxring prügeln würde, wäre ALLEN gedient. Sie sehen, jeglicher Appell bzw. Empfehlung die sich gleichermaßen an TÄTER und OPFER richten und nur dann Erfolg versprechend sind, wenn BEIDE auf Sie hören würden, ist weder eine moralische, noch eine politische Leistung, sondern bestenfalls, wie gesagt, „wohlfeil“.

          • Joseph Meyer

            @ Gerhard Schmitz
            der Schillerspruch „dass der Frömmste nicht in Frieden leben kann, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt> lässt mich fragen, wer denn für Russland tatsächlich dann der „Nachbar“ ist, wenn die USA schon seit 2014 die Ukraine massiv, logistisch und waffentechnisch, auf einen Krieg gegen Russland vorbereitet hat, wenn tausende US-Militärs als Berater und Ausbilder dort präsent sind, wenn bis zu 100.000 (?) ausländische Söldner der ukrainischen Armee aushelfen und wenn paramilitärische Mörderbanden in die ukrainische Armee integriert wurden … !

            – Da lohnt es sich die Sichtweise von Dr. Hans-Georg Maaßen und von Gerhard Schindler vom 20.05.2022 anzuhören: Der Krieg in der Ukraine ist nicht unser Krieg (1)
            – Ich stimme auch dem was Roger Köppel am 08.06.2022 gesagt hat zu:
            Ukraine: NATO-Strategie gescheitert (2)
            – Wer die Zeit hat, der sollte sich dieses interessante Gespräch über den Ukraine-Konflikt von zwei sehr intelligenten Frauen anhören :
            Die Politikwissenschaftlerin & Europaexpertin Prof. Dr. Ulrike Guérot
            im Gespräch mit der freien Journalistin Paula P’Cay (3)

            (1) https://www.youtube.com/watch?v=uWl-FPMn16Y
            (2) https://stine113blog.wordpress.com/2022/06/08/ukraine-nato-strategie-gescheitert-weltwoche-daily-ch-08-06-2022/
            (3) hhttps://www.youtube.com/watch?v=5yMYJT_pcc4

            • Gerhard Schmitz

              @Joseph Meyer,

              Ich habe mir Ihre Links angeschaut. Nun ja, z.B. Herr Köppel fordert Friedensverhandlungen, jetzt! Aber wie der (Unterwerfungs?)Frieden aussehen soll, sagt er nicht.

              Das Narrativ Putin’s, gemäß dem sich Russland vor der Bedrohung durch die Nato schützen musste, ein Narrativ, das übrigens auch Sie gerne übernehmen, ist relativ neu. In der Tat, noch im Jahre 2004 sprach Putin noch ganz anders über die Nato, siehe Auszug aus der ZEIT:

              Am 2. April 2004, drei Tage nach dem Beitritt der Balten, stand Putin lächelnd neben Schröder und lobte, dass sich die Beziehungen Russlands zur Nato „positiv entwickeln“. Und er fuhr fort: „Hinsichtlich der Nato-Erweiterung haben wir keine Sorgen mit Blick auf die Sicherheit der Russischen Föderation.“

              Quelle: https://www.zeit.de/2022/09/wladimir-putin-russland-westen-geschichte-fernsehansprache/seite-2?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.be%2F

              • Joseph Meyer

                @Gerhard Schmitz
                ja, es stimmt, dass Russland nach der Wiedervereinigung Deutschlands und dem Zerfall der Sowjetunion sogar hoffte, Mitglied der NATO werden zu können!
                – „Putin war in seiner ersten Amtszeit eine Chance für Europa“, sagt eine Kennerin Russlands, Gabriele Krone-Schmalz (1)
                Seit 2007 hat sich das geändert, nachdem die meines Erachtens berechtigten Sicherheitsbedenken der Russen keinerlei Berücksichtigung gefunden haben.

                – Wolfgang Bittner sagt dazu: „Das Ziel ist ein Regime Change in Moskau.“ (2) Und man darf hinzufügen, „dahinter steht das Ziel einer Ausschlachtung der immensen fossilen Ressourcen Russlands und Sibiriens. Unter Jelzin hatte sich für die US-Konzerne ein Eldorado eröffnet, welches der – unscheinbare – Putin dann „brutal“ beendet hat!

                – Werner Ruegemer fordert ein Ende der Unterwerfung der europäischen Staaten unter das Diktat der USA: Die-amerikanisierung-europas-und-ihr-notwendiges-ende (3)

                – Wenn man die Analyse von Norbert Haering “Die Welt im Gleichschritt – The Rockefeller Foundation” (4) anhört, dann kann man durchaus ins Grübeln kommen: Dient der Ukraine-Konflikt und seine Verlängerung im Wesentlichen durch die US-Regierung als eine Nebelkerze um die Agenda des “Great Reset”, “Bild Back Better”, unter einer einzigen Weltregierung in der Hand weniger US-Billionäre voran zu treiben?

                (1) https://www.youtube.com/watch?v=yzLiwWVZCOk&t=5s
                (2) https://www.nachdenkseiten.de/?p=84196
                (3) https://stine113blog.wordpress.com/2022/06/08/die-amerikanisierung-europas-und-ihr-notwendiges-ende-werner-ruegemer-nds-podcast/
                (4) https://www.youtube.com/watch?v=iBlKwUp71Gk_

  1. Hans Eichelberg

    Am 1. 6. 2022:
    „Der Putin-Vertraute Schumanow prognostiziert im russischen Fernsehen, dass die „militärische Spezialoperation“ in der Ukraine auch fünf bis zehn Jahre dauern könne.

    Schumanow hatte sich nicht nur zu den russischen Plänen nach dem Krieg geäußert, sondern auch noch detailliert, was dann seiner Meinung nach mit ukrainischen Regierungsmitgliedern und Journalisten passieren soll. Und Schumanov ist nicht irgendein kleines Licht, sondern stellvertretender Vorsitzender des Verteidigungsausschusses der russischen Staatsduma.“

    • Hans Eichelberg

      Laut Militärexperten Dr. Gustav Gressel ist eine Prognose kaum möglich. „Ich schätze, der Krieg wird mindestens bis ins nächste Jahr hinein dauern“, sagt er. Die russische Offensive werde zwar nur langsam vonstattengehen, aber sie werde noch eine Zeit andauern.

  2. Klötschkopp

    Irgendwann haben sich alle an den Krieg gewöhnt und es kommt die nächste Verarsche.
    Noch gut im Rennen sind eine neue Variante des Coronavirus, Klimawandels oder den Affenpocken.
    Denen fällt bestimmt noch was ein und 70 % spielen wieder bereitwillig mit.

  3. Solang unsere Politiker sich von den Amerikanern vor den Karren spannen lassen und nicht sebstbewusst genug sind ihre eigenen strategischen Interessen zu verfolgen,solange kann auch dieser unsägliche Krieg nicht enden.Solange müssen wir auch leider noch die Kriegstreiberei von Baerbock und Co. und die damit verbundenen desaströsen Folgen für das ukrainische aber auch die westliche Bevölkerung ertragen.Wie oben bereits erwähnt juckt dies die Politiker aber herzlich wenig.

    • Boku

      die Amis sind in der Nato und helfen mit Waffen in Millionen Dollar,ihnen ist es lieber das man Putin machen lässt und nichts als warten, aber viel spass villeicht gefällt es ihnen in einem Arbeitslager iegendwo in Sibirien Baerbock macht in der lage etwas richtiges man musses als gut befinden,ein spruch wer sich wehrt kann verlieren wer sich nicht wehrt hat schon verloren, das Scholz etwas Putinfreundlich ist beweist er ja Merkel und Putin gingen in die gleiche Schule in Moskau,noch Worte dazu schätze sie brauchen in Sibirien eine neue Arbeitsstelle, viel spass dabei von dem Lohn rede ich nichts dazu
      siehe die Zwangsarbeiter von Adolf oder den Uiguren in China

    • Sie sollten vielleicht mal die Groß-und Kleinschreibung und die Satzzeichen berücksichtigen statt alles wie mit einem Salzstreuer zu verteilen. Dann kann man eventuell verstehen was Sie uns sagen wollen.

  4. Robin Wood

    Mich wundert nichts mehr… In jedem Krieg wird gelogen und übertrieben. Da ist keine Partei besser.
    https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/mit-massenvergewaltigungen-%e2%80%9e%c3%bcbertrieben%e2%80%9c-ukrainische-beauftragte-erkl%c3%a4rt-sich/ar-AAYqYTx?li=BBqg6Q9

    Berliner Zeitung: Mit Massenvergewaltigungen „übertrieben“: Ukrainische Beauftragte erklärt sich.
    „Dafür wurde Denisova Ende Mai von der Werchowna Rada der Ukraine entlassen. Es wurde unter anderem erklärt, dass sie sich in ihrer Arbeit auf Sexualverbrechen konzentriert habe, „die nicht mit Beweisen belegt werden können“. Nun hat sich Denisova in den ukrainischen Medien erklärt: Sie habe es zugunsten der Ukraine gemacht.

    Ihre Erzählungen wurden von den Medien, unter anderem vom „Spiegel“, offensichtlich eins zu eins übernommen und dann weiter verbreitet – mit allen schrecklichen Details.

    Diese Kritik an fehlenden Belegen wurde später von der ukrainischen Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa bestätigt. Wenediktowa gab zu, von der Menschenrechtsbeauftragten Denisova keine konkreten Beweise für die vermeintlichen Vergewaltigungen erhalten zu haben. „Frau Denisova hat uns Briefe geschickt, aber keine Indizien. Das sind verschiedene Dinge“, so Wenediktowa.

    Nun ist Denisova selbst zu Wort gekommen. In einem Interview mit dem ukrainischen Portal LB.ua kommentiert sie ausführlich die Kritik an ihren Aussagen zu „Massenvergewaltigungen“ ukrainischer Frauen und Kinder durch russische Soldaten: „Ja, die Ausdrücke waren damals sehr grausam, vielleicht habe übertrieben. Aber ich habe versucht, das Ziel zu erreichen, die Welt davon zu überzeugen, Waffen zu liefern und Druck auf Russland auszuüben“.
    Als Rechtfertigung ihrer Motive schildert Denisova ihre Rede vor dem italienischen Parlament. Die Abgeordneten seien schon müde von dem Krieg in der Ukraine gewesen und die Fünf-Sterne-Partei habe sich gegen Waffenlieferungen ausgesprochen. „Ich habe über schreckliche Dinge gesprochen, um sie irgendwie zur Entscheidung zu drängen, die die Ukraine und das ukrainische Volk brauchen“, sagte Denisova weiter zum eigenen Schutz. Es sei ihr gelungen, die Stimmungen der Abgeordneten umzudrehen: Nach erfundenen schrecklichen Details habe ihr sogar ein führendes Mitglied der Fünf-Sterne-Bewegung gesagt, er befürworte nun auch die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine.“

  5. Hans Eichelberg

    Politikwissenschaftler Johannes Varwick:
    „Waffenlieferungen tragen nur zu einer Verlängerung des Krieges bei“, sagte der Politikwissenschaftler und beschrieb die aktuelle Lage als „schwerste Dilemma-Situation“. Man brauche eine politische Lösung, mit der auch Russland leben könne. „Der Gedanke, mit dem Russland, wie es heute ist, einen Interessensausgleich hinzubekommen, ist sehr unpopulär, aber er ist notwendig“, meinte Varwick.
    Derzeit finde ein Ritt auf der Rasierklinge statt. Man müsse den Konflikt einfrieren.“

    US-Außenminister a. D., Henry Kissinger, hatte sich schon vor mehreren Wochen ähnlich geäußert.

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