Politik

Überall in Europa wird gewählt – nur in Belgien nicht! [Kommentar]

Foto: Gerd Comouth

Im März wurde in den Niederlanden gewählt, im April und Mai in Frankreich, seit Januar gab es schon drei Landtagswahlen in Deutschland, wo am 24. September darüber hinaus ein neuer Bundestag gewählt wird. Zuvor werden die Briten an die Urne gerufen. Und am 15. Oktober dürfen auch die Österreicher von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Nur in Belgien wird der Bürger nicht gefragt!

Das Beispiel Deutschland zeigt, wie die Bürger eines Landes auch auf die Bundespolitik Einfluss nehmen können. Ohne die Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und vor allem in Nordrhein-Westfalen gäbe es auf Bundesebene eine völlig andere Lage – und eine völlig andere Stimmung.

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz wäre wahrscheinlich noch immer obenauf, während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) weiterhin von Zweifeln geplagt würde.

Bei allen Wahlen, die es zuletzt in der EU gab, ist die Wahlbeteiligung deutlich gestiegen – ein Gewinn für die Demokratie. Verlorene Wähler konnten zurückgewonnen werden. Demokratie kann auch begeistern, wenn man dies denn will!

Ein Wahlbüro bei den Wahlen von Mai 2014 in Eupen. Foto: Gerd Comouth

Leider befindet sich in Belgien die Demokratie im Ruhestand. Die letzten Wahlen fanden im Mai 2014 statt – vor drei Jahren! Auch in diesem Jahr wird nicht gewählt, sofern keine vorgezogenen Neuwahlen stattfinden.

Erst im Oktober 2018 finden in unserem Land Kommunalwahlen statt. Die anderen Wahlen werden dann normalerweise erst 2019 durchgeführt – alle kompakt, damit der lästige Wähler nicht zu oft das Wort erhält und die Politik jahrelang unbehelligt handeln kann…

Stellen Sie sich vor, in Deutschland würden alle Landtagswahlen an ein und demselben Tag stattfinden, und – schlimmer noch – an diesem Tag würden auch noch – bis auf die Kommunalwahlen – alle anderen Wahlen (Bundestagswahl und Europawahl) durchgeführt. Die Demokratie in der Bundesrepublik wäre um einiges ärmer.

Genau dies hat man aber in Belgien gemacht, wo Föderal-, Europa- und Regionalwahlen auf ein und denselben Termin gelegt wurden. Eine Vergewaltigung des Wahlrechts, wenn man es besonders streng formulieren will.

Obendrein dauert eine Legislaturperiode bei uns nicht vier Jahre, wie in Deutschland und den USA, sondern fünf Jahre. So lange sind in Belgien die Wähler zum Schweigen verdammt!

GERARD CREMER

22 Antworten auf “Überall in Europa wird gewählt – nur in Belgien nicht! [Kommentar]”

  1. Nichtwähler

    Ich habe in meinem Leben bis jetzt bei jeder Wahl eine andere Partei gewählt und trotzdem geht es für mich persönlich finanziell bergab. Deshalb habe ich für mich beschlossen bei der nächsten Wahl nicht mehr wählen zu gehen. Mal schauen ob sich dadurch etwas für mich finanziell ändert?

  2. Oh Mann , ob Schulz obenauf ist oder Merkel , das aendert doch nichts. Die Deutschen sind lernresistent. Sie wollen alles so wie es ist. Und wenn sie gluecklich so sind, dann ok. Und ich sehe keinen Nachteil 1 x alles zu wählen wie in Belgien oder dreimal ins Waklbuero zu laufen.

  3. Vereidiger

    Also, diesen Kommentar von OD verstehe ich überhaupt nicht. Es wird immer wieder geklagt, die Politik handele nur mit Blick auf bald anstehende Wahlen. Ist mal ein wenig Ruhe an der Wahlfront, ist es auch wieder nicht gut… Nur weil in Nachbarländern die Bürger in den letzten Monaten wählen mussten/durften, heißt das doch nicht, dass Gleiches auch in Belgien „jetzt“ geschehen sollte, um der Demokratie zu ihrem Recht zu verhelfen. Wo wird den Belgiern denn im Vergleich etwas vorenthalten?!
    Der Vergleich mit der Undenkbarkeit, in Deutschland die Bundesländer gleichzeitig ihre „Regionalwahlen“ abhalten zu lassen, ist doch absoluter Quatsch. Wäre es OD tatsächlich lieber, in Belgien würde in dem einen Jahr Flandern, in dem anderen Jahr Wallonien und wieder etwas später die DG Wahlen abhalten? Ach ja, dann könnte man genüsslich berichten, dass in diesem Land „nichts“ funktioniert…
    Ist es die ungestillte Sehnsucht des Journalisten, endlich über politischen Rabatz und Zoff und „exklusiv“ über Skandälchen berichten zu können? Ist es die Sehnsucht, endlich wieder in der Meinungs- oder Stimmungsmache mitmischen zu können?

  4. Eine oberflächliche Lektüre der belgischen Gesetzgebung begleitet von einem minimalen Verständnis des Inhalts hätte den Autor vielleicht davon abhalten können, diesen Beitrag zum Besten zu geben. Der Artikel mag ja den kurzfristig angenehmen Temperaturen geschuldet sein, die ihn schon das jährliche Sommerloch befürchten lassen.
    Mit Ausnahme UK sind zur Zeit keine unfristgemässen Wahlen zu beobachten.
    Sofern es dem Autor aber an schlagzeilenträchtigen Referenden fehlt, empfehle ich ihm, sich mit der ungarischen oder türkischen Sprache vertraut zu machen. Oder schwebt ihm etwa vor, dass in Belgien respektive in der deutschen Gemeinschaft eine Reaktionswahl auf deutsche Landtagswahlen, Holländische Parlamentswahlen oder auch auch auf jede der drei diesjährigen französischen Wahlen erfolgen sollte. Wäre die gewünschte Reaktion denn lediglich die Ausrufung belgischer Landeswahlen oder sollten wir zwecks Neubewertung auch gleich Regional-, Gemeinschafts- und Kommunalwahlen ausrufen. Vielleicht noch begleitet von einigen Referenden.

  5. Marcel Scholzen eimerscheid

    Werter Herr Cremer!
    Belgien ist nun mal eine repräsentative Demokratie, wo das Volk alle 5 Jahre seine Vertretung wählt. Und bis jetzt hatte die Sache doch ganz gut geklappt. Das Land ist politisch stabil selbst nach den Terroranschlägen und dem ewigen Gezanke von Flamen und Wallonen. Ob mehr direkte Demokratie, wie in der Schweiz, ein Plus an Lebensqualität wäre, muss bezweifelt werden. Selbst dort gibt es Diskussionen, ob es denn sinnvoll und notwendig ist, regelmäßig zu den Urnen zu gehen. Direkte Demokratie kann genauso so scheitern wie repräsentative Demokratie. In einer direkten Demokratie besteht immer die Gefahr, dass Demagogen versuchen, das Wahlvolk in ihrem Sinne zu beeinflussen. In einer direkten Demokratie hat der Wähler mehr Verantwortung, da man eventuelle Fehler nicht abschieben kann „auf die da oben“.

    • Ostbelgien Direkt

      Herr Scholzen, dass alle 5 Jahre gewählt wird, ist ja auch nicht das eigentliche Problem. Das größte Problem ist, dass die Politik in Belgien dafür gesorgt hat, dass Regional-, Föderal- und Europawahlen alle am gleichen Tag stattfinden. So hat man erreicht, dass der lästige Bürger mehrere Jahre in Folge die Politik generell in Ruhe lässt, die somit nach Belieben schalten und walten kann. Wenn es zwischendurch die eine oder andere Volksbefragung gäbe (oder besser noch den einen oder anderen Volksentscheid, wie in der Schweiz der Fall), dann könnte man die Zusammenlegung von Wahlen noch als sinnvoll erachten. So aber kommt in Belgien 4-5 Jahre lang der Wähler nicht ein einziges Mal zu Wort. Das ist gegen den Zeitgeist. Gruß

      • Marcel Scholzen

        „Zeitgeist“ ist ein grosses Wort, das nicht viel besagt. Würden wir jedes Jahr wählen gehen müssen, dann wäre das für viele eine lästige Pflicht und man würde sich nicht mehr interessieren. Wird nur alle paar Jahre gewählt, so bleibt die Sache spannend und interessant.

        Ich sehe das Problem eher darin, dass nicht alle Bürger gleichermaßen die Möglichkeit haben, Politik zu machen. Wer macht den noch Politik ? Das sind doch größtenteils Menschen, die nach der Uni oder Hochschulausbildung direkt Mitarbeiter eines Minister- oder Abgeordneten werden und so aufgebaut werden. Da sind nicht viele drunter mit Erfahrungen in einem privaten Betrieb. Ein Arbeitnehmer, der jeden Tag zehn Stunden und mehr berufsbedingt abwesend ist von zu Hause, hat keine Zeit und auch keine Lust mehr, sich nach Feierabend politisch zu betätigen. Zeit hat der, der z.B. im Staatsdienst arbeitet und auch freigestellt wird für ein Mandat oder als Kabinetsmitarbeiter. Und was politische Parteien überhaupt nicht interessiert, ist, Handwerkern und Arbeitern eine Karriere in der Politik zu ermöglichen. Wären nur zusätzliche Konkurrenten um die Fleischtöpfe. Politik ist zum Business einer Elite geworden mit eigenen Regeln und Moralvorstellungen ähnlich dem Adel des Ancien Régime. Nur mit dem „richtigen“ Diplom und den „richtigen“ Beziehungen hat man Zugang.

        Schauen Sie sich doch nur mal unsere 4 DG-Minister an. Haben alle studiert. Dieses Studium war der Schlüssel zur politischen Karriere. Und das ist was viele Menschen stört und fühlen sich „verlassen von der Politik“. Konsequenz ist, dass radikale Parteien am linken und rechten Rand gewählt werden. Das war ja in Frankreich passiert. Nur so kann man den Erfolg von LePen erklären.

      • systray0

        4-5 Jahre sind schon in Ordnung. Welche politischen Veränderungen kann man auch unterhalb von 4-5 Jahren überhaupt bewirken? Die gewählten müssen auch genug Zeit haben um gewisse politische Agenda überhaupt erfüllen zu können. Politik mag zwar immer kurzlebiger sein, aber deshalb öfters zu wählen wird unsere Probleme auch nicht lösen, sondern nur inhaltlich fehlgeschlagene Debatten auftischen, eventuell zum falschen Zeitpunkt. Wenn man weiß wen man wählen möchte, ändert sich das auch nicht unbedingt, nur weil das Intervall der verschiedenen Wahlen weiter auseinander liegen..

  6. Marcel Scholzen

    Demokratiedefizite gibt es auch in anderen Bereichen wie etwa bei Gewerkschaften. Diese sind im Prinzip nichts anderes als eine Funktionärsdiktatur. Kein Gewerkschaftsmitglied hat die Möglichkeit der Mitsprache wie sonst üblich in einem Verein. Es gibt keine Vorstandwahlen, keine Generalversammlung, usw. Die Verantwortlichen müssen sich nicht irgendwie vor den Mitglieder rechtfertigen. Das hat man vor wenigen Wochen bei der CSC gesehen. Da wurden 7 Mitglieder ausgeschlossen, nur weil sie eine unbequeme CSC-Sekretärin unterstützt hatten. Diese Sache hat das wahre Gesicht der CSC zum Vorschein gebracht. Und als auch noch eine ziemlich außergewöhnliche Karikatur in einer Zeitung erschien, verstand die CSC überhaupt keinen Spaß mehr. Und dies nur 2 Jahre nachdem Attentat auf „Charlie Hebdo“, als alle Welt laut schrie „Je suis Charlie“ und die Werte der Demokratie zum Mass aller Dinger machte.

  7. Mal ehrlich… wenn die Wahlen zu den Instanzen (Region, Gemeinschaft, Europaparlament, Föderal, Provinz und Gemeinde – das sind übrigens eine mehr als in Deutschland (Europa, Bund, Land, Kreistag und Kommunal) nicht gebündelt wären, würden Sie dann nicht schreiben „was das nun alles wieder kostet“. Tipp: mal in Ruhe das Prinzip der repräsentativen Demokratie (gerne zur Abwechslung auch mal die Rubrik „Vorteile“) nachschlagen…

  8. Ich habe selten so einen idiotischen Artikel gelesen. Werden Sie auch noch dafür bezahlt? Es gibt wohl kaum ein Land, in dem soviel gewählt wird: Gemeinde, Provinz, Region, Gemeinschaft, Parlament, Senat. Falls Sie das so interessant finden, könnte man ja die Legislaturperioden auf 3 Jahre begrenzen und alle 6 Monate seine Stimme für eine dieser, grösstenteils unnötigen Instanzen abgeben. Werden Sie Sich jedes Mal als Freiwilliger in’s Wahl- oder Zählbüro melden ? Falls 6 Monate noch zu lang sind, warum nich die Interkommunalen aufstocken und Wahlen einberufen ?

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