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Belgier erfolgreich – Deutsche erfolglos: Die Lehren aus den ersten zehn Tagen der 106. Tour de France

Bild links - 11.07.2019, Frankreich, La Planche Des Belles Filles: Dylan Teuns aus Belgien vom Team Bahrain-Merida überquert jubelnd als Erster die Ziellinie. Bild Mitte 13.07.2019, Frankreich, Saint-Étienne: Der Belgier Thomas de Gendt vom Team Lotto Soudal bejubelt bei der Zieleinfahrt seinen Etappensieg. Bild rechts - 15.07.2019, Frankreich, Albi: Wout Van Aert aus Belgien vom Team Jumbo-Visma überquert jubelnd als Erster die Ziellinie. Fotos: Thibault Camus/AP/dpa - David Stockman/BELGA/dpa - Yorick Jansens/BELGA/dpa

Nach den ersten zehn Etappen wird bei der Tour de France Zwischenbilanz gezogen. Die deutschen Sieg-Festspiele sind vorbei, dafür sind die Belgier in diesem Jahr sehr erfolgreich. In Gelb fährt noch Frankreichs Liebling Julian Alaphilippe.

Pause bei der Tour de France. Die erste Hälfte der 3.480 Kilometer ist beim größten Radrennen abgespult, die 22 Teams ziehen beim ersten Ruhetag an diesem Dienstag ihre Zwischenbilanzen. Welches sind die Lehren aus den ersten zehn Tagen Tour?

„GRAND DÉPART“ IN BRÜSSEL

Aus belgischer Sicht gibt es fast nur Positives zu berichten, angefangen bei dem Riesenerfolg des „Grand Départ“ in Brüssel anlässlich des 50. Jahrestages des ersten Tour-Sieges von Belgiens Radsport-Legende Eddy Merckx. „Es war einer der beeindruckendsten Tour-Starts, den ich bisher erlebt habe“, bekannte Tour-Chef Christian Prudhomme.

„LE TOUR DES BELGES“

Der Erfolg des Starts in Brüssel scheint die belgischen Teilnehmer beflügelt zu haben. In der ersten Woche war sogar von einer „Tour des Belges“ die Rede. Die Abwesenheit von Ex-Weltmeister Philippe Gilbert war schnell vergessen, denn bisher machten die belgischen Radprofis fast täglich von sich reden. Mindestens einer, meistens sogar zwei von ihnen standen am Ende des Tages auf dem Podium.

12.07.2019, Frankreich, Chalon-Sur-Saône: Tim Wellens aus Belgien vom Lotto Soudal, Träger Gepunkteten Trikots des Führenden in der Bergwertung, steht auf dem Podest. Foto: Yorick Jansens/BELGA/dpa

Entweder wurde ein Belgier Etappensieger (Dylan Teuns, Thomas De Gendt, Wout Van Aert), Träger des Gepunkteten Trikots des besten Bergfahrers (Greg Van Avermaet, Tim Wellens), des Weißen Trikots (Wout Van Aert) oder als angriffslustigster Fahrer geehrt (Tim Wellens, Thomas De Gendt, Tiesj Benoot).

Nur im Gesamtklassement mischen die Belgier nicht vorne mit. Drei belgische Etappensiege gab es zuletzt bei der Tour 2007. Um drei belgische Etappensiege mit drei verschiedenen Siegern zu finden, muss man auf die Tour von 2001 zurückgehen. Und es bleiben noch anderthalb Wochen bis zum Ende der „Grande Boucle“ in Paris.

ENDE DER DEUTSCHEN FESTSPIELE

2018 einer, 2017 fünf, 2016 zwei, 2015 sechs, 2014 sieben und 2013 sechs: Die deutschen Radprofis um Marcel Kittel und Zeitfahr-Könner Tony Martin waren in den vergangenen Jahren Garanten für Einzelsiege bei der Frankreich-Rundfahrt. Dafür sieht es in diesem Jahr schlecht aus.

Nach zehn Etappen gab es noch keinen deutschen Sieg, und einen klaren Kandidaten für die zweite Tour-Hälfte gibt es auch nicht. Nils Politt und Maximilian Schachmann werden Erfolge als Ausreißer zugetraut, doch das Interesse dürfte sich immer stärker auf den derzeitigen Gesamtfünften Emanuel Buchmann konzentrieren. Der 26-Jährige könnte auch in Pyrenäen und Alpen eine starke Rolle spielen.

ALAPHILIPPE VERZÜCKT FRANKREICH

Frenetisch gefeierter Etappensieg, dazu Gelb am Nationalfeiertag: Frankreichs Publikumsliebling Julian Alaphilippe verzückt mit seinem tollen Auftreten bisher die Massen. Nach zehn Etappen führt der explosive Deceuninck-Quick-Step-Profi die Gesamtwertung an. Reicht es für den großen Wurf?

09.07.2019, Frankreich, Nancy: Der Franzose Julian Alaphilippe vom Team Deceuninck – Quick-Step im Gelben Trikot. Foto: Christophe Ena/AP/dpa

„Ich bin kein Träumer. Ich hatte beim Tour-Start keine Ambitionen auf das Gesamtklassement, die sind jetzt auch nicht vom Himmel gefallen“, sagt Alaphilippe selbst. Die Grande Nation darf stattdessen eher auf Mitfavorit Thibaut Pinot hoffen, der einen starken Eindruck machte, am Montag aber 1:40 Minuten verlor.

GERINGE ABSTÄNDE

Eine schwere Vogesen-Etappe und das Mannschaftszeitfahren sind geschafft, doch die wirklichen Herausforderungen stehen noch an. In den Alpen und den Pyrenäen warten drei schwere Teilstücke, dazu gibt es das Einzelzeitfahren.

Die Abstände sind noch nicht besonders groß, am Montag konnte Ineos um Titelverteidiger Geraint Thomas und Egan Bernal einigen Rivalen aber auf einer Flachetappe wichtige Zeit abnehmen.

THOMAS RECHTZEITIG ERSTARKT

Sturz bei der Tour de Suisse, schwaches Rennjahr: Die Zweifel am Waliser Thomas waren trotz seines letztjährigen Triumphs bei der Tour groß. Auf der 24-Prozent-Rampe nach La Planche des Belles Filles aber hängte der Ineos-Kapitän alle Rivalen ab, darunter auch Teamkollege Egan Bernal.

„Ich habe mich gut gefühlt und es war klasse, vor dieser Gruppe ins Ziel zu kommen“, sagte Thomas, der inzwischen wieder als Favorit Nummer eins gehandelt wird. (dpa/cre)

9 Antworten auf “Belgier erfolgreich – Deutsche erfolglos: Die Lehren aus den ersten zehn Tagen der 106. Tour de France”

  1. Ming Sching sin fing

    Sehr schöner Bericht Herr Cremer.
    Nicht zu vergessen ein bestens aufgelegter Rodrigo Benkens der mir beim heimlichen, eigentlich verbotenen Livestream – gucken im Büro in D. die Tränen vor Lachen in die Augen treibt. Zudem ein stabiler Stream dank Auvio.
    Manchmal können wir Belgier dann doch, und machen alles richtig.
    Sommerliche Grüße

  2. Ich weiss nicht warum wir Belgier bei jedem guten Sportergebnis unsere deutschen Nachbarn runter machen müssen ?
    Im Gesamtklassement spielen wir keine Rolle und werden es auch nicht mehr spielen, einzelne Etappensiege können nicht darüber hinwegtäuschen, dass belgische Radfahrer in Paris nicht auf dem Treppchen stehen werden.
    So sehr ich mich auch über die tollen Leisteungen freue, so sehr vermisse ich seit Lucien Van Impe einen belgischen Toursieger.
    Für ein Land, dass mal das Mekka des Profiradsports war ein Armutszeugnis.
    Da ist Deutschland doch viel näher dran.
    Und: die Tour ist noch nicht zu Ende, deutsche Radsportler können auch noch Etappen holen.

  3. peter Müller

    Ja Pierre, wenn wir die Möglichkeiten haben, stehen wir unserem Nachbarn nichts nach, wenn es um die Überheblichkeit geht. Wie Sie schon schrieben, unser erster Fahrer ist fast vier Stunden zurück im Gesamtklassement.

    • Ostbelgien Direkt

      @Peter Müller: Lesen Sie französische Zeitungen? Sollten Sie mal tun, denn dort wird in diesen Tagen viel über die belgischen Teilnehmer bei der Tour de France geschrieben. Insbesondere Wout Van Aert werden – ebenso wie dem erst 19-jährigen Remco Evenepoel, der bei der Tour nicht dabei ist – eine Riesenkarriere zugetraut. Ambitionen auf eine gute Platzierung im Gesamtklassement hatte kein Belgier beim Tourstart in Brüssel, aber 3 Siege nach 10 Tagen waren nicht zu erwarten, vor allem wenn man berücksichtigt, in welcher Manier diese Erfolge errungen wurden (Thomas De Gendt und Wout Van Aert). Und dass die Deutschen bisher schlecht abgeschnitten haben, schreibt auch die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Gruß

      • Trotzdem sehe ich keinen Zusammenhang zwischen den Resultaten der Belgier und denen der Deutschen.
        Auch habe ich in den vergangenen Jahren noch nie in einer deutschen Zeitung gelesen: „Deutschland erfolreich-Belgien nicht“.
        Kann man sich hier nur freuen, wenn unsere Nachbarn schlechter abschneiden ?

        • Ostbelgien Direkt

          @Pierre: Die Bilanz war zunächst einmal ein dpa-Artikel, in dem u.a. erwähnt wurde, dass die deutschen Teilnehmer bisher bei der Tour erfolglos waren. Das schreibt dpa übrigens nach jeder Etappe. Wir haben von uns aus noch den belgischen Aspekt hinzugefügt, so wie wir das oft bei Artikeln von dpa machen. Außerdem sind Belgien und Deutschland halt die beiden Nationen, die in unserem Gebiet am meisten interessieren. Wir hätten das auch so getan, wenn die Deutschen sehr erfolgreich und die Belgier erfolglos gewesen wären. Gruß

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