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„Tagesthemen“ (ARD) und „heute-journal“ (ZDF) feiern 40. Geburtstag

Der „Tagesthemen“-Moderator Ingo Zamperoni bei einem Fototermin am 20.10.2016 in Hamburg. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Es ist eine ganz neue Art Nachrichten-Sendung, als 1978 die ARD-„Tagesthemen“ und das „heute-journal“ im ZDF starten. Das Konzept gilt heute noch als aktuell – auch wenn die Optik sich geändert hat, das Internet hinzukam und alles schneller geworden ist.

In Hamburg begann die Revolution mit einem missgestimmten „Tagesschau“-Chefsprecher: Aus Protest, dass er und seine Kollegen bei den „Tagesthemen“ nur noch an zweiter Stelle nach dem Moderator standen, raschelte Karl-Heinz Köpcke in der ersten Sendung unüberhörbar mit dem Papier und gähnte auch noch.

Die „Tagesthemen“-Moderatoren Caren Miosga und Ingo Zamperoni. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Das neue, 30 Minuten lange Format ersetzte die Spätausgabe der „Tagesschau“. Viele Zuschauer empfanden den Start als „kleine Revolution“, manche die Sendung als „gewöhnungs-bedürftig“, so der für die ARD-aktuell-Formate zuständige Norddeutsche Rundfunk (NDR).

Das „heute-journal“ im ZDF startete mit Dieter Kronzucker – ebenfalls am 2. Januar 1978. Kronzucker begann die erste Ausgabe ganz sachlich: „Also, wir begrüßen Sie zum heute-journal.“

Mit „Antenne und Phantasie“ sollte die Sendung gemacht werden, schrieb der damalige Chefredakteur Reinhard Appel. 40 Jahre später halten Claus Kleber (62) und Marietta Slomka (48) das Konzept für unverwechselbar.

Das Tempo hat sich erhöht

“Die Moderatoren haben eine eigene Persönlichkeit, die Autoren eine eigene Handschrift und natürlich sind Interviews ein wichtiger Bestandteil und sicher ein Markenkern“, sagt Slomka. Die Grundidee habe Bestand, aber das Tempo habe sich erhöht, mehr Infos und Bilder müssten auf Authentizität geprüft werden.

Slomka ist seit 2001 als Moderatorin dabei, Kleber seit 2003. Sie werden ergänzt von den Co-Moderatoren Gundula Gause und Heinz Wolf.

Die „heute-journal“-Moderatoren Marietta Slomka und Claus Kleber im ZDF-„heute“-Studio in Mainz. Foto: Thomas Frey/dpa

Einige Interviewpartner sind unvergessen. Bayerns damaliger Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagte Kleber 2012 nach minutenlanger deftiger Kritik gegen die CDU: „Sie können das alles senden, was ich gesagt hab‘.“

Slomka und der damalige SPD-Chef Sigmar Gabriel gerieten ein Jahr später aneinander, als es um die Mitgliederbefragung für eine große Koalition ging. „Lassen Sie uns den Quatsch beenden“, sagte Gabriel.

Von Januar bis Oktober 2017 sahen das „heute-journal“ im Schnitt 3,8 Millionen Zuschauer. Seit Jahren „konstant um die 2,5 Millionen Zuschauer“ erreichen die „Tagesthemen“ nach Senderangaben im Schnitt pro Ausgabe.

Ihre besondere Rolle behielten die Moderatoren und wurden spätestens ab 1985, als ein festes Zweiterteam eingeführt wurde, zu vertrauten Gesichtern – allen voran Hanns Joachim Friedrichs (1985-1995), aber auch Journalisten wie Ulrich Wickert, Sabine Christiansen und Anne Will.

Hintergründige Nachrichten

Heute stehen Caren Miosga (48) und Ingo Zamperoni (43) im wöchentlichen Wechsel vor der Kamera – für die Sendung zum Jubiläum auch gemeinsam, mit der ersten Doppelmoderation der Sendung.

In die Zukunft schauen beide zuversichtlich. „Vielleicht gibt es künftig andere Ausspielwege und diesen Kasten namens Fernseher nicht mehr, aber das Bedürfnis nach hintergründigen Nachrichten, nach Einordnung und Erklärung wird bleiben und sogar wachsen, davon bin ich überzeugt“, erklärt Miosga.

Ex-„Tagesthemen“-Moderator Ulrich Wickert steht am 02.08.2004 beim NDR in Hamburg im „Tagesthemen“-Studio neben einer Fernsehkamera. Foto: M Gambarini/dpa

Zamperoni unterstreicht die Präsenz auf allen Plattformen, online und linear würden immer mehr verzahnt. „Wer weiß, vielleicht gibt es irgendwann gar keine Fernseher mehr und wir schauen Nachrichten nur noch auf dem Tablet oder Smartphone. Und wir probieren da gerade auch einiges aus, auch in den sozialen Netzwerken, aber letztlich weiß doch niemand wirklich, wohin die Reise geht.“

Nicht zuletzt sei das Thema Fake News durch die Möglichkeiten der Digitalisierung eine immer größere Herausforderung, sagt Zamperoni. „Schon heute gibt es Software, mit der man täuschend echt Politikern beispielsweise welche Aussage auch immer in den Mund schieben kann – das wird sich weiter perfektionieren.“ Der Moderator ist überzeugt: „Recherchieren, prüfen, checken, hinterfragen, gewichten, analysieren, einordnen. Das machen die ‚Tagesthemen’ seit 40 Jahren – das werden sie auch in den nächsten 40 und darüber hinaus tun!“

Format wichtiger denn je

Der Erste Chefredakteur bei ARD-aktuell, Kai Gniffke, hält die „Tagesthemen“ als hintergründige und erklärende Sendung für wichtiger denn je. „Denn Phänomene wie Globalisierung und Digitalisierung bereiten vielen Menschen Sorge“, sagt er.

„Es ist aber nicht Aufgabe eines Nachrichtenmagazins, Ängste zu verstärken oder zu zerstreuen, sondern Zusammenhänge klarzumachen und einzuordnen, um den Zuschauern ein fundiertes Urteil zu ermöglichen“, so Gniffke.

Die erste Sendung der „Tagesthemen“ am 02.01.1978 mit dem ersten Moderator Klaus Stephan (l) und Nachrichtensprecher Karl-Heinz Köpcke. Foto: -/NDR/dpa

ZDF-Intendant Thomas Bellut nennt das „heute-journal“ ein Flaggschiff – unter anderem, weil dort immer wieder überraschende Perspektiven gewählt würden. Kleber und Slomka sind für ihn ein „Super-Duo“. „Ihre Interviewführung gilt als beispielhaft“, sagt Bellut. „Journalistische Tugenden sind durch nichts zu ersetzen.“

Kleber hält das Format des „Journals“ für ideal. „Ideal wäre eine Nachrichtensendung, die von dem ausgeht, was man schon weiß und weiterdenkt, die es einordnet, in Bezug setzt zum Weltgeschehen, die nicht dauernd den Tweets von Herrn Trump hinterherläuft“, sagt er. „Das Schöne ist: Die Sendung gibt es schon.“

Was er sich wünscht: „Wir brauchen jetzt noch mehr Zuverlässigkeit, mehr Ressourcen, mehr junge Leute. Wir müssen die Arbeit stärker Social-Media-fähig machen.“ Die sozialen Netzwerke bringen zugleich viele Reaktionen hervor, weiß Kleber: „Es gibt auch konstruktive Kritik. Aber man muss sich die Edelsteine herausfischen aus dem Dreck.“ (dpa)

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